Träume von Freiheit - Flammen am Meer (eBook)

Roman
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2019 | 4. Auflage
439 Seiten
Gmeiner-Verlag
978-3-8392-6080-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Träume von Freiheit - Flammen am Meer -  Silke Böschen
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An einem sonnigen Wintermorgen 1875 herrscht großer Andrang im Hafen von Bremerhaven. Gleich wird die »Mosel« ablegen. Ihr Ziel: New York. Plötzlich zerreißt ein Knall die Luft. Menschen, Tiere, ganze Fuhrwerke werden durch die Luft geschleudert. Eine Dynamit-Explosion mit vielen Toten und Verletzten. Die »Thomas-Katastrophe« macht weltweit Schlagzeilen. Beim Begräbnis stehen sich zwei Frauen gegenüber. Die eine hat gerade fast ihre gesamte Familie verloren. Die andere ist die Ehefrau des »Dynamit-Teufels«. Beide Frauen beginnen ein neues Leben, bis die eine, Jahre später, unvermittelt in New York vor der Tür der anderen steht ...

Silke Böschen wurde in Bremerhaven geboren. Nach einem Zeitungsvolontariat und dem Journalistik-Studium arbeitete sie viele Jahre als Fernseh-Moderatorin in der ARD. Sie war das Gesicht des Politik-Magazins »Kontraste«. Zuvor moderierte sie als zweite Frau überhaupt die »ARD-Sportschau«. Nach Stationen in Berlin und Frankfurt lebt Silke Böschen heute mit ihrer Familie in Hamburg. Sie ist als Fernsehreporterin unterwegs und gibt ihr Wissen als Kommunikations-Trainerin weiter. Für ihren ersten Roman »Träume von Freiheit - Flammen am Meer« recherchierte sie in vielen Archiven: Passagierlisten, die Original-Aufzeichnungen der Detektei Pinkerton aus den USA und zahllose Zeitungsberichte aus dem 19. Jahrhundert ließen sie in diese längst vergangene Welt eintauchen.

Silke Böschen wurde in Bremerhaven geboren. Nach einem Zeitungsvolontariat und dem Journalistik-Studium arbeitete sie viele Jahre als Fernseh-Moderatorin in der ARD. Sie war das Gesicht des Politik-Magazins »Kontraste«. Zuvor moderierte sie als zweite Frau überhaupt die »ARD-Sportschau«. Nach Stationen in Berlin und Frankfurt lebt Silke Böschen heute mit ihrer Familie in Hamburg. Sie ist als Fernsehreporterin unterwegs und gibt ihr Wissen als Kommunikations-Trainerin weiter. Für ihren ersten Roman »Träume von Freiheit - Flammen am Meer« recherchierte sie in vielen Archiven: Passagierlisten, die Original-Aufzeichnungen der Detektei Pinkerton aus den USA und zahllose Zeitungsberichte aus dem 19. Jahrhundert ließen sie in diese längst vergangene Welt eintauchen.

1. Die Explosion


Bremerhaven, 11. Dezember 1875

Eine Locke hüpfte auf die Stirn. Eine blonde, unartige Locke. Johanne stöhnte. Nun hatte sie das Haar schon so streng zurückgekämmt, und immer noch widersetzten sich ihre Haare allen Versuchen, Teil einer damenhaften Erscheinung zu sein. Mit einer weiteren Klemme stopfte sie die Strähne zurück unter den Hut. Er passte so gut zu dem neuen Paisleyschal, den ihr Christian geschenkt hatte. Trotz der Kälte entschied sie sich gegen einen Muff. Mit Elschen auf dem Arm brauche ich nur Handschuhe, überlegte sie und riss die Schublade an der Garderobe auf. Leer.

»Gesine! Gesiiinne! Wo sind meine Handschuhe?«

Das Dienstmädchen kam aus der Küche gelaufen. »Gnädige Frau, ich habe gestern Abend alles zum Trocknen vor den Herd gehängt. Hier, bitte sehr!«

»Wie umsichtig, Gesine. Vielen Dank.« Sie schenkte dem Mädchen ein herzliches Lächeln.

Gesine freute sich über das Kompliment ihrer jungen Herrschaft. Sie hatte Glück mit der Anstellung bei den Claussens mit ihrem Baby. Hier wollte sie länger aushalten.

»Nun muss ich aber los. Ist Elschen noch in der Küche?«

»Ja, ich habe sie in ihr Kinderstühlchen gesetzt, sie ist aber schon zurechtgemacht.«

Johanne zog die kleine Elisabeth vorsichtig aus dem Stuhl. Das Mädchen war jetzt neun Monate alt. Und Gesine hatte sich alle Mühe gegeben, sie warm anzuziehen. Zwei Schichten wollene Wäsche, die selbst gestrickte rote Mütze mit den passenden Handschühchen, dazu der dicke, viel zu große Kindermantel – das Baby ähnelte vom Umfang einer kleinen Robbe. Johanne musste lachen.

Gesine beobachtete sie. So fröhlich und so hübsch, wie die junge Frau Claussen da vor ihr stand. Mit geröteten Wangen und diesem Ausdruck von Arglosigkeit in den blauen Augen.

»Bis später, Gesine, die ›Mosel‹ müsste so gegen halb zwölf ablegen. Dann komm ich direkt wieder nach Hause!«

Die Tür fiel ins Schloss, und Gesine begann in der Küche, den Kohl für das Mittagessen zu rupfen.

Die Wintersonne blendete. Ein wolkenloser Himmel in einem leuchtenden Blau erstreckte sich über den Deich hinaus auf die Weser und die beginnende Nordsee. An Land war alles weiß. In der Nacht hatte sich eine geschlossene Schneedecke gebildet. Durch den Schnee wirkte alles gedämpft, selbst die Betriebsamkeit des Hafens wirkte langsamer als sonst, dachte Johanne, als sie am Alten Hafen vorüberging. Ein ungewöhnlich schöner Tag für diese Jahreszeit. Der Dezember war im Norden üblicherweise ein Monat mit grauen Tagen und viel Regen. Doch jetzt war die Luft eisig und ließ Johannes Wangen brennen vor Kälte. Diese Winterstimmung versetzte sie in ein Hochgefühl. Auch Elsie lugte aus ihrer Umklammerung hervor und lachte ihre Mutter an. Johanne gab ihr einen Kuss auf die kalte Kindernase und drückte das Baby an sich. Jetzt waren es keine zwei Wochen mehr bis Weihnachten. Das erste Weihnachtsfest mit ihrer eigenen Familie! Die selbst gebastelten Strohsterne lagen schon bereit, und Christian hatte ihr einen schönen Baum versprochen.

Was würden ihre Eltern sagen und die Geschwister? Sie alle sollten kommen am ersten Weihnachtstag. In Johannes neues Zuhause. Doch da verdüsterte sich ihre gute Stimmung. Gustav würde nicht dabei sein. Ausgerechnet Gustav, ihr Lieblingsbruder. Jetzt gleich musste sie Abschied nehmen. Johanne schluckte. Im Dezember nach Kalifornien aufzubrechen, so etwas Verrücktes. Gestern Abend noch hatte sie mit Christian darüber gesprochen. Es war die schlechteste Jahreszeit für eine Atlantik-Passage. Raue See. Stürme. Vielleicht sogar Eisberge. Wie schnell konnte da ein Schiff untergehen. Gerade erst war die »Deutschland« gesunken. Was für ein Drama vor der Küste Englands. Wohl über hundert Menschen waren dort ertrunken im eisigen Wasser. Bei dem Gedanken daran blieb Johanne abrupt stehen. Ihr Herz schlug schneller. Sie hatte Angst um Gustav. Aber so etwas hatte es noch nicht gegeben, dass zwei Dampfschiffe kurz hintereinander Schiffbruch erleiden, beruhigte sie sich. Außerdem war die »Mosel« ein Dampfer des Norddeutschen Lloyd. Die Schiffe waren solide, technisch auf dem neuesten Stand. Sie überlegte. Dennoch. Auch die »Deutschland« gehörte zur Flotte des Norddeutschen Lloyd.

Eine kreischende Möwe riss sie aus ihren Gedanken. Johanne musste sich beeilen. Die »Mosel« hatte das Hafenbecken schon verlassen und lag abfahrbereit an der Südkaje. Der schwarze Schornstein rauchte, die Brücken waren noch nicht eingeholt. Die letzten Passagiere gingen an Bord, und Hafenarbeiter schleppten Koffer und Kisten auf das Schiff. Johanne sah, wie sich die meisten Passagiere schon an der Reling aufgestellt hatten und den Zurückbleibenden zuwinkten, die sich vor dem Schiff versammelt hatten. Johanne hörte einen Kutscher schreien. Er trieb zwei Pferde an, die nur langsam mit ihrem schwer beladenen Leiterwagen vorankamen. Der Kutscher ließ seine Peitsche knallen. Einige Umstehende zuckten zusammen, endlich kam das Fuhrwerk an der Bordwand zum Stehen. Nur Minuten später wurden Truhen und Kisten mit einer Winde auf das Schiff gezogen und auf der »Mosel« in Empfang genommen.

»Johanne! Da bist du ja!« Christian bahnte sich einen Weg zu ihr. Erleichtert drückte er seine Frau an sich.

»Sei vorsichtig, ich habe doch Elsie dabei!«

Er blickte direkt in die graublauen Augen seiner Tochter. »Komm, ich nehme sie dir einmal ab. Dann kannst du dich in Ruhe von Gustav verabschieden. Deinen Vater habe ich auch schon gesehen. Er steht mit Auguste dort hinten, siehst du?«, rief er.

Gemeinsam drängten sie sich an den anderen vorbei, bis sie bei ihrer Familie angekommen waren. »Hanni, wie schön, dass du es noch geschafft hast!« Gustav lächelte.

Johannes Hals wurde eng, nur mit Mühe konnte sie ein Schluchzen unterdrücken. Die beiden Geschwister hatten von den fünf Etmer-Kindern das innigste Verhältnis zueinander. Der frühe Tod ihrer Mutter vor elf Jahren hatte sie zusammengeschweißt. Gemeinsam mit ihrer ältesten Schwester Catharine hatten sie sich damals um die jüngeren Geschwister gekümmert, bis auch Catharine ein paar Jahre später starb.

»Nun guck nicht so traurig! Ich werde schon wiederkommen. Und wenn nicht, dann kommst du eben nach Amerika«, versuchte Gustav, sie aufzumuntern. Seine Fröhlichkeit war aufgesetzt.

»Ja, du hast recht. Dann fahre ich eben nach Amerika«, auch Johannes Lächeln war etwas schief. Sie log. Was sollte sie in Amerika? Hier, in Bremerhaven, war ihr Zuhause. Hier war auch Gustavs Zuhause. Wenn er es doch nur bald merken würde, dachte Johanne und wischte sich über die Augen.

»Ach, meine Große, jetzt bist du traurig, was?« Philipp Etmer drückte seine älteste Tochter etwas ungelenk an sich.

Johanne sah ihren Vater prüfend an. Alt war er geworden, dachte sie. Jetzt, an der Seite seiner zweiten Frau, die mehr als 20 Jahre jünger war als er, fiel es ihr viel stärker auf als vorher. Die Hochzeit war erst im August gewesen. Niemand hatte mehr damit gerechnet, dass er sich nach dem Tod von Johannes Mutter noch einmal eine Frau suchen würde. Doch bei einer Geschäftsreise nach Hamburg hatte er Auguste Fuhrer kennengelernt, und sie dann – kein Jahr später – geheiratet.

Johanne tat sich schwer mit der neuen Frau an seiner Seite. Vom Alter her hätten sie beinahe Schwestern sein können oder Freundinnen. Doch das Verhältnis blieb kühl. Zu sehr betonte Auguste ihre Hamburger Herkunft und behandelte Bremerhaven und die Menschen hier immer mit einer Spur Herablassung. Johanne blieb in der Nähe ihrer Stiefmutter meistens zurückhaltend und still. Auch heute zwischen all den Menschen ragte Auguste heraus. Nicht weil sie größer war als der Rest, sondern lauter und bestimmter. »Viel Erfolg, Gustav! Bring den Namen Etmer in die Neue Welt!«, rief sie ihm nach.

Er drehte sich um und lüftete den Zylinder: »Ja, das werde ich. Versprochen!«

Wie schneidig er aussah in dem neuen Ulstermantel, dachte Johanne. Und in den Abschiedsschmerz mischte sich Stolz auf den großen Bruder.

Gustav war tatsächlich der erste Etmer, der sich auf den Weg nach Amerika machte. Alle hatten mit dem Auswanderer-Geschäft zu tun, doch bislang hatte es keinen von ihnen selbst über den Atlantik gezogen. Und so war die gesamte Familie vollzählig erschienen. Johannes Schwestern – Henriette mit ihrem Ehemann Wilhelm Glauert und dessen Familie. Sophie war da, die jüngste Schwester, die sich gerade erst mit Ludwig Bomhoff verlobt hatte. Und völlig außer Rand und Band sprang Johannes jüngster Bruder Philipp junior an der Kajenmauer entlang.

»Fall nicht ins Wasser«, rief sie ihm zu. Als älteste Schwester fühlte sie sich immer verantwortlich.

Der Junge sah gar nicht auf. »Natürlich nicht! Bin ja nicht zum ersten Mal hier.«

Johanne schüttelte den Kopf. »Dann lass dir von Vater erklären, wie gefährlich es hier ist.«

Sie berührte den Arm ihres Vaters und wollte ihn zu seinem Jüngsten ziehen. Erst da bemerkte sie, dass dem alten Mann die Tränen über das Gesicht liefen. Johanne erschrak. Dass ihm der Abschied von Gustav so nahegehen würde, hatte sie nicht gedacht. Ihre Hand sank herab. Auch ihre Augen brannten.

Das Horn der »Mosel« ertönte. Das Signal für den endgültigen Abschied. Gustav stand an der Reling und winkte noch einmal hinüber zu seiner Familie. In dem Moment fing ein Baby an zu weinen. Johanne erkannte sofort die Stimme ihrer kleinen Tochter. Suchend sah sie sich um. Christian war mit Elsie im Arm ein paar Meter aus der Menschenmenge herausgetreten und wiegte sie etwas ungelenk....

Erscheint lt. Verlag 10.7.2019
Reihe/Serie Flammen am Meer
Historische Romane im GMEINER-Verlag
Träume von Freiheit
Verlagsort Meßkirch
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Amerika • Anschlag auf die Mosel • Bombenanschlag • Bremen • Bremerhafen • Bremerhaven • Deutschland • Dynamit-Bestie • Dynamit-Teufel • Gilded Age • Goldene • Historischer Roman • New York • Roman • Thomas-Katastrophe • Tomas-Katastrophe • Vergoldetes Zeitalter • William-King-Thomas
ISBN-10 3-8392-6080-9 / 3839260809
ISBN-13 978-3-8392-6080-7 / 9783839260807
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