Nadine Angerer - Im richtigen Moment (eBook)

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2015 | 1. Auflage
240 Seiten
Edel Sports - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-8419-0369-3 (ISBN)

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Nadine Angerer - Im richtigen Moment -  Nadine Angerer,  Kathrin Steinbichler
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Nadine Angerer, Torhüterin der deutschen Fußballnationalmannschaft der Frauen, ist derzeit das bekannteste Gesicht des Frauenfußballs. Als erste Torhüterin überhaupt wird sie zu Europas Fußballerin des Jahres 2013 gekürt, kurz darauf zur Weltfußballerin. Ihre spannende und unkonventionelle Karrierelaufbahn - ein Los hat einst darüber entschieden, ob sie Handballerin oder Fußballerin wird - erzählt sie unterhaltsam und unverblümt. Angerer berichtet über wilde Zeiten, die richtige Motivation zur rechten Zeit, über Konflikte und persönliche Entwicklungen und über die Menschen, die sie auf ihrem Weg begleitet und unterstützt haben.

Nadine Angerer, geboren 1978, ehemalige Torhüterin und Kapitänin der Fußballnationalmannschaft der Frauen, katapultierte sich mit zwei gehaltenen Elfmetern im EM-Finale 2013 ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Angerer wurde zu »Europas Fußballerin des Jahres 2013« und als erste Torhüterin überhaupt zur »Weltfußballerin des Jahres 2013« gekürt. Um die Welt zu entdecken, spielte sie unter anderem Auslandssaisons in Brisbane, Australien und Portland, USA.

Nadine Angerer, geboren 1978, ehemalige Torhüterin und Kapitänin der Fußballnationalmannschaft der Frauen, katapultierte sich mit zwei gehaltenen Elfmetern im EM-Finale 2013 ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Angerer wurde zu »Europas Fußballerin des Jahres 2013« und als erste Torhüterin überhaupt zur »Weltfußballerin des Jahres 2013« gekürt. Um die Welt zu entdecken, spielte sie unter anderem Auslandssaisons in Brisbane, Australien und Portland, USA. Kathrin Steinbichler, geboren 1974, ist Sportredakteurin bei der »Süddeutschen Zeitung« mit Schwerpunkt Fußball und Mitautorin der SZ-WM-Bibliothek.

Der Zauber von Växjö


Durch das Kafé de luxe im südschwedischen Växjö wummerte an diesem frühen Nachmittag Anfang Juli angenehm entspannter Reggae aus den Boxen. Ich bestellte mir an der Theke einen Kaffee, schwarz, und setzte mich an einen der kleinen Holztische in dem alten Schwedenhäuschen. Draußen flirrte die Sommersonne durch die Baumkronen auf den Asphalt, die Menschen von Växjö schlenderten entspannt durch die Straßen, als wären sie alle im Urlaub. Ich nahm einen Schluck, während ich am Nebentisch zwei kunstvoll tätowierten Typen bei einer Partie Backgammon zusah. Växjö ist eine Universitätsstadt und das Abziehbild des idyllischen Schwedens: viel Grün, rundherum Seen und immer wieder diese Holzhäuschen. Und hier, im Kafé de luxe, sammelten sich die schrägen Typen mit den Hillbillyfrisuren und den Tattoos. Ich fühlte mich sofort wohl. Auch der Kaffee im Kafé de luxe war gut, aber deswegen war ich nicht hierhergekommen. Ich war an diesem 9. Juli 2013 die rund 500 Meter von unserem Mannschaftshotel in der Västra Esplanaden in die nahe Sandgärdsgatan spaziert, um zwei Tage vor dem ersten Turnierspiel vielleicht ein letztes Mal während dieser Europameisterschaft einen kurzen Moment der Normalität zu haben. Ich trank noch einen Schluck, fühlte dem Kaffee im Magen nach und sah mich um. Niemand um mich herum schien sich von irgendetwas aus der Ruhe bringen lassen zu wollen, alle waren in ihre Beschäftigung oder in ein Gespräch versunken, jeder schien vollkommen im Moment aufzugehen. Na ja, dachte ich mir, warum auch nicht? Und warum nicht auch ich?

Glasreich nennen sie in Schweden die Region, in der wir während der Vorrunde dieser EM 2013 die meiste Zeit untergebracht waren, und Växjö ist das Zentrum dieses Reichs. Doch im Vergleich zum letzten Turnier, bei dem wir mit der deutschen Nationalmannschaft angetreten waren, kamen wir uns überhaupt nicht gläsern vor. Während der Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland waren wir tagtäglich intensiv von den Medien begleitet und beobachtet worden, teilweise schon lange vor dem Turnier. Wir waren ja nicht nur die Titelverteidigerinnen, sondern auch die Gastgeberinnen gewesen, und so war alles, was wir taten und was wir nicht taten, eine Meldung und Gegenstand von Interpretationen. Durch unser frühes Ausscheiden im WM-Viertelfinale verpassten wir die Olympischen Spiele 2012, und so war diese EM 2013 jetzt der erste Wettbewerb mit einer deutschen Frauennationalelf seit der WM. Hier im kleinen Växjö aber lag es nicht nur an der Luft, dass wir trotz der Turnieranspannung durchatmen konnten. Wir waren eine neue Mannschaft geworden in einer neuen Situation. Nichts erinnerte uns mehr an die Weltmeisterschaft und an alte Erfolge und Geschehnisse, wir wollten unsere eigene Geschichte schreiben, auch ich. Ich war jetzt 34 und hatte mir noch etwas zu beweisen. Ich trank den letzten Schluck Kaffee aus der Tasse, zahlte und ging zurück zum Hotel. Dieses Turnier, dieser Sommer und alles, was er mit sich bringen sollte, konnten kommen.

Kaum einer hatte auf uns gewettet, nachdem unserer Nationalmannschaft im Laufe der Vorbereitung ein halbes Dutzend erfahrene Spielerinnen wegen Verletzungen ausgefallen war. Erst sagte Verena Faißt mit Pfeifferschem Drüsenfieber ab, dann fiel Viola Odebrecht mit einem Meniskusschaden aus. Auch Kim Kulig musste wegen anhaltender Knieprobleme passen, schließlich kamen auch Linda Bresonik mit einer Achillessehnenentzündung und Alexandra Popp mit einem Bänderriss auf die Verletztenliste. Zu guter Letzt meldete sich auch noch Babett Peter mit einem Ermüdungsbruch im Fuß ab. Sechs Spielerinnen, die allesamt zum Stammkader gehörten, fehlten uns also vor dieser Europameisterschaft, bei der wir nicht nur als Titelverteidiger antraten, sondern auch um unseren Ruf zu verteidigen. Bis zur WM 2011 waren wir gefürchtet wegen unserer Fähigkeit, bei Turnieren Stärke zu zeigen und zu überraschen. Ausgerechnet im eigenen Land war uns das nicht gelungen, aber jetzt wollten wir zeigen, dass wir es nicht verlernt hatten. Mehr noch: Dass wir es mit unseren jungen Spielerinnen bald noch besser können.

Anfangs zuckte in mir während der Vorbereitung bei jeder neuen Hiobsbotschaft einer Verletzung sofort die Frage durch den Kopf: Wie fangen wir als Mannschaft das jetzt auf? Aber kaum war ich dann beim nächsten Training oder Lehrgang wieder mit der Mannschaft zusammen, spürte ich, wie schnell die jungen Spielerinnen, die Bundestrainerin Silvia Neid nach und nach integriert hatte, dazulernten und zu einer Einheit wurden. Und so wuchs das Gefühl: Wir mochten als Team vielleicht unerfahren sein und noch lange nicht eingespielt, aber wir spürten schnell, dass sich in diesen Sommertagen 2013 etwas entwickelte. Etwas, das größer war als jede Einzelne von uns, ein echtes Mannschaftsgefühl mit dem Glauben, als Gruppe stark zu sein. Und für dieses Gefühl war ich bereit alles zu geben.

Turniere sind immer etwas Besonderes, in jeder Hinsicht. Rund um so einen Wettbewerb lebt man als Fußballerin in einer eigenen Welt. Tag für Tag dreht sich alles darum, dieses eine Ziel zu erreichen, auf das man sich über Wochen und Monate vorbereitet hat. Und all diese Spielerinnen, die noch in der U 19 oder in der U 20 hätten spielen können, machten sich nun daran, unbekümmert wie junge Welpen einfach in die Lücken zu springen, die die Verletzten hinterlassen hatten, und dabei über sich hinauszuwachsen. Und so war ich recht schnell recht zuversichtlich für diese EM. Die Jungen wiederum freuten sich einfach auf ihr erstes großes Turnier und auf Schweden, aber nicht mit dem Gedanken, unter Druck zu stehen, sondern einzig aus Vorfreude. Die Kleinen, wie wir Älteren sie oft nannten, haben sich über nichts einen Kopf gemacht, zum Glück vielleicht.

Saskia Bartusiak, Annike Krahn, Célia und ich, also die Erfahrenen unter uns, wussten dagegen: Wir haben hier die Verantwortung, wir müssen gucken, dass wir den Laden für die EM zum Laufen kriegen und den Kindergarten zusammenhalten. Dieser Gedanke hat uns zusätzlich motiviert, weil wir uns sagten: Wenn wir Erfahrenen nicht funktionieren, wie sollen wir dann erwarten, dass die Jungen funktionieren bei dieser EM? Von ihnen konnte man schließlich nicht einfordern, dass sie sofort alles richtig machen. Wir mussten für sie da sein, wir mussten auf und neben dem Platz Verantwortung übernehmen, und wir mussten schnell reagieren, wenn es mal nicht so lief. Daneben mussten wir auch unsere eigene Leistung bringen, und das zuverlässig. Da blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken.

Bei der Anreise ging es direkt vom Frankfurter Flughafen nach Växjö, in dieses kleine südschwedische Städtchen, und damit waren wir plötzlich mittendrin im Turnier. Zuvor hatten wir eine überragende Vorbereitung gespielt, ein bisschen wider Erwarten der Öffentlichkeit, die ja die ganzen Verletzungen mitbekommen hatte. Wir hatten gegen Schottland gewonnen und gegen Kanada, wir lieferten sogar gegen die Weltmeisterinnen aus Japan vor 46.000 Zuschauern in München ein sensationelles Spiel ab und siegten 4 : 2. In diesen Testspielen konnten wir auch befreit aufspielen, es ging ja noch um nichts. Aber jetzt, in Schweden, zählte es. In jedem Spiel, in jeder Minute, drei Wochen lang.

Anfangs war es dann genau so, wie meine Klub- und Teamkollegin Saskia und ich es in manchen Gesprächen vorab befürchtet hatten: Die Mannschaft war sehr nervös und noch damit beschäftigt, sich mit der Situation zurechtzufinden. Wir spielten einen ziemlich schlechten Fußball in den ersten Partien und waren wie ausgewechselt. Da sieht man wieder, wie viel Einfluss Druck auf eine Mannschaft hat. Aber es hat uns zusammengeschweißt, diese Phase durchzustehen. Und es gab immer wieder schöne Momente und kleine Gesten, die allen gezeigt haben, dass diese Wochen in Schweden etwas Besonderes werden können.

Lira Alushi etwa, die damals vor ihrer Heirat noch Bajramaj hieß, war nach ihrem Kreuzbandriss wieder rechtzeitig für die EM fit geworden, hatte aber dennoch ihre Stammposition auf dem rechten Flügel inzwischen an die junge Lena Lotzen verloren. Noch vor dem ersten Vorrundenspiel gegen die Niederlande war dann in einer der Trainingseinheiten zu beobachten, wie Lira zu Lena geht und auf sie einredet. In einem ruhigen Moment verrieten uns die beiden, über was sie sich da ausgetauscht hatten: »Pass mal auf«, meinte Lira zu Lena, »ich würde auch gerne spielen, aber du hast eine super Vorbereitung abgeliefert und hast total gut trainiert. Auch wenn ich jetzt draußen auf der Bank sitze: Du kannst dir sicher sein, dass ich dich zu 100 Prozent unterstütze.« Das war eine beeindruckende Geste von Lira und zeigt, was für ein toller Charakter sie ist. Nicht jede hat die Größe, in einem Moment der Konkurrenz die Leistung der anderen anzuerkennen – und sie zum Wohl der Mannschaft auch noch zu unterstützen.

Nachdem die Jungen vor dem Abflug zur EM noch bester Laune und in Reiseaufregung waren, wurde es in den Tagen vor unserem Auftaktspiel in der Myresjöhus-Arena in Växjö abseits vom Trainingsplatz immer ruhiger. Schon auf der Fahrt vom Flughafen zum Hotel hatten wir am Stadion und an den Einfallstraßen vom Bus aus die mannshohen Banner mit den Fotos von Spielerinnen entdeckt, mit denen in Schweden für die EM geworben wurde. Auf manchen Bannern war ich abgebildet, als Kapitänin und ehemalige Spielerin von Djurgårdens IF in Stockholm war ich den Schweden wohl...

Erscheint lt. Verlag 16.2.2015
Vorwort Jasmin Tabatabai
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Biografie • Biographie • DFB • Frauen-Fußball in Deutschland • Silvia Neid • Sport • Tor-Frau • UEFA • Weltfußballerin • WM
ISBN-10 3-8419-0369-X / 384190369X
ISBN-13 978-3-8419-0369-3 / 9783841903693
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