Der Wegwerf-Vater - Ein autobiografischer Roman -  Jasper de Fries

Der Wegwerf-Vater - Ein autobiografischer Roman (eBook)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
386 Seiten
Verlag DeBehr
978-3-95753-457-6 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
4,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Hannes und Beatrix sind glücklich verheiratet. Ihr Wunschkind Marie wird geboren. Alles scheint perfekt zu sein. Es mangelt an wenig, vielleicht an Liebe, doch Hannes arrangiert sich mit der Zeit. Er versucht, was er kann, um das Glück für die kleine Familie zu erhalten. Eines Tages jedoch mustert Beatrix Hannes überraschend aus ihrem Leben aus. Er wird zum Wegwerf-Mann, soll gehen, aus ihrem Leben verschwinden - und Marie vergessen. Doch Hannes ist mit jeder Faser seines Körpers Vater, er will und wird um sein Kind kämpfen. Die schlimmste Zeit seines Lebens steht ihm bevor - und auch Marie wird leiden, fehlt ihr doch der geliebte Papa... Dieser autobiografische Roman erzählt die wahre Geschichte eines entsorgten Vaters. Jasper de Fries kämpft, gegen Bürokratie, Ämter und Gerichte, die sein Recht auf sein Kind und das Recht seiner Tochter auf ihren Papa weit weniger wiegen als das der Mutter auf 'Ruhe vor dem Ex'. Viele Kinder verlieren einen Elternteil, wachsen in Patchwork-Familien auf, erleben häufig wechselnde Partner der Eltern. Dieses Buch will ermutigen, das Richtige zu tun. Kinder brauchen beide Eltern!

 

1. Unveränderliches

Die Hochzeit von Hannes und Beatrix war ein rauschendes Fest. Im Dezember, zu Besuch bei Freunden, waren beide durch den Münchner Park von Schloss Nymphenburg spazieren gegangen und es war knackekalt. Die Luft war klar und es war sonnig. Freitagvormittag und es waren nur wenige Menschen draußen. In den Nächten zuvor hatte es gestürmt und von den Bäumen war viel totes Holz runtergeweht worden. Sie gingen lange und auf dem Weg lagen immer wieder Zweige, manche hatten Misteln dran. Als Hannes einen besonders großen Ast fand, an dem üppig Misteln gewachsen waren, hob er ihn auf, um ihn mitzunehmen. „Mistelzweige sollen Glück bringen und sie laden im Advent zum Küssen ein“, heißt es. Ein vorbeispazierender Passant sah das und sagte: „Mensch, das ist ja ein toller Zweig, der ist ja so riesig, da reicht das Glück ja wenigstens für eine Hochzeit“, und ging weiter. Hannes schulterte den Zweig und sie gingen zu den Rädern. Sie überlegten nebenbei, wo sie die Zweige in Haus und Garten aufhängen wollten. Wieder an den Rädern angelangt fragte Hannes sehr spontan und für ihn selber überraschend: „Willst Du meine Frau werden?“ Und Beatrix antwortete, ohne zu zögern: „Ja!“ Beide fielen sich verliebt in die Arme. Sie küssten sich lange. Sie kicherten wie Teenager, die Herzen klopften bis zum Hals und sie konnten das neue Glück kaum fassen. Hätte Hannes es planen wollen, hätte er es wohl kaum romantischer hinbekommen: im Rücken den wundervollen Park mit den Figuren der Romantik und auf der anderen Seite der Blick über die in der Sonne liegenden Türme der Münchner Innenstadt. Dazu läuteten die Glocken der Schlosskirche und ansonsten nur die beiden.

Im April wurde Beatrix endlich schwanger, beide waren darüber sehr glücklich. Ein echtes Wunschkind hatte sich mit Marie angesagt. Für Anfang September bereiteten beide die Hochzeit vor: Hundertdreißig Gäste hatten zugesagt und vier Tage dauerte das Fest, von Donnerstag bis Sonntag. Wolf, der gut achtzigjährige Nachbar und spätere Freund von Hannes nannte das Fest: Entspannt, festlich und gelassen – das traf es gut! Beatrix’ Mutter hatte im Gespräch über die Tage zu mehreren Hochzeitsgästen gesagt, dass jetzt Hannes die alte Zicke am Hals hätte, damit meinte sie ihre Tochter. Anschließend ging es auf Hochzeitsreise in die Toskana.

Während der Schwangerschaft begann sich Beatrix körperlich abzuwenden, was Hannes auffiel und was er echt bedauerte. Und er dachte, es verstehen und akzeptieren zu müssen. Schließlich veränderte sich gerade alles und nicht zuletzt in ihrem Körper. Hannes fand Beatrix mit dem größer werdenden Bauch wunderschön und begehrte seine schwangere Herzdame sehr. Sie erwiderte das nicht. Er umwarb sie mal sanft, zart, mal heftig, immer empathisch, nie gegen sie. Bis auf wenige Male wies sie ihn immer wieder zurück. Hannes’ Frust wurde größer. Darüber reden konnten sie nicht. Hannes verstand nicht, was da passierte, was da mit Beatrix passierte, was Beatrix da passieren ließ. Die Distanz wuchs. Gemeinsamer Sex war aus Hannes’ Sicht nicht das Wichtigste in einer Partnerschaft und gleichzeitig war es ein wichtiger Gradmesser. Wenn ein Paar miteinander nicht mehr intim sein kann, dann bedeutet das früher oder später das Aus der Partnerschaft. Und als gute Freundin wollte er Beatrix nicht – gute Freunde hatte Hannes genug.

Weihnachten fuhren sie aufgrund der fortgeschrittenen Schwangerschaft nicht zu einer der werdenden Großmütter. Sie feierten Weihnachten zum ersten Mal mit einem befreundeten Paar, Kai und Nadine, und deren pubertierenden Kindern bei denen zu Hause am Meer. Es gab viel Schnee, Wein und gutes Essen. Hannes und Beatrix blieben zwei Tage länger als geplant. Alles passte. Ein Highlight war der reparierte Weihnachtsbaum. An eine kahle Stelle bohrte Hannes mit dem Akkuschrauber kurzerhand ein paar Löcher und steckte Zweige hinein. Bei einem Glas Prosecco hatten alle ihren Spaß. Beatrix und Hannes hatten vereinbart, sich nichts zu schenken. Hannes dachte noch, dass das selten gut geht. Er war findig im Erstehen gebrauchter Dinge und so hatte er für kleines Geld eine wunderbare, zarte, uralte, goldene Uhr eines namhaften Herstellers für Beatrix erstanden. Sie schenkte Hannes zwei Raumluftbefeuchter, Behälter, die man mit Wasser gefüllt mittels eines Drahtgestells am Heizkörper befestigt. Die Stimmung war so ausgelassen, dass alle miteinander darüber lachten.

Beatrix beschrieb Maries Geburt als lustig, klar schmerzhaft, und als ein schönes Ereignis. Hannes war dabei und schenkte Beatrix zwei Tage später ein Paar Perlenohrringe, die sie sich lange gewünscht hatte. Beatrix war empört über das Geschenk: „Perlen verschenkt man nicht und schon gar nicht zu einem solchen Anlass“. Beatrix wollte sie nicht haben. Hannes hat sie wieder zurückgetragen. In den folgenden Monaten kümmerten sie sich beide um das Neugeborene. Hannes arbeitete selbstständig. Immer häufiger thematisierte Beatrix, dass nicht genügend Geld da sei. Sie hob beim Spazierengehen mit dem Kinderwagen im Park leere Bierdosen auf, um für das Pfandgeld Essen zu kaufen. Beatrix glaubte, dass sie pleite waren. Hannes rechnete ihr dann immer wieder dagegen: „Wenn wir so arbeiten wie jetzt und so weiterleben wie jetzt, haben wir genug Geld für die nächsten 10 Jahre!“ Hannes kannte sich in Finanzthemen ein bisschen aus und konnte wohl rechnen. Immer öfter stritten beide sich, Hannes wollte reden. Beatrix meinte, dass lange alles gesagt sei.

Im Herbst vertraute sich Hannes zum ersten Mal entfernten Bekannten an und schilderte seine Unbeholfenheit im Umgang mit der erlebten Unzufriedenheit. Der Bekannte sagte: „Hannes, das klingt nicht gut! Vielleicht solltet ihr mal für ein paar Wochen wegfahren. Das scheint hier alles so verfahren und vorbelastet zu sein. Fahrt sechs Wochen nach Indien oder so!“ Hannes fand es eine tolle Idee, Indien reizte ihn weniger und er wusste, dass Beatrix mit der kleinen Marie dort nie mit hinkommen würde. Zur Hochzeit hatten sie von Freunden von Hannes die Nutzung eines Campers, der in Kalifornien steht, geschenkt bekommen. Als Marie 18 Monate alt war, flogen alle drei für sieben Wochen in die Staaten. „Was für ein Leben“, dachte Hannes, er genoss die Zeit in vollen Zügen. In der fünften Woche begann sich Beatrix nach eigener Aussage für ein paar Tage zu entspannen. Dann begann sie die Vorerwartung dessen, was sie bei der Rückkehr erwarten würde, wieder mürbe zu machen. Elke, die Schwester der Freunde, lebte mit Mann in der Nähe von San Francisco. Zwischen Marie und Jack, dem gut sechzigjährigen Mann von Elke, entflammte schnell eine innige „Großelternbeziehung“. Hannes fühlte sich sehr wohl und auch Beatrix wurde herzlich empfangen. Sie blieben ein paar Tage, unternahmen gemeinsam Ausflüge. Elke sprach Hannes bald an, was mit Beatrix los sei, sie würde in einem so schlechten Ton mit Hannes sprechen. Er hingegen wäre so, wie sie es nannte, „reizend“ zu Beatrix.

Seit der Geburt von Marie haben sie nur noch quartalsweise und weniger miteinander geschlafen. Im Urlaub fuhr Hannes den riesigen Camper. Beatrix klammerte sich, so eng es ging, an Marie. Für Hannes gab es keinen Platz. Wenn Marie schlief und es viel Möglichkeit für Zweisamkeit gegeben hätte, wies sie ihn immer wieder ab. Selbst beim Besuch von Städten, in denen noch jeder sein Herz verloren hat, kam Hannes nicht an Beatrix heran. Nach dem Urlaub kamen Hannes und Beatrix schnell wieder in den alten Modus: Er wollte reden, sie wollte das nicht. Hannes wollte Kontakt und Nähe, sie zog sich weiter zurück, die Distanz wuchs weiter. Auch im Urlaub hatten sie nicht einmal miteinander geschlafen, das ging zu Hause gerade so weiter. Sie meinte, dass das Problem geklärt wäre, würde Hannes nur mehr verdienen. Hannes hingegen hatte ihr im Urlaub die Frage gestellt, ob er noch der Mann sei, mit dem sie alt werden wolle. Darauf hatte er keine Antwort erhalten, die kam erst anderthalb Jahre später, unmissverständlich und konsequent. Hannes fehlten der Einsatz und die Zusage von Beatrix für ihre Partnerschaft.

Aus vielen Beratungen kannte Hannes diese Situation der Zwickmühlen und den Vorwurf: „Weil Du mich nicht glücklich machst, kann ich es nicht sein!“ Hannes wusste, dass es nicht am Geld liegen könne, eher an der Sicherheit, die dies vermittelt. Ihm war klar, dass Beatrix und er ein unterschiedliches Bedürfnis an Sicherheit hatten. Darum bot er ihr in Gesprächen mehrfach an, dass er sich eine Festanstellung suchen würde, bei der er ein Mehrfaches vom Jetzigen verdienen würde. Das lehnte Beatrix immer wieder ab: „Ich will nicht, dass Du für mich was machst, was Du nicht willst. Und außerdem will ich nicht abhängig von Dir sein.“

Hannes hatte die Idee, dass man in einer Ehe auch mal Dinge tun kann, die man primär eigentlich nicht wollte, und schlimm sei das dann auch nicht. Also begann er nach für ihn passenden Stellen Ausschau zu halten, sich zu bewerben. Hannes war auch klar, dass er nicht die Verantwortung für das Glück und die Zufriedenheit von Beatrix übernehmen kann. Sie musste bei sich etwas verändern, damit sie glücklich sein konnte.

In den ganzen Jahren fuhren Hannes, Marie und Beatrix oft raus zu Kai und Nadine, den Freunden am Meer, mit denen sie Weihnachten verbracht hatten. Hannes und Beatrix vertrauten sich beiden jeweils an. Später erfuhr Hannes, dass die Familie Beatrix zu diesem Zeitpunkt schon einen Spitznamen gegeben hatte: In Anlehnung an Harry Potter nannten sie sie „die maulende Myrte“. Hannes wurde zum Geburtstag eingeladen: „Marie und Du, ihr könnt gern kommen, die...

Erscheint lt. Verlag 16.10.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-95753-457-7 / 3957534577
ISBN-13 978-3-95753-457-6 / 9783957534576
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 524 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99