Wir brauchen viel mehr Schafe (eBook)
176 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40004-7 (ISBN)
Renate Bergmann, geb. Strelemann, 82, lebt in Berlin-Spandau. Sie war Reichsbahnerin, kennt das Leben vor, während und nach der Berliner Mauer und hat vier Ehemänner überlebt. Renate Bergmann ist Haushalts-Profi und Online-Omi. Seit Anfang 2013 erobert sie »das Interweb« mit ihren absolut treffsicheren An- und Einsichten - und mit ihren Büchern die ganze analoge Welt. Torsten Rohde, Jahrgang 1974, hat in Brandenburg/Havel Betriebswirtschaft studiert und als Controller gearbeitet. Sein Social-Media-Account @RenateBergmann entwickelte sich zum Internet-Phänomen. «Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker» unter dem Pseudonym Renate Bergmann war seine erste Buch-Veröffentlichung - und ein sensationeller Erfolg -, auf die zahlreiche weitere, nicht minder erfolgreiche Bände und ausverkaufte Tourneen folgten.
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 51/2016) — Platz 12
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 50/2016) — Platz 17
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 49/2016) — Platz 12
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 48/2016) — Platz 11
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 47/2016) — Platz 11
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 46/2016) — Platz 13
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 45/2016) — Platz 11
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 44/2016) — Platz 17
Renate Bergmann, geb. Strelemann, 82, lebt in Berlin-Spandau. Sie war Reichsbahnerin, kennt das Leben vor, während und nach der Berliner Mauer und hat vier Ehemänner überlebt. Renate Bergmann ist Haushalts-Profi und Online-Omi. Seit Anfang 2013 erobert sie »das Interweb« mit ihren absolut treffsicheren An- und Einsichten – und mit ihren Büchern die ganze analoge Welt. Torsten Rohde, Jahrgang 1974, hat in Brandenburg/Havel Betriebswirtschaft studiert und als Controller gearbeitet. Sein Social-Media-Account @RenateBergmann entwickelte sich zum Internet-Phänomen. «Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker» unter dem Pseudonym Renate Bergmann war seine erste Buch-Veröffentlichung – und ein sensationeller Erfolg –, auf die zahlreiche weitere, nicht minder erfolgreiche Bände und ausverkaufte Tourneen folgten.
August
Beim Edeka gibt es Lebkuchen, aber Mong Scherrie ist noch in der Sommerpause. Das verstehe, wer will.
Sonntags gehe ich nach Möglichkeit in die Kirche. Nicht jede Woche, wissen Se, die erzählen ja doch seit ein paar tausend Jahren das Gleiche. Aber alle zwei, drei Wochen lasse ich mich blicken. Man weiß ja nie …
Sollte ich eines Tages bei dem da oben ankommen, wenn er mich zu sich ruft, und der guckt nach im Führungszeugnis, dann soll da wenigstens «Hat regelmäßig am Gottesdienst teilgenommen» stehen, damit er nicht nachfragt. Besser ist besser. Außerdem kommt man so mal ein bisschen unter die Leute, und wenn man zu lange nicht da war, droht der Pfarrer mit Hausbesuch. Das will ich auch nicht.
Ich sitze eigentlich immer ganz vorne in der ersten Bank in der Kirche. IMMER! Außer an diesem Sonntag. Aber ich fange lieber vorne an zu erzählen, denn es ging schon vor der Kirche mit Ärger los! Der Franz Kniebel, der olle Stiesel aus der Knatternstraße, hatte mir doch tatsächlich meinen Rollatorparkplatz gemopst. So eine Unverschämtheit! Dabei bin ich diesmal sogar früher als sonst aus dem Haus.
Das macht der mit Absicht, das können Se mir glauben. Der weiß ganz genau, dass die schattige Stelle unter dem kleinen Magnolienbaum mein Stammparkplatz für das Gehwägelchen ist. Aber er denkt wohl, nur weil er früher Taxifahrer war, darf er auch heute noch immer und überall rumstehen, wie er lustig ist. Ein ganz Gewiefter ist das, der hat nämlich eine richtige Strategie. Er parkt absichtlich auf Frauenparkplätzen mit seinem schäbigen, ungeölten und beschmadderten Rollator und versucht so, mit den Damen anzubandeln, die ihn dann ansprechen. Als ob eine Renate Bergmann mit so billigen Tricks rumzukriegen wäre!
Jedenfalls musste ich mir notgedrungen einen Ausweichstellplatz für die Gehhilfe suchen und kam deshalb so spät in die Kirche, dass die erste Reihe schon besetzt war. Sehr ärgerlich! Jetzt fehlte bloß noch, dass mein Gulasch anbrannte, den ich auf ganz kleiner Flamme auf dem Herd stehen hatte. Selbst während des Gottesdienstes ärgerte ich mich noch so über den Taxi-Kniebel, dass ich dem Herrn Pfarrer gar nicht richtig zuhörte. Das muss man auch nicht, es reicht, wenn man interessiert guckt. Doch auf einmal – die Predigt war schon vorbei, das Vaterunser war gemurmelt – machte er noch eine Anmerkung, die mich zusammenzucken ließ.
«Liebe Gemeinde», sagte er, «es ist zwar noch ein gutes Weilchen hin bis zum Weihnachtsfest, aber da große Ereignisse bekanntlich nicht nur ihre Schatten vorauswerfen, sondern auch eine gewisse Vorbereitungszeit brauchen, möchte ich bereits heute verkünden, dass unser traditionelles Adventsstück in diesem Jahr von Frau Schlode vom Kindergarten inszeniert werden wird. Bitte unterstützen Sie Frau Schlode in ihrer Arbeit und merken Sie sich den vierten Advent schon mal vor. Wir freuen uns auf Ihr zahlreiches Erscheinen.»
Mir blieb vor Schreck fast die Luft weg.
Die Schlode.
In der Kirche.
Zum Adventsfest!
Nee. Nicht mit Renate Bergmann!
Das konnten die mit mir nicht machen!
Wissen Se, die Schlode versaut mir bald jeden Spaß im Leben. Kein Seniorenausflug und keine Feier ohne Kinderchor. Jetzt hat sie sogar den kleinen Paul dazu gebracht, Pauke zu lernen. PAUKE! Ich bitte Sie.
Da freut man sich auf seine schöne Tasse Bohnenkaffee außer der Reihe, und dann kommt das Kulturprogramm und der Pauken-Paule veranstaltet einen Lärm, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Das musste unter allen Umständen verhindert werden, dass diese Person das Programm beim Adventsfest dirigiert!
Ich war so außer mir, dass ich fast Kreislauf bekommen hätte, und wollte nur noch schnell nach Hause. An der Tür versuchte mich der Herr Pfarrer in ein Gespräch zu verwickeln, weil ich mich zwei Gottesdienste lang nicht hatte blicken lassen, aber ich wimmelte ihn ab.
«Tut mir leid, Herr Pfarrer, aber ich habe keine Zeit. Bei mir köchelt der Gulasch auf dem Herd, und wenn ich mich nicht beeile, gibt es eine Havarie.» Das war nicht mal gelogen.
Ich ließ sogar den ollen Kniebel links liegen, der schon unterm Magnolienbäumchen lauerte und mich erwartungsfroh anlächelte. Richtig schäbiger Zahnersatz blitzte mir da entgegen, billiger fast noch als seine Anbändeltricks! Wahrscheinlich war Nichtachtung die beste Strafe für ihn, auch wenn ich ihm am liebsten den Kopf gewaschen hätte, wäre mehr Zeit gewesen.
Aber auf den Schock musste ich erst mal einen Korn trinken. Von dem guten, doppelt gebrannten aus dem Wohnzimmerschrank.
Der Gulasch war butterzart, und trotzdem aß ich nicht mit rechtem Appetit. Auch am Nachmittag, als ich im Sessel saß und an ein paar Topflappen arbeitete, kreisten meine Gedanken nur um das Adventsfest.
Topflappen kann man übrigens nie genug im Schrank haben, lassen Se sich das von einer alten Dame sagen. Man braucht immer mal ein kleines Geschenk, wenn ein lieber Mensch eine Freude verdient hat, und gerade zu Weihnachten bringt man doch gerne ein Lächeln und ein bisschen Licht in das Leben von Freunden und Bekannten, indem man sie beschenkt. Und über Topflappen freut sich jeder, das können Se nicht bestreiten.
Ich hörte schon am Parken, dass es Kurt und Ilse waren mit dem Koyota. Wissen Se, vor meinem Haus ist ein hoher Bordstein. Wenn die Berber nach Hause kommt, dann schrammt es oft. Sie erwischt die Gehwegkante meist mit dem Vorderrad. Das macht dann ratsch-ratsch, und kurz darauf flucht sie. Die Berber hat eine sehr laute, schrille Stimme. Man hört sie durch die geschlossenen Fenster bis hoch in den dritten Stock. Eine durch und durch unangenehme Person. Ich hatte letzthin Gertrud am Telefon, als die Berber wieder mal einparkte. Es schrammte bestimmt vier- oder sechsmal, man verstand sein eigenes Wort nicht!
Wenn Kurt den Koyota parkt, dann ratscht es nicht. Dann bumst es. Kurt fährt nämlich nicht längs zur Straße in die Parklücke, sondern quer. Und da vor dem Gebüsch ein Feuerhydrant ist … nun. Keine Sorge, der ist aus ganz stabilem Stahl gebaut, der dem Koyota schon ein paar Dutzend Mal standgehalten hat. Nur die Stelle, wo Kurt immer gegenditscht, die hat ein bisschen gelitten. Da ist die rote Farbe ab.
Ilse schimpft jedes Mal und sagt, sie würde Kurt auch einwinken in die Parklücke, aber Kurt sagt, das verwirrt ihn nur. Ilse hüpft dabei nämlich vor dem Wagen hin und her und winkt und fuchtelt wie wild. «Wie ein Grashüpfer in Beige», hat Kurt es neulich brasselig beschrieben. Kein Wunder, Ilse kann ja selbst nicht fahren und weiß gar nicht, was sie anzeigen soll. Außerdem hat sie Probleme, links und rechts auseinanderzuhalten, und allein deshalb ist sie beim Einparken wirklich keine große Hilfe.
Einmal ist Kurt ihr über den Schuh gerollt mit dem Koyota, aber es war nicht so schlimm. Der Zehennagel ist bald wieder nachgewachsen. Seitdem ist sie vorsichtiger und hält Abstand beim Winken. Wenn sie Kurt ohne Bumsen in eine Lücke eingewiesen hat, bekreuzigt sie sich und klopft anerkennend zweimal kurz auf die Heckscheibe.
An dem Tag ging es jedoch nicht ohne Aufprall ab, der Koyota hatte den Hydranten erwischt. Die Stoßstange hat an der Stelle schon eine Einbuchtung, aber Kurt lässt das nicht mehr reparieren. Der Tüff hat auch gemeint, das wäre nicht schlimm, und deshalb bleibt es jetzt so.
Jedenfalls legte ich nach dem Bums die Häkelnadel auf die Seite und schrieb mit dem Kuli auf den Rand meiner Fernsehzeitung, bei welcher Masche ich war. Das mache ich immer so, wissen Se, man ist so schnell raus, und bevor ich wieder alle Maschen zähle, mache ich mir lieber eine Notiz. Da schellte es auch schon, und ich ließ Gläsers ein.
«Renate, Kurt hat schon wieder angehakt!», rief Ilse schon im Flur.
«Ich habe es gehört, Ilschen. Es ist doch nichts passiert. Oder habt ihr den Hydranten dieses Mal entankert?», fragte ich, während ich meiner Freundin ihre Garderobe abnahm.
Ohne Übergangsjacken gehen Gläsers nicht aus dem Haus, wissen Se. Schließlich holt man sich auch im Sommer so schnell was weg, weil die heutzutage überall ihre Klimapusten anhaben und wo man geht und steht, kalten Wind machen!
Kurt stand noch angezogen im Flur und wartete darauf, dass Ilse ihm mit den Knöpfen half. Seit der Doktor ihm gesagt hat, dass er eine beginnende Arthritis in den Fingern hat, lässt er sich gern bedienen. Dass der Doktor auch gesagt hat, er soll Übungen machen und die Finger trainieren, das verschweigt er gern, der olle Stiesel! Ilse knöpfte Kurt also die Jacke auf, zog sie ihm aus und hängte sie auf einen Garderobenbügel.
«Renate, wir kommen gerade von Wäschners. Inge ist achtzig gewesen letzte Woche, da waren wir eingeladen. Denk dir nur, die haben groß gefeiert. Sogar der Herr Pfarrer war da und brachte Blumen und Glückwünsche. Frau Schlode war auch da mit ihrer Truppe. Gott sei Dank hatten Wäschners den Kaffee in Thermoskannen, das Programm hat sich nämlich wieder ganz schön in die Länge gezogen! Der Pfarrer blieb hinterher noch zum Essen und die Frau Schlode auch. Wusstest du schon, dass das Krippenspiel am vierten Advent dieses Jahr von ihr geleitet werden soll? Frau Schlode vom Kindergarten, die seit letztem Jahr auch den Männerchor …»
ALS OB ILSE MIR ERKLÄREN MÜSSTE, WER DIE SCHLODE IST!
ICH BITTE SIE!
Herrje, jetzt posaunten die das schon rum mit dem Adventsspiel! Es war also allerhöchste Eisenbahn.
Wissen Se, ich bin ein...
Erscheint lt. Verlag | 21.10.2016 |
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Reihe/Serie | Die Online-Omi |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Berlin-Spandau • Chor • DDR • Fake • fun-fake • Händi • Handy • Internet • Internetz • Korn • Krippenspiel • Omi • Parodie • Sarah Kuttner • Spandau • Twitter • Twitter-Omi • Weihnachten |
ISBN-10 | 3-644-40004-0 / 3644400040 |
ISBN-13 | 978-3-644-40004-7 / 9783644400047 |
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