Fernes Glück (eBook)

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2024 | 1. Auflage
336 Seiten
MORE by Aufbau Digital (Verlag)
978-3-96797-546-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fernes Glück - Georgia Bockoven
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Die Frau auf den Klippen.

Bei einem Angelausflug rettet Adam eine lebensmüde Frau vor dem Tod in den Wellen. Er ahnt nicht, dass dies der Beginn einer dramatischen Liebesgeschichte ist. Welches dunkle Geheimnis aus ihrer Vergangenheit quält sie so sehr, dass sie sich das Leben nehmen wollte?

Ein berührender Roman über die verschlungenen Wege des Lebens und die Kraft der Liebe.



Georgia Bockoven war erfolgreich als Fotografin und freie Journalistin tätig, bevor sie mit dem Schreiben begann. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Kalifornien.

Prolog


Wollte sie sich umbringen, oder war es einfach nur pure Dummheit? Adam Kirkpatric konnte darüber nur spekulieren.

Und weil er nichts anderes zu tun hatte, während sein Boot über die Dünung glitt und er darauf wartete, dass endlich ein Fisch anbiss, beobachtete er die Frau in der hellroten Jacke. Sie bewegte sich schrittweise auf den Rand der Klippe zu. Und wich behände einen Schritt zurück, sobald die nächste herannahende Welle drohte, die steile Felswand zu überspülen und sie von ihrem hohen Aussichtspunkt mit sich zu reißen. Es schien, als wollte sie den Ozean herausfordern und irgendein idiotisches Glücksspiel spielen. Offenbar wusste sie nicht, dass die See nur selten Wetten dieser Art verlor. Wenn sie nicht gerade das Schicksal herausforderte, starrte sie regungslos über den Horizont und hielt sich mit einer Hand die windzerzausten Haare aus dem Gesicht. Er war viel zu weit weg, um sie klar zu sehen, aber seine Augen registrierten die feinen Gesichtszüge und die gertenschlanke Figur.

Offenbar war sie eine Touristin und insofern nicht vertraut mit den Gefahren, die hinter der urwüchsigen Schönheit dieses zerklüfteten Küstenstrichs lauerten. Adam lebte bereits seit einem Jahr in Mendocino und wusste inzwischen, dass Unfälle nur ganz selten durch einen einzigen leichtfertigen Schritt passierten. So etwas geschah aber meistens dann, wenn man sich an einem scheinbar ruhigen Tag, sich in absoluter Sicherheit wiegend, mit dem Rücken zum Wasser bewegte. Genau in diesem Moment schlug der Ozean zu und holte einen. Manche nannten es die siebte Welle, die Megawelle, die im Verborgenen lauerte, bis man sich dem Strand näherte, und dann mit solcher Kraft zuschlug, dass sie das Leben eines Ahnungslosen forderte.

Die Pensionen und Hotels entlang der Küste Nordkaliforniens taten ihr Bestes, um diskret auf die Gefahren hinzuweisen, sei es nun auf der Rückseite der folienverpackten Menüs des Zimmerservice oder auf einem Hinweisblatt, das irgendwo in einer Schublade der obligatorischen Zimmerkommode verstaut war. Die Gäste wohlwollend zu warnen oder sie in heillose Ängste zu stürzen – es war eine stete Gratwanderung.

Die Frau in Rot drehte sich um, offenbar hatte etwas hinter ihr ihre Aufmerksamkeit erregt. Sekunden später ging sie mit langsamen Schritten parallel zum Meer entlang, hielt inne und kehrte dann zu ihrer Ausgangsposition zurück. Dabei erinnerte sie Adam an die Katze seines Nachbarn, die das Dach abschritt und offenbar genau den Kraftaufwand berechnete, der nötig war, um auf die Vorderveranda zu springen.

Adams Nackenhaare richteten sich auf. Sein zynisches Gedankenspielchen, ob sie tatsächlich ihren Selbstmord plante oder einfach nur dumm war, war bislang nur durch die Art ihrer Bewegungen ausgelöst worden, die nicht unbedingt etwas über ihre wahren Absichten verrieten. Es gab schließlich zig andere, viel einfachere Möglichkeiten, aus dem Leben zu scheiden. Gott im Himmel, ohne große Anstrengung fiel ihm fast ein Dutzend ein. Denn wer würde, wenn er bei gesundem Menschenverstand war …? Ein Schauer fuhr ihm über den Rücken. Wenn sie bei Verstand war, würde sie dann am Rand der Klippe balancieren und Katz und Maus mit Wellen spielen, deren Kraft jeden Zug aus den Gleisen hebeln konnte?

In seinen Gedanken war die Frau schon so gut wie tot und begraben, als sie sich umdrehte und in Richtung Highway lief. Nur ganz selten verlor er sich in Gedankenspielen, aber wenn, dann schickten sie ihn auf einen Höllentrip. Er griff in seiner Jackentasche nach dem Apfel, den er morgens eingesteckt hatte. Kurz darauf neigte sich seine Angelrute mit einem harten Ruck zur Seite.

Der Heilbutt, den er aus dem Wasser zog, lag etliche Zentimenter unter der vorgeschriebenen Fanggröße. Also nahm er ihn vom Haken, beförderte ihn ins Wasser zurück und warf abermals die Angel aus. Als das Gewicht den Grund erreichte, holte er etliche Zentimeter der Angelleine ein, lehnte sich zurück und wartete auf den nächsten Fang.

Weiter draußen auf dem Meer tuckerte ein Fischerboot am Horizont entlang Richtung Norden und malte eine einsame Wolke weißen Rauches in den blassblauen Himmel. Keine dreißig Meter entfernt glitt eine Möwenschar übers Wasser, die sich gemütlich dem morgendlichen Schwatz hingab und nach einem späten Frühstück tauchte. Weit und breit war kein Nebel in Sicht, für den Juli sehr ungewöhnlich. Es war einer jener Morgen, die man in der Kaffeewerbung zu sehen bekam, obwohl sie jeden Schluck Koffein überflüssig machten.

Eine riesige Welle erfasste sein Boot und hob es hoch. Aus dieser neuen Perspektive konnte Adam über die Gischt der Wellen bis zum Grund der Klippen sehen. Das Boot hatte seine Rutschpartie ins Wellental angetreten, als sein Blick auf etwas am Fuß der Felsen fiel – ein roter Tupfer inmitten des weißen Schaumes. Während er versuchte, eine Erklärung zu finden, spielten seine Gedanken verrückt, und er spürte, wie sich ihm langsam und qualvoll der Magen umdrehte.

»Verdammter Mist«, murmelte er.

Offenbar war sie zurückgekommen, ohne dass er es bemerkt hatte. Adam griff nach dem Messer und zerschnitt die Angelleine.

Selbstverständlich musste er ihr helfen. Aber falls sie jetzt noch lebte, würde sie vermutlich tot sein, bis er sie erreicht hatte.

Wahrscheinlich würde er ohnehin keine große Hilfe sein. Alles, was er über die Rettung von Menschen aus dem Meer wusste, hatte er lediglich durch Geschichten aufgeschnappt, die man sich bei einem Drink in den Bars von Fort Bragg erzählte. Zudem waren seine Möglichkeiten begrenzt. Er konnte entweder mit vollem Karacho losfahren, um sie zu erwischen, und dann durchhalten, bis sie den schweren Brechern entkommen waren. Oder er konnte mit dem Boot so nah wie nur möglich vor Anker gehen und dann losschwimmen. Bei voller Fahrt würde er es schneller schaffen, vorausgesetzt, der Motor würde nicht stottern, an Tempo verlieren oder Tang schlucken und absterben. Denn dann gäbe es keine Chance mehr, das Boot zu wenden, und er würde einfach absaufen.

Und für das Schwimmen blieb ihm nur ein einziger Versuch. In diesen Gewässern schmolz das Eis nur sehr langsam. Ohne einen Neoprenanzug konnte er nur hoffen, dass er die Strecke einmal hin und zurück schaffen würde.

Wenn er aber das Boot verlor, dann war es für sie beide vorbei.

Seine Entscheidung war also gefallen.

Adam lichtete den Anker, wandte sich dem Motor zu und zog die Leine mit einem adrenalingeladenen Ruck. Der Motor pustete blaue Rauchkringel in die Luft, fing sich wieder, würgte, als würde er gleich absterben, und fing sich schließlich wieder. Er wartete ab, bis die Maschine ihren üblichen mürrischen Rhythmus wieder fand, dann nahm er die Giants-Basketballmütze vom Kopf und verstaute sie im Werkzeugkasten.

Als er den Teppich aus Tang erreichte, stellte Adam den Motor ab und befestigte die Ankerleine an den wiegenden Halmen, ein Trick, den er von einem Muscheltaucher gelernt hatte. Aus dieser Entfernung konnte er die Frau mühelos orten.

Er zog Tennisschuhe und Jeans aus, um sein Gewicht und die Angriffsfläche zu verringern. Auch die Schwimmweste würde ihm eher hinderlich werden, also atmete er einmal kräftig durch, bevor er ins Wasser sprang. Die Kälte packte ihn mit der Gewalt eines Zweikampfs auf dem Footballfeld. Es gelang ihm, direkt in eine Welle zu tauchen und sich mittragen zu lassen und dann unter ihr wegzutauchen, bevor sie ihn an die Felsen warf. Als er auftauchte, musste er erst einmal die Orientierung wieder finden – und dann die Frau. Sie war ungefähr dreißig Meter von ihm entfernt.

Ein Drittel eines Footballfeldes.

Die Auffahrt zu seinem Haus war länger.

Die Klippen waren höher.

Aber wieso kamen ihm die Klippen statt dreißig Meter jetzt drei Meilen hoch vor?

Er versuchte ihr etwas zuzurufen, aber seine Stimme ging im Echo der brausenden Wellen unter, die sich an den Klippen brachen und wieder herabdonnerten. Er schwamm auf sie zu und sah, wie sie einen Arm aus dem Wasser streckte, den Mund zu einem stummen Schrei öffnete und dann unterging. So, als würde sie eine unsichtbare, feindlich gesinnte Hand mit in die Tiefe reißen.

Nur der Gedanke, dass es sinnlos war, hielt Adam davon ab, ihr hinterherzutauchen. Also wartete er erst einmal ab, ob sie erneut auftauchen...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2024
Reihe/Serie Wege der Liebe
Übersetzer Ingeborg Schober
Sprache deutsch
Original-Titel Far from Home
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Hera Lind • Herzklopfen • Jenny Colgan • Jodie Picoult • Liebe • Manuela Inusa • Neuanfang • Neue Liebe • Schicksal
ISBN-10 3-96797-546-0 / 3967975460
ISBN-13 978-3-96797-546-8 / 9783967975468
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