Samuel Koch - Zwei Leben -  Samuel Koch

Samuel Koch - Zwei Leben (eBook)

Mit einem Vorwort von Thomas Gottschalk

(Autor)

eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
208 Seiten
adeo (Verlag)
978-3-86334-704-8 (ISBN)
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Samuel Koch sitzt im Rollstuhl. Er ist vom Hals abwärts gelähmt. Er kann noch nicht mal allein essen. Aber er kann denken und fühlen. Und er kann hoffen. Hier erzählt er von seinem Leben vor dem Sprung: wie er zu 'Wetten dass ..?' kommt. Davon, wie der Unfall geschieht. Das ist der Augenblick, in dem sein zweites Leben beginnt: Schock, Verzweiflung, Schmerz und Wut. Doch er trifft die Entscheidung, nicht aufzugeben. Und an dem Glauben festzuhalten, der ihn trägt. Radikal ehrliche Schilderungen eines jungen Mannes, der nichts mehr zu verlieren hat, sondern nur noch gewinnen kann. Und eine Einladung, die Kostbarkeit des Lebens neu zu schätzen. Mit einem Vorwort von Thomas Gottschalk und einem Nachwort von Michelle Hunziker.

Jahrgang 1987. Schon früh galt seine Begeisterung dem Sport. Bereits mit 6 Jahren begann er als Kunstturner und turnte 17 Jahre lang bei unzähligen Wettkämpfen in der deutschen (2.) wie französischen Liga. Er studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Seit einem Unfall 2010 ist er Tetraplegiker, beendete aber dennoch sein Studium mit Diplomabschluss im Juli 2014. Sein erstes Buch 'Zwei Leben' avancierte zum 'Spiegel'-Bestseller und erhielt den Medienpreis 'Goldener Kompass'. Aktuell unterstützt er die Deutsche Stiftung Querschnittlähmung (DSQ) sowie die internationale Rückenmarksforschung 'wings for life', aber auch regionale Projekte als Schirmherr. Zusätzlich hält er immer wieder Lesungen und Vorträge an Ärzte- und Pflegekongressen, Schulen oder anderen Einrichtungen.

Jahrgang 1987. Schon früh galt seine Begeisterung dem Sport. Bereits mit 6 Jahren begann er als Kunstturner und turnte 17 Jahre lang bei unzähligen Wettkämpfen in der deutschen (2.) wie französischen Liga. Er studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Seit einem Unfall 2010 ist er Tetraplegiker, beendete aber dennoch sein Studium mit Diplomabschluss im Juli 2014. Sein erstes Buch "Zwei Leben" avancierte zum "Spiegel"-Bestseller und erhielt den Medienpreis "Goldener Kompass". Aktuell unterstützt er die Deutsche Stiftung Querschnittlähmung (DSQ) sowie die internationale Rückenmarksforschung "wings for life", aber auch regionale Projekte als Schirmherr. Zusätzlich hält er immer wieder Lesungen und Vorträge an Ärzte- und Pflegekongressen, Schulen oder anderen Einrichtungen.

1. Der Moment, der alles ändert


Samstag, 4. Dezember 2010


Da stehe ich nun im gleißenden Scheinwerferlicht, eingerahmt von Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker. Über zehn Millionen Fernsehzuschauer können mich sehen, und hier in der Düsseldorfer Messehalle sind es 4.300 Augenpaare, die auf mich fixiert sind. Es ist die 191. „Wetten, dass..?“-Sendung.

Michelle stützt mich, und um ruhig zu stehen, brauche ich diese Unterstützung heute Abend durchaus. Der Grund dafür: Ich bin unförmig ausgerüstet – 42 Zentimeter größer und 9,5 Kilo schwerer als sonst. Mein Bodenkontakt begrenzt sich auf zwei etwa ein-Euro-Münzen-große Flächen. An meinen Füßen trage ich zwei sogenannte „Poweriser“, eine Art Sprungstelzen. Das ist ein Sportgerät, das es mir ermöglicht, um ein Vielfaches höher und weiter zu springen als normal. Die Kräfte, die durch diese Beinverlängerungen entstehen, sollte ein Mensch, der sie trägt, aber beherrschen. Das kann nur einer, der seinen Körper bis in den letzten Muskel kennt. Eine Eigenschaft, die ein Turner hat. Ich bin so einer.

Mit diesen Geräten an den Füßen will ich heute Abend vor den Augen von Millionen Zuschauern eine Wette gewinnen, wie sie in 30 Jahren „Wetten, dass..?“ noch nie auf die Bühne gebracht wurde: In vier Minuten mithilfe der Stelzen fünf unterschiedliche Autos mit einem Salto überspringen – angefangen vom Smart bis zum Geländewagen. Und nicht einfach Autos, die in der Gegend herumstehen, sondern Autos, die auf mich zufahren.

Es wird der Abend, der mein Leben radikal verändert. Aber ganz anders, als ich das am Tag zuvor noch dachte.

Es geht los


Die Veranstaltung startet, wie immer bei einer Live-Sendung, schon vor der Ausstrahlung, die erst um 20:15 Uhr beginnt, mit einer Aufwärmrunde im Saal. Thomas Gottschalk heißt die Besucher in der Messehalle willkommen, plaudert mit Gästen, begrüßt die Prominenten mit Handschlag und stimmt die Menschen im Saal auf die Wetten des heutigen Abends ein. Auch auf die Wette Nummer 881. Das ist meine. Die Stimmung steigt. Die Erwartung dessen, was kommt, auch.

Es ist kurz nach halb acht. Während Thomas Gottschalk draußen vor der Bühne als Aufwärmer die „Rampensau“ gibt, gehe ich mit meinem Team hinter den Kulissen zum letzten Mal den Ablauf unserer Wette durch. Denn das, was wir hier tun werden, ist das Ergebnis von fünf Monaten peinlich genauer Vorbereitung. Von endlosem Training. Von über 500 solcher Sprünge, die ich vorab zur Probe absolviert habe. Von raffiniertem Timing und minutiöser Planung. Jeder Schritt, jedes Kommando, jedes Tempo muss auf den Bruchteil einer Sekunde klappen.

Die Rechnung lautet ganz einfach: Unsere Aktionsfläche ist 62 Meter lang. Ich renne mit meinen Beinverlängerungen auf ein fahrendes Auto zu und überspringe dieses mit einem Salto. Dabei erreiche ich in der Luft eine Geschwindigkeit von mindestens 25 Stundenkilometern. Das Auto ist mit 22 Kilometern in der Stunde unterwegs. Sollten wir zusammenprallen, würde das mit einer Geschwindigkeit von 47 Stundenkilometern geschehen. Keine gute Idee. Denn das hält kein Knochen aus. Wer keinen Respekt vor solchen Kräften hat, sollte die Finger davon lassen. Ich habe Respekt.

Und ich habe diesen Sprung so oft gemacht, dass ich ihn fast im Schlaf beherrsche: Die Phasen laufen automatisch in meinem Kopf ab: Konzentrieren, Stoßgebet, Zeichen geben, Gewicht auf rechten Fuß verlagern, warten, bis das Auto die Markierung überfahren hat, fünf Schritte, einspringen, abspringen, Salto, hinter dem Wagen aufkommen, abfedern, auslaufen. Freuen.

So einfach, wie sich das hier anhört, ist unsere Wette allerdings nicht. Nur ein Beispiel: Vier Freunde und mein Vater bilden das Team der Fahrer. Sie haben für meine Begriffe einen schweren Job – sie müssen nämlich auf einen Menschen zuhalten, der ihrem fahrenden Auto entgegenläuft. Gar nicht so einfach, da nicht zu bremsen. Aber der Bremsreflex ist das Allerletzte, was ich gebrauchen kann. Ich habe keine Lust, mit meinen Stelzen auf dem Dach eines Mini aufzusetzen oder auf dem Kofferraumdeckel eines Audi zu landen statt auf dem Boden dahinter.

Allein diese Unwägbarkeit haben wir in Dutzenden von Trainingsgängen nach und nach ausgeschaltet. Mittlerweile sind uns die Abläufe der Wette dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich mir zwischendurch Gedanken darüber mache, ob unsere Vorführung überhaupt noch jemanden vom Hocker reißt.

Das führte im Laufe der Trainingsmonate sogar zu der Überlegung: „Wie wäre es, wenn wir die ganze Nummer noch einen Zacken spannender machen, indem ich mit verbundenen Augen springe?“ Klingt erst einmal richtig verrückt – aber es geht. Denn die Abläufe basieren ja vor allem auf dem richtigen Timing, also dem Abzählen und dem exakt passenden Absprung.

Doch als wir die Möglichkeit diskutierten, die Wette mit verbundenen Augen durchzuführen, kamen das ZDF-Team und wir zu der Erkenntnis: Der Sprung allein sollte ausreichen. Da braucht man nicht noch extra einen draufzusetzen. Das kam auch meinen eigenen Empfindungen entgegen.

Die Spannung steigt


Mittlerweile ist es 19:56 Uhr. Ich hüpfe, springe, mache ein paar kleine Saltos und Dehnübungen, um meine Muskulatur warmzuhalten. Mit dem Team von „Wetten, dass..?“ haben wir aus diesem Grund abgemacht, dass meine Wette als Erste drankommt. Wenn die Sendung erst einmal läuft, ist es schwierig, einen Zeitplan genau einzuhalten. Zudem ist der Aufbau mit der über 60 Meter langen Fahrbahn für die Bühnenbildner nicht ganz ohne. Sie müssen ja für jede neue Wette komplett umbauen. Und da unsere Wette an diesem Abend diejenige ist, die im Saal den meisten Raum braucht, soll sie am Anfang stehen.

Noch wissen wir alle nicht, dass es heute Abend keine zweite Wette mehr geben wird.

Eigentlich hätte das ZDF meinen Auftritt lieber weiter nach hinten geschoben. Denn alle aus dem Team betrachten unsere als die Spitzenwette der Sendung. Manche sagen mir, dass sie eine so athletische und dramatische Wette in den fast drei Jahrzehnten des Formates noch nicht gesehen haben.

Am Tag zuvor hatte ein ZDF-Team die Vorbereitungen zur Sendung und auch die letzten Proben für meinen Auftritt gefilmt. Mir geht wieder das Bild durch den Kopf, wie ich einen Probesprung abbrach und auf dem Boden abrollte. Michelle Hunziker, die währenddessen neben der Bahn stand, schlug die Hände vor den Mund. In die Kamera des Teams sagte sie anschließend: „Das wird eine Hammerwette! Thomas und ich, als wir das gesehen haben, können nur sagen: Es ist unglaublich, was dieser Junge leistet! Das müsst ihr sehen!“

20:15 Uhr. Die Eurovisions-Fanfare ertönt. Im Saal brandet Applaus auf, als Thomas Gottschalk heraustritt und die Sendung eröffnet. Hinter den Kulissen schlüpfe ich in eine Jacke. Meine Beine wickele ich in Decken ein. Ich muss warm bleiben, darf die Muskulatur nicht auskühlen lassen, bis ich mit meiner Wette dran bin.

Als erste Gäste sitzen heute Abend Otto Waalkes und „Germany’s next Topmodel“ Sara Nuru auf der „Wetten, dass..?“-Couch. Nach dem Begrüßungsgespräch moderiert Michelle die Wetten an: „Wir haben heute unglaublich junge Kandidaten – und diese erste Wette ist wirklich gefährlich!“, leitet sie meinen Auftritt ein. Und zu den Wettpaten gewandt, fügt sie hinzu: „Also, bereitet euch vor, es ist unglaublich spannend!“

Die Wettbedingungen lauten: Samuel Koch wettet, dass er mit seinen „Powerisern“ in vier Minuten über fünf fahrende Autos springen kann.

Thomas Gottschalk ist die Anspannung schon jetzt deutlich anzumerken. Er fügt zu den Wettbedingungen an: „Ihr werdet sehen, die Zeit wird euch gleich völlig wurscht sein. Es ist mir egal, in welcher Zeit er springt. Ich hoffe nur, dass er drüberkommt!“ Und fast prophetisch sagt er dann noch: „Ich habe vieles gesehen in meiner beruflichen Laufbahn – so gefürchtet habe ich mich noch nie, dass dem jungen Mann was passiert, und ich kann nur sagen: Ich hoffe, alles geht gut!“

20:32 Uhr. Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker bitten mich auf die Bühne. Im Publikum meine Mama, meine Schwester Rebecca und mein Bruder Jonathan. Freunde, Kommilitonen, ein ganzer Fanclub begleitet mich. Sie winken mit Pompons, jubeln, klatschen, halten Schilder hoch mit Sprüchen wie „Samuel, du schaffst das!“. Zwei, drei Fragen vom Moderator, ein Hinweis von Michelle, was ich sonst so mache: „Er ist ein Kunstturner, studiert Musik, Theater, Medien, will Schauspieler werden, und er leitet auch noch einen Kindergottesdienst – also, das ist der Sohn, den jede Mutter möchte!“

Das stimmt nur teilweise, doch ich höre nur mit halbem Ohr zu. Ich bin konzentriert auf das, was vor mir liegt. Das ist immer so bei meinen Auftritten – sei es beim Turnen, sei es bei Show-Auftritten, die ich zusammen mit Kollegen absolviert habe. Deshalb habe ich auch die Moderatoren im Vorgespräch gebeten, mich vor der Wette nicht allzu intensiv zu interviewen. Lieber sollen sie nachher mit mir sprechen, wenn alles vorbei ist.

„Was sagt denn Mutti, was sagt denn Vati dazu, wenn du hier mit solchen Sachen auftrittst?“, will Thomas Gottschalk noch wissen. Ich bin ein wenig verdattert, mit meinen Gedanken schon ganz woanders, und antworte: „Weiß ich grad gar nicht – müsste ich fragen. Papa ist ja hier auch dabei, und Mama sitzt da hinten, die müssen wir nachher mal fragen!“

Im Gesicht meiner Mutter spiegeln sich in diesem Augenblick Spannung und Sorge zugleich.

„Ich werde Ihnen jetzt noch einmal sagen, dass Sie wahrscheinlich im richtigen Moment die...

Erscheint lt. Verlag 15.6.2012
Verlagsort Asslar
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Behinderung • Biographie • Glaube • Glaubensfragen • Gott • Mut • Rollstuhl • Samuel Koch • Schicksalsschlag • Theologie • Wetten dass?
ISBN-10 3-86334-704-8 / 3863347048
ISBN-13 978-3-86334-704-8 / 9783863347048
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