Das Schweigen der Hämmer (eBook)

Wie man ein Haus baut und dabei glücklich verheiratet bleibt
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2020
Penguin Verlag
978-3-641-26122-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Schweigen der Hämmer - Alexandra Peiper
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Haarsträubend witzig und schonungslos ehrlich: Wie das Projekt Traumhaus ein Paar an den Rand des Wahnsinns treibt
Niemand weiß besser als Alexandra Peiper, dass man nach einem Bauprojekt immer schlauer ist. Als sie sich mit ihrem Ehemann dazu entschied, ihr sanierungsbedürftiges Traumhaus umzubauen statt abzureißen, war sie noch eine ahnungslose Bauherrin. Drei Architekten, zwei Baustopps, mindestens 100 Flaschen Wein und 350.000 Euro später kann sie nichts mehr so leicht aus der Ruhe bringen. Etwa wenn das eigene Haus einzustürzen droht, Zimmertüren auf dem Schrottplatz landen oder das Vordach aus Versehen abgerissen wird. Mit einer ordentlichen Portion Galgenhumor schildert sie, was man aus Pleiten, Pech und Pannen beim Hausbau lernen kann - und wie man dafür sorgt, dass die eigene Ehe danach nicht ebenfalls kernsaniert werden muss.

Alexandra Peiper, Jahrgang 1971, ist Journalistin beim WDR Fernsehen. Mit ihrem Mann und ihren Söhnen lebt sie im Ruhrgebiet in ihrem Traumhaus, dessen Umbau sie wertvolle Lebenszeit und viele Nerven gekostet hat. Immerhin ist sie nun Expertin im Lesen von Immobilienanzeigen und kann die Vorzüge aller erdenklichen Arten von Wasserhähnen und Badezimmerfliesen im Schlaf aufzählen. Ihr Fazit lautet: Jede Erfahrung ist für irgendetwas gut!

Kennen Sie diese herzerwärmenden Phasen im Leben, in denen alles irgendwie gut ist? Ich meine diese goldenen, kleinen Flow-Phasen. In denen man nichts will, was man gerade nicht hat – und auch nichts hat, was man gerade nicht will. Wo’s halt einfach mal läuft. Und man sich fast gar nicht traut zu atmen, weil ja solche Momente der stillen Balance eher scheu sind und bei der kleinsten Situationsveränderung im Unterholz verschwinden, als wären sie nie da gewesen.

Ich weiß nicht, ob es ein Naturgesetz ist, aber sobald sich mein Leben mal anschickt, eine Weile derart geschmeidig vor sich hin zu tuckern, springt es auch schon wieder aus dem Gleis. Wann immer ich auch nur ganz heimlich etwas denke wie: »Ach – so kann es jetzt mal eine Weile weitergehen«, kotzt wenig später der Hund auf den Teppich, eines unserer Kinder steht fieberrot im Türrahmen, ich bekomme einen Hexenschuss oder das Auto geht kaputt – irgendwas in dieser Richtung.

Deshalb hätte ich vielleicht gewarnt sein können, als mein Mann und ich eines Abends nach einem sehr gefügigen Tag beisammensaßen und er plötzlich rief: »Das ist es!«

Mein Mann hatte bis zu diesem Moment still und friedlich auf seinem Tablet vor sich hin getippt, während ich mich auf die heute-show freute. Die Aussichten für das Wochenende waren bestens: Es war nichts liegen geblieben, was erledigt werden musste, und wenn vielleicht doch (bestimmt!) – dann jedenfalls nicht dringend. Unsere beiden Söhne waren entspannt, zufrieden und ohne plötzliche Krankheitssymptome eingeschlafen. Es war nichts absehbar, was uns die bevorstehenden Tage versauen könnte, und ich zermarterte mir auch über nichts den Kopf, was ja bei vielen Frauen, jedenfalls bei mir, nicht so oft vorkommt.

Solche Momente des inneren und äußeren Friedens sind kostbar und selten, das weiß jeder, der schon eine Weile gelebt hat. Meistens sind sie auch schnell vorbei. Umso schneller, wenn Überraschungen und Irritationen zum Alltag gehören, wenn man also zum Beispiel in einem Notfallberuf arbeitet oder in der Beschwerdestelle eines Callcenters oder, was aus meiner Erfahrung ähnlich gelagert ist: Kinder hat, einen sturen Hund, eine freilaufende Katze und einen Ehemann, der abends noch ein bisschen im Internet surft und von der Sofaecke aus – Heureka! – neue Kontinente entdeckt. Vielleicht auch nur ein neues Rasenmäher-Roboter-Modell oder eine zündende Inspiration für den nächsten Urlaub, was etwas wahrscheinlicher war.

»Hm …?«, machte ich.

»Ich habe unser Haus gefunden!«, sagte mein Mann.

Tschaka – das meine ich mit Naturgesetz! Meine magische Flow-Phase verschwand grußlos, um lieber eine andere Familie glücklich zu machen, und an ihrer Stelle stand bei uns ein hässlicher, alter Unruhestifter im Raum, den ich für längst überwunden, begraben und vergessen gehalten hatte: der Hauswunsch. Ein schlimmer Gespräche-an-sich-Reißer, ein Wochenende-Ruinierer, ein Kostbare-Lebenszeit-Vernichter, ein übler Anlass für demütigende Bankberatungsgespräche, lästiger als ein Tinnitus immerzu rufend: »Mensch – hast du in deinem halben Arbeitsleben mit seinen unzähligen Fünfzig-Stunden-Wochen wirklich noch nicht einmal genug Geld zusammengespart, um dir dein eigenes kleines Dach leisten zu können, unter dem dich niemand so leicht hervorziehen und auf die Straße werfen kann?«

»Oh nein!«, wisperte ich. »Bitte nicht!« Aber mein Mann drehte mir bereits schwungvoll seinen Bildschirm zu. Darauf war in fetten Buchstaben zu lesen: Traumhaus für Altbaufans …!

»Um Got-tes will-len! ›Für Altbaufans‹? Und auch noch mit drei Pünktchen und Ausrufezeichen dahinter? – Auf keinen Fall!«, rief ich und wandte mich wieder dem Fernseher zu.

»Ich les nur mal vor, ja? «, beharrte mein Mann.

»Danke, nicht nötig! Ich sehe es klar und deutlich vor mir.«

Ich warf einen befremdeten Seitenblick auf meinen Mann, der weiter konzentriert auf seinen Bildschirm sah. Grundsätzlich finde ich es sehr schön, wenn ich dann und wann noch gänzlich unbekannte Seiten an ihm entdecke, obwohl wir uns schon so lange kennen. Aber dieses Feld war wirklich abgearbeitet. Dachte ich jedenfalls.

Nachdem mein Mann drei Jahre zuvor eine neue Stelle im Ruhrgebiet angenommen hatte, hatten wir nämlich geschlagene zwei Jahre lang gemeinsam den Immobilienmarkt der gesamten Region durchkämmt, um ein Haus zu kaufen. Die Idee war uns anfangs ganz naheliegend erschienen, denn wir hatten ein bisschen Geld gespart und wollten mehr Platz und einen Garten – und außerdem die historisch niedrigen Zinsen nutzen. Genau wie all die anderen Menschen, die zur gleichen Zeit ein Haus kaufen wollten. Weil auch sie wahrscheinlich zu wenig Platz hatten, ein bisschen Geld gespart hatten, und einen Garten wollten. Und natürlich die historisch niedrigen Zinsen nutzen.

Aber wenn viele Menschen zur gleichen Zeit das Gleiche wollen, dann wird typischerweise das Angebot irgendwann knapp – und das ist auf dem Immobilienmarkt bekanntermaßen schon länger der Fall. Besonders natürlich in Städten wie München, Hamburg und Berlin, aber eigentlich auch sonst überall, wenn man sich nicht gerade – aufgrund welcher Umstände auch immer – in Vorpommern oder der Region Anhalt-Bitterfeld niederlassen will. Obwohl es da auch sehr schön sein soll. In allen anderen Gegenden aber, sogar im eher mäßig beliebten Ruhrgebiet, ist der Hauswunsch für eine Durchschnittsfamilie seit geraumer Zeit so leicht umzusetzen wie der Kinderwunsch für Paare, die die Vierzig schon ein bisschen hinter sich gelassen haben. Übrigens auch mit ähnlichen Folgen. Man setzt mit zunehmender Verzweiflung nämlich alles daran, es gegen jede Wahrscheinlichkeit doch noch irgendwie zu schaffen.

Entsprechend aufwendig hatte sich unser Haussuchprojekt gestaltet.

Wir hatten erst gedacht, dass wir eben einfach deutlich schneller als all die anderen sein müssten, um bei der Haussuche doch noch zum Zuge zu kommen. Ein Ansatz, der aber lediglich zur Folge gehabt hatte, dass wir in dieser Zeit zu regelrechten Immobilienplattform-Junkies mutiert waren, und die täglichen Bewegungen auf dem Immobilienmarkt verfolgten wie andere Leute ihre Börsenkurse. Wir wurden im Erkennen und Zuordnen von Dächern und Bauformen nach Luftbildern auf Google Earth so gut, dass wir die angebotenen Objekte blitzschnell identifizieren und von außen ansehen konnten, ohne den Anbieter überhaupt erst anrufen zu müssen. Wir hatten Anzeigen aufgegeben (»Familie sucht …«, »Nette Familie sucht …«), Anzeigen von Maklern aufgeben lassen (»Arztfamilie sucht …«, »Professor sucht …«) und ein Netzwerk von Freunden und Kollegen für das Projekt eingespannt: ohne Erfolg.

Wir hatten unser Budget sukzessive um eine sechsstellige Summe erhöht, waren dem örtlichen Heimatverein beigetreten, hatten den Suchradius um zehn Kilometer und Problemlagen erweitert, Grundstücke zum Bauen mit einbezogen und unsere Ansprüche vom Traumhaus zum Nur-Haus zum Auch-okay-Haus zum Es-muss-ja-nicht-für-immer-sein-Haus bis zur Schmerzgrenze gesenkt: vergebens.

Was der Markt noch hergab, war schlichtweg der Rest, den niemand haben wollte. Leider auch wir nicht. Die angebotenen Häuser waren kleiner als die Vierzimmerwohnung, die wir damals bewohnten, oder so groß, dass man die Personalkosten zur Bewirtschaftung des Ganzen am besten gleich mit einkalkulierte. Sie waren so hässlich, dass wir schon bei der Besichtigung Depressionen bekamen, oder so teuer, dass wir schon vor der Besichtigung nicht mehr schlafen konnten. Oder sie waren »für Altbaufans«.

Wer eine Weile auf dem Immobilienmarkt unterwegs ist, der weiß, was das bedeutet. Es ist nämlich so, dass man Immobilienanzeigen lesen und verstehen muss, wie man auch Reisekataloge oder Arbeitszeugnisse lesen und verstehen muss.

Wenn in einer Immobilienanzeige beispielsweise die »sehr zentrale Lage« des Objekts hervorgehoben wird, dann heißt das im Klartext, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit vor oder hinter dem Haus eine Hauptverkehrsstraße verläuft. »Gut angebunden« heißt, dass sich vor dem Haus mindestens eine Straßenbahnhaltestelle befindet – denkbar ist aber auch ein Flughafen. Bei dem Zusatz »Für junge Leute« gibt es im Nebenhaus ganz bestimmt einen angesagten Club oder eine Szenekneipe, und wenn schon in der Überschrift das »gute Viertel« hervorgehoben ist, in dem das Haus steht, darf man getrost davon ausgehen, dass das angebotene Objekt der einzige Schandfleck dieses Viertels ist.

Mein Mann und ich hatten auch einmal eine »ländliche Idylle« besichtigt, deren Zuweg über die letzten drei Kilometer (!) bei Regen nur mit Vierradantrieb befahrbar war und bei Schnee gar nicht. Das nächste Haus war gefühlt fünf Stunden Fußweg entfernt. Trotzdem hatte in der Anzeige nichts Falsches gestanden, denn ländlich und idyllisch fühlte es sich wirklich an.

Der Zusatz »für Altbaufans« wiederum liegt im Immobilienanzeigen-Vokabular höchstens eine Handbreit über dem Zusatz »für Handwerker«. Der Klartext lautet: »Sieht an vielen Stellen wirklich übel aus, was nur mit sehr viel Geld oder gar nicht zu ändern ist. ›Altbaufans‹ zahlen dafür vielleicht trotzdem noch die geforderte halbe Million.« Die wenigen Häuser, die »für Altbaufans« oder ähnlich angepriesen worden waren und die wir trotzdem besucht hatten, aus Angst, vielleicht sonst doch etwas zu verpassen, waren jedenfalls optisch und baulich totale Sanierungsfälle.

Der krasseste Fall war unter dem Titel »Träumendes Dornröschen …!« inseriert gewesen....

Erscheint lt. Verlag 13.7.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte Altbau • DIY • eBooks • Erfahrungsbericht • Hausbau • Heimwerker • Humor • lustig • lustige • Memoir • Sanierung • Sorry, wir haben die Landebahn verfehlt • Traumhaus • Verschieben Sie die Deutscharbeit, mein Sohn hat Geburtstag
ISBN-10 3-641-26122-8 / 3641261228
ISBN-13 978-3-641-26122-1 / 9783641261221
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