Die Fotografin - Am Anfang des Weges (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018
448 Seiten
Blanvalet Verlag
978-3-641-23080-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Fotografin - Am Anfang des Weges - Petra Durst-Benning
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Gegen alle Widerstände wird Mimi Reventlow Fotografin, und findet nicht nur ihre Freiheit, sondern auch die Liebe ...
Mimi Reventlow war schon immer anders als die Frauen ihrer Zeit. Es ist das Jahr 1911, und während andere Frauen sich um Familie und Haushalt kümmern, hat Mimi ihren großen Traum wahr gemacht. Sie bereist als Fotografin das ganze Land und liebt es, den Menschen mit ihren Fotografien Schönheit zu schenken, genau wie ihr Onkel Josef, der ihr großes Vorbild ist. Als dieser erkrankt, zieht sie in das kleine Leinenweberdorf Laichingen, um ihn zu pflegen und vorübergehend sein Fotoatelier zu übernehmen. Ihm zuliebe verzichtet sie nicht nur auf ihre Unabhängigkeit, sondern sieht sich in Laichingen zunächst auch den misstrauischen Blicken der Dorfbewohner ausgesetzt, da sie mehr als einmal mit ihrem Freigeist aneckt. Und als bald ein Mann Mimis Herz höher schlagen lässt, muss sie eine Entscheidung treffen ...

Petra Durst-Benning wurde 1965 in Baden-Württemberg geboren. Seit über fünfundzwanzig Jahren schreibt sie historische und zeitgenössische Romane. Fast all ihre Bücher sind SPIEGEL-Bestseller und wurden in verschiedene Sprachen übersetzt. In Amerika ist Petra Durst-Benning ebenfalls eine gefeierte Bestsellerautorin. Sie lebt und schreibt im Süden Deutschlands, Frankreich war viele Jahre lang ihre zweite Heimat.

1. Kapitel

Esslingen, 11. Februar 1905

»… und so möchte ich dich, liebe Minna, fragen, ob du meine Frau werden willst!« Heinrich Grohe nahm Mimis Hände in seine und sah sie erwartungsvoll an.

Minna?, fuhr es Mimi durch den Kopf. So wurde sie nur von ihrer Mutter genannt, und auch immer nur dann, wenn diese etwas an ihr zu kritisieren hatte. Nur mit Mühe unterdrückte sie ein nervöses Lachen. Da bekam sie einen Heiratsantrag, und das Einzige, was ihr dazu einfiel, war, zu monieren, dass Heinrich nicht ihren Spitznamen verwendete!

Darauf bedacht, das kleine Sträußchen Freesien, das zwischen ihnen auf dem Tisch stand, nicht umzuwerfen, entwand Mimi Heinrich ihre rechte Hand und griff nach ihrem Sektglas. Die kleinen Perlen des sprudelnden Getränks zerplatzten auf ihrer Zunge genauso wie die Gedanken in ihrem Kopf, noch bevor sie einen davon zu fassen bekam.

Er strahlte sie an. »Jetzt bist du baff, nicht wahr? Ich weiß, das kommt ein wenig plötzlich. Und mit deinen Eltern habe ich auch noch nicht gesprochen. Aber heute ist dein Geburtstag. Und da dachte ich, dies wäre doch ein passendes Geschenk!« Er machte eine ausschweifende Handbewegung, die das Café, in dem sie saßen, den Sekt, den Blumenstrauß und sie beide einschloss.

Ein Heiratsantrag als Geschenk? Mimi blinzelte ein paarmal, als wollte sie sich vergewissern, dass sie nicht träumte. Im Wintersonnenlicht, das durch die Milchglasscheibe des Cafés einfiel, leuchtete Heinrichs blonder Schopf, als habe der liebe Gott ihm persönlich einen Heiligenschein aufgesetzt.

Es war Samstag, der elfte Februar, ihr Geburtstag. Heinrich hatte sie kurz nach zwölf von der Arbeit im Fotoatelier Semmering abgeholt, so, wie er es samstags fast immer tat. Dann bummelten sie meistens eine Weile durch die Stadt, schauten sich die Schaufenster der eleganten Geschäfte an, schlenderten durch den Park. Anfang des Monats, mit dem Lohn in der Tasche, kehrten sie hin und wieder auch in eins der günstigen Gasthäuser rund um den Esslinger Marktplatz ein. Zum Klang des Glockenspiels vom nahegelegenen Rathaus aßen sie dann Kutteln oder Bratkartoffeln mit Speck. Normalerweise teilten sie sich die Rechnung, da weder Heinrich als Vikar in der Pfarrei ihres Vaters noch sie als Angestellte eines Fotoateliers sonderlich gut verdienten. Aber wen kümmerte das, wenn man jung und verliebt war? Heinrich mit seinen blauen Augen, der hohen Denkerstirn und den blonden Haaren, und sie, die Pfarrerstochter Mimi Reventlow, sechsundzwanzig Jahre alt, stets in ein Ausgehkostüm gekleidet, die kastanienbraunen Haare elegant hochgesteckt – sie waren ein schönes Paar. Wenn sie Arm in Arm durch die Straßen der alten Reichsstadt spazierten, drehten sich öfter die Köpfe nach ihnen um. Noch einmal so jung sein und die Zukunft vor sich haben!, las Mimi in den Blicken der Menschen.

Als Heinrich sie heute pünktlich um zwölf abgeholt hatte, hatte Mimi an ein ähnliches Samstagsprogramm gedacht, einzig vielleicht mit dem Unterschied, dass Heinrich sie anlässlich ihres Geburtstags wahrscheinlich einladen würde. Er hatte ihr die Blumen überreicht, ihr zum Geburtstag gratuliert und einen Kuss auf die Wange gegeben. Statt in eins der Gasthäuser zu gehen, in denen es nach Spiegeleiern und Sauerkraut roch, hatte er sie dann in ein elegantes Café geführt und dort eine ganze Flasche Sekt bestellt. Mimi hatte erstaunt die Brauen hochgezogen. Eine solche Extravaganz – wie würde sie sich nach dem Genuss von so viel Alkohol wohl fühlen?, hatte sie sich gefragt. Und auch, wie ihr später – vom Alkohol benommen – der steile Weg hinauf in die Esslinger Oberstadt gelingen sollte. So gesehen war ihr einiges durch den Kopf gegangen – dass sie heute einen Heiratsantrag bekommen würde, wäre ihr allerdings im Traum nicht eingefallen.

Da sie noch gar nicht reagiert hatte, wurde Heinrichs strahlende Miene leicht unmutig. »Minna?«, sagte er ungeduldig.

Sie lachte nervös auf. »Das kommt ein wenig überraschend!«

»Ja, freust du dich denn nicht?« Er runzelte die Stirn. Als habe ein Bühnenbildner die Hände im Spiel, kroch in diesem Moment am Winterhimmel eine Wolke vor die Sonne. Schlagartig wurde es im Café dunkler.

»Doch natürlich! Welche Frau würde sich da nicht freuen?«, verteidigte sie sich lahm.

Heinrich strahlte. »Das habe ich mir gedacht! Mit sechsundzwanzig Jahren bist du ja auch nicht mehr die Jüngste. Manch einer würde vielleicht sagen, es ist höchste Zeit, dass du unter die Haube kommst, bevor du zur alten Jungfer wirst.« Er zwinkerte ihr zu. »Aber sollen die Leute doch reden! Ich finde es gut, wenn Frauen sich vor der Ehe verwirklichen. Wer hat schon eine Frau mit Abitur und einer abgeschlossenen Berufsausbildung?« Heinrich nickte wohlwollend, dann beugte er sich ihr über den Tisch entgegen, ergriff erneut ihre Hände. »Deine Eltern werden bestimmt auch hocherfreut sein. Am besten gehen wir nachher gleich gemeinsam zu ihnen, damit ich bei deinem Vater um deine Hand anhalten kann. Eine reine Formalität – vor allem, wo es noch mehr Neuigkeiten gibt …« Seine Augen funkelten vor Erregung, Mimi sah ihm an, dass er sich kaum zurückhalten konnte.

»Ja …?«, sagte sie schwach.

»Ich bekomme die Pfarrei in Schorndorf übertragen! Das bedeutet, wir können deine Eltern weiterhin regelmäßig besuchen und umgekehrt.«

Schorndorf? Nun war es Mimi, die die Stirn runzelte. Obwohl die Stadt nur einen Steinwurf von Esslingen entfernt lag, war sie noch nie dort gewesen. »Leben dort nicht vor allem strenge Pietisten, bei denen Tanzfeste, Musik und Alkohol verboten sind?« Sie zeigte demonstrativ auf die Sektflasche.

»Du hast recht. Am besten trinken wir, solange wir noch können!« Über seinen eigenen Scherz lachend, schenkte er Sekt nach. »Aber ich kann dich beruhigen, der Einfluss der Pietisten in Schorndorf ist bei weitem nicht so groß, wie es immer heißt. Viel größer als die pietistische Gemeinde ist nämlich die der evangelischen Kirche. Als evangelischer Pfarrer werde ich allerdings auch Ansprechpartner für die Pietisten sein, ein gottgefälliges Leben ist von daher tatsächlich angebracht. Zum Wohl!« Er prostete ihr zu.

Um etwas zu tun zu haben, trank Mimi ebenfalls einen Schluck. Doch das Prickeln war verflogen, der Sekt schmeckte nur noch schal. Als habe ein gestrenger Pietist ihn verwünscht, dachte Mimi. Was bist du nur für ein undankbares Wesen, schalt sie sich gleichzeitig. Freu dich endlich! Der Hochzeitsantrag gehörte schließlich zu den schönsten Dingen im Leben einer Frau. Doch statt erregte Freude zu verspüren, hatte sie das Gefühl, als habe sich in ihrer Herzgegend eine Kröte niedergelassen, die eine dumpfe, feuchte Kälte verbreitete. Gab es nicht die Redensart, jemand habe eine »Kröte schlucken« müssen? Mimi, du spinnst, schalt sie sich.

Heinrich schien ihre gedrückte Stimmung nicht wahrzunehmen. Schwungvoll stellte er sein Glas ab und nahm den Gesprächsfaden wieder auf. »Gleich nach Ende meines Vikariats im Sommer darf ich die Schorndorfer Gemeinde übernehmen. Der dortige Pfarrer ist schon fast achtzig und kann es kaum erwarten, aufs Altenteil zu gehen. Scheinbar ist er gesundheitlich nicht mehr gut beieinander, das heißt, er wird mir nicht viel in die Arbeit hineinreden. Ein wenig werden wir uns um ihn kümmern müssen, das erwartet die Gemeinde von uns, aber das ist ja sowieso selbstverständlich.«

»Aha«, sagte Mimi. Sie hatte noch nicht einmal ja gesagt!

»Ich war Anfang der Woche in Schorndorf. Die Pfarrei ist überschaubar, nicht so groß wie die deines Vaters. Aber ich betrachte das als Übung für spätere, größere Aufgaben. Und das Haus, in dem wir wohnen werden … Es ist kein Palast, zugegeben. Vielmehr ist es ein wenig baufällig, und das Inventar ist abgelebt. Kein Wunder, Pfarrer Weidenstock, so heißt mein Vorgänger, hat nie geheiratet, und eine Haushälterin hatte er wohl auch nicht, niemand hat sich also um Haus und Hof gekümmert. Aber wenn du dich erst einmal der Sache angenommen hast, wirst du den Haushalt in Windeseile gut in Schuss gebracht haben!«

»Ich bin doch keine Hausfrau!«, protestierte Mimi. »Ich bin Fotografin, wie man einen Haushalt führt, habe ich nie gelernt. Und dann soll ich auch noch den alten Herrn Pfarrer mit versorgen?«

Heinrich winkte ab. »So was liegt Frauen im Blut, keine Sorge! Und wenn du dir doch mal bei etwas unsicher bist, wird dir ein Gemeindemitglied bestimmt gern helfen.« Mit einem schwärmerischen Lächeln fuhr er fort: »Ach Mimi, ich sehe es schon genau vor mir – du in der ersten Reihe der Kirche und ich auf der Kanzel! Die Schorndorfer werden begeistert sein von meinen fortschrittlichen neuen Predigten. Unser Vater im Himmel hat den Menschen einen Kopf zum Denken gegeben, er will keine unterwürfigen Schäfchen, das möchte ich den Menschen vermitteln! Und dass Fortschritt und Gottesglaube sich nicht ausschließen, sondern Hand in Hand gehen können – auch darüber will ich predigen. Dein Vater war mir der beste Lehrmeister, ich fühle mich inspiriert und gewappnet zugleich. Er wird stolz auf mich sein! Und wenn ich Hausbesuche bei den armen Leuten mache, darfst du mich natürlich begleiten. Eine Pfarrersfrau kann so viel Gutes bewirken! Aber wem erzähle ich das – hast du doch das beste Beispiel in deiner Mutter zu Hause. Apropos zu Hause – habe ich eigentlich schon erwähnt, dass das Haus auch ein kleines Gärtchen hat? Am Ende des Gartens fließt sogar ein Bach, dort könnte man sehr gut Wäsche waschen. Wenn wir erst Kinder haben, wirst du diesen Umstand sicher zu schätzen wissen.«

»Aha …«, sagte Mimi erneut und kam sich vor wie ein Papagei. Welche...

Erscheint lt. Verlag 27.8.2018
Reihe/Serie Fotografinnen-Saga
Fotografinnen-Saga
Zusatzinfo mit bebildertem Anhang in s/w
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1. Hälfte 20. Jahrhundert • Clifton-Saga • eBooks • Fotografie • Geschenk Weihnachten • Historische Romane • Historischer Roman • Jeffrey Archer • kleine geschenke für frauen • Liebe • Lovelybooks-Leserpreis Silber • Schwäbische Alb • Spiegel-Bestsellerautorin • Starke Frau • Weberei
ISBN-10 3-641-23080-2 / 3641230802
ISBN-13 978-3-641-23080-7 / 9783641230807
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