Die Liebe sucht ein Zimmer (eBook)
52 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-00097-1 (ISBN)
David Safier, 1966 geboren, zählt zu den erfolgreichsten Autoren der letzten Jahre. Seine Romane, darunter «Mieses Karma», «Jesus liebt mich», «Happy Family» und «MUH!» erreichten Millionenauflagen im In- und Ausland. Der erste Band seiner Krimireihe rund um die Ex-Kanzlerin gehört zu den bestverkauften Büchern des Jahres 2021. Als Drehbuchautor wurde David Safier unter anderem mit dem Grimme-Preis sowie dem International Emmy ausgezeichnet. Er lebt und arbeitet in Bremen, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
David Safier, 1966 geboren, zählt zu den erfolgreichsten Autoren der letzten Jahre. Seine Romane, darunter «Mieses Karma», «Jesus liebt mich», «Happy Family» und «MUH!» erreichten Millionenauflagen im In- und Ausland. Der erste Band seiner Krimireihe rund um die Ex-Kanzlerin gehört zu den bestverkauften Büchern des Jahres 2021. Als Drehbuchautor wurde David Safier unter anderem mit dem Grimme-Preis sowie dem International Emmy ausgezeichnet. Er lebt und arbeitet in Bremen, ist verheiratet und hat zwei Kinder. David Safier, 1966 geboren, zählt zu den erfolgreichsten Autoren der letzten Jahre. Seine Romane, darunter «Mieses Karma», «Jesus liebt mich», «Happy Family» und «MUH!» erreichten Millionenauflagen im In- und Ausland. Der erste Band seiner Krimireihe rund um die Ex-Kanzlerin gehört zu den bestverkauften Büchern des Jahres 2021. Als Drehbuchautor wurde David Safier unter anderem mit dem Grimme-Preis sowie dem International Emmy ausgezeichnet. Er lebt und arbeitet in Bremen, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Erster Akt
… wir sehen ein bescheidenes Zimmer zur Untermiete, in der Mitte des Raumes befindet sich die Eingangstür. Möbliert ist es mit einem kleinen kaputten Sofa, einem Bett und einem kleinen Schrank.
Außerdem gibt es einen großen und einen kleinen Tisch sowie einige Stühle und einen kleinen Ofen. Zudem noch eine Büste aus Gips auf einem Sockel. Zwei Koffer, eine Kiste und ein Geigenkasten stehen auf dem Boden – ja, hier wird gerade eingezogen.
EDMUND, ein wahrlich charmanter Kerl, hält ein großes Porträt von einer alten, recht hässlichen Frau in der Hand.
Ada geht zu ihm und verwandelt sich bei dem Gang von der fröhlichen, schwungvollen Schauspielerin Ada Polomska in die etwas spröde ADA.
ADA
Mundi, du hängst Oma ja falsch rum auf!
EDMUND
So sieht sie doch auch gleich viel besser aus.
ADA
Komm, gib mir den Hammer!
Sie nimmt ihn aus seiner Hand, hebt einen Nagel vom Boden auf und beginnt, den in die Wand zu hämmern.
EDMUND
Ada, wir können deine Oma auch neben die Büste von Chopin auf den Boden stellen.
Die alte Dame wird sich freuen, wenn sie endlich mal Gesellschaft hat.
ADA
Das ist nicht Chopin, das ist Julius Cäsar.
Die Tür geht auf. Die resolute WIRTIN kommt herein.
WIRTIN
Sie schlagen Nägel in die Wand?
EDMUND
Besser als ins Fensterglas, werte Wirtin.
WIRTIN
Das Hämmern ist verboten, weil sonst die Wände zerbröckeln.
Ada legt Hammer und Nagel beiseite. Im Folgenden packt Edmund chaotisch Sachen aus, und Ada räumt sie, kaum lässt er sie irgendwo liegen, woanders ein.
EDMUND
Dann stellen wir deine Oma doch neben Chopin.
ADA
Cäsar.
WIRTIN
Das ist Napoleon. Der ist noch von meinem Mann! Gott hab ihn selig. Und überhaupt, nebenan wohnt der liebe Herr Finkelstein. Er arbeitet den ganzen Tag und braucht deswegen Ruhe und Frieden. Ich will so einen guten Mieter nicht verlieren, nur weil Sie hier so einen Lärm veranstalten.
ADA
Und was mach ich dann mit Oma?
EDMUND
Wir stellen sie hinter das Bett, Ada. Da sieht sie auch gleich viel besser aus.
Er stellt das Bild hinter dem Bett ab, die Großmutter ist nicht mehr zu sehen.
EDMUND
Siehst du? Sie macht sich richtig gut so!
Und wenn mal Gäste kommen, benutzen wir sie als Tablett.
Ada blickt ihn wütend an.
WIRTIN
Keine Besucher!
EDMUND
Wie bitte, was?
WIRTIN
Keine Besucher!
EDMUND
Ich verstehe immer nur «keine Besucher».
WIRTIN
Das liegt wohl daran, dass ich es auch gesagt habe.
EDMUND
Ja, das könnte ein Grund dafür sein.
ADA
Aber warum haben Sie es gesagt?
WIRTIN
Weil ich mir niemanden leisten kann, der das Vorzimmer bewacht. Kaum treiben sich hier Leute herum, verschwindet etwas.
ADA
Aber ich bitte Sie! Wir sind frisch verheiratet, da wollen unsere Freunde uns doch gratulieren. Und das sind alles Menschen, für die wir uns verbürgen.
WIRTIN
Man kann niemandem im Ghetto vertrauen. Und überhaupt, da kommt einer und hängt seinen Mantel im Flur auf, und wer weiß, ob der nicht durch den Basar gegangen ist und ein Insekt mitgebracht hat. Sie haben vielleicht keine Angst vor Typhus, vielleicht sind Sie sogar geimpft. Ich kann mir das aber nicht leisten.
Edmund holt seine Geige aus dem Kasten.
WIRTIN
Und was ist das?
EDMUND
Ich gebe Ihnen einen kleinen Hinweis: Es ist keine Trompete.
WIRTIN
Sie spielen die Geige?
EDMUND
Nein, ich jage mit ihr nach den Ratten.
Die Wirtin schaut verdutzt.
EDMUND
Natürlich spiele ich Geige.
WIRTIN
Und wollen Sie die etwa auch hier spielen?
ADA (liebt ihn dafür)
Mein Mann ist Geiger, und er spielt wirklich sehr, sehr schön … als es die Mauern noch nicht gab, hat er in ganz Warschau die Menschen verzückt …
WIRTIN
Dann sage ich Ihnen eins mal gleich: So was ist bei mir nicht erlaubt! Ich habe hier schon so einen. Im Zimmer nebenan wohnt der Wesby aus dem Femina-Theater. Der klimpert von morgens bis abends am Klavier. Wenn der wenigstens eine Melodie spielen würde. Aber er …
Durch die Wand ertönen einige Akkorde.
WIRTIN
Bitte schön! Irgendeine Kakophonie! Es ist zum Verrücktwerden. Ich muss deshalb lange Diskussionen mit Herrn Finkelstein führen.
EDMUND
Ich spiele nur schöne Melodien. Haben Sie vielleicht ein Lieblingslied? Ich spiele gerne für Sie und …
Er nimmt ihre Hand und küsst die charmant.
EDMUND (cont’d)
… wir werden sicherlich gute Freunde werden.
Die Wirtin zieht die Hand weg.
WIRTIN (kein bisschen nachgebend)
Das Wasser darf man nur einmal am Tag kochen, Wäsche waschen ist gar nicht erlaubt, sonst wird der Boden nass, und im Badezimmer darf man sich nicht länger als zehn Minuten aufhalten, manche sind da endlos drin, genauso wie einige endlos auf dem Klo hocken. Und wehe, Sie werfen Papier in das Klo rein, dann verstopft es.
Sie geht zur Tür.
WIRTIN
Und zerschlagen Sie den Napoleon nicht, der ist noch von meinem Mann.
Sie verlässt das Zimmer.
EDMUND
Das ist definitiv Chopin.
ADA
Lass den Casär in Ruhe und hilf mir lieber, den Koffer zuzumachen.
Er tut wie ihm geheißen, und der Koffer schnappt zu. Ada stellt ihn zur Seite.
ADA
So, wir sind eingerichtet. Und es hat nur zwanzig Minuten gedauert.
EDMUND
Das ist der Vorteil, wenn einem alles weggenommen wird.
ADA
Hast du den Zettel an der Tür angebracht, Mundi?
EDMUND
Selbstverständlich, Ada. Mit unseren Namen und «Achtmal klingeln».
ADA
Achtmal?
EDMUND
Natürlich. Ich hab es schon auswendig gelernt. Einmal klingeln – Finkelstein, zweimal – Familie Goldberg, dreimal – Frau Fleksbaum, viermal – Wesby, fünfmal – Gebrüder Szpiro, sechsmal – Fräulein Weinberg, siebenmal – der Zahnarzt, ich habe seinen Namen vergessen, ich kann Zahnärzte nun mal nicht ausstehen, achtmal – wir.
Es läutet an der Tür.
ADA UND EDMUND
Eins … zwei … drei … vier … fünf … sechs …
(sie warten)
Das ist für Fräulein Weinberg!
Durch die Wand ertönt beschwingte Klaviermusik.
EDMUND
Das ist viermal klingeln … ich meine, das ist der Wesby.
ADA
Wir werden uns es hier richtig schön machen in unserem kleinen Zimmerchen.
Lied 1:
(Alle Lieder sind im Musicalstil der vierziger Jahre.)
Zu der Klaviermusik gesellt sich die der Tanzkapelle.
EDMUND (singend)
Einerlei,
ob zu klein oder nicht,
ADA (singend)
Ob der Raum ohne Sicht,
EDMUND UND ADA
Schöner könnt’ es nicht sein,
ein Zuhaus für uns zwei,
du und ich hier allein!
Du und ich, nur wir zwei!
EDMUND
Wer braucht schon
einen glänzenden Saal?
ADA
Oder Tür’n aus Kristall?
EDMUND
Tisch, zwei Stühle, ein Bett,
ADA
Hier ein Spind fürs Jackett
EDMUND UND ADA
Und der Rest einerlei,
schöner könnt’ es nicht sein,
du und ich hier allein!
Du und ich, nur wir zwei!
ADA
Einerlei,
Wäsche passt in den Schrank
EDMUND
Und der Hut an die Wand,
ADA
Seife, Schüssel und Tuch,
EDMUND
Platz dafür ist genug!
ADA
Ein Ort für uns allein,
EDMUND
Vor Glück könnte ich wein’!
EDMUND UND ADA
Einerlei,
ob zu klein oder nicht,
ob der Raum ohne Sicht,
schöner könnt’ es nicht sein,
ein Zuhaus’ für uns zwei,
du und ich hier allein!
Du und ich, nur wir zwei!
ADA (spricht beschwingt)
Für unser ganzes Leben!
EDMUND (bestätigend)
Unser ganzes Leben.
ADA (nachdenklicher)
Bis zum Ende.
EDMUND (noch nachdenklicher)
Bis zum Ende.
Kurzes Schweigen.
EDMUND (sich aus der Melancholie befreiend)
Einerlei,
ob nun klein oder nicht,
dieses Zimmer besticht
als Zuhaus’ für uns zwei.
ADA (lässt sich von Edmund aus der Melancholie...
Erscheint lt. Verlag | 24.3.2017 |
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Mitarbeit |
Anpassung von: David Safier |
Nachwort | Andrea Löw |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Dramatik / Theater |
Schlagworte | Holocaust • Liebe • Nationalsozialismus • Polen • Tragikomödie • Warschauer Ghetto |
ISBN-10 | 3-644-00097-2 / 3644000972 |
ISBN-13 | 978-3-644-00097-1 / 9783644000971 |
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