Das Ritual (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
543 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1359-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Ritual - Eliot Pattison
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Magisch und packend.

Der Schotte Duncan ist von den Engländern wegen Hochverrats zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden. Doch statt ihn ins Zuchthaus zu werfen, soll er zur Strafe in den neuen Kolonien arbeiten. Schon die Überfahrt ist voller Rätsel und Gefahren. Zwei Morde geschehen, rituelle Zeichen tauchen auf, die indianische Spuren aufweisen, und immer wieder ist von Stony Run die Rede, einem Ort, wo es einen geheimnisvollen Kampf gegen die Indianer gegeben haben soll. Man verlangt von ihm, den Mörder zu finden - oder sein bester Freund findet sich am Galgen wieder ...

Mit seiner Serie um den Ermittler Shan hat Eliot Pattison ein Millionenpublikum begeistert - nur schreibt er über die Besiedlung Amerikas und den Aufbruch in eine die wunderbare neue Welt. 

'Ein Roman mit vielen Höhepunkten und überraschenden Wendungen.' NDR.



Eliot Pattison ist Journalist und Rechtsanwalt. Er ist oft nach Tibet gereist und lebt mit seiner Familie in Oley, Pennsylvannia.

Um den Ermittler Shan liegen im Aufbau Taschenbuch vor: 'Der fremde Tibeter' (ausgezeichnet mit dem Edgar Allan Poe Award), 'Das Auge von Tibet', 'Das tibetische Orakel', 'Der verlorene Sohn von Tibet', 'Der Berg der toten Tibeter', 'Der tibetische Verräter', 'Der tibetische Agent', 'Tibetisches Feuer', 'Die Frau mit den grünen Augen' und 'Die vier Toten von Tibet'.

Außerdem liegen dort seine Roman über den Highlander Duncan 'Die Asche der Erde' und 'Das Ritual' vor. 

Mehr zum Autor unter www.eliotpattison.com

Kapitel Eins


September 1759, Nordatlantik

Hoffnung war die tödlichste Sache der Welt – davon war Duncan McCallum nach zwei Monaten auf einem englischen Sträflingsschiff fest überzeugt. Seine Leidensgefährten fielen weder dem Skorbut noch irgendeiner der anderen Schiffskrankheiten zum Opfer, auf die er dank seiner medizinischen Kenntnisse beständig achtgab. Nein, die Hoffnung streckte sie nieder, denn Hoffnung barg die Saat der Verzweiflung, und diejenigen, die einst voller Zuversicht an Bord gekommen waren, verloren auf dem dunklen, nasskalten Gefangenendeck mittlerweile sämtlichen Lebensmut.

»Platz da!«, hörte Duncan einen Mann aus der Nähe des Bugs rufen, gefolgt von Schritten, die in seine Richtung eilten. Er schreckte aus seinem Versteck zwischen zwei Fässern hoch und sprang in die Wanten. Duncan hatte inständig gehofft, diesmal keine Aufmerksamkeit zu erregen, hatte sich sogar eingeredet, er könne im Nebel unbemerkt in den Laderaum zurückkehren. Falls ihm nun aber doch eine erneute Züchtigung bevorstand, würde er sich bei Gott nicht einfach fügen, sondern seinen Wärtern einige Mühe abverlangen und sich selbst etwas Zeit zur Lösung des quälenden Rätsels verschaffen, dessentwegen er sich aus der morgendlichen Warteschlange vor der Essenausgabe fortgestohlen hatte. Sofern es überhaupt ein Gegengift gegen seine eigene Verzweiflung gab, wusste Duncan, wo es zu finden war.

Während er emporstieg, sah er wieder einmal die Gesichter der Toten an sich vorüberziehen. Ian, der stattliche junge Drucker, der nur wenige Stunden vor seiner Hochzeit verhaftet worden war und bei Antritt der Reise Liebeslieder gesungen hatte. An seinem letzten Tag war ein westwärts fahrendes Postschiff längsseits gegangen und hatte einige Briefsendungen übergeben, darunter ein Schreiben seiner Verlobten, in dem sie ihm das Ende ihrer Verbindung mitteilte, weil ihre Eltern ihr keinen Umgang mit einem Verbrecher gestatteten. Ian hatte den Brief stundenlang angestarrt. An jenem Abend war er dann zum Bug geschlichen, hatte sich hingelegt und seine Kehle mit dem Sand gefüllt, der dort in einem Eimer stand. Und Stewart Ross, der Steinmetz und Ingenieur, der sich mitten in der Nacht mit den Zähnen eine Pulsader geöffnet hatte, nachdem er erfahren musste, dass sein einziger Sohn im Krieg gegen Frankreich gefallen war. Doch es war das Antlitz von Adam Munroe, Duncans einzigem echten Freund unter den Häftlingen, das stets vor seinem inneren Auge verweilte. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie Adam lachend einen Rüsselkäfer angefeuert und mit Holzknöpfen auf dessen Rennsieg gewettet hatte. Am folgenden Tag jedoch hatte er auf einmal verdrießlich gewirkt, als habe etwas oder jemand ihn grundlegend verwandelt. Im Laufe der nächsten vierundzwanzig Stunden hatte Duncan dann hilflos mit angesehen, wie Adams Gesicht einzusinken schien und wie das Leben so unaufhaltsam aus seinen Augen wich, als würde ihn nicht nur die innere Stärke verlassen, sondern tatsächlich Blut aus seinen Adern rinnen.

Hätte er Zeit, Papier und Tinte gehabt, hätte Duncan eine Abhandlung über das todbringende Gift der Verzweiflung verfassen und die unterschiedlichen Auswirkungen auf die einzelnen Gefangenen schildern können. Das letzte Kapitel wäre eine Beschreibung seiner selbst gewesen, denn die eigenen Symptome waren ihm beileibe nicht entgangen, wenngleich er sie aus seltsamer Distanz zur Kenntnis nahm. Er hatte den hohlen Blick seines Spiegelbilds im Wasserfass gesehen, hatte die zitternden Hände bemerkt, die Appetitlosigkeit, die plötzliche Besessenheit, mit der er an seine Kindheit in Schottland zurückdachte, die einzige unbeschwerte Zeit seines vierundzwanzigjährigen Lebens. Zu Anfang der Reise in die Neue Welt hatte Duncan sich noch mit der vagen Aussicht auf einen Neubeginn getröstet, doch die ernüchternde Realität des Sträflingsdaseins hatte ihn auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, und nun bestand sein letzter verbliebener Antrieb darin, unbedingt den schrecklichen Tod seines Freundes ergründen zu wollen.

Er stieg hinauf, ohne nach unten zu blicken. Seine Hände und Füße erklommen die Seilsprossen ganz von selbst, wie früher so oft auf den Hebridenbooten seiner Jugend. Er schwang sich von einer Rah zur nächsten. Die Gischt der windumtosten Wogen durchnässte sein schäbiges Hemd und brannte in den offenen Striemen, die er dem letzten Mal verdankte, als die Aufseher ihn an den Mast gebunden und ausgepeitscht hatten. Er nahm Spiere für Spiere denselben Weg wie zwei Tage zuvor Adam, derweil Duncan gewaltsam von den Wärtern zurückgehalten worden war und hilflos hatte zusehen müssen. Adam war auf den Ausguck am Großmast gestiegen, hatte dort etwas ins Holz geritzt und dann spöttisch vor den Offizieren und anderen Seeleuten salutiert, die in der Nähe des Bugs versammelt standen.

Während Duncan nun nach oben eilte, hörte er den Steuermann besorgt etwas rufen. Zweifellos befürchtete der Mann, einer seiner Kameraden könne abstürzen, denn der große Rahsegler stampfte durch schwere See, acht Wochen nach der Abfahrt aus Glasgow, mitten auf dem offenen Ozean. Nebelfetzen wirbelten um die Masten, und Duncan kletterte hektisch immer weiter hinauf. Er wusste, die rachsüchtigen Verfolger würden keinesfalls aufgeben. Ein Verstoß gegen die Haftbestimmungen käme einer tätlichen Schmähung des Königs gleich, hatte der Kapitän verkündet und demjenigen zweieinhalb Shilling versprochen, der Duncan beim nächsten Vergehen als Erster ergreifen würde. Duncan war bereits dreimal entwischt und hatte die Freiheit von Wind und Meer zuletzt eine geschlagene halbe Stunde genossen, bevor er vorn am Bugspriet entdeckt worden war. Mittlerweile war aus ihm der bevorzugte Prügelknabe geworden, das Lieblingsopfer eines jeden Schlägers unter den Matrosen. Der Kapitän hatte gelobt, beim nächsten Vorfall würde Duncan vierzig Peitschenhiebe erhalten und die ganze Nacht an den Mast gefesselt bleiben, damit sein wundes Fleisch der salzigen Gischt ausgesetzt wurde.

Er stieg mit grimmiger Entschlossenheit weiter, schwang sich vom Fockmast herüber und erreichte endlich den Ausguck, die Plattform hoch über Deck, wo Adam eine Weile ausgeharrt und das Holz bearbeitet hatte. Als Duncan die mit einem Nagel eingeritzten Linien sah, war er im ersten Moment zuversichtlich, verlor aber gleich wieder allen Mut. Er hatte auf ein paar erhellende Sätze gehofft, auf eine Erklärung dessen, was seinen Freund so unvermittelt zugrunde gerichtet hatte, oder wenigstens auf geheime Anweisungen zur Entschlüsselung der kryptischen Hinterlassenschaft Adams. Doch sein Freund hatte hier keine Worte eingekerbt, sondern nur zwei primitive Zeichnungen: Eine stellte eine plumpe Kreatur mit rundem Schwanz und ausgebreiteten Schwingen dar, die andere zwei geschwungene Linien, die an beiden Enden zusammenliefen, wie der Umriss des Buchstabens S. Die letzte bedeutungslose Geste eines Mannes, dessen Existenz im Namen des Königs bis auf den letzten Tropfen ausgepresst worden war.

Sobald Adam die Arbeit am Mast beendet hatte, war er an einem Seil zur Backbordreling hinuntergeglitten und auf ihr entlanggerannt, während die Wärter immer näher kamen. Duncan hatte das leere Grinsen seines Freundes bemerkt, sich losgerissen und zu ihm eilen wollen. Im selben Moment hatte Adam einem der Aufseher eine eiserne Fessel von der Schulter gezogen, sie sich um den Hals gelegt und war zum Heck gelaufen. Am Ende der Reling war er einfach weitergerannt und hatte die Kette fest an sich gedrückt. Duncan war einen Augenblick später dort eingetroffen und hatte begriffen, dass sein Freund nicht aufzutauchen gedachte, sondern mit ausgebreiteten Armen in die Tiefe vorstieß. Das Letzte, was Duncan von ihm sah, war eine bleiche nackte Fußsohle, die mit kraftvollem Schwimmstoß in der Finsternis verschwand.

Nun holte Duncan einen dunklen Gegenstand aus der Tasche, eine kleine schwarze Steinfigur von etwa zehn Zentimetern Länge. Als sie an jenem verhängnisvollen Morgen zum Essenempfang an Deck gestiegen waren, hatte Adam mit festem Griff Duncans Schulter gepackt, ihm etwas ins Ohr geflüstert und dann sogleich die Takelage erklommen. Zunächst war Duncan sich gar nicht bewusst gewesen, dass Adam ihm diesen Stein in die Hand gedrückt und seine Finger darum geschlossen hatte, als wolle er den Gegenstand verbergen. Erst mehrere qualvolle Minuten später, nachdem Adam im Meer versunken war, hatte Duncan sich an die Figur und an Adams letzte Worte erinnert.

»Es tut mir leid«, hatte sein Freund ihm zugeraunt. »Sie will nichts mehr mit mir zu tun haben«, hatte er gesagt, als wäre die Figur lebendig. »Ich habe sie enttäuscht. Du bist es, den sie jetzt braucht.«

In den wenigen ungestörten Momenten, die ihm seitdem geblieben waren, hatte Duncan dieses beunruhigende schwarze Ding genau in Augenschein genommen und erwartet, es würde ihm irgendeine Art von Erklärung liefern. Doch es handelte sich lediglich um einen Stein, aus dem jemand ein klobiges, hässliches Geschöpf mit fettem Hintern gemeißelt hatte. Der breite Kopf hing zwischen zwei dicken Vorderbeinen, als würde die Kreatur sich verneigen. In einem Loch auf der Unterseite steckte ein kleiner Zettel. Ich war mutlos, denn nur ein Geisterseher kann verstehen, was getan werden muss, stand dort. Aber nun sehe ich, dass du einer wirst. Lass dich von der Alten an ihr Ziel führen. Auf der Rückseite standen drei weitere hastig hingekritzelte Zeilen. Duncan, ich wollte mich auf keinen Fall mit dir anfreunden, aber ich hätte nie gedacht, dass wir uns so ähnlich sind. Ich erwarte nicht, dass du verzeihst, was ich dir und deinem Clan angetan habe, aber ich bete,...

Erscheint lt. Verlag 24.3.2017
Übersetzer Thomas Haufschild
Sprache deutsch
Original-Titel Bone Rattler
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 18. Jahrhundert • Amerika • Besiedlung • Ermittlungen • Erpressung • Historischer Kriminalroman • Historischer Roman • Indianer • Kolonie • Krimi • Mord • Mörder • Mystery • Neue Welt • Rätsel • Ritual • Roman • Schiff • Schottland • Überfahrt
ISBN-10 3-8412-1359-6 / 3841213596
ISBN-13 978-3-8412-1359-4 / 9783841213594
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Thrille

von James Kestrel

eBook Download (2023)
Suhrkamp (Verlag)
13,99
Ein Provence-Krimi mit Capitaine Roger Blanc

von Cay Rademacher

eBook Download (2023)
DuMont Buchverlag
9,99