Reich heiraten (eBook)

Roman

(Autor)

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2017 | 1. Auflage
256 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-1376-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Reich heiraten -  Lilli Beck
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Es ist nie zu spät, nochmal neu anzufangen - oder: Wie ich mit 58 meine Hippie-Ideale über Bord warf ...

Betty Singer blickt auf ein buntes Leben als Hippie und Kommunen-Bewohnerin zurück. Aber die wilden Jahre liegen weit zurück, denkt jedenfalls Betty. Bis sich plötzlich alles auflöst wie eine Reinigungstablette für dritte Zähne: Sie verliert ihren Job als Feng-Shui-Beraterin, der hypochondrische Lebensgefährte geht ins Kloster und ihr wird die Wohnung gekündigt. Doch so leicht lässt sich eine selbstbewusste Frau nicht unterkriegen. Betty fasst einen Entschluss, zukunftsorientiert und als Lösung aller Probleme: Sie will endlich heiraten - und zwar reich heiraten!



Lilli Beck lebt zurzeit in München. Ihr größter Traum ist es jedoch, im Alter selbst einmal in einer rosa Villa am See zu wohnen. Mit dem Gesetz ist sie aber noch nicht in Konflikt geraten. Im Aufbau Taschenbuch Verlag sind ihre Romane 'Liebe auf den letzten Blick', 'Liebe verlernt man nicht' und 'Geld oder Liebe' lieferbar.Mehr zur Autorin unter www.lilli-beck.de

1. Der Duft von Patina


Wenn ich schlechte Laune habe, stelle ich erst mal meine Möbel um. Das verändert den Blickwinkel. Anstatt Tabletten zu schlucken oder zu einem Seelenklempner zu gehen, würde ich mir eher ein neues Möbelstück kaufen. Andere Frauen kaufen Schuhe, ich kaufe Einrichtungsgegenstände. Seit vielen Jahren auch beruflich.

Besonders glücklich machen mich die Aufträge, bei denen ich nicht aufs Geld achten muss. Ich liebe es nämlich, Geld auszugeben. Mein eigenes, und das meiner Auftraggeber.

Meine Arbeit ist aber nicht zu verwechseln mit der einer Innenarchitektin. Ich gestalte nicht am Computer, sondern am Objekt.

Deshalb stehe ich im Moment bei Art déco, einem der edelsten und teuersten Antiquitätengeschäfte Berlins, und atme den Duft von Patina ein. Ich bin auf der Suche nach einem repräsentativen Esstisch für die Zehn-Zimmer-Villa von Frau Gehlen, meiner neusten Kundin.

»Kann ich behilflich sein?«

Ein elegant gekleideter Mann, mit glänzenden dunklen Haaren, tritt mir entgegen. Sein Blick wirkt etwas irritiert, als er mich von oben bis unten mustert. Ich kenne das, mein Aussehen kommt eben nicht bei allen Leuten gut an. Dabei sehe ich heute doch völlig normal aus. Jedenfalls soweit eine verwaschene Jeans mit Umschlag, verstaubte rote Turnschuhe, ein pinkfarbenes T-Shirt mit Che-Guevara-Porträt und ein übergroßes Jackett normal sind für eine Frau mit achtundfünfzig, die einige Pfunde zu viel und langes graumeliertes Haar hat.

»Könnte sein«, sage ich lächelnd und gebe dem Dandy meine Visitenkarte aus rotem, extra teuren Karton:

Betty Singer
Feng-Shui-Einrichtungsberatung

Oft ist die Karte der Beginn eines langen Gesprächs über Feng-Shui. Der asiatische Trend ist zwar nicht mehr ganz neu, aber es gibt immer noch Menschen, die hinter diesem Namen eine Kampfsportart oder ein Sushi-Röllchen vermuten.

Der Dandy liest die Karte und deutet eine höfliche Verbeugung an. »Pierre Pötsch. Ich bin der Inhaber.«

Eine angenehme Überraschung, denn wegen seines jugendlichen Aussehens hatte ich ihn für einen Angestellten gehalten. Doch attraktiv wie er ist, könnte er auch ein Schauspieler ohne Engagement sein. Sein blendendes Aussehen, der wache Blick und der Waschbrettbauch, den ich unter seinem weißen Hemd vermute – ein klassischer Held, der allein mit seiner körperlichen Präsenz jede Bühne füllen würde. Ein Mann mit Stil und Klasse, der gut zu seinen Möbeln passt.

Ich beginne das Gespräch mit einem Kompliment über die ausgesucht schönen Stücke in seinem Laden. Das ist durchaus ernstgemeint; Möbel, die mir nicht gefallen und die ich nicht auch selbst gerne besitzen würde, schaue ich mir nämlich gar nicht erst an.

»Vielen Dank, Frau Singer, sehr freundlich.« Er ist sichtlich geschmeichelt. »Darf ich Sie herumführen?«

In seiner Begleitung schlendere ich durch drei große, ineinander übergehende Räume, streichle liebevoll über Tische, Stühle und Schränke, bewundere Lampen und Spiegel und frage nach der Herkunft der Stücke, die mir besonders auffallen. Später erzähle ich ihm von meinem Großauftrag. Interessiert hebt er die Augenbrauen. Er scheint zu ahnen, dass sich mein Besuch für ihn lohnen könnte. Aber ich weiß, wie Preise zustande kommen, und auch wie man sie herunterhandelt. Dieses Mal spielt Geld allerdings keine Rolle, was selten vorkommt. Bei reichen Leuten spielt Geld nämlich meistens eine wichtige Rolle, sonst wären sie nicht reich. Ich vereinbare mit meinen Auftraggebern daher gerne Festpreise. Und je günstiger ich dann einkaufe, umso mehr Gewinn bleibt für mich. Ich bin aber nicht geldgierig. Ist ein Möbelstück genau das, was ich suche, kümmert es mich nicht, ob der Preis mein Honorar schmälert. Geld hat man, oder man hat es nicht. Und wenn ich welches habe, gebe ich es sowieso schnell wieder aus. Das ist eine alte Gewohnheit aus meiner Hippiezeit. Und ich bin nach wie vor der Meinung, Geld muss in Umlauf gebracht werden, damit es wieder zurückkommen kann.

Nachdem ich so gut wie jedes Stück im Laden angefasst habe, eröffnet Herr Pötsch den Handel.» Und? Ist etwas dabei, das in die Villa Ihrer Kundin passen würde?«, erkundigt er sich gespannt.

»Ja …, ich denke doch«, sage ich verheißungsvoll. Er merkt, dass ich wirklich interessiert bin und hört sicher schon die Kasse klingeln. Die beste Voraussetzung für einen erfolgreichen Handel!

Herr Pötsch scheint das wohl auch so zu sehen und fragt: »Darf ich Ihnen vielleicht eine Tasse Kaffee anbieten?«

Ich nehme dankend an.

Er entschuldigt sich für einen Moment und verschwindet hinter einem schwarz-goldenen Brokatvorhang mit ägyptischen Motiven. Ich setze mich an einen riesigen Tisch, der mit seiner schwarzlackierten Oberfläche und den Stahlrohrbeinen gut in die Villa passen würde.

Nach einigen Minuten kommt Herr Pötsch mit einem silbernen Tablett zurück, auf dem er zwei Espressotassen, ein Milchkännchen und eine Zuckerdose aus schlichtem weißem Porzellan balanciert.

Während ich den köstlichen Kaffee genieße, gebe ich etwa zwanzigtausend Euro aus. Theoretisch jedenfalls. Meine Auswahl steht nämlich fest.

»Sie werden sicher verstehen, dass ich nichts kaufen kann, ohne es mit meinen Auftraggebern abzusprechen. Feng-Shui ist schließlich keine Überraschungsshow.«

Seinem Schmunzeln entnehme ich, dass er diese TV-Sendungen, in denen ahnungslose Menschen von Freunden oder Verwandten mit Komplettrenovierungen überrascht werden, auch kennt. Ich fotografiere also die in Frage kommenden Stücke und kündige für übermorgen meine Entscheidung an.

Mit meiner Auftraggeberin bin ich zum Mittagessen in der Villa verabredet. Das Anwesen liegt im vornehmen Grunewald, Berlins Geldkiez. Da ich kein Auto habe – ja nicht mal einen Führerschein besitze –, leiste ich mir ein Taxi. Eigentlich sollte ich lieber sparen, denn in letzter Zeit läuft es mit den Aufträgen eher mies. Für die Schönen und Reichen scheint der Feng-Shui-Trend nämlich abgenutzt wie ein alter Besen. Und bekanntlich braucht es einen sehr heißen Trend-Besen, damit man bei den Reichen durchkehren darf. Es gab nochmal einen kurzfristigen Boom, als eines dieser Boulevardmagazine schrieb, Nicole Kidman würde einen eigenen Feng-Shui-Berater beschäftigen. Doch inzwischen zieht der Promi-Bonus auch nicht mehr. Durchaus möglich, dass ich mir bald einen neuen Job suchen muss. Wäre nicht das erste Mal.

In meiner Hippiezeit haben wir immer wieder nach kreativen Möglichkeiten gesucht, Geld zu verdienen.

Als Andy Warhol beispielsweise anfing, alles um sich herum mit einer Polaroidkamera zu fotografieren, griffen wir Frauen die Idee auf und knipsten uns gegenseitig beim Stillen unserer Babys. Oder beim Schlafen auf der großen Gemeinschaftsmatratze (ich meine den Schlaf, bei dem man sich in Morpheus Armen fallenlässt). Oder wir fotografierten unsere schönste Mitbewohnerin, die scharfe Tuti, mit nackten Brüsten am Kochtopf. Aus diesen Bildern gestalteten wir dann Collagen oder ließen Poster drucken und veranstalteten in einer Galerie ein Happening samt Ausstellung. Die Vergrößerungen von den Jungs auf dem Klo – inspiriert von Frank Zappa – wurden uns förmlich von den Wänden gerissen. Und einer von Tutis Bekannten, ein Werbefachmann, verkaufte das Ganze auch noch an eine große Münchener Boulevardzeitung. Die Aktion brachte immerhin ein paar Monatsmieten ein!

Für Frauen in meinem Alter herrschen derzeit aber eher trübe Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Würde ich heute aufs Arbeitsamt gehen, bekäme ich wahrscheinlich nur ein mitleidiges Lächeln und ein »Nicht vermittelbar« auf meine Akte gestempelt.

Frau Gehlen erwartet mich bereits ungeduldig. Mit ihrem Gemahl habe ich bisher nur telefoniert. Der Stimme nach zu urteilen, ist er aber nicht so jung wie seine Frau. Scheint eine dieser Ehen zu sein, in der der Mann das Geld nach Hause bringt, das die Frau dann ausgibt. Das stelle ich mir im Prinzip sehr amüsant vor. Allerdings kann ich da nicht wirklich mitreden, ich war noch nie verheiratet.

»Haben Sie etwas Passendes gefunden?«, fragt Frau Gehlen neugierig, als ich ihr auf dem Weg in die neurenovierte Küche von meinem Besuch bei Art déco erzähle. Zwischen Feldsalat und Pasta mit Trüffeln präsentiere ich ihr dann die Polaroids auf dem vom Schreiner nach Maß gefertigten Birkenholztisch.

»Wunderschön! Gefällt mir alles, ausnahmslos«, ruft sie begeistert beim Anblick der Fotos.

Das bestätigt mich in der Einschätzung, dass wir in Geschmacksfragen übereinstimmen. Die mintgrüne Küche im modernen Landhausstil hätte ich auch ausgesucht. Mein Job würde mir keinen Spaß machen, wenn ich endlose Diskussionen über Design, Blumen oder Streifen führen müsste. Obwohl ich da natürlich flexibel bin. Wer im Laura-Ashley-Stil wohnen möchte, der kriegt ihn auch. Nur bei den Feng-Shui-Regeln bleibe ich unnachgiebig. Ich würde nie einen Schreibtisch so positionieren, dass man mit dem Rücken zur Tür sitzt. Oder ein Bett in ein Durchgangszimmer stellen. Da rast das positive Chi dann durchs Zimmer wie ein Rennwagen auf der Teststrecke. Dass so ein zugiges Plätzchen die Ursache für unkonzentriertes Arbeiten oder unruhigen Schlaf ist, wollen diese Menschen oft nicht glauben. Ich empfehle ihnen dann, Katzen oder Hunde zu beobachten. Bei denen funktionieren die Instinkte noch. Kein Tier würde sich freiwillig an so einem Platz schlafen legen. Seltsamerweise suchen die Menschen...

Erscheint lt. Verlag 28.8.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Alt-Hippie • Berlin • Flowerpower • Heirat • Hippie • Kommune • Liebe • Liebe über 50 • Lilli Beck • München • Neuanfang • reich heiraten • Sarkasmus
ISBN-10 3-8412-1376-6 / 3841213766
ISBN-13 978-3-8412-1376-1 / 9783841213761
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