Hätte, hätte, Fahrradkette: Weserradweg-Krimi -  Martin Heinzelmann

Hätte, hätte, Fahrradkette: Weserradweg-Krimi (eBook)

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2019 | 1. Auflage
200 Seiten
Schardt Verlag
978-3-96152-217-0 (ISBN)
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Zahlreiche Touristen machen sich im Sommer auf den Weser-Radweg von Hann. Münden bis nach Cuxhaven an die Nordsee, unter ihnen auch zwei befreundete Ehepaare, ein Radsportler-Duo und ein Berliner auf einem kleinen roten Damenrad. Sie genießen die Etappen vor malerischer Kulisse entlang der Weser mit ihren kleineren und größeren Ortschaften. Es hätte für alle eine ausgesprochen schöne Tour werden können, wären da nicht eine Leiche im Gebüsch, ein Bankräuber auf der Flucht und ein Rennradfahrer, angetrieben von Rachegelüsten …

Der tote Radfahrer


 

An einem Spätsommertag fuhr gegen Mittag ein Zug langsam in den Bahnhof von Hann. Münden ein. Kaum war er zum Stehen gekommen, da drückten die an den Ausgängen bereits wartenden Fahrgäste auf die blinkenden Buttons. Die Türen schoben sich gehorsam auseinander. Pendler und Schulkinder eilten hinaus und verschwanden schnell hinter dem Bahnhofsgebäude.

Am Fahrradabteil dauerte das Aussteigen etwas länger. Zunächst wurde ein Vorderrad sichtbar, dann erschien eine Person in Radfahrerkleidung auf dem Bahnsteig. Es handelte sich um Peter, einen Mann Ende vierzig von durchschnittlicher Statur, kurzen Haaren mit Glatzenansatz und runder Intellektuellenbrille auf einem länglichen Gesicht mit schmalen Lippen.

„Los, wir sind am Ziel. Heb das Hinterrad raus!“, kommandierte er in die offene Tür.

Hände reichten das Fahrrad ganz aus dem Zug, gefolgt von der sportlichen Mareike, seiner nur wenige Jahre jüngeren Ehefrau.

„Nun hetz doch nicht so. Der Zug wird schon warten.“

Damit drehte sie sich wieder zur Abteiltür um und ergriff ein anderes Rad. Nach einigem Dirigieren von Peter standen ein etwas älteres Ehepaar und vier vollbepackte Tourenfahrräder neben dem Waggon. Damit hatte die Vierergruppe ihr erstes Ziel, den Startpunkt des Weser-Radwegs, erreicht.

Ihre Anreise aus dem Rheinland hatte fast fünf Stunden gedauert. Die Fahrradmitnahme erwies sich dabei als problemlos. Lediglich das Umsteigen mit den bepackten, sperrigen Rädern bereitete den Touristen Mühe und führte auch zu erstem Stress. Zuletzt in Kassel war es sogar zweimal kurz hintereinander notwendig gewesen wegen der zwei Bahnhöfe, die es dort gibt. Dann saßen sie schließlich im Cantus nach Hann. Münden. Insgesamt war jeder von ihnen angenehm überrascht, dass die Zugfahrt letztlich so einfach gewesen war. Man sollte ruhig öfter auf das Auto verzichten und die Bahn nehmen, so ihre einhellige Meinung.

 

Jetzt auf dem Bahnsteig hielten die vier Ankömmlinge in ihren kurzen Hosen zunächst inne, überprüften die Räder und den Sitz des Reisegepäcks. Peter ging sogar eigens in die Hocke, um Tretlager und Speichen nachzusehen. Nachdem sie sich davon überzeugt hatten, dass kein Transportschaden entstanden war, schoben sie hintereinander ihre Fahrräder in Richtung Ausgang. Vor dem Bahnhofsgebäude schaute sich die Gruppe neugierig die Umgebung an. Das Gelände war weitläufig, und nur ein einsamer Bus wartete auf Fahrgäste.

„Da! Da ist der Hinweis auf den Weser-Radweg!“ Mareike hatte das charakteristische Schild, das den stilisierten Fluss mit einem Radfahrer darauf zeigt, als Erste entdeckt. Die Köpfe ihrer Mitreisenden drehten sich sofort in die angewiesene Richtung. Für einen Augenblick betrachteten die vier fast ehrfürchtig den Wegweiser. Es wurde ihnen bewusst, dass sie in den folgenden Tagen genau auf dieses Symbol würden achten müssen.

„Da steht: Die schönste Reise entlang der Weser“, las Mareike den kleinen, geschwungenen Schriftzug vor. Erwartungsvoll blickte sie mit ihren grünen Katzenaugen in die Gesichter der anderen und fügte hinzu: „Jetzt geht unser Abenteuer wirklich los. Seid ihr auch so aufgeregt?“

„Aha, und in diese Richtung geht es weiter“, stellte ihr Mann Peter mürrisch fest, ohne auf sie einzugehen.

Der kleine Pfeil auf dem Wegweiser zeigte vom Platz herunter in Richtung der unmittelbar angrenzenden Stadt. Das Wetter war herrlich, und alles war ruhig und friedlich, als sie ihre Helme aufsetzten, auf die Fahrräder stiegen und erwartungsvoll losfuhren. Das würde nicht so bleiben, und zwar keineswegs nur in meteorologischer Hinsicht.

 

Die Wegführung erwies sich gleich direkt hinter dem Bahnhof als relativ kompliziert. Zunächst ging es ein klein wenig bergab, und die vier Neuankömmlinge konnten sich rollen lassen. Anschließend mussten sie alle paar Minuten Ausschau nach den Schildern halten. Zusätzlich galt es den nicht unerheblichen Straßenverkehr zu beachten.

Mareike holte schnell die Weser-Radwegkarte heraus. Sie hatten sich bei ihrer gemeinsamen Planung für die Karte und gegen eine elektronische Lösung entschieden. Es fiel ihr nicht schwer, sich zu orientieren, schließlich hatte sie sich schon in den Tagen zuvor eingehend damit beschäftigt. Nachdem sie das Umklapp-Prinzip verstanden hatte, war sie bereits die gesamte Strecke bis zum Meer mehrfach durchgegangen. Dabei leitete der Fluss wie ein blaues Band durch die Landschaft. Es hatte ihr Spaß gemacht, sich die kommende Tour in Gedanken auszumalen. Hier vor Ort stellte sie zu ihrer Befriedigung fest, dass die Beschreibungen allesamt zutrafen. Sich die jetzt schnell folgenden Abbiegungen einzuprägen, kam ihr aber wie eine Art Gedächtnistraining vor. Da die anderen drei erheblich größere Probleme hatten, sich zurechtzufinden, übernahm sie das Kartenlesen. Damit erhielt die Kartenmappe einen festen Platz auf ihrer Lenkradtasche.

Im Vorbeifahren sah die Gruppe rechter Hand die historische Altstadt von Hann. Münden mit ihren Gassen und Fachwerkhäusern, die hier und da von einem Turm überragt wurden. Sie blickten in eine belebte Fußgängerzone, die mit ihren Straßencafés lockte. Dafür hatten sie allerdings keine Zeit, ihr Ziel war zunächst der Weserstein als Anfang des Flusses und damit dieses Radwegs schlechthin.

 

Am Ende der Gruppe bedauerte Jürgen ganz außerordentlich, dass sie in Hann. Münden keinen Stadtrundgang vorgesehen hatten. Als Architekt interessierte er sich nun einmal für Bauwerke, und jetzt sah er mit eigenen Augen, wie interessant es hier war. Wider besseres Wissen unternahm er einen Versuch.

„Sollen wir uns nicht doch ein wenig in der Altstadt umsehen?“

„Das geht wirklich nicht. Es ist schließlich schon fast Mittag, und wir haben für heute noch eine ganz schöne Strecke vor uns“, stoppte ihn Bettina, seine Frau. Sie wusste, dass ihr Mann für einen Stadtrundgang Stunden benötigen würde. Außerdem hatte der sicherlich auch vor, bei der Gelegenheit irgendwo einzukehren.

Jürgen fuhr sich durch seinen dichten, ergrauten Bart. Zusammen mit seinem längeren, aber vollen Haupthaar sah er fast so aus, wie sich einige Menschen den Lieben Gott vorstellen. Er fügte sich, ohne weiter zu murren in sein Schicksal. Bereits bei der Tour-Planung war ihm klar geworden, dass er bezüglich seiner kulturellen und kulinarischen Ansprüche einige Abstriche würde machen müssen. Dabei fand er die Geschichte der Orte auf dieser Route viel spannender als das voraussichtlich recht schweißtreibende Fahren dazwischen. Hier und jetzt war es wirklich schade um die vielen Fachwerkhäuser, das Weserrenaissance-Rathaus, das Welfenschloss und, nicht zu vergessen, das erst vor einigen Jahren entdeckte Römerlager! Sie waren so nahe dran, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich vorzunehmen, später einmal einen Tagesausflug in diese malerische, kleine Stadt zu unternehmen.

 

Es dauerte nicht lange, bis die beiden Paare nach dem Überqueren einer Brücke das Gelände, auf dem sich der Weserstein befinden musste, erreicht hatten. Langsam hintereinander herfahrend, passierten sie ein Restaurant, in dem Deftiges angeboten wurde, wie Jürgen registrierte. Am äußersten Ende eines großen Parkplatzes, auf dem viele Autos und Reisebusse standen, entdeckten sie schließlich zwischen einigen Bäumen das Denkmal. Die Beschreibung im Reiseführer stimmte. Hier befand sich eine Landspitze, eingerahmt von Fulda und Werra, die seit Jahrtausenden gleichmütig als Weser gemeinsam weiterflossen. Ihrem Lauf bis zur Nordsee würden sie ab jetzt stromabwärts folgen.

Die vier stiegen von ihren Rädern und blickten gedankenverloren auf das vor ihnen dahinplätschernde Wasser. Sie sahen ein paar Boote und Camper am Ufer. Bettina las den berühmten Spruch auf dem Stein laut vor: „Wo sich Werra und Fulda küssen, sie ihre Namen büßen müssen. Und hier entsteht durch diesen Kuss deutsch bis zum Meer der Weser Fluss.“ Sie erinnerte sich, dass ihre Mutter ihn noch auswendig hatte aufsagen können. „Ist von 1899“, ergänzte sie abschließend.

Peter gruppierte seine drei Mitreisenden in ihrer neuen Radfahrerkleidung für ein Erinnerungsfoto um den Stein.

„Wunderbar! Und in einer guten Woche will ich ein Vergleichsbild von euch an der Alten Liebe in Cuxhaven aufnehmen.“

„Dann werden wir sicher sportlicher und auch schlanker sein“, freute sich seine Frau und lachte.

Sie schlenderten noch einige Minuten unschlüssig im Schatten der Bäume. Jetzt stand dem Beginn ihrer eigentlichen Fahrt nichts mehr entgegen.

„Auf geht’s in Richtung Norden. Die nächste größere Ortschaft heißt Hemeln. Dort gibt es sogar eine Fähre über den Fluss“, informierte Mareike und schwang sich auf ihr Rad. Das Reisefieber war ihr anzumerken.

 

Mit Peter an der Spitze fuhren sie ab. Er hatte zwar keine große Lust auf diese Tour, aber heute...

Erscheint lt. Verlag 17.5.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
ISBN-10 3-96152-217-0 / 3961522170
ISBN-13 978-3-96152-217-0 / 9783961522170
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