Über dem Meer tanzt das Licht (eBook)

Roman
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2020 | 1. Auflage
416 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-22570-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Über dem Meer tanzt das Licht -  Meike Werkmeister
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Immer kopfüber ins Leben! - Der neue SPIEGEL-Bestseller von Meike Werkmeister
Maria hat die halbe Welt bereist und nie ein Abenteuer ausgelassen. Dass sie ausgerechnet auf einer kleinen Nordseeinsel ihr Glück finden würde, wäre ihr im Traum nicht eingefallen. Doch sie liebt ihr Leben auf Norderney, ihr kleines Strandcafé und vor allem ihre Familie: ihren Freund Simon und die Töchter Morlen und Hannah. Ihr Leben ist randvoll, für Probleme bleibt da keine Zeit. Bis Simon aus dem gemeinsamen Alltag ausbricht und mit Hannah verreist. Plötzlich hat Maria wieder Zeit für sich selbst. Und mit der Zeit kommen die Fragen. Steckt in ihr noch die alte Abenteurerin? Ist sie eine andere geworden? Und wo gehört sie wirklich hin?

Der neue Sommerroman von Bestsellerautorin Meike Werkmeister

»Beim Lesen spürt man den Sand unter den Füßen und hört das Meeresrauschen - Meike Werkmeisters Geschichten machen einfach glücklich.« Karla Paul, ARD-Literaturkritikerin

»Diese Geschichte kann beides: Sie wärmt ganz tief drinnen und ist doch frischer Wind im Liebesroman-Genre.« emotion

Meike Werkmeister ist Buchautorin und Journalistin. Ihre Romane stehen regelmäßig auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Wann immer sie Zeit hat, fährt sie an die Nordsee, wo sie oft auch die Ideen für ihre Geschichten findet.

1


Der Wind kam an einem der ersten heißen Tage des Sommers. Ich hatte mein Café früher geschlossen und war mit meiner Familie an den Strand gegangen. Den ganzen Nachmittag über hatten wir geplanscht, Burgen gebaut und Muschelherzen in den feuchten Sand gelegt.

Gegen neun Uhr abends saß ich glücklich und erschöpft auf meinem Handtuch, zwischen Sandeimern, Förmchen und ein paar Pizzakartons. Kleine glasige Wellen rollten an den Strand. Kinderlachen lag in der warmen Luft. Die tief über dem Horizont schwebende Abendsonne ließ alles so hell glitzern, dass ich die Augen zusammenkneifen musste, um Simon und Morlen zu erkennen. Sie trugen nur Badesachen und waren seit Stunden da draußen im Meer. Aber frieren würde heute niemand. Sie hatten ihre Surfbretter dabei, und meine Tochter redete gerade mit ausladenden Gesten auf meinen Freund ein. Dann kam die nächste Welle, und Morlen sprang mit kindlicher Leichtigkeit auf ihr Brett. Simon hatte nur wenige Stunden gebraucht, um ihr das Surfen beizubringen. Manchmal amüsierten die beiden sich darüber, dass Morlen es ihrer Ansicht nach bereits besser beherrschte als ich. Sie zogen dabei vielsagende Grimassen und lachten sich kaputt. Und ich lachte mit. Konnte es ein besseres Zeichen für ihre Zuneigung zueinander geben, als dass sie sich gegen mich verbündeten?

Morlen hüpfte vergnügt von ihrem Board ins knietiefe Wasser, das wie Funken in alle Richtungen sprühte. Dann schwang sie sich wieder darauf und paddelte zurück zu Simon. Sie so unbeschwert und fröhlich zu sehen machte mein Herz leicht. Bei Simon angekommen, ließ sie ihre Beine links und rechts vom Brett baumeln. Die beiden saßen nun direkt vor der funkelnden Sonne. Vom Strand sahen sie wie pechschwarze Scherenschnitte aus.

Auf meinem Schoß lag der Kopf meiner jüngeren Tochter Hannah. Sie war eingeschlafen. Irgendwann zwischen der dritten Sandburg und der zwölften Qualle, die sie mit ihrem Kescher aus einem Priel gefischt hatte, war sie auf mich zugekrabbelt und hatte sich halb auf mir, halb im Pudersand zusammengerollt. Was gab es Schöneres, als an einem solchen Tag am Meer einzuschlafen, unter freiem Himmel? Hannahs schwarze Löckchen, die sie von Simon geerbt hatte, kräuselten sich schweißnass an den Schläfen. Ihre kleinen Arme waren mit einer Kruste aus Sand, Salzwasser und Sonnencreme überzogen. Sie schmatzte leise im Traum. Ich versuchte behutsam, mein Bein, das einzuschlafen drohte, unter ihrem warmen Körper auszustrecken. Dabei streifte ich mit dem Fuß einen der Kartons, die Simon vorhin aus dem Laden eines Kumpels im Dorf geholt hatte. Mittlerweile war die Pizza kalt, aber Baden und Surfen und Quallensammeln waren wichtiger gewesen.

Ich betrachtete meine Beine, die dort, wo sie nicht von Hannah oder feinem Sand bedeckt waren, leicht gerötet aussahen. Meine helle Haut war nicht gemacht für dieses Wetter. Auf dem Shirt, das ich über den nassen Bikini geworfen hatte, zeichneten sich dunkle Flecken ab. Meine langen Haare waren mittlerweile getrocknet, klebten aber strohig an den nackten Oberarmen. Es würde mehr brauchen als eine kurze Dusche, um uns alle von den Spuren dieses Tages zu befreien.

Ich hörte Morlen rufen und hob den Blick. Sie ließ ihr Board am flachen Ufer treiben, dann kam sie herbeigerannt, wobei sie jede Menge Sand aufwirbelte. Schniefend und triefend beugte sie sich über einen der Pizzakartons zu meinen Füßen und öffnete ihn hastig.

»Gibst du mir auch ein Stück, Maus?«, fragte ich sie.

Sie riss wortlos eines ab und reichte es mir über Hannah hinweg, die kurz zuckte, als ein paar Tropfen aus Morlens Haar auf ihr Gesicht fielen.

Wie groß Morlen geworden ist, dachte ich. Jetzt war sie schon elf, hatte lange Arme und Beine, und ich ahnte, dass sie bald eine richtige Jugendliche sein würde. Zum Glück wurde man nie zu groß für Sommerabende wie diesen.

Sie riss sich ebenfalls ein Stück Pizza ab und stopfte es sich zur Hälfte in den Mund. Dann nahm sie ein weiteres und sagte kaum verständlich: »Für Simon.«

Mit einem Stück zwischen den Zähnen und dem anderen in der Hand rannte sie zurück in die Wellen, wo sie die Pizza auf ihrem Brett zu Simon transportierte. Im Gegenlicht sah ich ihn beherzt hineinbeißen.

Auch ich biss in mein Pizzastück, das bereits sandig war, wie alles, was man hier aß. Erstaunlicherweise hatte bisher keine der Möwen versucht, uns unser Abendessen zu klauen. Sogar sie schienen heute ein bisschen träge zu sein. Faul hockten sie auf einer der Buhnen und dösten. Erst jetzt kam Bewegung in die Schar, weil ein Labrador mit nassem Fell auf den Steindamm stürmte und die Versammlung bellend sprengte.

Ich sah, wie Morlen kauend mit Simon diskutierte und dabei den Kopf schief legte – vermutlich wollte sie nun ihn zum Pizzaholen schicken. Und wie meistens kam er ihrem Wunsch nach. Amüsiert beobachtete ich, wie er in seinen Badeshorts durch den Sand auf mich zulief. Das liebte ich an ihm. Dass er diesen wunderbar drahtigen Männerkörper hatte und sich gleichzeitig so unbeschwert bewegte wie ein Kind. Er blieb so knapp vor uns stehen, dass ich schützend die Arme über Hannah legte. Trotzdem rieselte eine kleine Sanddusche auf uns hernieder.

Behutsam, damit er seine kleine Tochter nicht aufweckte, beugte Simon sich über mich und tropfte mich mit Salzwasser voll. Dabei küsste er mich so stürmisch, dass ich lachen musste.

»So schön heute, oder?«, fragte er dicht vor meinem Gesicht. Er roch nach Sommer und Meer und Pizza Hawaii.

Ich strich ihm über den nassen, kalten Rücken. »Wunderschön.«

Und schon war er wieder unterwegs, mit einem Stück Pizza für sich und einem extragroßen für Morlen. Hannah bekam von alldem nichts mit. Sie hatte alle viere von sich gestreckt und schlief. Ab und zu zuckten ihre kleinen Mundwinkel. Vermutlich träumte sie von ihren Quallenfreunden.

So könnte es immer bleiben, dachte ich. So und nicht anders.

Dann spürte ich den Wind. Ganz sanft strich er mir über die nackten Beine, ließ Hannahs Löckchen wippen, hob einen Pizzakarton leicht an, jagte eine Gänsehaut über meine Oberarme. Nur kurz, und doch wusste ich, was er bedeutete.

Als die Sonne untergegangen war, radelte Simon unter Morlens Protest mit den Mädchen in die Wohnung. Er versprach, zumindest ihre Salz-Sand-Sonnencreme-Krusten abzuduschen, so gut er konnte, obwohl Hannah auch im Fahrradsitz weiterschlief. Vermutlich wäre es ohnehin vergebens, und alle Bettlaken würden wie üblich voller Sand sein.

Ich schaute kurz in meinem Café vorbei, weil ich vorhin überstürzt aufgebrochen war und nur das Geschlossen-Schild an die Tür des alten Backsteinhäuschens gehängt hatte. Als ich den dunklen Raum betrat, hielt ich einen Moment inne. Wie friedlich und still es hier war. Morgen würden wieder eilige Insulaner auf dem Weg zur Arbeit auf einen Kaffee vorbeischauen, und an den selbst gebauten Tischen aus hellem Holz würden gut gelaunte Urlauber sitzen und mit Blick aufs Meer und die Dünen ausgiebig frühstücken. Ich würde hinter der Theke, die aus dem gleichen Holz gezimmert war, einen Kaffee nach dem anderen zubereiten, Sanddorngelee auf Sauerteigbrote streichen und in Butter geschwenkten Zuckertoast auf Goldrandtellern mit kleinen Blüten und Himbeeren drapieren.

Ich liebte meine Strandmuschel. Vor dreieinhalb Jahren hatte meine Mutter mir das Erbe meiner Großmutter überlassen, damit ich den ehemaligen Strandkiosk pachten und renovieren konnte, wofür ich ihr für immer dankbar sein würde. Was wir aus diesem alten Lagerraum gemacht haben, dachte ich nicht zum ersten Mal und strich lächelnd mit dem Daumen etwas gemahlenen Kaffee von der Arbeitsplatte.

Ich machte nun doch Licht, kontrollierte die Zuckerdosen aus Emaille und die Weckgläser mit den Dünengräsern, schüttelte die erdfarbenen Kissen auf den Sitzbänken auf, stellte Tassen und Latte-Macchiato-Gläser auf die Siebträgermaschine, füllte die Bohnen nach. Alles bestens. Alles bereit für morgen.

Dann hörte ich einen Knall. Etwas war zerscheppert, auf dem Pflaster hinter meinem Café. Ich ging durch den Lagerraum nach draußen und machte das Außenlicht an. Zwischen den aufeinandergestapelten Getränkekisten sah ich Tonscherben. Ein Dachziegel war heruntergefallen und in mehrere Teile zerbrochen. Besorgt legte ich den Kopf in den Nacken und blickte hinauf. Hoffentlich würden es über Nacht nicht noch mehr werden.

Auf dem Heimweg spürte ich ihn wieder, den Wind, der dafür verantwortlich war. Er hatte ordentlich aufgefrischt. Ich konnte sie mittlerweile unterscheiden, die Winde auf meiner Insel, und wusste, was sie bedeuteten. Es gab den eisigen Herbstwind, der die Nasenspitzen kalt werden ließ und mich in den Keller schickte, um die dicken Wachsjacken heraufzuholen. Es gab den Wind, der nach Regen roch und erst dann aufkam, wenn es längst zu spät war, um sich irgendwo unterzustellen, denn der Regen kam hier schneller als anderswo. Es gab den Wind, der die Hitze brachte, der versprach, dass wir bald wieder barfuß durch Priele waten und abends unsere Mückenstiche zählen würden. Und es gab den flattrigen Wind. Der wehte heute. Wenn dieser Wind aufzog, wurden die älteren Insulaner unruhig. Er kam vom Meer her, verfing sich in den Dünengräsern und schickte heftige Böen über die Insel, um Dinge mit sich zu reißen, so unverhofft und plötzlich, dass man nie schnell genug war, um sie festzuhalten. Manchmal waren es nur Papierservietten oder die Föhnfrisur. Manchmal ein ganzer Lebensentwurf.

Ich reckte meine Nase über den Lenker und ließ ihn über mich hinwegflattern, den Wind, weil man ja doch nichts tun konnte. Er kam und nahm sich,...

Erscheint lt. Verlag 18.5.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Café am Meer • Deutsche Autorin • eBooks • Frauenbuch • Frauenromane • Geheimnis • Insel Nordsee • Liebesgeschichte • Liebesromane • Liebesroman Neuerscheinungen 2020 • Neuerscheinungen Bücher 2020 • neu im taschenbuch • Norderney • Nordsee • Romane für Frauen • Sommerbuch 2020 • Sommerlektüre
ISBN-10 3-641-22570-1 / 3641225701
ISBN-13 978-3-641-22570-4 / 9783641225704
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