Haydn (eBook)
137 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-727-5 (ISBN)
Ludwig Nohl (1831-1885) war ein deutscher Musikwissenschaftler und Musikschriftsteller.
Ludwig Nohl (1831–1885) war ein deutscher Musikwissenschaftler und Musikschriftsteller.
1. Die Jugend und erste Bildung.
2. Beim Fürsten Esterhazy.
3. Die erste Londoner Reise.
4. Kaiserlied, Schöpfung und Jahreszeiten.
1. Die Jugend und erste Bildung.
(1732–53)
»Sieh, mein lieber Hummel, das Haus, wo der Haydn geboren wurde, eine schlechte Bauernhütte, wo ein so großer Mann geboren wurde!« dieses Wort sprach 1827 auf seinem Todesbette über den Schöpfer der Symphonie und des Quartetts derjenige, der beiden die schönste Krone aufsetzen sollte, Beethoven.
Es war in dem Marktflecken Rohrau bei Bruck an der Leitha in Niederösterreich, also hart an der ungarischen Grenze, wo am 31. März 1732 Joseph Haydn das Licht der Welt erblickte. Der kleine Ort gehörte den Grafen Harrach, die denn auch in den 1790er Jahren dem von seinen Londoner Triumphen heimkehrenden Meister in ihrem Park ein Denkmal errichtet haben.
Haydns Vater war Wagner. Das Geschäft bestand seit langem in der Familie. Er selbst war nach Handwerksbrauch gewandert und soll dabei bis Frankfurt am Main gekommen sein. Seine Ehe war mit zwölf Kindern gesegnet, von denen jedoch nur die Hälfte am Leben blieb. Diese wurden in ihrer katholischen Confession zur Gottesfurcht erzogen und weil sie arm waren, auch zu Sparen und Fleiß angehalten. »Meine Eltern haben mich schon in der zartesten Jugend mit Strenge an Reinlichkeit und Ordnung gewöhnt, diese beiden Dinge sind mir zur zweiten Natur geworden«, sagte Haydn im Alter selbst. Die Mutter war aufs zärtlichste für sein Wohl besorgt, und wenigstens der Vater erlebte auch noch den Lohn solcher braven Erziehung, Haydns Anstellung als Kapellmeister. Die Art, wie dieser viele Jahre später in seinem Testamente auch des Grabes der Mutter gedenkt, bezeugt, dass sie ihm dereinst viel gewesen war.
Der Vater war ein »von Natur aus großer Liebhaber der Musik« mit einem leidlichen Tenor und hatte »ohne eine Note zu kennen« auf der Wanderschaft die Harfe klimpern gelernt. Abends nach der Arbeit sangen sie miteinander, und voll Rührung gedachte noch der Greis dieser musikalischen Jugendergötzung. Er selbst, der kleine »Sepperl«, hatte dabei durch feines Gehör und eine gute Stimme überrascht, ja er sang dem Vater schon bald »alle seine simpeln kurzen Stücke ordentlich nach.« Ebenso ahmte er mit einem kleinen Stecken das Geigenspiel nach, und ein Verwandter aus der Nähe beobachtete bei solcher Gelegenheit das sichere Ton- und Taktgefühl des fünfjährigen Knaben. Dieser Verwandte, welcher Schulmeister und Chorregent in dem nahen Städtchen Hainburg war, nahm ihn, der eigentlich dem geistlichen Stande bestimmt war, dann auch eines Tages mit sich dorthin, um ihn eine Kunst erlernen zu lassen, die ihm die Erreichung jenes Zieles unfehlbar eröffnen werde. Haydn kam seitdem nicht anders als zum Besuche in die Heimat zurück. Aber dass er ihrer und seiner meist unbemittelten Verwandten zeitlebens in Liebe und Achtung gedachte, sagt sein Wort aus alten Tagen: »Ich lebe weniger für mich, als für meine armen Verwandten, denen ich nach meinem Tode etwas zu hinterlassen wünsche.« Er schämte sich seiner niedrigen Herkunft so wenig, dass er vielmehr selbst oft davon sprach, sagen die Biografischen Notizen über ihn. Ebenso gedachte er aber im Testamente des Pfarrers und Schullehrers wie der armen Kinder seines bescheidenen Geburtsortes. Und 1795, als er selbst bei der Einweihung jenes Harrachschen Denkmals dort wieder anwesend war, war er in der väterlichen Wohnstube niedergekniet, hatte die Schwelle geküsst und zugleich selbst auf die Ofenbank hingewiesen, wo er einst die kleinen Spielkünste geübt hatte, die der Anlass seiner großen Künstlerlaufbahn wurden. »Junge Leute werden an meinem Beispiele sehen können, dass aus dem Nichts doch Etwas werden kann: was ich bin, ist alles ein Werk der dringendsten Not«, sagte er bei Erinnerung dieser allerdings sehr geringen Anfänge.
Die »musikalischen Anfangsgründe samt anderen jugendlichen Notwendigkeiten« erlernte nun in der alten Heunenburg Haydn bei jenem »Herrn Vetter« Matthias Frankh. »Gott der Allmächtige, welchem ich allein so unermessene Gnade zu danken habe, gab mir besonders in der Musik so viel Leichtigkeit, indem ich schon in meinem 6. Jahre ganz dreist einige Messen auf dem Chor herabsang und auch etwas auf dem Klavier und Violin spielte«, sagt er selbst um 1776 in einer autobiografischen Skizze, die sich in den »Musikerbriefen« (2. Aufl. Leipzig 1873) befindet. Aber er lernte zugleich dort sämtliche üblichen Instrumente kennen und die meisten selbst spielen. »Ich danke es diesem Manne noch im Grabe, dass er mich zu so vielerlei angehalten hat, wenn ich gleich dabei mehr Prügel als zu essen bekam«, lautet hierüber sein späteres humoristisches Bekenntnis. Leider entsprach dieser letzteren Anklage auch die übrige Behandlung im Hause seines Herrn Vetters. »Ich musste mit Schmerzen wahrnehmen, dass die Unreinlichkeit den Meister spielte, und ob ich mir gleich auf meine kleine Person viel einbildete, so konnte ich doch nicht verhindern, dass nicht dann und wann die Spuren der Unsauberkeit sichtbar wurden, die mich auf das empfindlichste beschämten, ich war ein kleiner Igel«, sagt er wieder selbst. Er trug schon damals »der Reinlichkeit wegen« eine Perrücke, ohne welche man allerdings den »Papa Haydn« sich nicht wohl zu denken vermag.
Von der Art der musikalischen Unterrichtung in Hainburg hören wir auch wenigstens einen Zug. Es war eben in der Charwoche, in welcher viele Processionen abgehalten werden. Frankh war durch den Tod seines Paukenschlägers in große Verlegenheit gesetzt. Er warf also sein Auge auf den kleinen Sepperl, dieser sollte in der Eile Pauken schlagen lernen. Er zeigte ihm die Handgriffe und ließ ihn dann allein. Der Knabe nahm einen Korb, wie ihn die Bauern zum Mehl beim Brodbacken gebrauchen, überspannte denselben mit einem Tuche, stellte ihn auf einen mit Zeug überzogenen Stuhl und paukte nun mit so viel Begeisterung darauf los, dass er gar nicht merkte, wie das Mehl aus dem Körbchen staubte und den Stuhl verdarb. Er bekam wol einen Verweis, allein sein Lehrer war rasch besänftigt, als er mit Staunen bemerkte, dass Joseph so geschwind ein fertiger Paukenschläger geworden war. Da nun aber Sepperl noch sehr klein von Gestalt war, konnte er den bisherigen Paukenträger nicht erreichen und man musste ihm einen kleineren Menschen geben, der jedoch zum Unglück bucklig war, wodurch selbst in der Procession Lachen erregt ward. Allein Haydn gewann so auch von diesem Instrumente genaue praktische Kenntnis, und bekanntlich spielt der Paukenschlag in seinen Symphonien seine besondere Rolle: Haydn ist...
Erscheint lt. Verlag | 12.12.2024 |
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Reihe/Serie | Musikerbiografien | Musikerbiografien |
Verlagsort | Neuss |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Schlagworte | Beethoven • Haydn • Klassische Musik • Liszt • Mozart • Musiker • Oper • Operette • Spohr • Wagner • Weber |
ISBN-10 | 3-96281-727-1 / 3962817271 |
ISBN-13 | 978-3-96281-727-5 / 9783962817275 |
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