The Mister (eBook)
608 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-25314-1 (ISBN)
London 2019. Das Leben meint es gut mit Maxim Trevelyan. Er ist attraktiv, reich und hat Verbindungen in die höchsten Kreise. Er musste noch nie arbeiten und hat kaum eine Nacht allein verbracht. Das alles ändert sich, als Maxim den Adelstitel, das Vermögen und die Anwesen seiner Familie erbt - und die damit verbundene Verantwortung, auf die er in keiner Weise vorbereitet ist. Seine größte Herausforderung stellt aber eine geheimnisvolle, schöne Frau dar, der er zufällig begegnet. Wer ist diese Alessia Demachi, die erst seit Kurzem in England lebt und nichts besitzt als eine gefährliche Vergangenheit? Maxims Verlangen nach dieser Frau wird zur glühenden Leidenschaft - einer Leidenschaft, wie er sie noch nie erlebt hat. Als Alessia von ihrer Vergangenheit eingeholt wird, versucht Maxim verzweifelt, sie zu beschützen. Doch auch Maxim hütet ein dunkles Geheimnis.
Nachdem sie 25 Jahre für das Fernsehen gearbeitet hatte, beschloss E L James, Geschichten zu schreiben, in die sich die Leserinnen und Leser verlieben sollten. Das Ergebnis war die mittlerweile weltberühmte »Fifty Shades of Grey«-Trilogie, die sich global mehr als 150 Millionen Mal verkaufte und in 52 Sprachen übersetzt wurde. Der erste Band, »Fifty Shades of Grey. Geheimes Verlangen«, stand 147 Wochen ununterbrochen auf der Spiegel-Bestsellerliste. Und die Verfilmungen der drei Bände haben alle Rekorde gebrochen. E L James lebt in Westlondon mit ihrem Ehemann, dem Schriftsteller und Drehbuchautor Niall Leonard, und ihren beiden Söhnen.
ZWEI
Alessia steckt die Hände in die Taschen von Michals altem Anorak, um sie zu wärmen. Den Schal halb übers Gesicht gezogen stapft sie durch den eisigen Regen zu dem Apartmentkomplex am Chelsea Embankment. Heute ist Mittwoch, ihr zweiter Tag ohne Krystyna, und sie muss in die großzügige Wohnung mit dem Flügel.
Trotz des grässlichen Wetters verspürt sie so etwas wie Triumph, weil sie die Fahrt in der überfüllten U-Bahn ohne Panikattacke überstanden hat. Allmählich bekommt sie ein Gefühl dafür, wie London so tickt – zu viele Menschen, zu viel Lärm und viel zu viel Verkehr. Das Schlimmste ist jedoch, dass die Leute kein Wort miteinander wechseln, mit Ausnahme von »Entschuldigung«, wenn sie einen anrempeln, oder »Steigen Sie bitte ein«. Alle verschanzen sich hinter ihrer Tageszeitung, hören über Kopfhörer Musik oder starren auf ihre Handys oder E-Reader, sorgsam darauf bedacht, bloß keinen Blickkontakt mit anderen herzustellen.
An diesem Morgen hatte Alessia Glück und fand einen Sitzplatz in der U-Bahn, doch die Frau neben ihr ließ sich während der ganzen Fahrt am Handy lautstark über ihr misslungenes Date am Vorabend aus. Alessia ignorierte sie und langte nach einer herumliegenden Zeitung, um ihr Englisch zu verbessern, während sie wünschte, sie hätte Kopfhörer, um Musik zu hören und das Gekeife der Frau auszublenden. Nach einer Weile schloss sie die Augen und gab sich einem Tagtraum hin, majestätische, schneebedeckte Berge und üppige Wiesen tauchten darin auf, die Luft erfüllt vom Duft nach Thymian und dem Summen von Bienen. Sie vermisst ihr Zuhause schmerzlich. Die Stille und die Ruhe dort. Sie vermisst ihre Mutter. Und ihr Klavier.
Sie bewegt die Finger in den Anoraktaschen, während sie an ihre Aufwärmübungen denkt. Sie kann die Noten klar und deutlich in ihrem Kopf hören und sie in leuchtenden Farben vor sich sehen. Wie lange ist es her, seit sie das letzte Mal gespielt hat? Beim Gedanken an den Flügel in der Wohnung wächst ihre Vorfreude.
Sie durchquert die Eingangshalle des historischen Gebäudes und geht zum Aufzug, wobei sie Mühe hat, ihre Begeisterung unter Kontrolle zu halten, und fährt in die oberste Etage. Montags, mittwochs und freitags gehört diese wunderschöne Wohnung mit den hohen, luftigen Räumen, den Holzböden und dem Flügel ihr ganz allein. Sie schließt die Tür auf und will die Alarmanlage ausschalten, doch zu ihrer Verblüffung ertönt kein Warnsignal. Vielleicht ist sie ja defekt oder gar nicht eingeschaltet. Oder … O nein! Zu ihrem Entsetzen wird ihr klar, dass der Besitzer zu Hause sein muss. Sie steht vor den großen Schwarz-Weiß-Fotos und lauscht angestrengt auf Geräusche. Nichts.
Mirë.
Nein. »Gut.« Englisch. Denk in Englisch. Wer auch immer hier lebt, muss zur Arbeit gegangen sein und vergessen haben, die Alarmanlage einzuschalten. Sie ist dem Mann noch nie begegnet, aber er muss einen tollen Job haben, weil die Wohnung riesig ist. Wie soll sie sich sonst jemand leisten können? Sie seufzt. Der Mann mag reich sein, aber er ist schrecklich schlampig. Dreimal war sie inzwischen hier, zweimal davon mit Krystyna, aber jedes Mal herrschte das blanke Chaos. Es hat immer Stunden gedauert, um Ordnung zu schaffen und sauber zu machen.
Durch das Oberlicht dringt lediglich das trübe Grau des Morgens, deshalb schaltet Alessia das Licht ein. Augenblicklich erwacht der Kronleuchter über ihr zum Leben und taucht den Eingangsbereich in gleißende Helligkeit. Sie löst ihren Schal und hängt ihn gemeinsam mit dem Anorak in den Garderobenschrank neben der Tür. Sie zieht ihre Stiefel und Socken aus, nimmt die alten Turnschuhe, die Magda ihr gegeben hat, aus der Plastiktüte und schlüpft hinein, dankbar, dass sie trocken sind, sodass ihre Füße bestimmt bald warm werden. Das Top und das T-Shirt sind viel zu dünn für das winterliche Wetter. Kräftig reibt sie sich die Arme, um die Kälte zu vertreiben, während sie durch die Küche in die Wäschekammer geht, wo sie ihre Plastiktüte abstellt. Sie zieht eine unförmige Nylonschürze heraus, die Krystyna ihr überlassen hat, und ein hellblaues Tuch, mit dem sie ihr dichtes, zu einem Zopf geflochtenes Haar in Schach hält. Aus dem Schrank unter dem Waschbecken nimmt sie das Putzzeug, schnappt sich den Wäschekorb, der auf der Waschmaschine steht, und geht in sein Schlafzimmer. Wenn sie sich beeilt, bleibt ihr nach dem Putzen noch etwas Zeit, um sich an den Flügel zu setzen.
Sie öffnet die Tür, bleibt jedoch abrupt auf der Schwelle stehen.
Er ist hier.
Der Mann!
Er liegt mitten auf dem breiten Bett und schläft. Nackt. Wie angewurzelt steht sie da, schockiert und fasziniert zugleich, und starrt ihn an. Die Bettdecke hat sich um seinen Körper verheddert. Trotzdem ist er nackt … splitternackt. Sein Gesicht ist ihr zugewandt, doch verdeckt vom dichten braunen Haar, das ihm wirr in die Stirn fällt. Einen Arm hat er unter das Kissen geschoben, den anderen in ihre Richtung ausgestreckt. Er hat muskulöse Schultern mit einem raffinierten, halb unter der Bettdecke verborgenen Tattoo. Sein Rücken ist leicht von der Sonne gebräunt, verjüngt sich zu schmalen Hüften mit kleinen Grübchen und einem knackigen Hintern.
Sein Hinterteil.
Er ist nackt!
Lakuriq!
Zot!
Seine langen, kräftigen Beine liegen unter der zerknüllten silberfarbenen Tagesdecke und dem schimmernden Seidenlaken, an einer Ecke ragt eine Zehe heraus. Er regt sich. Die Rückenmuskeln zucken, während sich seine Lider flatternd öffnen und leuchtend grüne Augen enthüllen. Alessia stockt der Atem. Bestimmt ist er wütend, weil sie ihn geweckt hat. Kurz begegnen sich ihre Blicke, doch dann dreht er sich auf die andere Seite, nimmt einen tiefen Atemzug und schläft weiter. Erleichtert atmet sie auf.
Shyqyr Zoti!
Zutiefst beschämt geht sie auf Zehenspitzen wieder hinaus und flitzt den Flur entlang ins Wohnzimmer, wo sie das Putzzeug auf den Boden stellt und seine Kleider einzusammeln beginnt.
Er ist hier? Wie kann er jetzt noch im Bett liegen? Um diese Uhrzeit!
Er kommt doch bestimmt zu spät zur Arbeit.
Ihr Blick fällt auf den Flügel. O nein! Sie hat sich so darauf gefreut, spielen zu können. Am Montag hat sie sich nicht getraut, obwohl sie sich nichts sehnlicher gewünscht hat. Heute wäre es das erste Mal gewesen. In ihrer Fantasie hört sie die Klänge von Bachs Präludium in c-Moll. Wütend schlägt sie mit den Fingern die Noten an, während die Melodie in leuchtendem Rot, Gelb und Orange durch ihre Gedanken flutet, in vollkommener Widerspiegelung ihrer Wut. Das Stück erreicht seinen Höhepunkt und strebt dann langsam dem Ende entgegen, als sie ein T-Shirt vom Boden pflückt und in den Wäschekorb befördert.
Wieso muss er ausgerechnet heute hier sein?
Sie weiß, dass ihre Enttäuschung irrational ist. Schließlich wohnt er hier. Aber ihre Ernüchterung lenkt sie von den Gedanken an ihn ab. Dies ist das erste Mal, dass sie einen Mann nackt gesehen hat. Einen nackten Mann mit leuchtend grünen Augen – dasselbe Grün wie der stille, tiefe Drin an einem heißen Sommertag. Sie runzelt die Stirn, will jetzt nicht an zu Hause denken. Er hat sie direkt angesehen. Nur gut, dass er nicht aufgewacht ist. Mit dem Wäschekorb in der Hand tritt sie zu der halb geöffneten Tür zu seinem Schlafzimmer und späht hinein. Ob er immer noch schläft? Das Rauschen der Dusche dringt aus dem Badezimmer.
Er ist also wach!
Kurz überlegt sie, einfach zu gehen, verwirft die Idee jedoch sofort wieder. Sie braucht diesen Job, und wenn sie jetzt verschwindet, feuert er sie womöglich.
Vorsichtig öffnet sie die Tür und lauscht dem melodielosen Summen aus dem Badezimmer. Mit klopfendem Herzen betritt sie eilig das Zimmer und sammelt die Kleidungsstücke ein, die überall auf dem Boden herumliegen, ehe sie sich in die Wäschekammer zurückzieht und sich fragt, wieso ihr das Herz bis zum Hals schlägt.
Sie holt tief Luft. Natürlich hat sie nicht damit gerechnet, ihn hier vorzufinden, im Bett. Damit, dass er nackt war, hat es überhaupt nichts zu tun; nicht mit seinem fein geschnittenen Gesicht, der geraden Nase, den vollen Lippen, den breiten Schultern, den muskulösen Armen. Absolut nicht. Es ist bloß der Schock. Sie hätte nie im Leben damit gerechnet, den Besitzer des Apartments zu sehen, und dann auch noch so …
Ja. Er ist attraktiv.
Alles an ihm. Sein Haar, seine Hände, seine Beine, sein Hintern …
Wirklich attraktiv. Und das klare Grün seiner Augen, als er sie angesehen hat.
Eine dunkle Erinnerung kommt ihr in den Sinn. Von zu Hause. Eisblaue Augen, voller Zorn, der sich über ihr entlädt.
Nein. Nicht an ihn denken!
Sie massiert sich die Stirn.
Nein. Nein. Nein.
Sie ist geflohen. Ist jetzt hier. In London. Sie ist in Sicherheit. Wird ihn niemals wiedersehen.
Sie kniet sich hin, um die Kleidungsstücke in die Waschmaschine zu stopfen, so wie Krystyna es ihr gezeigt hat. Zuerst durchsucht sie die Taschen, zieht Kleingeld und das obligatorische Kondom heraus, das er in all seinen Hosentaschen mit sich herumzutragen scheint. In der Gesäßtasche findet sie einen Zettel mit einer Telefonnummer und einem Namen, Heather. Sie steckt alles in ihre Schürzentasche, gibt eine Waschmittelkapsel in das Fach und schaltet die Maschine ein.
Als Nächstes leert sie den Trockner und stellt das Bügelbrett auf. Sie wird bügeln und so lange in dieser Kammer bleiben, bis er weg ist.
Was, wenn er nicht weggeht?
Und wieso versteckt sie sich vor ihm? Schließlich ist er ihr Arbeitgeber. All ihre anderen Chefs hat sie ebenfalls kennengelernt, und es gab keinerlei Probleme, bis auf Mrs. Kingsbury, die ihr...
Erscheint lt. Verlag | 16.4.2019 |
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Reihe/Serie | Alessia und Maxim | Alessia und Maxim |
Übersetzer | Jeannette Bauroth, Andrea Brandl, Karin Dufner, Sonja Hauser, Christine Heinzius, Ulrike Laszlo |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The Mister |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Alessia Demachi • Alessia und Maxim • Aschenputtelgeschichte • cinderella story • eBooks • EL James • Erotik • erotischer Roman • Fifty Shades of Grey • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebesromane • London • Maxim Trevelyan • Neuer Roman von EL James • the Master |
ISBN-10 | 3-641-25314-4 / 3641253144 |
ISBN-13 | 978-3-641-25314-1 / 9783641253141 |
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