Commissaire Le Floch und das Phantom der Rue Royale (eBook)

Roman
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2018
Karl Blessing Verlag
978-3-641-22653-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Commissaire Le Floch und das Phantom der Rue Royale - Jean-François Parot
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Der dritte Roman in der Commissaire-Le-Floch-Reihe.

Paris 1770: Mit einem großen Feuerwerk lässt König Ludwig XV. die bevorstehende Hochzeit des Thronfolgers mit der österreichischen Prinzessin Marie-Antoinette feiern. Als einige Feuerkörper fehlgeleitet werden, bricht Panik auf der Place Louis XV. aus. Dutzende von Menschen werden zu Tode getrampelt. Commissaire Nicolas Le Floch stößt auf eine Leiche, die am Hals auffällige Spuren aufweist und in der erstarrten Hand eine Perle aus Obsidian hält: Diese Frau ist offensichtlich mit einem Strick ermordet worden.

Es handelt sich um die hübsche 19-jährige Élodie Galaine, Mitglied einer Pelzhändlerfamilie, die erst vor Kurzem wieder aus Quebec zurückgekehrt ist. Eine genauere Untersuchung des Leichnams ergibt, dass sie schwanger gewesen sein muss und vermutlich erst kurz vor ihrem Tod entbunden hat. Élodies Familie wirkt seltsam unbeührt vom Tod der Nichte, scheint sich aber auf Naganda, einen Indianer aus Quebec, der Élodies Diener war und jetzt wie vom Erdboden verschwunden ist, als Hauptverdächtigen zu einigen.

Jean-François Parot, 1946 geboren, studierte an der Sorbonne in Paris Geschichte und Ethnologie, absolvierte eine Ausbildung als Ägyptologe und spezialisierte sich auf das 18. Jahrhundert. Nach dem Militärdienst schlug er die diplomatische Laufbahn ein. Seine Romanreihe um Commissaire Le Floch wurde nicht nur in Frankreich, sondern auch in vielen anderen Ländern ein großer Erfolg. Jean-François Parot verstarb am 23. Mai 2018.

I

Die Place Louis XV

Aber durch ihn wird ein Feiertag

Zu einem traurigen Trauertag.

Der Platz, wo Freude herrschen soll,

Ist bald nur noch ein riesiger Sarg.

ANONYMUS 1770

Mittwoch, den 30. März 1770

Ein höhnisch grinsendes Gesicht mit einer roten Mütze tauchte an der Wagentür auf. Hände mit schwarzen Fingernägeln klammerten sich an der heruntergelassenen Fensterscheibe fest. Nicolas erkannte das früh verwelkte Gesicht eines Jungen. Diese plötzliche Erscheinung versetzte ihn zehn Jahre zurück, in eine Karnevalsnacht, unmittelbar bevor Monsieur de Sartine, der Polizeipräfekt, ihm seine erste Untersuchung anvertraut hatte. Die Masken, die seine Ermittlungen umgeben hatten, sollten für immer Gesichter des Todes für ihn bleiben. Er verscheuchte diese Gedanken, die eine Traurigkeit, welche er seit dem Morgen empfand, nur noch verstärkten. Er warf eine Handvoll Kupfermünzen himmelwärts. Entzückt über den Geldsegen, verschwand die Erscheinung; sie hatte sich auf das Trittbrett gestellt, und nach einem Purzelbaum rückwärts fiel sie wieder auf die Füße und schlüpfte auf der Suche nach den Münzen durch die Menge.

Nicolas schüttelte sich wie ein müdes Tier und seufzte, um die Niedergeschlagenheit loszuwerden, die ihn peinigte. Vermutlich hatten ihn die vergangenen zwei Wochen erschöpft. Zu viele schlaflose Nächte, der Zwang, ständig hellwach sein zu müssen, und die quälende Angst vor einem unvorhersehbaren Zwischenfall. Seit dem Attentat von Damiens waren die Sicherheitsmaßnahmen für den König und seine Familie verstärkt worden. Manche Ereignisse, die in der Verschwiegenheit der Amtsstuben begraben waren und in die der junge Kommissar im Châtelet aufs Engste verstrickt gewesen war, hatten ihn seit zehn Jahren an die vorderste Front in diesem Kampf und dieser täglichen Überwachung katapultiert. Monsieur de Sartine hatte ihm den Personenschutz für die königliche Familie anlässlich der Heirat des Dauphins mit Marie-Antoinette, Erzherzogin von Österreich, übertragen. Sogar Monsieur de Saint-Florentin, Minister der Maison du Roi, hatte ihn ermahnt, sein Bestes zu geben, und ihn leutselig an seine Erfolge in der Vergangenheit erinnert.

Ab der Schranke von Vaugirard überschwemmte die Menge der Fußgänger eng gedrängt die Fahrbahn und hemmte immer wieder den chaotischen Strom der Wagen. Nicolas’ Kutscher brüllte unentwegt Warnrufe, begleitet vom lauten Knallen seiner Peitsche. Manchmal kippte der Kutschkasten bei einem plötzlichen Halt nach vorn, und Nicolas musste seinen Arm beschützend ausstrecken, um zu vermeiden, dass sein Freund Semacgus sich die Nase an der Wand platt drückte. Er hätte nicht sagen können, warum, doch nichts hatte ihn je so sehr beunruhigt wie diese Schaulustigen, die wie ein wirrer Haufen der Place Louis XV zustrebten. Diese Masse, die vor Ungeduld bebte, stürmte zum versprochenen Festvergnügen; denn die Stadt organisierte anlässlich der Heirat des Dauphins ein großes Feuerwerk. Jeder hatte seine eigene Meinung, und Nicolas spitzte die Ohren, um die Kommentare mitzubekommen, die zu ihm drangen. Der Prévot des marchands, der die Feierlichkeiten ausrichtete, hatte versichert, dass nach dem pyrotechnischen Schauspiel die Boulevards beleuchtet würden. Als hätte er die Gedanken seines Nachbarn gelesen, erwachte Semacgus nach mehrmaligem Aufstoßen und nickte, die Hand nach der Menge ausstreckend.

»Sie haben großes Vertrauen in die Großzügigkeit ihres Prévôts! Mögen sie nicht enttäuscht werden!«

»Zweifeln Sie etwa daran, mein Freund?«, fragte Nicolas.

Nach all diesen Tagen der Unruhe hatte er sich darauf gefreut, Doktor Semacgus aus Vaugirard herauszuholen. Er wusste, wie sehr er diese besonderen Gelegenheiten liebte, und hatte ihm vorgeschlagen, ihn zur Place Louis XV zu begleiten, um von den Kolonnaden der auf beiden Seiten der Rue Royale neu errichteten Gebäude aus dem Fest beizuwohnen. Sartine wünschte einen Bericht über ein Ereignis, zu dem die Stadt wider Erwarten nicht seine Polizei hinzugezogen hatte.

»Jérôme Bignon ist nicht gerade dafür bekannt, dass er sich um das Volk Gedanken macht, und ich fürchte, dass die Erwartungen dieser braven Leute bitter enttäuscht werden. Ach, die Zeiten ändern sich! Sie machen sich keine Vorstellung, wie man bei der zweiten Hochzeit des Vaters unseres jetzigen Dauphins geschlemmt hat. Der damalige Prévôt ließ Wagen mit Füllhörnern zirkulieren, aus denen sich Lyoner und Knoblauchwürste ergossen, ganz zu schweigen von süffigen Getränken … Verdammt, damals wussten alle zu leben, und wir haben nach Herzenslust geschlemmt!«

Bei diesen köstlichen Erinnerungen schnalzte Semacgus mit der Zunge, und sein schon von Natur aus rotes Gesicht rötete sich noch ein wenig mehr. Er sollte auf sich aufpassen, dachte Nicolas. Der Mann blieb sich treu, stets begierig nach den Freuden des Lebens, doch Jahr für Jahr wurde er dicker, und er nickte immer häufiger am helllichten Tag ein. Seine Freunde machten sich Sorgen um seine Gesundheit, ohne sich zu trauen, ihm mit ihren Ratschlägen auf die Nerven zu gehen. Er hätte im Übrigen niemals eingewilligt, ein solideres und seinem Alter entsprechendes Leben zu führen. Nicolas bemaß die Freundschaft, die er für Semacgus empfand, an den Sorgen, die er sich um ihn machte.

»Es ist sehr gütig von Ihnen, Nicolas, dass Sie einen alten Bären, der immer bereit ist, den Galan zu spielen, aus seiner Höhle geholt haben …«

Die buschigen weißen Augenbrauen hoben sich ratlos und fragend.

»Aber … Sie machen einen sehr düsteren Eindruck auf mich an diesem Feiertag«, fuhr er fort. »Ich wette, dass Sie eine Sorge quält.« Hinter seiner ausschweifenden Vergnügungssucht verbarg der Marinewundarzt eine stets wache Sensibilität und Fürsorglichkeit seinen Mitmenschen gegenüber. Er beugte sich zu Nicolas und fügte, während er die Hand auf seinen Arm legte, hinzu, wobei seine Stimme jetzt nicht mehr spöttisch klang:

»Man darf die Dinge nicht für sich behalten, ich spüre, dass Sie etwas bedrückt …«

Doch sogleich verfiel er wieder in seinen üblichen Ton.

»Vielleicht eine Schönheit mit Tripper, die Ihnen eine Erinnerung hinterlassen hat!«

Nicolas konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

»Leider nein, das überlasse ich meinen ausgelasseneren Freunden. Aber Sie haben recht, ich bin besorgt. Einerseits, weil ich gleich einem großen Volksauflauf beiwohnen werde als Beobachter ohne Mission und Mittel, und auch …«

Semacgus unterbrach ihn.

»Wie? Was wollen Sie mir da weismachen? Die beste Polizei Europas, die in Potsdam und in Sankt Petersburg als Vorbild gepriesen wird, soll mundtot, kampfunfähig, machtlos sein? Und Monsieur de Sartine hat nicht seinen besten Ermittler abkommandieren können? Das glaube ich nicht!«

»Wenn ich schon alles gestehen muss«, erwiderte Nicolas, »sage ich Ihnen, dass Monsieur de Sartine, der zu Recht besorgt ist, denn immerhin gibt es Präzedenzfälle …«

Semacgus hob überrascht den Kopf.

»Ja, als der Vater unseres Dauphins die Prinzessin von Sachsen heiratete. Monsieur de Noblecourt hat es sich, wie Sie sich denken können, nicht nehmen lassen, mir die Sache zu erzählen. Es geschah 1747, und er ist dabei gewesen. Auf der Place de l’Hôtel de Ville war erfolgreich ein Feuerwerk organisiert worden, doch aufgrund der überraschenden Menge an Zuschauern kamen die Kutschen in ziemliche Bedrängnis, und zahlreiche Personen wurden überfahren oder sind erstickt. Monsieur de Sartine, der sich stets die Akten aus dem Archiv bringen lässt, blieb die Sache natürlich nicht verborgen, und er zog die entsprechenden Schlüsse daraus, wie Sie sich vorstellen können.«

»Zum Teufel, ja! Und wo liegt das Problem?«

»Dass niemand radikal durchgreifen will.«

Der Wagen machte ein Ausweichmanöver und streifte einen alten Mann, der auf einem Bein hüpfte, laut sang und dazu einer Vogelorgel begleitende Töne entlockte Er wurde von einer kleinen Menge umringt, die den Refrain im Chor wiederholte.

Wir werden Frankreich Untertanen geben

Und ihr gebt ihnen Könige.

Ein Pfiff ertönte im Publikum, und es kam zu einer Schlägerei. Nicolas wollte eingreifen, doch der Schuldige hatte sich bereits aus dem Staub gemacht.

»Mein Assistent Bourdeau sagt oft, dass der Pariser zum Besten wie zum Schlimmsten fähig ist und dass an dem Tag, an dem seine Geduld … Kurz, Seine Majestät wollte nicht zugunsten von Monsieur de Sartine entscheiden.«

»Der König wird älter, und wir auch. Die Pompadour wachte über ihn; ich weiß nicht, ob die neue Favoritin so viel Feingefühl hat. Er verfällt, das ist eine Tatsache. Letztes Jahr bei der Parade der Gardes françaises haben alle einen Schreck bekommen, als...

Erscheint lt. Verlag 29.10.2018
Reihe/Serie Commissaire Le Floch-Serie
Commissaire Le Floch-Serie
Übersetzer Michael Killisch-Horn
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Le fantôme de la rue Royale
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Abenteuerroman • Autopsie • Dienstboten • eBooks • Feuerwerk • Französischer Bestseller • Historische Kriminalromane • Historische Romane • Kanada • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Ludwig XV. • Paris im 18. Jahrhundert • Pelzhandel • Schamane
ISBN-10 3-641-22653-8 / 3641226538
ISBN-13 978-3-641-22653-4 / 9783641226534
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