Anatol (eBook)

Dramen 1889-1891
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
288 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490826-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Anatol -  Arthur Schnitzler
Systemvoraussetzungen
8,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Eifersucht und Liebe sind die zentralen Themen in Arthur Schnitzlers frühen Dramen. Außer den Szenen und Skizzen zu Anatol, dem »Hypochonder der Liebe«, enthält dieser Band weitere dramatische Arbeiten aus Schnitzlers Frühwerk: Alkandi's Lied, Die Blasierten, Das Märchen.

Arthur Schnitzler wurde am 15. Mai 1862 in Wien geboren. Nach dem Abitur studierte er Medizin, wurde Assistenzarzt an der Poliklinik und dann praktischer Arzt, bis er sich mehr und mehr seinen literarischen Arbeiten widmete. 1891 wurde Schnitzlers erstes Theaterstück uraufgeführt, 1895 erschien Schnitzlers erstes Buch bei S. Fischer in Berlin. Schnitzler starb als einer der größten österreichischen Erzähler und Dramatiker am 21. Oktober 1931 in Wien.

Arthur Schnitzler wurde am 15. Mai 1862 in Wien geboren. Nach dem Abitur studierte er Medizin, wurde Assistenzarzt an der Poliklinik und dann praktischer Arzt, bis er sich mehr und mehr seinen literarischen Arbeiten widmete. 1891 wurde Schnitzlers erstes Theaterstück uraufgeführt, 1895 erschien Schnitzlers erstes Buch bei S. Fischer in Berlin. Schnitzler starb als einer der größten österreichischen Erzähler und Dramatiker am 21. Oktober 1931 in Wien.

Die Szene stellt einen Saal vor, der durch einen Vorhang abgeteilt ist; dieser ist zu Beginn des Stückes geschlossen. Links vom Zuschauerraum, gegen die Mitte der Bühne zu, ein Diwan, links und rechts je eine Tür. Links, dem Vorhange nahe, stark in die Kulisse gerückt, eine auf hohem Sockel stehende Marmorbüste. – Die Königin Maja vor der Büste, ihr zu Füßen Zoë, Blumen aus einem Korb der Königin reichend. Die Königin schmückt die Stirn der Büste mit den Blumen.

DIE KÖNIGIN

Dem großen Meister aller Melodei

Nah’ ich mich nun in Ehrfurcht und Entzücken.

Die schönsten Blumen, Mädchen, bring’ herbei,

Um diese edle Marmorstirn’ zu schmücken!

So – diese hier – und diese – jene nicht!

Ein Ruhmeskranz, den die Begeist’rung flicht,

Darf in den reinsten Farben nur erblüh’n!

Matt sind die Rosen – und sie sollten glüh’n!

Ich hätte gern den schönsten Kranz gewunden.

ZOË

Die Blumen, Königin, hab’ ich gefunden;

Sie wachsen in dem wundersamen Beet,

Das unter deinen Fenstern prangend steht!

KÖNIGIN

O, selber pflücktest du?! Mein gutes Kind!

IRSIL

am Eingange stehend, ungesehen

Wie sie entzückt, wie sie andächtig sind!

KÖNIGIN

Du liebst ihn so wie ich – und seine Sänge

Berauschen dein jungfräulich’ Herz wie meines!

IRSIL

wie oben

Für meine Melodei’n jedoch schlägt keines –

Als wenn mir nie ein schönes Lied gelänge!

KÖNIGIN

Du schweigst, mein Kind?! Und überkommt’s dich nicht

Vor diesem Bild – in seinem Angesicht –

Mit einer heiligen und süßen Scheu?

ZOË

O Königin! Auch ich verehre treu

Wie du – die großen hingeschied’nen Geister.

Gewahrt Irsil, errötend

… Doch lieber sind mir die lebend’gen Meister!

IRSIL

Da schmückt sie nun den kalten Marmelstein –!

Mit dieser Hand, so warm, so zart, so klein,

Berührt sie eine Stirn, die nichts empfindet.

Der Kranz, den sie um jene Stirne windet,

Bald welkt er auf dem kalten Marmor hin –

Dem nie bewußt, welch’ Glück ihm heut’ erschien.

KÖNIGIN

O, daß uns schon sein großer Geist entschwebte!

Wie mußte man ihn lieben, da er lebte –

Ihn, der für alles, was uns tief erregt,

Den reinsten Ton, das schönste Lied ersonnen,

So daß die Seel’, im Innersten bewegt,

Mitklingt, mitrauscht gleich jenem Märchenbronnen,

Aus dessen Tiefen Nixen Antwort singen,

Wenn fernher Sturmwind naht auf Wolkenschwingen!

IRSIL

So raubt mir jener längst verstorbene Mann,

Was mich Lebendigen nur entzücken kann!

Vergebens in die starren Augen dort

Ist meiner hehren Fürstin Blick gewendet.

Und ach, der glühenden Begeist’rung Wort –

Wie ist’s an dieses taube Ohr verschwendet!

O, könnt’ ich doch mit diesem Marmor tauschen,

Statt hier zu steh’n, ohnmächtig, und zu lauschen

Von fern, wie ein Verdammter und zu leiden!

ZOË

… Dort an der Türe, Königin, bescheiden

Lehnt unser junger Musikus allein.

MAJA

Ach, Irsil! Ruf ihn näher –!

ZOË

freudig Tretet ein!

IRSIL

tritt ein, verbeugt sich tief.

MAJA

Was bringt Ihr, junger Künstler?

IRSIL

Königin!

Ich habe dieses Notenblatt gefunden,

Das Euch zu reichen ich so glücklich bin.

MAJA

Sein letztes Lied –? Ich dacht’ es längst verschwunden.

IRSIL

Alkandi’s Lied, von seiner Hand geschrieben –!

Seit Jahren war’s in einem Pult verblieben,

Mit andern alten Schriften dort versteckt!

Durch einen Zufall hab’ ich’s heut entdeckt –

MAJA

Viel Dank dem wackeren Manne, der es fand!

Dies also ist des großen Meisters Hand?

IRSIL

… Das letzte Werk des unvergess’nen Toten!

MAJA

Vergilbt ist das Papier – verwischt die Noten –

Und doch durchströmt nun des Gemaches Luft

Ein and’rer, frischer – nicht des Moders Duft!

Der Frühling selber ist’s, der uns umschwebt!

Ein jedes dieser Zeichen klingt und lebt –

Und sagt uns, daß nichts Großes sterblich ist,

Daß nur der Arme starb – den man vergißt!

… Wie kommt das Blatt zu Euch jedoch? – Sagt an!

IRSIL

Mein Vater war ein kunstbefliss’ner Mann;

In uns’rem Hause, jedem Edlen offen,

Hat man der Künstler beste angetroffen –

Alkandi auch ging bei uns aus und ein.

MAJA

Wie mußte dieses Haus beneidet sein!

Und Ihr – Ihr sah’t ihn?

IRSIL

Ach, zu jener Zeit

… Ein Knabe war ich – und mein ganzer Sinn

Auf eitel Spiel gerichtet – Königin!

Verschlossen war mir aller Kunst Bereich,

Und Stümper oder Meister galt mir gleich!

MAJA

Doch habt Ihr im Gedächtnis noch sein Bild,

Das tiefe Aug’ – die Haare lockig wild?

IRSIL

Ja, noch gedenk’ ich seiner, doch er war

Ein Greis zu jener Zeit; das wilde Haar

Ein wenig zahm geworden; auch das Blinken

Der Augen etwas matt, so will’s mich dünken!

Doch täusch’ ich leicht mich so im Rückwärtsblicke,

Weil er ja Brillen trug sowie Perücke!

MAJA

Ich aber seh’ ihn anders – jung vor mir,

Denn ew’ge Jugend ist des Künstlers Zier.

Wenn seines Geistes Flammen nicht erkalten,

Erspäh’ ich nimmer seiner Stirne Falten;

Sein Aug’, selbst wenn es trüb, ja, wenn’s erblindet,

Des Innern Glanz geheimnisvoll verkündet! –

Und nun – laßt uns geweihten Raum betreten!

Den König auch hab’ ich zu mir gebeten,

Auf daß er nach des Tages Einerlei

Sich freuen mag an holder Melodei,

Wie sie dem Sinn des müden Denkers frommt!

Nun wollen wir, bevor mein Gatte kommt –

Zu Irsil

Und Ihr sollt auf der Harfe mich begleiten –

Zum Vortrag dieses Liedes uns bereiten.

Der König tritt ein.

ZOË

Der König naht –!

MAJA

Ich grüß’ Euch – mein Gemahl!

ASSAD

Hier bin ich, wie’s die Königin befahl!

Wer folgte nicht dem Ruf aus solchem Munde –?

… Ah, Zoë! Wahrlich schöner jede Stunde!

Und Irsil – unser lieber Musikus –

Da wartet meiner wohl ein Kunstgenuß –?

MAJA

Musik …!

ASSAD

… Musik!

MAJA

Ihr scheint nicht sehr entzückt?

ASSAD

Oh doch – nur find ich nicht das rechte Wort

Zu sagen gleich, wie sehr es mich beglückt!

Wie schön bekränzt ist doch die Büste dort –

MAJA

Alkandi’s Marmorbild –

ASSAD

… Es ist wohl heut –

Gedenktag, daß wir diesen Mann verloren,

Wie? Oder hundert Jahr’, daß er geboren –?

MAJA

Dies Bildnis schmück’ ich, wann’s mein Herz gebeut!

Doch ist’s ein Festtag wahrlich ohnegleichen,

Denn hört: zu singen ist mir heut vergönnt,

Aus einem alten Blatt, das niemand kennt –

Und dieses sind des Meisters eigne Zeichen.

Nun! Ist’s ein Festtag –?

ASSAD

Ja – nun seh’ ich’s ein.

MAJA

Ich harrte Euer – tretet mit uns ein –

ASSAD

Zu viel der Gnade gießt Ihr über mich!

Wie ich so hohes Glück nur tragen lerne –

MAJA

So kommt mit mir! Dies Glück gönn’ ich Euch gerne.

ASSAD

Ihr wißt, wie tief an süßen Liedern sich

Mein Herz erfreuen mag – zumal von ferne!

MAJA

befremdet

Ihr meint –

ASSAD

… Ich meine: daß ein Sang verhallend,

Im letzten Hinklang leise mich umwallend,

Mit tief’rer Rührung mein Gemüt umschlingt,

Als wenn er laut mir in die Seele dringt.

MAJA

… Ihr meint –

ASSAD

Ich meine: daß nur dann ein Lied

In wahrhaft reiner Schönheit uns umfängt,

Wenn es wie Geisterhauch die Luft durchzieht,

Uns nicht mit körperlicher Macht umdrängt,

Den Ton zu hören, will ich mich gewöhnen,

Das körperlose Spiel – das nicht zu fassen,

Mich durch die Spielerei nicht stören lassen.

Nicht ahnen will ich, daß die Tasten tönen,

Nicht wissen, wie’s der arme Atem macht,

Bis er mit Müh’ den Klang hervorgebracht.

Das ist’s, warum Natur so herrlich wirkt,

Weil sie uns ihre Arbeit stets verbirgt.

Wir sehen das Geschaff’ne wahr und groß,

Kunst ringt sich niemals ganz vom Künsteln los.

MAJA

Mit einem Wort – dieweil im reichen Segen

Uns eines Meisters letzter Gruß...

Erscheint lt. Verlag 6.3.2018
Reihe/Serie Das dramatische Werk
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Alkandi's Lied • Anatols Größenwahn • Anatol-Szenen • Das Märchen • Die Blasierten • Drama • Eifersucht • Einakter-Zyklus • Frau • Jahrhundertwende • Liebe • Moderne • Sexualmoral • Wien
ISBN-10 3-10-490826-5 / 3104908265
ISBN-13 978-3-10-490826-7 / 9783104908267
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 940 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
The Experimental Theater in France

von Leonard C. Pronko

eBook Download (2023)
University of California Press (Verlag)
43,99