Kirschkuchen am Meer (eBook)

*****

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
352 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-95967-940-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kirschkuchen am Meer - Anne Barns
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Eine jahrelange unglückliche Liebe an der Nordsee und ein ungewöhnliches Happy End - der neue Sommerroman von Bestsellerautorin Anne Barns

Zeit für Kuchen und Meer

Völlig unerwartet taucht eine Fremde auf der Seebestattung von Maries Vater auf, zu dem sie selbst in den letzten Jahren kaum noch Kontakt hatte. Niemand scheint sie zu kennen. Es gibt nur einen Hinweis zu dieser Frau, und der führt nach Norderney. Mit zwiespältigen Gefühlen, aber festentschlossen das Geheimnis zu lüften, das Marie hinter dem Erscheinen dieser Frau vermutet, fährt sie von Hooksiel aus auf die beschauliche Nordseeinsel. Und wirklich: Zwischen Dünen und Meer lernt Marie ihren Vater hier noch einmal neu kennen. Es kehren Erinnerungen zurück an warmen Kirschkuchen und Sommertage voller Genuss, Sonne und Glück.

Auf zauberhafte Weise schafft es Anne Barns, die Düfte und Genüsse guter Küche einzufangen



Anne Barns ist ein Pseudonym der Autorin Andrea Russo. Sie hat vor einigen Jahren ihren Beruf als Lehrerin aufgegeben, um sich ganz auf ihre Bücher konzentrieren zu können. Sie liebt Lesen, Kuchen und das Meer. Zum Schreiben zieht sie sich am liebsten auf eine Insel zurück, wenn möglich in die Nähe einer guten Bäckerei.

1. Kapitel

Der Duft von Erdbeeren steigt in meine Nase. Einen Augenblick beobachte ich die leise vor sich hin blubbernde Masse im Topf, bevor ich zum Kochlöffel greife und sie umrühre. Heute habe ich mich für die klassische Variante entschieden, Marmelade pur – aus prallen Früchten und Zucker.

In den letzten Tagen haben die Erdbeeren noch mal ordentlich Sonne getankt und ihr wundervolles Aroma entfaltet. Auf der Arbeitsplatte steht noch eine weitere volle Schüssel. Die Ernte war reichlich. Ich greife nach einer besonders dunkelroten Frucht, stecke sie in den Mund und schließe genussvoll die Augen. An irgendwas erinnert mich der intensiv süße Geschmack. Er hat eine besondere Note. Ich nasche noch eine zweite, komme aber nicht darauf.

Die Sommermonate waren mir schon immer die liebsten. Es ist die Zeit für Johannisbeeren, Himbeeren, Stachelbeeren, Erdbeeren – und es ist Zeit mit Oma. Ich werfe einen Blick aus dem Küchenfenster in den Garten, wo Oma die Pflanzen nach den letzten versteckten Früchten absucht. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht, als ich sehe, wie sie ein kleines Steinchen quer über die Beete schmeißt, um eine freche Dohle zu verscheuchen, die auf dem Gartenzaun sitzt und sie von dort beobachtet.

Die Vögel haben beim Graben nach fetten Maden den Rasen verwüstet. Seitdem befindet sich Oma mit den frechen Biestern auf Kriegspfad. Aber bisher sind alle Versuche fehlgeschlagen, sie loszuwerden. Sie haben sich durch Vogelscheuchen und Flatterband nicht vertreiben lassen. Also hat Oma neuen Rasen gepflanzt und ihn mit einem Netz abgedeckt. Dohlen sind intelligent, sagt Oma. Sie hofft, dass die Vögel bald einsehen, dass bei ihr nichts mehr zu holen ist und weiterziehen. Doch noch sieht es mir nicht danach aus.

Die Titelmelodie von »Drei Nüsse für Aschenbrödel« reißt mich aus meinen Gedanken, meine Schwester ruft an. Das Smartphone liegt auf dem Küchentisch, nur ein paar Schritte entfernt. Ich laufe schnell rüber, nehme das Gespräch an und sage: »Hi, ich koche gerade Marmelade, ich habe nur zwei Minuten«, während ich wieder zurück zum Herd gehe.

»Dauert nicht lang«, sagt Lena. »Kannst du Oma bitte mal fragen, wie der Ort hieß, in den sie mit ihrer Mutter und den Geschwistern geflüchtet ist, nachdem sie aus dem Sudetenland vertrieben wurden? Ihr könnt ja gleich mal zurückrufen.«

»Troppau!«

»Nein, dort wurde Oma geboren«, erklärt Lena. »Und nach dem Krieg mussten sie die Stadt verlassen, wie alle Deutschen.«

Seit Lena schwanger ist, interessiert sie sich brennend für unsere Familiengeschichte. Bisher habe ich mir darüber ehrlich gesagt nicht sehr viele Gedanken gemacht, aber ich finde es schön, dass Lena sich nun damit auseinandersetzt und ich dadurch interessante Details aus der Vergangenheit erfahre.

»Okay, ich frag nach«, sage ich. Genau in dem Moment piept die Zeitschaltuhr, die vier Minuten Kochzeit sind um. »Aber erst mal muss ich mich um die Marmelade kümmern. Tschüss, bis dann«, verabschiede ich mich und lege auf, ohne auf eine Antwort zu warten.

Ich schalte die Herdplatte aus, fülle die heiße Masse durch einen Trichter in die vorbereiteten Gläser und schraube die Deckel darauf.

Gerade als ich dabei bin, die letzten Marmeladenreste zum Sofortnaschen aus dem Topf zu kratzen und in ein kleines Schüsselchen zu füllen, kommt Oma in die Küche.

»Ich habe noch jede Menge Erdbeeren gefunden, zumeist kleine, aber die sind ja häufig am besten.« Oma holt tief Luft. »Das riecht herrlich.«

»Finde ich auch!« Ich halte Oma den Löffel hin.

»Sehr gut!«, sagt Oma, nachdem sie probiert hat. »Ich mag den leichten Karamellgeschmack.«

»Karamell?« Ich mopse mir eine Erdbeere aus Omas Korb, nasche sie und sage: »Du hast recht, da wäre ich von selbst nicht draufgekommen.«

Oma lächelt schelmisch und stellt ihre Ausbeute auf die Arbeitsplatte neben die Schüssel mit den restlichen Erdbeeren. »Stand in der Sortenbeschreibung. Die alten waren mir nicht aromatisch genug. Deswegen habe ich dieses Jahr mal neue gepflanzt. Wenn man es weiß, schmeckt man es heraus.« Sie zeigt auf meine Gläser. »Drehst du sie nicht um?«

»Ich habe sauber gearbeitet und sie kochend heiß abgefüllt. Außerdem habe ich 3:1-Gelierzucker benutzt, da ist so viel Konservierungszeug drin, da passiert nichts.«

»Hm«, macht Oma. Sie kocht Marmelade immer schon 1:1 mit ganz normalem Zucker. Konservierung braucht sie nicht, aber mir ist das Ergebnis einfach zu süß. Sie stellt den Korb auf den Tisch, wäscht sich die Hände und holt zwei Teller aus dem Schrank. »Der Striezel steht im Schlafzimmer auf der Kommode. Ich koche Kaffee.«

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich gehe los und bestaune kurz darauf den perfekt geformten Hefezopf. Wie immer hat Oma ihn mit einer glänzenden Schicht Puderzuckerglasur überzogen und viele kleine Mandelblättchen darauf gestreut.

Als ich zurück in die Küche komme, füllt Oma gerade das Kaffeepulver in den Porzellanfilter. Eine Maschine hat sie nicht. Sie brüht von Hand. Ich hole Frischkäse aus dem Kühlschrank und sitze nur Sekunden später erwartungsvoll am Tisch.

»Mach schon, schneid an«, sagt Oma und gießt heißes Wasser auf das Pulver. Sofort erfüllt der Duft von Kaffee den Raum und vermischt sich mit dem der süßen Erdbeeren.

»Eine dicke Scheibe Hefezopf, darauf eine Schicht Frischkäse, die von selbst gekochter Marmelade getoppt wird. Es gibt wohl kaum was Besseres!« Ich seufze wohlig auf, bevor ich mir genussvoll den ersten Bissen genehmige.

Oma lächelt mich an. Dass sie vor zwei Wochen siebenundsiebzig geworden ist, sieht man ihr nicht an. Vor ein paar Monaten hat sie sich die Haare richtig kurz schneiden und färben lassen. Aber nicht etwa in einem Ton, der ihrem früheren Naturhaar entsprechen würde. Nein, Oma hat uns alle mit ihrem neuen Look überrascht. Ihr gepflegter dunkelblond gefärbter Bob ist einem frechen Kurzhaarschnitt in einem strahlenden Weiß gewichen. Der passt super zu ihrem leicht gebräunten Teint und den blauen ausdrucksvollen Augen. Falls für den nächsten Bond-Film eine neue M gesucht werden würde, könnte Oma sich glatt dafür bewerben. Ein bisschen erinnert sie mich immer an Judy Dench. Auch im echten Leben wäre Oma eine gute Geheimagentin. Sie mustert mich durchdringend und fragt schließlich: »Was machen eigentlich deine Weiterbildungspläne?«

»Erst mal auf Eis gelegt«, antworte ich. »Das passt momentan zeitlich einfach nicht.« Ich nippe an meinem Kaffee. »Ach ja, Lena hat gerade angerufen. Sie hat gefragt, wohin ihr nach dem Krieg von Troppau aus geflüchtet seid.«

Oma geht auf den Themenwechsel ein. »Nach Urbach, bei Menteroda«, erzählt sie, »in Thüringen. Wir saßen mehrere Tage lang in einem Zug mit zweiundfünfzig Waggons. Er hat auf der Strecke an verschiedenen Bahnhöfen angehalten und immer sind Leute ausgestiegen.« Sie schüttelt unwillkürlich den Kopf. »Ich war damals drei Jahre alt und kann mich nicht mehr erinnern. Aber meine Schwester hat viel mit mir über die Zeit gesprochen. Wir haben die erste Nacht in einem Tanzsaal geschlafen, der mit Stroh ausgelegt war. Danach sind wir in einem Zimmer auf einem Bauernhof untergekommen. Meine Mutter hat die Nächte mit einer Decke auf dem Boden verbracht, wir drei Kinder haben uns das Bett geteilt. Meine Schwester war damals zehn Jahre alt, mein Bruder war sieben.«

»Davon hast du noch nie erzählt«, sage ich. »Wie lange habt ihr dort gelebt?«

»Ein paar Monate. Von dort aus sind wir weitergezogen in die nächste größere Stadt, nach Mühlhausen. Und als ich dann erwachsen war, bin ich mit deinem Opa rüber in den Westen.«

»Dann bist du sozusagen zweimal geflüchtet«, stelle ich fest.

Oma nickt. Ihr Blick schweift zum Fenster und hinaus in den Garten. »Aber am Ende habe ich mein Zuhause doch noch gefunden.«

»Das ist schön.«

»Ja«, sagt Oma. »Es ist wichtig zu wissen, wo man hingehört.«

Da meldet sich Aschenbrödel wieder. »Du bist aber ungeduldig. Ich habe Oma gerade gefragt. Der Ort heißt Urbach.«

»Ist Oma jetzt gerade in der Nähe?«, fragt meine Schwester.

An ihrer Stimme erkenne ich sofort, dass irgendwas nicht stimmt. »Sie sitzt mir gegenüber, was ist los?«

»Papa ist gestorben, vor zwei Tagen. Ilonka hat mich gerade angerufen und hat es mir gesagt.«

»Was? Wie?«, bringe ich mühsam hervor.

»Es ist wohl während des Abendessens passiert. Er hat sich verschluckt, hat gehustet und ist plötzlich in sich zusammengesackt. Sein Herz hat versagt. Es hat einfach aufgehört zu schlagen.«

Meins klopft gerade laut von innen gegen meine Brust, als wollte es ausbrechen. Damit habe ich nicht gerechnet. Wie könnte ich auch? Unser Vater wäre in drei Wochen sechzig geworden. Da stirbt man doch nicht einfach so.

Unfähig noch ein weiteres Wort zu sagen, drücke ich Oma mein Handy in die Hand, stehe auf, gehe rüber ins Wohnzimmer, rolle mich auf der Couch zusammen und schluchze in das Kissen, das ich mir vor das Gesicht halte.

Es dauert nicht lange, bis Oma sich zu mir setzt. »Komm her, Schatz. Es tut mir so unendlich leid.« Sie zieht mich in ihre Arme.

Oma fühlt sich weich und sehr vertraut an. Sie riecht nach warmer Vanille, wie das Parfum, das sie schon seit Ewigkeiten benutzt und sich jedes Jahr wieder zum Geburtstag schenken lässt. Lange hält sie mich einfach nur fest, bis ich mich einigermaßen gefangen habe.

»Ich hätte nie gedacht, dass mich das so treffen würde«, sage ich. In...

Erscheint lt. Verlag 24.3.2020
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-95967-940-8 / 3959679408
ISBN-13 978-3-95967-940-4 / 9783959679404
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