Der Mitternachtsladen (eBook)

Verbundene Welten
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2018 | 1. Auflage
100 Seiten
familia Verlag
978-3-96131-077-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Mitternachtsladen -  Tanja Karmann
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Ein Laden mitten im Wald? Lina staunt nicht schlecht, als sie die sanften Lichter im strömenden Regen entdeckt. Erleichtert steigt sie die wenigen Stufen hinauf und ahnt nicht, dass sie damit die Schwelle zu einer anderen Welt übertritt. Als ihr der Besitzer des Ladens einen Job anbietet, greift Lina dankbar zu, denn ihr finanzielles Polster ist kurz vor dem Abitur alles andere als üppig. Lina packt Ware aus, ölt Holzregale und arrangiert Kristallkugeln - aber bis spätestens Mitternacht muss sie den Laden stets verlassen haben. Zudem scheint ihre Kollegin Mara etwas vor ihr zu verbergen. Dann aber lernt Lina Brendan kennen, den attraktiven Sohn des Ladenbesitzers, und stolpert unversehens in eine Welt voller Gefahren und magischer Begegnungen. Wird Brendan Lina das Geheimnis des Mitternachtsladens anvertrauen? Contemporary Fantasy 14+

Tanja Karmann konnte schon in jungen Jahren keinem Buch widerstehen. Sie verfiel der Phantastik, die sie bis heute in all ihren Facetten erforscht. Wenn sie in den letzten Jahren auch eher tanzend durchs Leben ging, ist die Kulturwissenschaftlerin dem Literaturbetrieb treu geblieben: als Eventmanagerin, Buchhändlerin, Pressesprecherin und nicht zuletzt mit ihrem eigenen Blog. 'Der Mitternachtsladen' ist ihr erster Fantasy-Roman.

Man muss zugeben, dass das Verhalten der jungen Lina Dornscheidt, die just in diesem Augenblick gegen den linken Vorderreifen ihres Autos trat, alles andere als zauberhaft war. Auch die Worte, die über ihre Lippen kamen, konnten bei allem Wohlwollen weder als höflich noch als gesittet bezeichnet werden. Allerdings waren zauberhaft, höflich und gesittet auch nicht unbedingt Wörter, die in Linas Welt häufig verwendet wurden. Das lag daran, dass es in ihrem Leben wenig gab, dem man diese Eigenschaften hätte zuschreiben können. Wie viel Zauberhaftes in ihr Leben treten sollte, wusste Lina in diesem Moment noch nicht, und man kann vermuten, dass es ihr auch herzlich gleichgültig gewesen wäre, hätte man ihr von den Wundern und Abenteuern berichtet, die auf sie warteten.

In diesem Moment stand sie nämlich durchnässt und verfroren neben ihrem roten Corsa, der mitten in der Nacht auf dem Heimweg aus dem Nachbarort beschlossen hatte, ihr den Dienst zu versagen. Als der Motor zu stottern begonnen hatte, war es Lina noch gelungen, den Wagen an den Straßenrand zu lenken. Danach war er einfach ausgegangen und sooft Lina auch den Schlüssel gedreht und auf das Gaspedal gedrückt hatte (zu mehr reichte ihr Wissen nicht): er wollte nicht mehr anspringen. Dass gleichzeitig mit den Leuchten auf dem Armaturenbrett auch das Display ihres, zugegeben recht alten, Handys erloschen war, machte die Sache ebenso wenig besser wie der Umstand, dass es in Strömen regnete.

Nachdem Lina eingesehen hatte, dass weder Flüche noch Tränen an ihrer misslichen Situation etwas ändern würden, hatte sie ihre Tasche vom Beifahrersitz geschnappt und war ausgestiegen. Bei dem Gedanken, nachts an der dunklen Straße durch den kleinen Wald zwischen Wadern und Noswendel entlangzulaufen, wurde ihr flau im Magen. Sie war direkt nach der letzten Vorstellung vom Kino losgefahren, aber mittlerweile war es fast Mitternacht und der vor ihr liegende Wald schien mehr aus Dunkelheit denn aus Bäumen zu bestehen. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, auf dem Rücksitz des Wagens zu schlafen, bis es hell werden würde. Aber dann gingen ihr verschiedene Horrorvorstellungen durch den Kopf. Angefangen damit, dass ein herankommendes Auto ihren Wagen rammen könnte, bis hin zu unwahrscheinlicheren, aber nicht weniger beängstigenden Varianten voller tollwütiger Bären, Psychokillern und Zombies. Außerdem musste sie am nächsten Morgen zur Schule und ihre Mutter würde sich schreckliche Sorgen machen, wenn sie nicht nach Hause kam.

Lina zog ihre Jacke enger um sich und lief los. Die Haare hingen ihr in nassen Strähnen ins Gesicht und nach wenigen Schritten musste sie feststellen, dass auch die neuen Sneakers aus dem Discounter nicht gerade wasserfest waren. Da die Landstraße keinen festen Gehweg hatte, beschloss Lina, auf dem Asphalt zu laufen. Nicht nur, um Schlammlöcher, herumliegende Äste und Stolperfallen zu vermeiden, sondern auch, um Abstand zwischen sich und die düsteren Schatten zu bringen, die sich im Wald zu undurchdringlicher Dunkelheit zusammenzogen. Nur ab und an blitzte tief in der Schwärze etwas auf, erschienen Formen und Lichtpunkte und ließen Dinge erahnen, die sich in den Schatten verbargen. Leider waren die Bilder von tollwütigen Bären und Zombies noch nicht ganz aus Linas Kopf verschwunden, sodass sie anstelle von knorrigen Baumstämmen und moosbewachsenen Felsblöcken glaubte, kauernde Waldwesen zu sehen. Einmal meinte sie sogar, ein Paar heller Augen in der Dunkelheit ausmachen zu können, beruhigte sich jedoch mit dem Gedanken, dass ihre Sinne ihr einen Streich spielten. Nun wissen wir zwar, dass es in der Dunkelheit der Wälder in der Tat Wesen gibt, die in der hellen Welt, die wir Realität nennen, nicht sichtbar sind, aber für den Moment war es doch gut, dass sich Lina dieser Tatsache noch nicht bewusst war. Ansonsten hätte sie wohl ein noch kläglicheres Bild abgegeben, wie sie mit hängendem Kopf und eingezogenen Schultern die dunkle Straße entlanglief.

Hätte Lina die ganze Szene von oben betrachten können, wäre ihr gleich etwas leichter ums Herz gewesen, denn dann hätte sie das Leuchten bemerkt, das sich unversehens und in nur kurzer Entfernung an einem Punkt neben der Straße zusammenzog. Da ihr dieser Blick jedoch verwehrt war, blieb ihr nichts anderes übrig, als der Straße mit ihren vielen Windungen und Kurven zu folgen und zu hoffen, dass der Regen bald nachließ.

Obwohl sie insgesamt nur 43 Minuten unterwegs sein sollte, verlor Lina auf ihrer nächtlichen Wanderung schnell jegliches Zeitgefühl. Ihr Handy, das sie gerade zum dritten Mal aus der Tasche zog, gab immer noch kein Lebenszeichen von sich, und sie war sich sicher, schon seit einer halben Ewigkeit unterwegs zu sein. Sie erinnerte sich an ein Buch, das sie vor einiger Zeit gelesen hatte, und in dem Elemente der keltischen Mythologie auftauchten. Darin hatte sich eine junge Frau auf ihrem Heimweg versehentlich ins Feenreich verirrt und musste schier endlos auf derselben Straße entlangwandern, ohne je ans Ziel zu gelangen. Ob sie auch dazu verdammt war, sich immer wieder im Kreis zu drehen? In der Dunkelheit konnte sie kaum etwas erkennen und es beschlich sie das beunruhigende Gefühl, schon mehrfach an der gleichen Stelle vorbeigegangen zu sein. Ob sie sich schlichtweg verlaufen hatte? Aber es gab hier doch keine Abzweigungen, es führte nur diese eine Straße von Wadern nach Noswendel. Lina schalt sich selbst eine Idiotin und versuchte, sich zusammenzureißen. Sicher würde sie nach der nächsten Straßenbiegung schon den Ortseingang sehen.

Und tatsächlich glaubte sie, in einiger Entfernung einen Lichtschein ausmachen zu können. Als sie jedoch um die nächste Kurve bog, stellte sie fest, dass sie nicht den Ortsrand erreicht hatte, sondern sich vor einem hell erleuchteten Gebäude befand, das etwas eingerückt von der Straße am Waldrand stand. Es war ein einfaches, älteres Steinhaus mit einem ziegelgedeckten Mansardendach, aus dem ein hoher Schornstein aufragte. Zwei große Sprossenfenster mit hölzernen Klappläden nahmen den größten Teil der Hausfront ein. Zwischen ihnen führte eine kleine Treppe mit vier Stufen zu einer Holztür hinauf.

Durch die Fenster konnte Lina einen Blick in das Innere des Hauses werfen. An den Wänden und in der Mitte des Raumes standen mehrere Regale, auf denen allerlei Kartons, Flaschen und Päckchen aufgereiht waren wie in einem Supermarkt. Ein Supermarkt? Lina glaubte, sich daran zu erinnern, dass es an dieser Stelle früher einmal einen bescheidenen Laden für Anglerbedarf gegeben hatte, aber dieser war seit Jahren geschlossen und kaum jemand lief noch von hier aus über den Trampelpfad zum kleinen Waldsee. Sollte wirklich hier, am Ende der Welt, wieder ein Laden eröffnet haben? Erst jetzt bemerkte Lina das unscheinbare Schild, das an der Klinke der Eingangstür hing und auf das jemand in sehr ordentlicher Schrift von Hand das Wort »Neueröffnung« geschrieben hatte.

Obwohl es schon nach Mitternacht sein musste, konnte Lina die Schemen von Menschen ausmachen, die im Inneren des Ladens geschäftig hin- und herliefen, was ihr seltsam vorkam. Vielleicht waren die Angestellten noch mit letzten Vorbereitungen für die anstehende Eröffnung beschäftigt. Wie dem auch sein mochte, sie hatte sowieso nicht vor, etwas zu kaufen, aber vielleicht konnte sie das Telefon im Laden benutzen, um ihre Mutter anzurufen, und sie bitten, sie hier abzuholen. Lina stieg die vier Stufen der Treppe hinauf, drückte die geschwungene Klinke nach unten und betrat den Mitternachtsladen.

Ein Glöckchen bimmelte, als sie die Tür aufdrückte. Das Innere des Ladens empfing sie mit weichem Licht und wohltuender Wärme. Ein angenehmer Duft nach Holz und warmem Kerzenwachs lag in der Luft. Für einen kurzen Moment hielt Lina mitten in der Bewegung inne, schloss die Augen und atmete tief durch – vor Erleichterung, dem Wald und der Dunkelheit entronnen zu sein, wie sie glaubte. In Wahrheit war es das Übertreten der magischen Schwelle, das sie verharren ließ. Eine kleine Unstimmigkeit im transzendenten Gefüge, die man wie ein winziges Stolpern des Herzschlags spürt. Lina jedoch schenkte diesem Umstand wenig Beachtung, sondern betrat, ohne weiter nachzudenken den Laden und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen.

Der Laden war klein, nicht viel größer als die Drei-Zimmer-Wohnung, in der sie mit ihrer Mutter lebte. Überrascht musste sie feststellen, dass sie sich mit ihrer Annahme geirrt hatte, denn der Laden war längst fix und fertig eingerichtet. Hohe Regale säumten die Wände – allerdings keine modernen Supermarktmodelle aus kaltweißem Stahl und Lochblech, sondern altmodische Möbel aus dunklem, massivem Holz, die bis zur Decke reichten. Im hinteren Bereich konnte Lina sogar einen Apothekerschrank mit unzähligen Schubladen und Fächern ausmachen. Die Regale in der Mitte waren nur halbhoch, sodass Lina von der Tür aus den Raum überblicken konnte. Darauf standen allerlei Gläser, Metalldosen und alt anmutende Kartonagen. Die Regalbretter waren aus dem gleichen Holz gearbeitet wie die übrige Ladeneinrichtung. Sie hatten eine glänzende Oberfläche und offenbarten bei näherem Hinsehen eine feine, filigrane Maserung. Lina streckte die Hand aus und strich zögerlich, fast zärtlich, über die samtweiche Oberfläche und für einen kurzen Moment meinte sie, einen schwachen Geruch wahrzunehmen, fremd und doch vertraut, einen Duft nach warmen Vollmondnächten und Sandelholz – nicht dass Lina jemals bewusst Sandelholz gerochen hätte, von Vollmondnächten ganz zu schweigen.

»Fühlt sich toll an, nicht wahr?«, riss eine weibliche Stimme Lina aus ihren Gedanken. Sie zuckte jäh zusammen. Hinter einer der Auslagen kniete ein junges Mädchen, das scheinbar gerade damit beschäftigt...

Erscheint lt. Verlag 22.8.2018
Reihe/Serie fehu Fantasy
Verlagsort Leipzig
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Anderswelt • Fantasy • Geheimnis • Liebe • Magie • magisch • Vertrauen • Zeitreise
ISBN-10 3-96131-077-7 / 3961310777
ISBN-13 978-3-96131-077-7 / 9783961310777
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