Das Leben der Surrealisten (eBook)

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2020 | 1. Auflage
352 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-31082-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Leben der Surrealisten -  Desmond Morris
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Der Surrealismus begann als gemeinsame Rebellion gegen all jene Mächte, die die Welt in den Krieg geführt hatten. Ein Aufstand auch gegen verlogene Religion, Demagogie, Prüderie und usurpierte Autoritäten. Wie lebten sie wirklich, diese inzwischen so berühmten Künstlerinnen und Künstler? Desmond Morris, selbst surrealistischer Künstler, kann davon berichten wie kein Zweiter. Er gehörte zu ihrem Kreis und kannte sie alle. Ihre Vorlieben und Macken. Ihre Arbeitsweisen und ihre Geheimnisse. Ihre Freundschaften, Feindschaften, Liebschaften, Frivolitäten und dramatischen Zerwürfnisse. Er porträtiert einsame Wölfe, rebellische Vorkämpferinnen, brillante Exzentriker. Geistreich und unterhaltsam erzählt Desmond Morris von den wirklichen Menschen, die Kunstgeschichte schrieben. Seine zweiunddreißig Lebensbilder der Surrealisten sind selbst Geschichte.

Desmond Morris (*1928) ist surrealistischer Künstler, Verhaltensforscher, Autor, Filmemacher und Publizist. Zum ersten Mal ausgestellt wurden seine Werke 1948, zwei Jahre später stellte er in London gemeinsam mit Joan Miró aus. Er ist zudem einer der bekanntesten Zoologen Englands und hat zahlreiche Weltbestseller zum Verhalten von Mensch und Tier veröffentlicht. Sein erfolgreichstes Buch, Der nackte Affe (1967), wurde weltweit über zwölf Millionen Mal verkauft.

Desmond Morris (*1928) ist surrealistischer Künstler, Verhaltensforscher, Autor, Filmemacher und Publizist. Zum ersten Mal ausgestellt wurden seine Werke 1948, zwei Jahre später stellte er in London gemeinsam mit Joan Miró aus. Er ist zudem einer der bekanntesten Zoologen Englands und hat zahlreiche Weltbestseller zum Verhalten von Mensch und Tier veröffentlicht. Sein erfolgreichstes Buch, Der nackte Affe (1967), wurde weltweit über zwölf Millionen Mal verkauft.

Einführung


IN DER GESAMTEN GESCHICHTE gibt es keine Kunstrichtung, der zwei dermaßen unterschiedliche Künstler wie Magritte und Miró angehören. Das hat damit zu tun, dass der Surrealismus zunächst gar keine Kunstbewegung, sondern ein philosophisches Konzept war. Es ging um eine Lebensform – eine Rebellion gegen das Establishment, das der Welt das entsetzliche Völkerschlachten des Ersten Weltkriegs beschert hatte. Wenn die menschliche Gesellschaft auf etwas so Widerwärtiges zulaufen konnte, dann musste sie selbst widerwärtig sein. Die Dadaisten verfielen darauf, dieser Gesellschaft einfach ins Gesicht zu lachen. Ihre obszönen Spötteleien waren so unerhört, dass André Breton, der, in einem Pariser Straßencafé sitzend, über seine Zukunft nachdachte, auf den Gedanken kam, es brauche etwas Ernsthafteres, um die traditionelle bürgerliche Gesellschaft zu bekämpfen. Im Jahr 1924 präsentierte er seine Vorstellungen in Form eines Manifests, das die neue Bewegung, die Surrealismus heißen sollte, erstmals beschrieb. Er wartete sogar mit einer Definition in lexikalischer Form auf:

SURREALISMUS, Subst., m. – Reiner psychischer Automatismus, durch den man mündlich oder schriftlich oder auf jede andere Weise den wirklichen Ablauf des Denkens auszudrücken sucht. Denk-Diktat ohne jede Kontrolle durch die Vernunft, jenseits jeder ästhetischen oder ethischen Überlegung.

Sofort flammten Debatten um diese neue Philosophie auf, und Breton benannte neunzehn Menschen, die durch echte surrealistische Handlungen hervorgetreten waren: Dichter, Denker, Schriftsteller und Essayisten, deren Namen heute so gut wie vergessen sind. Allenfalls Spezialisten würden mit Namen wie Boiffard, Carrive, Delteil, Noll oder Vitrac noch etwas anfangen können. Jenseits der Fachgelehrtenwelt sind ihre Schriften spurlos verschwunden. Und vermutlich wäre es auch für die Surrealisten nicht anders gekommen, wenn es nach einem von ihnen gegangen wäre. Pierre Naville schrieb nämlich: »Meister, Meistergauner, schmiert eure Leinwand voll. Jeder weiß doch, dass es kein surrealistisches Gemälde gibt.« Für Naville hatten die darstellenden Künste in der surrealistischen Welt nichts verloren. Hätte sich seine Ansicht durchgesetzt, der Surrealismus wäre vielleicht ein paar Jahre als esoterische, philosophierende Literatengruppe durch Paris gegeistert und dann bald wieder verschwunden.

Zu Bretons Glück hatte Naville eins übersehen. Zur Dada-Bewegung, aus der der Surrealismus hervorgegangen war, gehörten mehrere visuell Hochbegabte wie zum Beispiel Max Ernst, Marcel Duchamp, Francis Picabia, Man Ray und Jean Arp. Sie fühlten sich angezogen von der vielversprechenden neuen Bewegung des Surrealismus, und sie brachten Bildideen mit, die sich nicht ignorieren ließen. Naville flog raus, und Breton übernahm das alleinige Kommando. 1928 stellte er die Sache klar, indem er ein Buch mit dem Titel (Der Surrealismus und die Malerei) veröffentlichte. Die Künstler gehörten dazu.

Die Künstler verschafften Breton zwei entscheidende Vorteile. Sie konnten große Ausstellungen inszenieren, die sich in große surrealistische Ereignisse verwandeln ließen, und sie waren in jeder Sprache zu verstehen. Die bildenden Künste im Surrealismus waren spektakulär und gleichzeitig international. Je mehr Zeit verging, desto mehr begann der Schwanz mit dem Hund zu wedeln. In der allgemeinen Wahrnehmung wurde aus dem Surrealismus eine ausschließlich künstlerische Bewegung, während seine literarischen Anfänge so gut wie vergessen waren. Seine größten Schausteller wurden auf der ganzen Welt berühmt.

Das erklärt auch, warum man so unterschiedliche Künstler wie Magritte und Miró unter der Rubrik Surrealismus zusammenfassen kann. Sie folgten, anders als die Impressionisten oder die Kubisten, keiner festgelegten visuellen Sprache. Vielmehr gehorchten sie der wichtigsten Regel der surrealistischen Philosophie – arbeite mit dem Unbewussten, analysiere nicht, plane nichts, lass den Verstand draußen, kümmere dich nicht um Schönheit und Ausgewogenheit. Lass deine dunkelsten, irrationalsten Gedanken aus deinem Unbewussten aufsteigen und sich auf deiner Leinwand ausbreiten. Deine Bilder malen sich von selbst, und du kannst dabei zuschauen. Schon deshalb, so der Anspruch, seien die surrealistischen Arbeiten wertvoller als die anderer überlieferter Kunstformen, wo Bilder entweder sklavisch von der äußeren Welt abgepinselt oder als logisch angeordnete, fiktionale Szenen sorgfältig hergestellt würden. Indem surrealistische Werke tiefere Bewusstseinsschichten erschlossen, konnten sie den Betrachter unmittelbar und mit einer deutlich stärkeren Stimme ansprechen, handelt es sich doch um jene tieferen Schichten, in denen wir alle die gleiche Hoffnung, die gleiche Angst, den gleichen Hass, die Liebe und die Sehnsucht spüren.

Die Künstler unterschieden sich erheblich darin, wie sie von dieser Methode Gebrauch machten, weshalb wir es auch mit weit auseinanderstrebenden visuellen Stilrichtungen zu tun haben. Magritte hatte eine wilde, irrationale Idee, entschloss sich dann aber, diese Idee auf der Leinwand in einer möglichst traditionellen Form wiederzugeben. Seine Ideen waren reinster Surrealismus, doch die Technik, in der er sie sichtbar machte, war bewusst – und fast schon langweilig – konventionell. Seine Gemälde bleiben genau wegen dieses Gegensatzes zwischen dem fantasievollen Irrsinn seiner Bilder und dem geradezu biedersinnigen Farbauftrag im Gedächtnis haften. Andere Surrealisten beschränkten den Augenblick fantasievoller Irrationalität nicht wie Magritte auf die Zeit vor Beginn der Arbeit, sondern verlängerten ihn, wie Miró, in den eigentlichen Schaffensvorgang hinein. Die visuelle Irrationalität Magrittes lässt sich ohne Weiteres mit wenigen Worten beschreiben (ein Geschäftsmann trägt statt seines Kopfes einen grünen Apfel; eine Meerjungfrau hat den Kopf eines Fisches und die Beine einer Frau), doch ist es unmöglich, das Wesen eines Miró-Gemäldes wiederzugeben, ohne es tatsächlich vor Augen zu haben.

Auch in der Art, wie sie ihr Leben lebten, unterschieden sich die Künstler. Die einen waren in allem, was sie taten, hundertprozentige Surrealisten – in ihrem persönlichen Verhalten genauso wie in ihrer Arbeit. Andere führten ein relativ bürgerliches Leben und verwandelten sich erst vor der Staffelei und wenn sie den Pinsel in die Hand nahmen, in einen Surrealisten. Wieder andere lehnten die ganze surrealistische Philosophie ab und wollten auf keinen Fall damit in Verbindung gebracht werden, schufen aber, sobald sie zu malen anfingen, unweigerlich surrealistische Bilder.

Eine Eigentümlichkeit dieses Buches besteht darin, dass es gar nicht erst versucht, die Bilder und Skulpturen der Surrealisten zu analysieren oder im Detail zu diskutieren. Diese Aufgabe überlasse ich gern den Kritikern und Kunsthistorikern. Seit ich 1948 meine erste eigene Ausstellung mit surrealistischen Gemälden hatte, muss ich immer wieder die Frage abwehren, was meine Bilder denn zu bedeuten hätten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass kein einziger Surrealist sich über diese Frage gefreut hat. Die einen haben grob zurückgeblafft, andere haben sich ins Schwafeln gerettet und wieder andere sind auf Antworten verfallen, von denen sie glaubten, sie würden die Frager zufriedenstellen. Dabei ist doch offensichtlich, dass ein Künstler, der Bilder malt, die er direkt aus dem Unbewussten zutage fördert, gar nicht wissen kann, was in rationaler, interpretatorischer oder analytischer Hinsicht überhaupt vor sich geht. Wenn er es doch kann, handelt es sich nicht um surrealistische Arbeiten – es ist dann Fantasiekunst, die eine exotische, aber im Vorhinein entworfene Geschichte erzählt. Oberflächlich betrachtet mögen die Arbeiten mancher Fantasiekünstler dem Werk echter Surrealisten ähneln, doch tatsächlich haben sie mit Surrealismus ungefähr so viel zu tun wie Disney mit Hieronymus Bosch.

Ich konzentriere mich in diesem Buch auf die Surrealisten als Menschen, als herausragende Individuen. Wie war ihre Persönlichkeit, was waren ihre Vorlieben, ihre Charakterstärken, was ihre Schwächen? Haben sie sich ins Gesellschaftsleben gestürzt oder waren sie einsam? Waren sie kühne Exzentriker oder ängstliche Eremiten? Waren sie sexuell normal oder erotisch pervers? Waren sie Autodidakten oder besaßen sie eine akademische Ausbildung?

Als André Breton versuchte, seine kleine Rebellentruppe zu organisieren, stand er bald vor dem Problem, dass sie seiner Aufforderung zu gemeinsamen Aktionen nicht folgen mochten, schließlich gehören Exzentrik und ausgeprägter Individualismus zur Natur von Rebellen. Als Künstler liegt ihnen nicht daran, dass ihre Bilder denen anderer Gruppenmitglieder gleichen, schließlich wollen sie nicht als Nachahmer gelten. Eine unlösbare Aufgabe für den armen Breton, und es ist kein Wunder, dass ihn die meisten bedeutenden surrealistischen Künstler ablehnten – und ihrerseits von ihm ausgeschlossen wurden. Einige haben sich deshalb darauf verständigt, dass Breton ein dümmlicher Westentaschendiktator war, der einen Haufen Sonderlinge zu kontrollieren...

Erscheint lt. Verlag 23.4.2020
Übersetzer Willi Winkler
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Biografie • Kunst • Kunstgeschichte • Künstlerbiografien • Liebe • Malerei • Surrealismus
ISBN-10 3-293-31082-6 / 3293310826
ISBN-13 978-3-293-31082-7 / 9783293310827
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