Kurvenstar (eBook)
272 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45135-9 (ISBN)
Sandra Steffl, geboren 1970, ist Schauspielerin, Comedian, Tänzerin, Pin-up und Mutter. Einem breiten Publikum wurde sie bekannt durch Helmut Dietls Film 'Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief'. 2004 gründete sie Deutschlands erste Burlesque-Comedy-Gruppe 'The Teaserettes', später folgten in München die 'IsarRats'. Sandra Steffl hat eine Tochter und lebt in München.
Sandra Steffl, geboren 1970, ist Schauspielerin, Comedian, Tänzerin, Pin-up und Mutter. Einem breiten Publikum wurde sie bekannt durch Helmut Dietls Film "Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief". 2004 gründete sie Deutschlands erste Burlesque-Comedy-Gruppe "The Teaserettes", später folgten in München die "IsarRats". Sandra Steffl hat eine Tochter und lebt in München.
Vorwort
Ladys,
darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Sandy Beach. Ich bin eine von Deutschlands ersten New-Burlesque-Tänzerinnen und trete mit meiner Gruppe The Teaserettes regelmäßig auf den großen und kleinen Bühnen der Republik auf. Ich liebe es, mich vor dem feiernden Publikum mit lasziver Langsamkeit und knisternder Erotik zu entblättern, denn ich liebe meinen Körper und genieße die Blicke der Anwesenden auf meiner Haut …
Äh, nein. Das ist natürlich Quatsch.
Die Wahrheit lautet: Ich heiße Sandra, eigentlich Alexandra, bin siebenundvierzig Jahre alt und liege seit frühester Kindheit im Clinch mit meinem Körper.
Warum? Ich war nie dünn. Und im Gegensatz zu allen anderen, die dasselbe behaupten, entspricht es bei mir der Wahrheit. Als Kind nannte man mich pummelig – wenn man nett zu mir war. In der Schule war es nämlich eine Zeit lang Mode, mich als »dicke Sandra«, »fette Sau« und Schlimmeres zu beschimpfen. Und auch Verwandte und Bekannte hielten mit ihrer Meinung nie hinter dem Berg, dass ich nicht unbedingt dem gängigen Schönheitsideal entspreche.
Nett. Und nicht förderlich, wenn man gerade dabei ist, so etwas wie ein Selbstwertgefühl zu entwickeln. Obwohl ich mir sicher bin, dass jede Frau diesen einen allzu direkten Verwandten oder diese besonders ehrliche Freundin in ihrer Vergangenheit hat, deren (Un-)Freundlichkeiten ihr bis heute im Kopf herumspuken.
Warum ich dann ausgerechnet Burlesque-Tänzerin geworden bin? Warum ich mich gerade auf der Bühne vor Hunderten von Menschen bis auf die Unterhose ausziehe? Das frage ich mich ehrlich gesagt auch manchmal – besonders an meinen schlechten Tagen, von denen es natürlich immer noch viel zu viele gibt.
Vom pummeligen kleinen Mädchen, das in der Schulaufführung sogar mal das Hinterteil eines Elefanten spielen musste, zum gefeierten Bühnenstar war es ein langer und steiniger Weg, gepflastert mit zahlreichen Entbehrungen und Frustrationen. Und wie man es sich vermutlich vorstellen kann, gab es unterwegs nicht nur eine Diät, die mir zuerst die Laune, dank Jo-Jo die Figur und schließlich auch noch den Stoffwechsel versaute.
Es hat eine Weile gedauert, bis ich begriff, dass Attraktivität, Ausstrahlung und Anziehungskraft nur bedingt mit Idealmaßen und BMI zu tun haben. Denn obwohl wir in Frauenzeitschriften immer lesen, dass wir so natürlich wie möglich am schönsten sind, dass es auf unsere innere Haltung ankommt und wir uns vor allem selbst lieben müssen, wissen wir doch, dass sich hinter all diesen Worten nichts als ein großes, gewaltiges Blablabla versteckt. Kaum schlagen wir die Seite um, auf der wir gerade erst erfahren haben, dass wir auch mit Kleidergröße 52 und Dellen im Oberschenkel, so tief wie der Mariannengraben, schön sind, stolpern wir nämlich über eine Modestrecke mit Models, die allerhöchstens fünfundvierzig Kilo bei einer Größe von eins achtzig wiegen und seit mindestens drei Tagen keine feste Nahrung mehr zu sich genommen haben.
Und da fragt sich wirklich noch einer, warum wir Frauen Wesen mit so vielen Widersprüchen sind?!
Es liegt doch auf der Hand. Sinnlichkeit und Sexyness, die Lust an der Leidenschaft und Laszivität stehen in absolutem Gegensatz zu einem knurrenden Magen, Marathonläufen im Morgengrauen und Maßtabellen. Einerseits sollen Frauen bitte schön mehr als den berühmten kleinen Salatteller bestellen, andererseits bleibt jeder Burger sofort auf der Hüfte kleben, die man nur wenige Wochen später am Strand ausführen soll.
Wie unfair ist das denn?
Wie gesagt: Es hat eine Weile gedauert, bis ich den Denkfehler im System erkannt und begriffen habe, dass ich nicht meinen Körper, sondern meine Einstellung verändern muss, um mich als echte Frau wahrzunehmen. (Und trotzdem gibt es diese Tage, an denen ich mir am liebsten eine Papiertüte über den Kopf stülpen und im Jogginganzug auf dem Sofa sitzen bleiben würde … mit zwei Packungen Eiscreme!) Heute weiß ich, dass mein Gewicht zwar direkten Einfluss auf meine Laune, jedoch nur bedingt auf meine Sexyness hat. Ich bin so sexy, wie ich sein will, und zwar besonders an den Tagen, an denen ich der Waage den ausgestreckten Mittelfinger zeige und mir mit Wohlwollen den zweiten Löffel Sahne in die heiße Schokolade rühre. Insofern haben die Frauenzeitschriften wirklich recht: Attraktivität ist eine Frage der inneren Haltung. Lediglich die Schlussfolgerung, ausschließlich Hungerhaken in den Magazinen abzubilden, ist falsch.
Dasselbe gilt im Übrigen auch umgekehrt. Auch sehr schlanke Frauen mit wenig Oberweite und ohne die vielbeschworenen »Kurven« können wahre Göttinnen mit einer erotischen Ausstrahlung zum Niederknien sein. Selbstbewusstsein hat rein gar nichts mit der Körbchengröße zu tun. Das wissen wir eigentlich alle.
Warum gibt es dann trotzdem so wenig Frauen, die im Einklang mit ihrem vollkommen unperfekten, aber umwerfenden Körper stehen? Warum findet die Suchmaschine unter dem Stichwort »Abnehmen« mehr als zweiundzwanzig Millionen Ergebnisse, unter »Selbstbewusstsein« nur knapp vier?
Weil wir in einer Welt leben, in der drahtige Personal Trainer und selbst ernannte Fitnessgurus, denen man die Schilddrüsenüberfunktion mit bloßem Auge ansieht, den Takt angeben – wortwörtlich. Während in den Fünfziger- und Sechzigerjahren noch das Ideal der üppigen und kurvigen Weiblichkeit proklamiert wurde, zeigt sich die moderne Gesellschaft seit den Achtzigern am liebsten im engen Spandex-Anzug und mit perfekt definierten Muskeln. Spätestens seit dem neuen Jahrtausend haben wir eine ganze Menge Nullen dazubekommen, die uns das Leben auch ohne Kalorien erschweren: Coke Zero, Ground Zero, Size Zero. Wir wollen null (Körper-)Fett, und das bei vollem Geschmack. Kein Wunder, dass einigen dabei der Appetit vergeht.
Es klingt so einfach – und ist doch so mühsam umzusetzen: Seid freundlich zu euch! Liebt euch selbst! Nichts schwerer als das. Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir unser tägliches Schrittpensum mithilfe einer Smartwatch aufzeichnen, unser Essverhalten in Apps dokumentieren und sogar unseren Zyklus mittels Handy überwachen. Wie in aller Welt soll man da entspannen? Appetitanregend sein, ohne den Appetit einzubüßen? Lustvoll handeln, ohne die Lust am Leben zu verlieren?
Ich habe mich viele Jahre lang mit mir, meinen Komplexen und meinem Körper beschäftigt, und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir all diese ach-so-sinnvollen Hilfsmittelchen nicht benötigen. Jeder Mensch hat eine innere Stimme, die ihm sehr genau sagt, was er braucht und ihm guttut. Leider haben wir verlernt, dieser Stimme zuzuhören. Viel bequemer ist es doch, auf den inneren Schweinehund zu lauschen, der neben einem hockt und sagt: »Vergiss die Idee, mit dem Fahrrad zu deiner Verabredung zu fahren. Nachher noch zwanzig Minuten EMS-Training, und du kannst jetzt eine halbe Stunde länger daheim sitzen bleiben.«
Dieser Schweinehund ist ein echter Scheißkerl – und Lügner. Denn es kann auf Dauer nicht gesund sein, seinem Körper nur Diätprodukte anzubieten und ihn mit Ersatzstoffen an der Nase herumzuführen. Zwanzig Minuten EMS-Training mit Strom ersetzen zwei Stunden Sport? Am Arsch! Nur zwei Stunden Sport ersetzen zwei Stunden Sport. Wer trickst, um schneller ans Ziel zu kommen, wird über kurz oder lang verlieren. Genau aus diesem Grund kann man mit Proteinshakes und Kohlsuppendiäten zwar kurzfristig ein paar Kilos verlieren (und zwar vor allem die aus Wasser), kriegt in der Regel aber am Ende alles wieder zurück – und wenn es richtig dumm läuft noch zwei Kilo gratis obendrauf, weil der Körper den Beschiss natürlich bemerkt hat und für schlechte Zeiten vorsorgt, frei nach dem Motto: »Die Alte hat versucht, mich hinters Licht zu führen? Na warte, Schätzchen!«
Die einfache Regel lautet: Ihr bewegt euch zu wenig? Dann runter von der Couch! Ihr wisst, dass ihr nach einer Packung Chips sofort ein Kilo mehr wiegt? Dann kauft euch stattdessen Brokkoli! Der einfachste Weg ist meistens der beste. Und deshalb sind Punkte, Kalorien und Schritte zählen auch in etwa so sinnvoll, wie seine wahren Freunde über die Anzahl der Freundschaftsanfragen auf Facebook zu definieren.
Dem römischen Dichter Juvenal werden folgende Worte zugeschrieben: Mens sana in corpore sano, was in etwa so viel heißt wie »in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist«. Ich glaube daran, möchte den Spruch aber noch erweitern: In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist – und ein gesunder Geist sorgt für einen gesunden Körper. Auf dieser These, nämlich dass die innere Einstellung am Ende des Tages einen Traumkörper bewirkt, in dem ein Selbstbewusstsein mit umwerfender Wirkung wohnt, baut mein Kurvenstar-Konzept auf.
Ich bin der festen Überzeugung, dass in jeder Frau eine unwiderstehliche Göttin schlummert, die nur darauf wartet, aus dem Schönheitsschlaf geweckt zu werden – und zwar ganz ohne Hungern und Kasteien, sondern mit Lust und Leidenschaft. Eine ausgewogene und gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und Selbstachtung sind der Schlüssel zum Erfolg, egal in welcher Kleidergröße. Und genau hier kommt der Burlesque-Tanz ins Spiel.
Beim Burlesque geht es vor allem anderen um Sinnlichkeit. Und sinnlich ist nur, wer es schafft, sich selbst so zu akzeptieren, wie er ist. Es mag nun so erscheinen, als wenn das schlanken, durchtrainierten Frauen einfacher gelänge als fülligeren oder knabenhaften. Dem ist aber nicht so. Jede Frau, ganz gleich ob Kleidergröße 36 oder 46, hat ihre größeren oder kleineren Baustellen, an denen sie...
Erscheint lt. Verlag | 26.4.2018 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Abnehmen • Ausstrahlung • BMI • burlesque • Diät • Diätenwahnsinn • Diätwahnsinn • Entspannung • Ernährung • Ernährungsberatung • Essen • Figur • Fitness • Genießen • Kalorien • Körper • Körpergefühl • Lebensfreude • Lebensgeschichte • Memoir • Schauspielerin • Selbstbewusstsein • Sinnlichkeit • Striptease • Tanz • Tänzerin |
ISBN-10 | 3-426-45135-2 / 3426451352 |
ISBN-13 | 978-3-426-45135-9 / 9783426451359 |
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