Das Grand Hotel - Die nach den Sternen greifen (eBook)

Roman
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2020 | 1. Auflage
528 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-24355-5 (ISBN)

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Das Grand Hotel - Die nach den Sternen greifen -  Caren Benedikt
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Ein elegantes Hotel an der Ostsee, ein verruchtes Varieté in Berlin, eine starke Frau, die ihren Weg geht, und ein Geheimnis, das alles in Gefahr bringt.
Rügen, 1924. Weiß und prächtig steht es an der Uferpromenade von Binz: das imposante Grand Hotel der Familie von Plesow. Vieles hat sich hier abgespielt, und es war nicht immer einfach, trotzdem blickt Bernadette voller Stolz auf ihr erstes Haus am Platz. Hier hat sie ihre Kinder großgezogen: den ruhigen Alexander, der einmal der Erbe des Grand Hotels sein wird; Josephine, die rebellische Künstlerin, die ihren Weg noch sucht; und den umtriebigen Constantin, der bereits sein eigenes Hotel, das Astor, in Berlin führt. Alles scheint in bester Ordnung. Natürlich gibt es hier und da Streitigkeiten mit ihrer Tochter, und irgendetwas stimmt auch nicht mit dem sonst so fröhlichen Zimmermädchen Marie -, aber all das ist nichts gegen das, was der unangekündigte Besuch eines Mannes auslösen könnte, der Bernadette damit droht, ihr dunkelstes Geheimnis aufzudecken ...

Die Grand-Hotel-Trilogie:

Das Grand Hotel. Die nach den Sternen greifen.

Das Grand Hotel. Die mit dem Feuer spielen.

Das Grand Hotel. Die der Brandung trotzen.

Caren Benedikt ist das Pseudonym der SPIEGEL-Bestsellerautorin Petra Mattfeldt. Sie liebt den Norden, eine steife Brise und das Reisen an die Orte, über die sie schreibt. Nach einer Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten arbeitete sie als freie Journalistin. Inzwischen ist die Schriftstellerei ihr Hauptberuf. Sie ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in der Nähe von Bremen.

1. Kapitel


Eine Reise birgt stets die Gefahr, nicht zurückzukommen. Oder auch die Chance, je nachdem, wo man im Leben steht.

BERNADETTE VON PLESOW

Der Zug der Deutschen Reichsbahn von Berlin nach Greifswald ruckelte in gleichmäßigem Tempo die Gleise entlang und brachte Bernadette Meter für Meter ihrem Zuhause ein wenig näher. Sie genoss es, die grüne Mai-Landschaft an sich vorüberziehen zu lassen und noch etwas Zeit für sich zu haben, bevor sie in das enge Korsett ihrer Verantwortung zurückkehren musste. Versonnen spielte sie mit der goldenen Uhr an ihrem Handgelenk, die sie über dem Ärmel ihrer schmal geschnittenen Jacke trug. Um das Zifferblatt war sie mit kleinen funkelnden Brillanten besetzt, das Armband aus feinen Gliedern gefasst. Das Schmuckstück musste sündhaft teuer gewesen sein. Kein Geschenk, das ein Sohn üblicherweise für seine Mutter kaufte. Doch Constantin war eben nicht wie andere Söhne. Er war über die Maßen großzügig, liebte es, teure Geschenke zu machen, und verstand es spielend, die Menschen für sich zu gewinnen. Er hatte eine ganz besondere charmante Art, und die Menschen fühlten sich in seiner Gegenwart wohl. Constantin war freigebig und zuvorkommend. Nie zögerte er, wenn es darum ging, die Wünsche seiner Gäste wahr werden zu lassen. Es war ihm in Fleisch und Blut übergegangen, sich überaus spendabel zu zeigen, und er verstand es, seinem Gesprächspartner ein gutes Gefühl zu vermitteln, ganz gleich, mit welcher Art von Anliegen sich dieser an ihn wandte.

Sowohl das Hotel als auch das angeschlossene Varieté Astor liefen hervorragend und waren nicht nur jetzt, im Frühjahr 1924, komplett ausgebucht. Doch Bernadette machte sich nichts vor. Der Reichtum, mit dem Constantin sich umgab, konnte unmöglich aus diesen Gewinnen allein stammen. Das eine oder andere Mal hatte sie Gerüchte vernommen, Andeutungen nur, doch sie genügten ihr, um sich ein Bild zu machen. Aber nie wäre sie so dumm gewesen, Constantin mit ihren Vermutungen oder besser: ihrem Wissen zu konfrontieren. Was auch immer ihr Sohn tat, um seine Geschäfte zu betreiben, es ging sie nichts an, auch wenn sie Anteile am Astor besaß. Ganz abgesehen davon, dass sie mit ihrem eigenen Hotel in Binz durchaus von ihm profitierte.

Bernadette löste ihren Blick von der Uhr und sah wieder aus dem Fenster. Rasch zogen die Bäume entlang der Bahnstrecke an ihr vorbei. Sie konnte die Menschen schon verstehen, die die modernen Fortbewegungsmittel mit Skepsis betrachteten. Es war nicht von der Hand zu weisen, dass Züge wie Straßenbahnen in einer Geschwindigkeit fuhren, für die der Mensch nicht gemacht sein konnte. Dennoch genoss Bernadette die Fahrt, wenngleich ihr beim Blick aus dem Fenster und auf die an ihr vorbeirauschende Landschaft ein wenig mulmig wurde. Sie atmete tief durch, um die aufsteigende Übelkeit zu vertreiben, griff dann in ihre Handtasche und zog den Brief hervor, den sie seit nunmehr dreizehn Jahren immer bei sich trug. Was zum einen sentimentale Gründe hatte, denn er war das Letzte, was ihr von ihrem verstorbenen Ehemann noch geblieben war. Aber das war es nicht allein. Der andere Grund war, dass auf keinen Fall jemand anders als sie diesen Brief lesen durfte. Niemals!

Mit einem kleinen Seufzer nahm sie den schon leicht vergilbten Umschlag, dessen Papier im Laufe der Jahre noch trockener, fast schon porös geworden war, zog die beschriebenen Seiten heraus und begann zu lesen, auch wenn sie die Zeilen inzwischen auswendig kannte:

Meine geliebte Bernadette!

Es ist an der Zeit, dir meine Gefühle zu beschreiben, und zwar von dem Moment an, als du in mein Leben getreten bist. Als ich dich das erste Mal sah, damals, in dem Tanzlokal mit den kleinen Leuchten an den holzverkleideten Wänden, verschlug es mir fast den Atem. Mir schien es, als seist du vom Moment deines Eintretens an das Metronom, das für alle im Saal den Takt vorgab. Du warst so vollkommen anders als all die anderen jungen Frauen im Lokal, die gekommen waren, um sich zu vergnügen und die eine oder andere Bekanntschaft zu schließen. Der Schein des Kronleuchters ließ dein dunkles Haar fast bläulich schimmern, und mein Blick folgte dir bei jedem deiner Schritte, deinem stolzen Kopfnicken, gepaart mit einem unwiderstehlichen, geheimnisvollen Lächeln, das demjenigen, dem du es schenktest, eine Auszeichnung war. Wie ein Magnet zogst du alle Blicke auf dich, und ich bin sicher, das war dir bewusst. Deine Aura und dein Charisma waren anders als alles, was ich je zuvor erlebt hatte. Ich weiß noch, dass es mir schwerfiel, damals dein Alter zu schätzen. Dein Gesicht war jung und irgendwie auch wieder nicht, was an diesen wunderbar markanten Zügen lag, doch deine Ausstrahlung war schon damals die einer erfahrenen Frau. Ich erinnere mich genau, als ich auf dich zuging und mich dir vorstellte. Ich vermochte das Funkeln in deinen Augen zu erkennen, das zweifelsohne dem von in meinem Namen geschuldet war. Bitte verzeih mir die Offenheit, doch mir war selbstverständlich vollkommen klar, dass dein Interesse unmöglich meinem äußeren Erscheinungsbild gelten konnte. Schließlich war ich nicht besonders stattlich und noch dazu um einiges älter als du. Darüber vermochten auch meine teure Kleidung und die italienischen Schuhe nicht hinwegzutäuschen.

Ich weiß noch genau, wie du mich angesehen hast, als ich dir den Champagnerkelch reichte. Erinnerst du dich noch? Wir tanzten an diesem Abend, bis die Kapelle ihre Instrumente weglegte. Ich sehe alles noch vor mir, als wäre es gestern geschehen …

»Verzeihung, gnädige Frau?«

Bernadette zuckte erschrocken zusammen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass der Fahrkartenkontrolleur durch die offene Waggontür eingetreten war.

»Oh«, sagte sie. »Gewiss.« Rasch faltete sie den Brief zusammen und ließ ihn in ihrer Handtasche verschwinden, ohne ihn in den Umschlag zurückzustecken. Dann zog sie ihren Fahrschein hervor und reichte ihn dem Kontrolleur. »Bitte.«

»Haben Sie vielen Dank, gnädige Frau.« Er betrachtete den Fahrschein.

»Wie lange werden wir noch brauchen bis Greifswald?«, fragte Bernadette, mehr aus Unsicherheit, weil sie sich beim Lesen ertappt gefühlt hatte.

»Noch etwa eine halbe Stunde, gnädige Frau. Wünschen Sie Hilfe mit Ihrem Gepäck? Dann werde ich jemanden kommen lassen.«

Bernadette lächelte ihn an und schüttelte kurz den Kopf. »Nein, haben Sie vielen Dank! Ich habe nicht viel zu tragen und werde außerdem am Bahnhof abgeholt.«

»Wie Sie wünschen, gnädige Frau.« Er gab ihr den Fahrschein zurück. »Dann noch eine gute Weiterfahrt.«

»Danke.« Bernadette steckte das Billett wieder ein, zog den Brief noch einmal hervor und verstaute ihn sorgfältig im Umschlag. Dann schob sie ihn zurück in die Handtasche und legte ihr Stofftaschentuch darüber, so dass er nicht gleich auf den ersten Blick zu sehen war.

Sie schaute wieder auf die Uhr. Kurz nach zehn. In weniger als einer Viertelstunde würden sie Greifswald erreichen.

Unruhe stieg in ihr auf. Sie konnte nur hoffen, dass es im Grand, ihrem Hotel in Binz, keine besonderen Vorkommnisse gegeben hatte. Bernadette beruhigte sich mit dem Gedanken, dass gewiss alles in Ordnung war, schließlich konnte sie sich auf Alexander, ihren ältesten Sohn, den sie vor einigen Jahren zum Geschäftsführer gemacht hatte, stets verlassen. Und sie brachte gute, ja beste Nachrichten mit nach Hause. Ihr Besuch bei Constantin war ein voller Erfolg gewesen. Er hatte sich großzügig gezeigt. Bernadette war nach Berlin gereist, um Constantin ihre Anteile am Astor zu übertragen und sich hierfür auszahlen zu lassen. Doch das hatte ihr Sohn abgelehnt. Er gab ihr einfach das Geld, das sie brauchte, um die neuen Strandkörbe für das Hotel fertigen zu lassen, damit sie zum Beginn der Sommersaison ein gutes Geschäft machen konnte.

Es war nicht zu verhehlen, dass das Grand noch längst nicht so dastand, wie Bernadette es sich wünschte. Gewiss, es war das prächtigste Gebäude, das an der Strandpromenade zu finden war. Hochherrschaftlich und luxuriös, gepaart mit dem Charme gelebter Sorglosigkeit, stand es da und verkörperte das, was Bernadette so unglaublich wichtig war: Eleganz und Klasse. Doch es war ihr in den Jahren nach dem verheerenden Brand nicht gelungen, das Hotel finanziell so unabhängig zu stellen, wie sie es sich gewünscht hätte. Der Krieg hatte das, was sie in den Jahren zuvor mühsam aufgebaut hatte, zum Großteil zunichtegemacht.

Bernadette hatte einiges unternehmen müssen, was sie lieber vergessen hätte, um das Hotel überhaupt am Laufen zu halten und die wenigen Gäste mit der Art von Speisen und Getränken zu versorgen, die diese von einem Hotel dieses Standards zu Recht erwarteten. Einzig die Tatsache, dass sie das Haus für diskrete Treffen von Politikern geöffnet hatte, die auf Geheimhaltung und Verschwiegenheit Wert legten, hatte ihr so manchen Monat beim bloßen Überleben geholfen. Für sie wie für jeden anderen im Land war es ein Aufatmen, als der Krieg vor sechs Jahren zu Ende gegangen war und ihre Söhne endlich nach Hause zurückkehrten.

Bis auf einen. Während Alexander und Constantin schon wenige Wochen nach dem ausgerufenen Kriegsende nach Binz heimkehrten, dauerte es weitere zwei Monate, bis Bernadette die Nachricht erhielt, dass Maximilian, ihr jüngster Sohn, im Kampf gefallen war. Jeden Tag hatte sie bis dahin gebangt, und selbst nachdem sie die Botschaft erhalten hatte, hatte sie die Hoffnung immer noch nicht ganz aufgegeben. Schließlich war ihr der Leichnam ihres Sohnes niemals übergeben worden. Es vergingen Wochen, Monate, fast drei Jahre, in denen Bernadette die Hoffnung nicht aufgeben...

Erscheint lt. Verlag 2.3.2020
Reihe/Serie Die Grand-Hotel-Saga
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Babylon Berlin • Berlin • Bestseller 2020 • Binz • Buch für den Urlaub • buch zum verschenken • Downton Abbey • eBooks • Familiensaga • Filmstoff • Frauenromane • Generationenroman • Goldene Zwanziger • Historische Romane • Historischer Roman • Liebesromane • Muttertag Geschenk • Ostsee • Rügen • schokoladenvilla • spiegel bestseller • Tuchvilla • Urlaubslektüre • Varieté • Weihnachtsgeschenk • Zwanzigerjahre
ISBN-10 3-641-24355-6 / 3641243556
ISBN-13 978-3-641-24355-5 / 9783641243555
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