Scheidung nie - nur Mord! (eBook)
352 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-97670-1 (ISBN)
Gaby Hauptmann, 1957 in Trossingen geboren, lebt seit vielen Jahren in Allensbach am Bodensee, den sie in ihren zwei neuen Bestsellern endlich auch ihren Lesern vorstellt: »Hoffnung auf eine glückliche Zukunft« und »Traum von einem besseren Leben« erzählen die Familien-Saga um die Frauen des traditionsreichen Gasthofs »Hirschen«. Gaby Hauptmann arbeitete als Journalistin, bevor sie mit dem Schreiben begann. 1995 erschrieb sich mit ihrem ersten Bestseller »Suche impotenten Mann fürs Leben« ein Millionenpublikum und veröffentlichte seither zahlreiche weitere Erfolge, u.a. »Nur ein toter Mann ist ein guter Mann«, »Fünf-Sterne-Kerle inklusive« oder »Unsere allerbeste Zeit«. Ihre Bücher sind in viele Sprachen übersetzt und fürs Fernsehen verfilmt worden. Heute zählt Gaby Hauptmann zu den erfolgreichsten und beliebtesten Unterhaltungsautorinnen Deutschlands.
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Paperback (Nr. 38/2017) — Platz 13
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Paperback (Nr. 37/2017) — Platz 12
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Paperback (Nr. 36/2017) — Platz 13
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Paperback (Nr. 35/2017) — Platz 9
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Paperback (Nr. 33/2017) — Platz 8
Gaby Hauptmann, geboren 1957 in Trossingen, lebt als freie Journalistin und Autorin in Allensbach am Bodensee. Ihre Romane sind Bestseller, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach erfolgreich verfilmt. Neben ihren Romanen veröffentlichte sie außerdem Erzählungsbände, Kinder- und Jugendbücher. Nach "Ich liebe dich, aber nicht heute" erschien zuletzt ihr Bestseller "Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud".
Vielleicht spinne ich ja schon. Oder auch nicht. Wer weiß das schon? Der Baum, an dem ich gerade lehne? Der vielleicht am ehesten. Der kennt mich schon so lange, und er ist beständig. Vielleicht ist er das Beständigste, das mir in meinem Leben je begegnet ist.
Aber jetzt bin ich bald fünfzig. Fünfzig. Man stelle sich das vor.
Nein, ich stelle mir das vor.
Ich bin bald fünfzig.
Wie alt mag der Baum sein, an dem ich lehne, wie alt das Moos, über das ich streiche?
Es fühlt sich frisch an. Wie ein weicher, frischer Teppich, kurz geschoren, widerständig. Ich bücke mich und schaue es mir genauer an. Erstaunlich. So viele kleine Halme, und alle streben nach oben.
Das habe ich auch mal. Nach oben gestrebt.
Ich lehne mich wieder zurück.
Er tut gut, dieser Wald. Dieses grüne Dach über mir, das mich abschirmt, dieses Moos unter mir, das mich beschützt, diese Geräusche, das Knistern und Ächzen und Wachsen und Sterben der Bäume.
Bei diesem Gedanken höre ich auf.
Überhaupt würde ich gern zu denken aufhören, denn ich denke immer bloß: Was soll ich tun? Wohin führt mein Weg?
Ich lehne an meinem Baum, das tut mir gut. Der war hier, der ist hier und wird mich überleben, wenn die Forstwirtschaft ihn nicht killt.
Alles wird verändert, beseitigt, getötet.
Gibt es etwas, das nicht getötet wird?
Ich spüre, wie sich meine Hand ins Moos krallt. Nein. Ich werde es nicht herausreißen, nein, ich werde nicht zu den achtlosen Killern gehören. Trotzdem ist die Verlockung da, und ich spüre, wie ich gegen meinen Drang ankämpfen muss.
Steckt in jedem Menschen ein Killer? In jedem Individuum?
Tötet nicht jeder jeden, damit er selbst leben kann?
Tötet der Mensch aus Lust? Aus purer Lust?
Stefan. Ich hatte ihn verdrängt. Ich möchte nicht an ihn denken. Aber er drängt sich mir auf, wie er sich während unserer ganzen Ehe zwanzig Jahre über aufgedrängt hat.
Ich habe ihn geheiratet. Ich bin selbst schuld.
Nein, ich bin nicht schuld!
Ich stehe auf. An der rauen Rinde entlang schiebe ich mich nach oben. Ich spüre, wie sich mein Pullover hochschiebt und die Rinde an meiner Haut kratzt. Wahrscheinlich habe ich jetzt rote Striemen auf meinem Rücken. Auf meinem makellosen Rücken, denn bei uns muss ja immer alles makellos sein.
Unsere Ehe ist auch makellos, Stefans beruflicher Weg ist makellos, unsere Wohnung ist makellos … und überhaupt sind wir ein absolut makelloses Paar. Einfach perfekt. Eine perfekte Fassade. So beeindruckend und schön wie dieser Wald um mich herum.
Ich liebe diesen Wald, wie ich auch den leichten Schmerz auf meinem Rücken liebe. Ich spüre, dass ich noch lebe, dass ich in dieser makellosen Perfektion noch nicht untergegangen bin.
Stefan.
Wie wäre es, wenn er einfach nicht mehr da wäre?
Wenn sich diese Mensch gewordene Perfektion einfach auflösen würde, Buchstabe für Buchstabe? S T E F A N … einfach weg?
Jetzt stehe ich da, ganz an den Baum gepresst. Es fehlt mir so viel im Leben. Liebe. Zärtlichkeit. Zweisamkeit. Einigkeit.
Ich blicke hinauf. Es könnte einem schwindelig werden. Die Höhe des Baumes, die Krone, die sich ausbreitet und mit den anderen Bäumen verbindet, kaum dass man den Himmel sehen kann. Den blauen Himmel mit den weißen Wolken. Heute noch. Morgen soll es regnen, soll der Spätsommer in den Herbst übergehen. Aber interessiert es die Bäume, was die Meteorologen sagen?
Stefan wird es interessieren.
Morgen ist der Wies’n-Auftakt, da braucht er gutes Wetter.
Hinter mir raschelt es. Jimmy. Er ist kein Jagdhund, trotzdem dürfte ich ihn nicht so streunen lassen.
»Na, mein Süßer, wo kommst du denn her?«, frage ich ihn und denke im selben Atemzug: Was soll er schon antworten? Er ist ein Hund.
Aber er antwortet auf seine Art. Er setzt sich vor mich hin und schaut aufmerksam zu mir auf.
Ich gehe in die Hocke und lege ihm meine Hand in den Nacken.
»Weißt du«, sage ich, »Menschen sind komplizierte Wesen. Das musst du doch auch denken. Für alles brauchen wir irgendwas. So viele Töpfe für ein Abendessen, so viele Flaschen gegen den Durst, so viele Möbel, Betten und Kleider. Das ganze Leben ist voll von irgendwelchen Dingen. Und was brauchst du? Einen Wald, vier gesunde Beine und dein Fell. Dagegen sind wir Menschen arme Würstchen.«
Jimmy dreht sich, um meine Hand auf seine Schnauze umzulenken. Ich streichle ihn sachte mit zwei Fingern zwischen seinen Augen, und er senkt die Lider. Er hat lange Wimpern für einen Hund, denke ich. Und seine braunen Augen sind gelb gesprenkelt. Ist das eigentlich normal, oder ist Jimmy eine Reinkarnation?
Ein paar Minuten beschäftigt mich das wirklich. Jimmy ist vier Jahre alt. Manches an diesem Hund erinnert mich an meinen Vater, der vor vier Jahren gestorben ist. Absoluter Quatsch, denke ich, und trotzdem. Mein Vater war ein fröhlicher Mensch, aber manchmal auch ein sturer Eigenbrötler. So ist Jimmy auch. An manchen Tagen saust er jedem fliegenden Blatt hinterher und jagt die Eichhörnchen auf die Bäume, an anderen ist ihm eine Maus vor seiner Nase nicht mal einen Augenaufschlag wert. Er trottet dann gelangweilt hinter mir her, als würde er schwere Gedanken wälzen. Philosophische vielleicht, so etwa wie: Wo kommt der Mensch her, und wo geht er hin? Das waren zumindest Fragen, die meinen Vater oft beschäftigt haben. Bei Jimmy würde es dann wahrscheinlich heißen: Wo kommt der Hund her, und wo geht er hin? Oder allgemeiner: Wo kommt das Tier her … oder überhaupt: Wozu sind wir eigentlich auf der Welt?
»Wozu sind wir eigentlich auf der Welt?«, frage ich Jimmy. Er wedelt zaghaft, dann springt er auf, als hätte ich ein unglaubliches Stichwort gegeben, und hüpft ausgelassen um mich herum.
»Hab ich Fressi gesagt?«, frage ich, aber Jimmy läuft schon voraus und gibt keine Antwort.
»Mach langsam!«, rufe ich noch, aber weil der Hundetrainer gesagt hat, man müsse mit Hunden klar und deutlich sprechen und sie nicht durch zu viele und zu unterschiedliche Wörter verwirren, ähnlich wie bei Männern, füge ich ein lang gezogenes »Hiiiieeeeer!!« an, auf das Jimmy auch sofort hört. Er kehrt zu mir zurück, und gemeinsam nehmen wir den Weg aus dem Wald hinaus. Ich gehe meiner Welt entgegen, die ich so gern umkrempeln würde. Wenn ich nur wüsste, wie.
Stefan hebt den Arm. Ich spüre, wie ich unwillkürlich die Augen verdrehe. Reflexbewegung, eigentlich will ich das gar nicht, schon gar nicht in dieser Runde. Es kommt einfach so. Er hat es aber nicht gesehen. Meine Schwägerin schon. Sie blickt jedoch sofort in eine andere Richtung. Der Ober bemerkt Stefans erhobenen Arm zu spät, was ihm ein lautes »Herr Ober!!!« einträgt. Die Gäste am Tisch registrieren es mit Wohlwollen, bedeutet es doch eine neue Runde. Daran sind sie gewöhnt: Wenn Stefan dabei ist, ist alles perfekt – kein Champagner zu teuer, kein Wein zu edel, kein Dinner zu einfach, kein Mädchen zu spröde. Stefan ist der Garant für perfekte Feste.
Ich werfe einen schnellen Blick auf die Uhr. Neun Uhr vorbei. Das bedeutet noch etwa zwei Stunden Lächeln, Smalltalk und Magenschmerzen. Morgen früh wird er mir wieder einen Vortrag über meine Verschwendungssucht halten und meine Einkaufsbelege kontrollieren. Und ich werde mir, wie schon die letzten Ehejahre, jeden weiteren Kommentar verkneifen, ganz einfach, weil ich keine andere Wahl habe.
Gerade hebt er zu einer seiner Geschichten an. Das kann er gut, rhetorisch ist er ganz weit oben. Meistens haben seine Geschichten, ob wahr oder ausgedacht, Pointen, die lautes Gelächter auslösen. In Kombination mit strömendem Alkohol hat ihm diese Begabung einige nützliche Geschäftsverbindungen eingebracht.
Heute muss er sich anstrengen, gegen den Lärm kommt er stimmlich kaum an, aber trotzdem lachen alle. Wies’n-Auftakt in München, das lässt sich keiner zweimal sagen, und dann auch noch eine Einladung ins Käfer-Zelt. Und alle, die übers Jahr mit Stefan zu tun hatten, sind gekommen. Seine Geschäftsfreunde, seine Partner aus der Wirtschaft und Finanzwelt und vor allem die Leute, die für seine Zukunft nützlich sind. Noch lieber kämen seine männlichen Gäste natürlich ohne ihre Frauen, aber der Wies’n-Auftakt ist nicht der richtige Anlass dafür.
Ich betrachte meinen Mann. Ich wundere mich in letzter Zeit darüber, mit welchem Abstand ich das tun kann, so als wäre ich eine total Fremde. Zuweilen habe ich wirklich das Gefühl, als würde ich ihn überhaupt nicht kennen. Wer ist dieser Mensch, der vorgibt, mit mir das Leben zu teilen?
Welches Leben eigentlich, denke ich und sehe mich um. Stefan hat im Käfer-Zelt eine große Box gemietet und dirigiert am Kopfende des langen Tisches die Musiker, die gut zu hören, aber nicht zu sehen sind. Der Fotograf, den Stefan bestochen hat, kommt um die Ecke. Das ist wichtig. Je mehr Blitzlichtgewitter, umso wichtiger sind die Gäste. Es erstaunt mich jedes Mal aufs Neue, was so ein harmloser Fotograf bewirkt. Sofort straffen sich die Körper und recken sich die Köpfe. Die Frauen kontrollieren mit einem schnellen Blick ihre Dirndl-Dekolletés und greifen noch mal nach dem Lippenstift, bevor sich ihr Blick mit einem offenen Lächeln dem Fotografen zuwendet. Die Männer zupfen ihre Westen oder Janker zurecht und ziehen die Bäuche ein. Stefan lächelt. Es ist sein triumphales Lächeln, ein typisches Stefan-Lächeln: Alles läuft, er hat alles im Griff. Vor allem hat er seine Gäste im Griff, sein Plan geht auf.
Er wirft mir einen Blick zu. Das ist jetzt mein Part. Dafür war ich heute schon beim Friseur und habe das teure Designerdirndl an. Ich lächle, stehe auf und trete...
Erscheint lt. Verlag | 1.8.2017 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Betrug • Buch • Bücher • bücher für frauen • Ehe • Eifersucht • Frauenpower • Frauenroman • Frech • Humor • Lebenslügen • lustig • Mord • Pleite • Powerfrauen • Rache • Roman für Frauen • Sommerlektüre • Starke Frauen • Taschenbuch • Untreue • Urlaubslektüre |
ISBN-10 | 3-492-97670-0 / 3492976700 |
ISBN-13 | 978-3-492-97670-1 / 9783492976701 |
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