Zum Wegwerfen reicht's -  Sabrina Haingartner

Zum Wegwerfen reicht's (eBook)

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2017 | 1. Auflage
Morawa Lesezirkel (Verlag)
978-3-99057-584-0 (ISBN)
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Zum Wegwerfen reicht: der langweilige Job, in dem Ray schon seit Jahren unglücklich ist; die Uniprüfung, auf die Bianca wieder nur eine Drei geschafft hat und sich deshalb von ihrer Mutter beschimpfen lassen muss; der Joint, den Kathi in dieser einen verregneten Sommernacht geraucht hat, die ihr Leben veränderte. Dieses fürchterliche Ereignis in jener Nacht. Mord oder Unfall? Und wer ist involviert? Vier Tage zuvor beginnen Kathi, Ray und Bianca, drei junge Menschen, die sich eigentlich überhaupt nicht ausstehen können, ihre Reise 1.500 km quer durch Europa nach London. Was haben sie mit dem schrecklichen Ereignis zu tun? Welche dunklen Familiengeheimnisse verbinden die drei? Und welche Rolle spielen sie im größten Kriminalfall der letzten Jahre?

Sabrina Haingartner wurde am 20. April 1987 in Judenburg geboren, wuchs in Pöls auf und schrieb bereits mit 10 Jahren ihre ersten Romane und Geschichten. Einen längeren Aufenthalt in den USA nutzte sie dazu, ihr erstes Drehbuch zu schreiben. Nach ihrem Studium an der Uni Wien begann Haingartner, alte Geschichten aus ihrer Kindheit hervorzukramen und verpasste ihnen den letzten Schliff - so entstand ihr erster veröffentlichter Roman 'Zum Wegwerfen reicht's'.

Prolog


Es war Mord.

„Nein!“ schrie sie hysterisch und zappelte nervös von einem Bein auf das andere. Sie war völlig außer sich. „Es war ein Unfall!“

Er hingegen starrte einfach nur in die Dunkelheit und vergaß dabei zu atmen. Als ihm nach wenigen Sekunden schwarz vor Augen wurde, schnappte er aufgeregt nach Luft. Das war alles, was er wahrnahm: der Regen, der gleichmäßig auf seine Lederjacke tropfte, seinen Atem und ihr Gejammer. Das Autoradio war noch immer auf volle Lautstärke aufgedreht. Jim Morrison sang den Refrain von Break on Through, aber das nahmen die beiden gar nicht wahr.

Während sie ausflippte, war er völlig ruhig. Er war noch nie zuvor bei so klarem Verstand gewesen. „Wir müssen von hier verschwinden.“

„Bist du jetzt völlig durchgedreht? Wir müssen einen Arzt rufen! Und die Polizei! Und seine Eltern!“ schrie sie und packte ihn an den Schultern. Sie hatte Mühe, ihre Augen offen zu halten – so geschwollen waren sie von all den Drogen und den Tränen.

„Er ist tot. Wir können nicht die Polizei rufen! “

„Und wie wir das können! Vielleicht ist er ja gar nicht tot. Er lebt wahrscheinlich und braucht nur einen Arzt“. Mit diesen Worten nahm sie ihr Handy aus der hinteren Hosentasche, ging ein paar Schritte von ihm weg und wählte eine Nummer. Noch bevor sie auf Anrufen tippen konnte, stand er hinter ihr, entriss ihr das Telefon und warf es mit aller Kraft weit weg in das nebenanliegende Feld. Es war stockdunkel, nur eine schwache Laterne auf der etwa 10 Meter entfernten Landstraße spendete schwaches Licht. Sie waren etwas außerhalb von Köln.

Sie blickte schockiert ihrem Handy nach und dann ihn an.

Du sagst doch immer ‚Zum Wegwerfen reicht‘s‘“, sagte er völlig emotionslos.

„Du bist wahnsinnig“, sagte sie verzweifelt und ging dann Richtung Feld. Er griff nach ihrem Arm und packte sie an den Schultern.

„Nein, bin ich nicht. Schau uns beide doch an“, fuhr er sie wütend an. „Wir sind beide total high, er war total high. Was glaubst du wird passieren, wenn wir die Polizei rufen?“

„Aber wir haben nichts getan“, schrie sie und versuchte sich loszureißen. „Der ganze Mist hier war doch seine Idee.“

„Das wird uns niemand glauben“, schrie er. „Die werden sagen, dass es unsere Idee war!“

„Aber es waren seine Drogen!“ Sie riss sich los und rannte ins Feld um nach ihrem Handy zu suchen.

„Glaubst du wirklich, die Polizei interessiert das wessen Drogen es waren? Du bist high. Du bist am Tatort. Schon allein deswegen werden sie dich anzeigen!“ Sie rannte weiter. „Also schön, tu was du willst! Ruf die Polizei! Aber dir wird niemand auch nur ein Wort glauben. Die werden dich sowieso einsperren!“ schrie er ihr nach.

Sie blieb stehen und drehte sich um. Diesen Montag würde sie nie wieder vergessen. Sie war hin und hergerissen, war völlig überfordert mit der Situation. Ihre langen braunen Haare waren mittlerweile völlig durchnässt und klebten an ihren Oberarmen. Sie versuchte sich zu erinnern wann es das letzte Mal so geregnet hatte. Plötzlich kam es ihr. Das war am Weihnachtsabend vor 13 Jahren…

Es war eine dieser Gegenden, in die man nur ging, wenn man unbedingt musste. Man wollte sich hier auf keinen Fall freiwillig länger aufhalten als notwendig. Es regnete und in der Nacht machte das Viertel einen gleich noch ausladenderen Eindruck als am Tag. Die Straßen waren schwach beleuchtet, die meisten der Laternen flackerten. Es roch so, wie es aussah. Irgendwo weiter weg bellte ein Hund. Ein Luxusviertel war es zugegebenermaßen nie gewesen, dennoch ging es vor etwa 15 Jahren steil bergab mit der Gegend und seither mutierte das Viertel jeden Tag ein bisschen mehr zu einem Ghetto; damals, als das größte Kohlekraftwerk der Region der erneuerbaren Energie weichen musste und 692 Mitarbeiter ihren Job verloren. Mit der Wut kamen Ängste. Mit der Angst kamen Drogen. Mit den Drogen kam Kriminalität und die sorgte irgendwann dafür, dass die Wohnungspreise in den Keller fielen und nur noch sozial schwache Familien in die Gegend zogen.

In der kleinen Seitenstraße war es ruhig – weder Autos, noch Menschen waren zu sehen. Am Ende der Straße stand ein riesiger Wohnblock und in den meisten Wohnungen lief wohl der Fernseher; das konnte man zumindest durch das Flackern hinter den Vorhängen erahnen. Keine der Wohnungen war etwas Besonderes und die meisten Bewohner trieben sich tags und nachts in den Straßen herum, kauften Drogen, prostituierten sich. Nur an diesem speziellen Abend waren die meisten Bewohner zu Hause und versuchten ein Stück weit, ein normales Familienleben vorzugaukeln. Hinter einem gekippten Fenster vor den roten, mit Brandlöchern übersäten Vorhängen waren laute Schreie zu hören. Die Wohnung war heruntergekommen und dreckig. Am Boden lag Müll – Einkaufstüten, Konservendosen, leere Bier- und Whiskeyflaschen. Die Wände waren größtenteils mit Schimmel überzogen. Im Zimmer neben der Küche saß ein kleiner, schwarzer Junge, der in vier Tagen seinen neunten Geburtstag feiern würde – aber das interessierte hier niemanden und das wusste er auch.

Es war Heilig Abend und draußen war es ungewohnt warm für die Jahreszeit. Da seine Mutter die Rechnungen seit Monaten nicht zahlen konnte, war es eiskalt. Der kleine Junge saß mit dem Rücken zur Wand und hielt sich die Ohren zu. Der Fernseher war auf volle Lautstärke aufgedreht. Ein Kirchenchor sang Stille Nacht.

Nachdem eine Weinflasche gegen seine Zimmertür geschleudert wurde, zuckte er zusammen. So hatte der Junge, Ray, bis jetzt jedes Weihnachten verbracht. Er wollte es, wie jedes Jahr, einfach nur schnell hinter sich bringen.

Am selben Abend am anderen Ende der Stadt… Das große Wohnzimmer war freundlich dekoriert. Überall hingen Lichterketten und die Kinder standen um den schön geschmückten Weihnachtsbaum. Sie sangen Alle Jahre wieder. Mit großen funkelnden Augen bewunderten sie den Baum und konnten es kaum erwarten bis endlich das Christkind kam. Man hätte sie fast mit einer glücklichen Großfamilie verwechseln können, wäre da nicht die Tatsache, dass es sich um ein Kinderheim handelte. In der hinteren Ecke des Wohnzimmers, abseits von den anderen, stand ein 8-jähriges Mädchen mit verschränkten Armen und starrte die anderen genervt an. Sie kam sich wie im falschen Film vor. Trotzig schaute sie auf den Boden. Sie hatte keine Lust mitzusingen und wollte diesen Tag nur noch schnell hinter sich bringen. Eine der Betreuerinnen warf ihr einen aufmunternden Blick zu, aber Kathi zeigte ihr nur den Mittelfinger.

Alle Jahre wieder derselbe Schwachsinn, dachte sich Kathi und nutzte den unbeobachteten Moment, um sich in den Keller zu schleichen. Schon vor Monaten hatte sie dort ein kaputtes Fenster bemerkt, das ihr nur zu gut als Fluchtweg diente. Ihr Weg führte direkt in den Garten, von wo aus sie unbemerkt in die Stadt laufen konnte. Wie jedes Mal, wenn sie davonlief, würde die Polizei sie auch diesmal wieder zurück ins Heim bringen, die Betreuerinnen würden der Polizei versprechen, dass das nicht wieder vorkommt und anschließend Kathi in Ruhe erklären, warum sie das nicht machen darf und dass sie doch nur möchten, dass es Kathi gut geht. Von wegen, würde Kathi denken, der Betreuerin den Mittelfinger zeigen und dasselbe Spiel würde wenige Wochen später von Neuem beginnen. Sie wollte einfach nur hier raus und was noch viel wichtiger war: sie wollte Weihnachten endlich hinter sich bringen.

‚Wenn ich es doch nur einmal geschafft hätte, damals abzuhauen‘, dachte Kathi, während sie abwechselnd zu ihm und dann wieder ins stockdunkle Feld starrte. Ihr Leben wäre anders verlaufen. Nicht unbedingt besser, musste sie zugeben, aber zumindest wäre sie nicht mit den beiden mit nach London gefahren und ihr Freund wäre jetzt noch am Leben.

In einer wunderschönen, ruhigen Nachbarschaft am Stadtrand stand eine schöne, große Villa. Das Haus war innen genauso schön beleuchtet wie außen. Jeder, der den Anblick des Hauses auf sich wirken ließ, war im ersten Moment nicht sicher, ob es aufgrund seiner Grüße beeindruckend oder beängstigend war. Innerhalb der letzten Stunde hatte es endlich aufgehört zu regnen. Stattdessen tanzten kleine Schneeflocken vom Himmel und glitzerten im Licht der Weihnachtsbeleuchtung um die Wette. Jede der Villen in der Straße hatte einen großen Vorgarten – einer schöner als der andere.

Der riesengroße Weihnachtsbaum war ebenfalls hell beleuchtet und reichlich dekoriert. Auf der Spitze ragte ein goldener Stern in die Höhe. Im großen Esszimmer nebenan saß Bianca mit ihren Eltern. Der lange dunkle Tisch aus...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
ISBN-10 3-99057-584-8 / 3990575848
ISBN-13 978-3-99057-584-0 / 9783990575840
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