Dorfkind... und stolz drauf (eBook)
Mit viel Humor und einer riesigen Portion Selbstironie zeichnet er die Erlebnisse auf dem Dorf genau nach und erinnert sich an viele Geschichten und Anekdoten aus seiner eigenen Kindheit und Jugend. Flott, charmant und witzig - nicht nur für Dorfkinder!
Kevin Ray wurde 1990 in einem kleinen Dorf in der Nähe von Trier geboren. Bereits in der Schule legten seine Lehrer dem Klassenclown nahe, später einmal in die Unterhaltungsbranche zu wechseln. Nach jahrelangem Touren durch Deutschlands Comedy-Shows stand er auf den ersten etablierten Bühnen, z.B. im »Quatsch Comedy Club« oder bei »Nightwash«, und wurde zum festen Bestandteil von »Die Comedy Show« auf ProSieben. Zusammen mit Simon Gosejohann drehte er außerdem das Format »World´s Craziest Competitions«. Mit seinem Soloprogramm »Kevin allein auf Tour« spielte er in ganz Deutschland.
2. Freundschaft fürs Leben
Wir alle haben sie, wir alle haben diese Freunde fürs Leben! Hast du dir mal vorgestellt, du seist an einem ganz anderen Ort aufgewachsen und hättest deine besten Freunde niemals kennengelernt? Eigentlich kaum vorstellbar, oder? Natürlich hätte ich dann heute andere Freunde, und auch wenn ich nie erfahren werde, wer diese anderen Freunde gewesen wären, eines steht fest: Meine besten Freunde sind nicht zu toppen. Ich glaube, ich spreche auch für dich, wenn ich sage, dass ohne unsere besten Freunde etwas in unserem Leben fehlen würde.
Es würde sich anfühlen wie Chicken McNuggets ohne Süß-Sauer-Soße, Dragonball ohne Son-Goku oder ein Schützenfest ohne Abenteuerland. Man stirbt zwar nicht davon, aber warum sollte man freiwillig auf die Süß-Sauer-Soße verzichten, wenn sie doch schon erfunden wurde? Meine Süß-Sauer-Soße heißt Freddi! Zugegeben, war das nicht immer so, aber alle guten Freundschaften beginnen doch mit Hass, oder? Freddi und ich konnten uns im Kindergarten überhaupt nicht leiden. Allerdings hatte dies auch seinen Grund. Es nervte mich, dass er jeden Tag aufs Neue versuchte, den höchsten Turm zu bauen. Denn ich war mit 36 Bauklötzen der Rekordhalter. Dieses Projekt hatte mich Blut, Schweiß und Tränen gekostet. Ich hatte jedoch keine Bedenken, dass er mir den Titel nehmen könnte. Schließlich konnte er sich nicht einmal selbst den Arsch abwischen. Gut, ich zwar auch nicht, aber darum ging es nicht. Es nervte mich einfach.
Danach herrschte also erstmal dicke Luft zwischen uns beiden. Doch wir hatten uns beide im Griff, zumindest im nüchternen Zustand. Sobald wir aber den Kleber inhaliert hatten, hatte der Revierkampf begonnen.
Du kennst doch sicherlich die Filme aus Amerika, in denen Gangs aus verschiedenen Vierteln Bandenkriege führen, oder? Einer aus der Gang hatte immer das Sagen. So war das auch bei Freddi und mir. Freddi und ich landeten nach einigen Monaten in zwei getrennten Gruppen. Dies geschah aber völlig zufällig, da die Gruppe irgendwann so groß wurde, dass die Kindergartenleiterin sich dazu entschied, die Gruppe zu splitten. Na ja. Zurück zu unseren Gangs. Freddis Viertel war Knirpsenhausen, mein Viertel dagegen Stinkersheim. Wir beide bekamen jeweils Respekt von unseren Gangs, weil Freddi der größte Knirps in seinem Viertel war und weil ich der einzige Stinker war, der sich im Kindergarten noch nie in die Hose gemacht hatte. Jedenfalls war eine Eskalation beider Gruppen vorprogrammiert. Dies war allein schon der Tatsache geschuldet, dass Knirpsenhausen ein Klettergerüst im Zimmer hatte. Wir bekamen im Gegenzug das Bällebad, was im Vergleich zum Klettergerüst echt lächerlich war. Aber wie es im Leben so ist, möchte man immer genau das, was man vermeintlich nicht haben kann.
Sobald wir den Klang der Triangel hörten, durften wir immer unsere Schuhe und Jacken anziehen und draußen im Sandkasten spielen. Oft lag dieser Zeitpunkt bei allen Gruppen nah beieinander. Normalerweise wollten unsere Erzieherinnen uns ein gemeinsames Spielen ermöglichen, doch für Freddi und mich war der Ring eröffnet.
Freddi und ich hatten mehr auf der Strafbank gesessen als jeder Eishockeyspieler in seiner gesamten Karriere. Immer wenn wir uns unbeobachtet fühlten, mutierten wir zu einem sogenannten Frechdachs. Freddi hatte mir mal eine Schaufel über den Kopf gezogen, und zwar so heftig, dass das Blechteil danach verbogen war. So was ließ ich schon damals nicht auf mir sitzen, also hatte ich ihm ans Bein gepisst. Damit meine ich nicht, dass ich ihn verpetzte, sondern wortwörtlich: Ich hatte ihm ans Bein gepisst.
Schon im Kindergarten hatte ich also gelernt, das Sprichwort »Was sich liebt, das neckt sich«, zählt nicht nur für Junge und Mädchen. Auch wenn man den Moment, jemandem ans Bein zu pissen, nicht unbedingt Liebe nennen würde.
Meine Mutter wurde natürlich immer über unseren Ärger informiert, wobei sie auch von alleine darauf gekommen wäre, dass Freddi für meine Platzwunde am Kopf verantwortlich war. Um ehrlich zu sein, hatte es sie sogar kaum gewundert. »Zwei Löwen, typisch! Beide wollen nicht nachgeben«, sagte sie jedes Mal. Und sie hatte recht! Nachgeben war für uns keine Option. Es beruhigte mich sogar ein bisschen, zu wissen, dass mein Horoskop mich in Schutz nahm. Ich konnte einfach nichts dafür.
Und mit dieser Einstellung nahm der Kindergartenkrieg seinen Lauf. Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem unsere Erzieherin uns beide zur Seite genommen hatte, um das Kriegsbeil in Frieden zu begraben. »Kommt, Jungs, muss das sein? Hört doch mal auf damit. Denkt immer daran: Der Klügere gibt nach!« Mit diesen Worten erhoffte sie sich Einsicht. Daraufhin meinte ich: »Tja, und ich bin dumm!« Es hatte keine Sekunde gedauert, da konterte Freddi mit: »Und ich bin noch dümmer!« Und damit wollte er mich bekämpfen? »Ich bin immer einmal mehr dumm wie du!«, entgegnete ich siegessicher. Freddi hob seine Faust. Und ich rannte ihn um, ehe er mich boxen konnte. »Es heißt als du, nicht wie du«, korrigierte unsere Erzieherin mich und half Freddi dann erst vom Boden.
Heute weiß ich, wir hatten beide recht! Wir waren beide nicht die hellsten Kerzen auf der Torte.
Auch wenn ich mir gewünscht hätte, noch einige Jahre im Kindergarten bleiben zu können, stand die Einschulung vor der Tür. Wer kommt in die A, und wer kommt in die B? In der A-Klasse waren alle Kinder aus dem Dorf, und in der B-Klasse waren alle Kinder, die von außerhalb kamen. Heute habe ich auch gute Freunde aus den Nachbardörfern, aber als Kind dachte ich immer: »Die sind komisch!«
Der erste Schultag stand an. Ich war mit Absicht die letzten 24 Stunden nicht auf der Toilette gewesen, für den Fall eines Streits. Auch aus Freddis Rucksack schaute nicht zufällig eine Schaufel heraus. Bevor du dir vor lauter Spannung das nächste Mikrowellen-Popcorn besorgst oder dir die Fingernägel abkaust, nehme ich dir mal lieber die Spannung raus. Es kam zu keiner Auseinandersetzung. Auch in den darauffolgenden Wochen passierte nichts, kein aggressives Verhalten, nicht mal ein Streit, einfach nichts.
Kurz vor den Herbstferien verkündete unsere Klassenlehrerin, Frau Hockland, wohin unser erster Schulausflug führen würde. Kannst du dich noch an deinen ersten Schulausflug erinnern? Ich komme aus einem Dorf in der Nähe von Trier. Als Kind war Trier aber ganz schön weit weg. Dorthin also ging unsere Reise am zweiten Tag nach unseren Herbstferien. Mit einem gemieteten Doppeldecker-Bus fuhren die ersten beiden Jahrgangsstufen in die Trierer Innenstadt. Du glaubst gar nicht, wie aufregend das war! Als wir Trier erreichten und nacheinander aus dem Bus stiegen, fühlte ich mich, als hätte ich soeben Atlantis entdeckt.
Zuallererst stand Sightseeing auf dem Programm. Von der Porta Nigra hast du bestimmt schon mal gehört, oder? Während der gesamten Führung freute ich mich am meisten auf die Essenspause. Zuvor warf ich nämlich einen Blick in meinen Rucksack, daher wusste ich genau, was mich an diesem Tag erwartete: fünf Päckchen Capri Sonne, ein belegtes Schinken-Käse-Brötchen mit Remouladensauce, zwei Knoppers, und anstelle des gewohnten Apfels gab es eine Rosinenschnecke mit reichlich Zuckerguss. Ja, es war ein Lunch-Paket, mit dem meine Mutter jedem Drei-Gänge-Menü Konkurrenz machte.
Alle Kinder, die dieses lieblose Toastbrot mit ein bisschen Nutella dabeihatten, das so trocken war, dass es staubte, wenn man reinbiss, hassten mich. Andreas aus der B war so ein Kind. Natürlich habe ich ihn nicht tatenlos zusehen lassen. »Hey, Andreas, willst du ne Capri Sonne?« – »Na klar!«, antwortete er mit strahlenden Augen. Er konnte sein Glück kaum fassen. »Alles klar, macht dann fünf Euro.«
Dass diese Geschäftsidee sich als so große Geldquelle erwies, hätte ich nie für möglich gehalten. Im Laufe meiner Grundschulzeit wurde ich zum besten Dealer, von dem die Schüler je gehört hatten. Ich verkaufte alles. Egal, ob Brötchen, Capri Sonne oder Bleistifte. Ich war so gut, ich schaffte es sogar mal, eine Perspektive zu verkaufen.
Zurück zum Schulausflug. Im Anschluss an die historische Führung versprach Frau Hockland uns eine Belohnung. Die Belohnung kostete mich allerdings 4,50 Euro, denn das Popcorn übernahm unsere Klassenkasse leider nicht. Du ahnst es schon. Richtig, es ging ins Kino. Genauer gesagt, in die Kinder-Late-Night-Vorstellung um 15.30 Uhr.
Wir warteten im Foyer, bis der Saal eröffnen sollte. Meine Popcorn-Tüte war bereits zur Hälfte leer. Was jetzt passierte, muss vom lieben Gott so vorgesehen worden sein! Ich weiß bis heute nicht, was Freddi gemacht oder gesagt hatte. Aber er wurde verkloppt, und zwar von zwei komischen Kindern aus der B-Klasse. Vielleicht hatte er es verdient, aber wenn jemand Freddi verkloppt… oder anpinkelt, dann ich!
Wann habt ihr euren ersten James-Bond-Film gesehen? Ich muss gestehen, den ersten James Bond habe ich gesehen, als ich noch nicht mal laufen konnte. Was war dein erstes Wort? »Mama«? »Papa«? Oder »Kaka«? Ich überraschte direkt mit zwei Wörtern: »James Bond«! Dementsprechend war ich top motiviert, Freddi zu helfen. Denn James Bond hätte zwei gegen eins niemals zugelassen. Ich eilte zu Freddi und fragte einen der beiden Jungs aus der B, ob er mein Popcorn festhalten könnte. Im Grunde genommen gab ich ihm keine Wahl, denn ich drückte ihm einfach die Tüte in die Hände und wusste, er würde sie nicht fallen lassen.
Der Junge schaute mich perplex an. Dieser Moment war perfekt. Er war machtlos, denn er hatte keine Hand mehr frei. BÄÄÄM! Ich schlug ihm mit meiner Rechten ins Gesicht. Er lag am Boden. Auf ihm verteilt lag das Popcorn. Mit blutiger Nase...
Erscheint lt. Verlag | 11.5.2020 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Comic / Humor / Manga ► Humor / Satire |
Schlagworte | Alkohol • Alltag • Die Comedy Show • Dorf • Dorfleben • eBooks • Geschenkbuch • Kleinstadtleben • Kult • Landleben • lustig • Nightwash • Nostalgie • ProSieben • Quatsch Comedy Club • Stand-up-Comedy |
ISBN-10 | 3-641-25779-4 / 3641257794 |
ISBN-13 | 978-3-641-25779-8 / 9783641257798 |
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