Das Geheimnis des Poeten (eBook)

Ein historischer Weimar-Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
400 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1106-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Geheimnis des Poeten - Guido Dieckmann
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Die Verschwörung von Weimar.

Weimar im Jahr 1797: Der junge Christian Vulpius steckt in Schwierigkeiten. Er hat Schulden, und seine Pläne, selbst als Schriftsteller zu reüssieren, sind ins Stocken geraten. Ohne Wissen seiner Schwester Christiane, die mit Goethe liiert ist, nimmt er ein paar Bücher aus dessen Haus mit - als Material für einen Roman über einen Räuberhauptmann, den er plant. Doch ausgerechnet diese Bücher werden ihm gestohlen, und dann wird auch noch ein Mann ermordet, der ihm einen Tag zuvor im Gasthaus von einer Verschwörung und einer mysteriösen Urkunde erzählt hat, die seit Jahren in Goethes Haus versteckt sei und jeden, der nach ihr suche, einer tödlichen Gefahr aussetze ...

Ein packender historischer Roman mit höchst klassischem Personal, vom Autor des Bestsellers 'Die sieben Templer'.



Guido Dieckmann, geboren 1969 in Heidelberg, arbeitete nach dem Studium der Geschichte und Anglistik als Übersetzer und Wirtschaftshistoriker. Heute ist er als freier Schriftsteller erfolgreich und zählt mit seinen historischen Romanen, u.a. dem Bestseller 'Luther' (2003), zu den bekanntesten Autoren dieses Genres in Deutschland. Guido Dieckmann lebt mit seiner Frau an der Deutschen Weinstraße.
Als Aufbau Taschenbuch sind von ihm lieferbar: »Die sieben Templer«, »Der Pakt der sieben Templer«, »Luther« sowie die historischen Weimar-Krimis »Das Geheimnis des Poeten« und »Der Fluch der Kartenlegerin«.

Mehr Informationen zum Autor unter www.guido-dieckmann.de

2. Kapitel


Am Abend ertränkte Christian sein schlechtes Gewissen in einem großen Krug Bier. Er hatte sich Christiane gegenüber wie ein Flegel benommen. Was war nur über ihn gekommen? Seitdem das neue Buch durch seine Gedanken geisterte, erkannte er sich selbst kaum wieder. Er war unkonzentriert bei der Arbeit am Hoftheater und litt ständig unter Kopfschmerzen. Einige Male war er sogar nachts aus einem Alptraum aufgeschreckt, dessen düstere Bilder ihn bis zum Morgen gequält hatten. Ob es dem Geheimrat ähnlich erging, wenn er an einem neuen Werk arbeitete? Christian hätte ihn gern dazu befragt, war aber gleichzeitig froh, dass Goethe den Sommer nicht in Weimar verbrachte. Nach Christianes Standpauke wäre es ihm peinlich gewesen, seinem Gönner unter die Augen zu treten, und er hoffte, dass bis zu dessen Rückkehr Gras über seinen Fauxpas gewachsen war. Wenn das Buch erst einmal gedruckt war, würde Goethe bestimmt anders über ihn denken. Er würde es lesen und ihn beglückwünschen. Was Christiane betraf, so nahm er sich fest vor, ihr künftig keinen Kummer mehr zu machen. Sie hatte auch ohne ihn schon genügend Sorgen. Da Goethe sich ein Leben nach strikten Regeln angewöhnt hatte, war Christiane von früh bis spät damit beschäftigt, seine Wünsche zu erfüllen. Sogar in seiner Abwesenheit hatte sie jede Menge zu tun. Ein so großes Haus wie das Goethes am Frauenplan verwaltete sich schließlich nicht von selbst. Christians Schwester stand mit den Dienstmägden auf und war oft die Letzte, die schlafen ging. Dennoch wurde sie vom Adel und der vornehmen Weimarer Gesellschaft mehr belächelt als akzeptiert. Dank Goethes Einfluss verkehrte sie zwar inzwischen in einigen der angesehenen Häusern, doch nicht nur Christian wusste, dass seine Schwester nur eingeladen wurde, um den Geheimrat nicht zu verärgern. Er bewunderte Christiane dafür, dass sie trotz mancher Kränkung fröhlich blieb und das Getuschel hinter ihrem Rücken eisern ignorierte. Wichtiger als jede Anerkennung der Hofgesellschaft war für sie ihre Familie. Die Familie, zu der auch er gehörte.

Ein Schmarotzer. Ein Bücherdieb.

Nein, kein Dieb, beruhigte er sich bei einem weiteren Schluck Bier. Er hatte Goethes Bücher nicht gestohlen, sondern ausgeliehen. Das war ein Unterschied. Mehr als eine Nacht würde er nicht brauchen, um die Bücher auf Berichte über italienische Banditen durchzusehen. Goethe würde ihn verstehen, denn er wusste, dass Bücher für Christian fast so etwas wie lebendige, atmende Wesen waren. Geschöpfe mit Seele. Er war beileibe nicht so kleinlich wie Christiane. Seine Schwester sollte nicht vergessen, dass sie ihre Bekanntschaft mit Goethe allein ihm verdankte. Hätte er nicht damals diesen Bittbrief geschrieben und ihn von Christiane überreichen lassen, hätte der Geheimrat nie Notiz von ihr genommen. Heute lebte sie unter seinem Dach, und die beiden hatten einen Sohn miteinander. Das sollte doch einen Blick in ein paar alte Bücher wert sein. Er würde sie zurückbringen, wenn Christiane mit dem kleinen August in der Kirche war. Die Dienerschaft kannte ihn und würde ihn nicht stören. Er konnte nur hoffen, dass Christiane den Schlüssel zu Bibliothek und Arbeitszimmer nicht inzwischen bei sich trug oder versteckt hatte, weil sie misstrauisch geworden war. Fand er ihn nicht, würde es ihm zweifellos an den Kragen gehen.

Christian bestellte sich noch ein Bier. In der kleinen Schenke, die in einer ruhigen Gasse fernab vom Frauenplan lag, wurde es von Stunde zu Stunde voller. Aber Christian fühlte sich in dem stickigen Schankraum mit seinen schwarzen Deckenbalken und dem Geruch von Knoblauch, Schweiß und Pfeifentabak wohl. Hier konnte er einkehren, ohne befürchten zu müssen, auf Bekannte zu treffen, denn anders als das Gasthaus »Zum weißen Schwan« wurde die Schenke für gewöhnlich von kleinen Leuten besucht: Tagelöhnern, Handwerksgesellen oder Reisenden, die ein billiges Bett für die Nacht suchten. Dafür herrschte wie an jedem Samstag zu dieser Stunde viel Betrieb. Ohne Unterlass flog die Tür auf und zu und spie neue Gäste in den Schankraum. Die Mägde eilten umher und wurden von den Gästen an den Tischen jubelnd empfangen. Der Lärm störte Christian nicht, im Gegenteil, er war froh, unter Menschen zu sein. Ins Gartenhaus würde er noch früh genug zurückkehren. Tief in Gedanken schlug er das Notizbuch auf, das er immer bei sich führte, und überflog, was er am Nachmittag zu Papier gebracht hatte. Viel war es nicht, wie er bedauernd feststellte. Die erste Durchsicht der Bücher hatte ihn auf seiner Suche nach Einzelheiten über berüchtigte Banditen nur unwesentlich weitergebracht. Mit gerunzelter Stirn begutachtete er die Skizzen, die er von sich selbst im Räuberkostüm angefertigt hatte, und kam sich dabei plötzlich albern vor. Vermutlich hatte Christiane doch recht gehabt, und er machte sich zum Narren. Misslang ihm das Buch, würde ganz Weimar über ihn lachen. Und Goethe vor Wut schäumen.

»Sieht ja zum Fürchten aus, Ihre Zeichnung«, meinte die Wirtin, die ihm sein Bier brachte. »Ähnelt dem Kerl mit den stechenden Augen, der Sie schon den ganzen Abend über anstarrt.« Überrascht klappte Christian sein Notizbuch zu. »Wollen Sie sagen, ich werde beobachtet?«

»Nicht so auffällig«, zischte die Wirtin. »Er sitzt in der Ecke neben dem Kamin, die Hände um ein Glas Wein gelegt. Aber er nimmt keinen Schluck daraus. Ist mir gleich aufgefallen. Essen will er auch nichts. Hockt einfach nur da und brütet vor sich hin. Als würde er auf etwas warten. Unheimlich, nicht wahr?«

»Gesagt hat er nichts?«

»O doch. Als ich ihn bediente, hat er mich über Herrn von Goethe ausgehorcht. Wie lange er bereits auf Reisen sei und wann er wieder in Weimar zurückerwartet werde.« Sie wischte sich mit einem Schürzenzipfel über das schwitzende Gesicht. »Wenn Sie mich fragen, führt der Bursche nichts Gutes im Schilde, so finster wie der dreinschaut und meine Gäste mustert. Ach ja, nach einer billigen Kammer hat er sich erkundigt. Weil er in Weimar Geschäfte zu erledigen habe und eine Weile bleiben werde. Aber nun frage ich Sie: Sieht dieser gerupfte Rabe wie ein Kaufmann aus?«

»Keine Ahnung«, murmelte Christian.

»Hier ist jedenfalls kein Bett für ihn frei.« Achselzuckend machte die Frau kehrt und ließ Christian verwirrt zurück. Vorsichtig spähte er zu dem Fremden hinüber. Dass Durchreisende sich nach dem berühmten Dichter erkundigten, war an sich weder selten noch ungewöhnlich. Seit Goethe den »Werther« veröffentlicht hatte, wurde er nicht nur in Weimar wie ein Halbgott umschwärmt. Fast täglich hielten Kutschen am Frauenplan. Wer Gelegenheit hatte, versuchte, wenigstens einen Blick auf das Haus des berühmten Poeten zu werfen.

Christian wollte sich gerade wieder seinen Aufzeichnungen zuwenden, als der Fremde mit einem Mal aufstand und sich schlurfend auf seinen Tisch zubewegte. Er war mittelgroß, hager und so blass, als hätte er eine dicke Schicht Puder aufgetragen. Sein Gehrock war so schwarz wie sein langes, zurückgebundenes Haar. Gewiss war das gute englische Tuch einmal teuer gewesen, die vielen geflickten Stellen an den Ärmeln deuteten jedoch darauf hin, dass der Mann in recht bescheidenen Umständen lebte. Er wirkte abgespannt und müde, doch seine kleinen grauen Augen, die Christian flink wie Hände abtasteten, verrieten einen wachen Geist und eine exzellente Beobachtungsgabe.

»Erlauben Sie, dass ich mich einen Moment zu Ihnen setze?«, erkundigte sich der Fremde höflich. »Wie mir die Wirtin verriet, sind Sie Vulpius und mit dem Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe gut bekannt.«

Christian hob misstrauisch die Augenbrauen. »Das ist zwar richtig, aber bestimmt hat man Ihnen auch gesagt, dass der Geheimrat die Sommermonate nicht in Weimar verbringt. Wenn Sie also eine Widmung oder eine Empfehlung von ihm haben wollen …«

»Darum geht es nicht«, sagte der Hagere mit gefährlich leiser Stimme. Der Blick, mit dem er Christian musterte, ließ erahnen, dass der Fremde Goethe nicht wegen dessen schöner Verse bewunderte. Möglich, dass er in seinem Leben noch keine einzige Zeile von ihm gelesen hatte.

»Mein Name ist Johann Aurelius Wagner. Wir sind einander noch nicht begegnet, und ich glaube auch nicht, dass Sie schon einmal von mir gehört haben.« Er lächelte, ohne den Ausdruck seiner Augen zu verändern. »Ich war lange im Ausland.«

Christian schüttelte den Kopf. Nein, der Name sagte ihm nichts, ganz bestimmt hatte Goethe ihn in seinem Beisein nie erwähnt. Das musste jedoch nichts bedeuten, denn der Geheimrat hatte mehr Bekannte als ein Hund Flöhe. Der Fremde nahm ihm gegenüber Platz und warf seinen abgewetzten Dreispitz auf den Tisch. »Das habe ich auch nicht erwartet. Es ist viele Jahre her, seit ich dem Herrn Geheimrat zuletzt geschrieben habe. Gut möglich, dass er sich gar nicht mehr an mich erinnert.«

»Was wollen Sie dann von meinem Schwager?«, fragte Christian. »Etwa eine Anstellung?«

Wagner lächelte nachsichtig. »Das geht nur ihn und mich etwas an. Also, wo ist er und wie kann ich ihn erreichen?«

Christian begann sich zu ärgern. Eine derartige Hartnäckigkeit war ihm noch nicht begegnet. Wie konnte dieser Fremde annehmen, dass ausgerechnet er ihm Goethes Reiseziel verraten würde, wo nicht einmal Christiane wusste, wo ihr Mann den Rest des Sommers zu verbringen gedachte. Goethe hatte niemanden in seine Pläne eingeweiht. Im Notfall konnte Christiane an die Adresse seiner Mutter in Frankfurt schreiben, doch ob und wann er die Briefe erhielt, stand in den Sternen.

»Es tut mir leid«, sagte er kopfschüttelnd. »Ich bin nicht...

Erscheint lt. Verlag 19.1.2017
Reihe/Serie Christian Vulpius
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Christiane Vulpius • Deutsche Klassik • Goethe • historisch • Kriminalroman • Rinaldo Rinaldini • Weimar
ISBN-10 3-8412-1106-2 / 3841211062
ISBN-13 978-3-8412-1106-4 / 9783841211064
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