Miss Daisy und der Tote auf dem Eis (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2016 | 2. Auflage
236 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-1183-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Miss Daisy und der Tote auf dem Eis -  Carola Dunn
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England in den wilden zwanziger Jahren. Eigentlich soll die junge Adlige Daisy Dalrymple einen Artikel über Wentwater Court schreiben, das zauberhaft gelegene Gut des gleichnamigen Grafen und seiner schönen Frau. Aber der Schein der Idylle trügt: Im zugefrorenen See wird eine Leiche gefunden. Zusammen mit Alec Fletcher von Scotland Yard löst Miss Daisy ihren ersten Fall ... 'Miss Daisy und der Tote auf dem Eis ist ein englischer Krimi par excellence mit unvergleichlich lebendigen Figuren. Wie durch die Lupe eines Detektivs sieht man die vielen Details einer anderen Zeit. Perfekte Feierabend-Lektüre, intelligent und spritzig. Einfach himmlisch!' Courier-Gazette. »Der Liebhaber des gepflegten Teatime-Krimis kann diesen mit Behagen schlürfen.« Die Welt.

Carola Dunn wurde in England geboren und lebt heute in Eugene, Oregon. Sie veröffentlichte mehrere historische Romane, bevor sie die »Miss Daisy«-Serie zu schreiben begann.

Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Kriminalromane »Miss Daisy und der Tote auf dem Eis«, »Miss Daisy und der Tod im Wintergarten«, »Miss Daisy und die tote Sopranistin«, »Miss Daisy und der Mord im Flying Scotsman«, »Miss Daisy und die Entführung der Millionärin«, »Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser«, »Miss Daisy und der tote Professor«, »Miss Daisy und der Mord im Museum«, »Miss Daisy und der Tote auf dem Luxusliner«, »Miss Daisy und der Tote im Chelsea Hotel« und »Miss Daisy und der Mord unter dem Mistelzweig« lieferbar

1


»Es wird noch ein schlimmes Ende mit ihm nehmen, das sag ich Ihnen, und sie rührt keinen Finger, um ihn davon abzuhalten. Nur wegen der Kleinen mach ich mir Sorgen.« Die stämmige Dame seufzte tief, wobei ihr altmodischer giftgrüner Umhang sie umwogte. »Vier sind schon da, und das fünfte ist unterwegs und kommt dieser Tage auf die Welt.«

Daisy Dalrymple war überrascht, daß wildfremde Menschen sie immer wieder mit ihren Lebensgeschichten unterhalten wollten, mit ihren Ehesorgen oder den Missetaten ihrer Kinder. Aber das störte sie im Grunde nicht. Eines Tages würde sie einen Roman schreiben, und dafür war jeder Einblick in die menschlichen Erfahrungen nützlich.

Dennoch fragte sie sich oft, warum die Menschen ausgerechnet ihr die größten Geheimnisse verrieten.

Nachdem die rundliche Dame mit dem alkoholkranken Schwiegersohn in Alton ausgestiegen war, hatte Daisy das Damenabteil zweiter Klasse ganz für sich allein. Sie kniete sich auf den Sitz und betrachtete sich in dem kleinen Spiegel, den die L&SW Railway Company aufmerksamerweise dort aufgehängt hatte. Ihr rundliches, im Grunde ganz normales Gesicht lud doch nicht unbedingt zu Bekenntnissen ein. Eine Herzensvertraute, so fand Daisy, sollte dunkle, seelenvolle Augen haben, nicht die fröhlichen blauen, die sie jetzt anblickten.

In dem einen Winkel ihres Mundes, der von eher großzügigen Proportionen war und keineswegs dem Rosenknospen-Schönheitsideal entsprach, saß der kleine braune Leberfleck, unter dem sie schon ihr ganzes Leben lang litt. Egal, wieviel Puder sie auflegte, er wollte einfach nie ganz verschwinden.

Die verstreuten Sommersprossen auf ihrer Nase konnte man jedoch überdecken. Daisy nahm ihren Schminkbeutel aus der Handtasche und machte energischen Gebrauch von ihrer Puderquaste. Sie zog etwas Lippenstift nach und lächelte ihr Spiegelbild an. Auch wenn sie auf der Reise zu ihrem ersten großen journalistischen Auftrag für Town and Country so wirken wollte, als sei dies alles für sie schon Routine, mußte sie doch zugeben, daß sie ziemlich aufgeregt war.

Mit ihren fünfundzwanzig Jahren hätte sie weltgewandt und selbstbewußt sein müssen, doch gelang es ihr nicht, die Schmetterlinge im Bauch zu verscheuchen. Sie mußte den Auftrag einfach gut hinbekommen. Die Alternativen waren zu niederschmetternd, um überhaupt an sie zu denken.

War der saphirgrüne glockenförmige Hut von Selfridges Bargain Basement nicht vielleicht etwas zu auffällig für eine berufstätige Frau? Nein, beschloß sie, er gab ihrem alten dunkelgrünen Tweedmantel ein bißchen Schwung, genau, wie sie es gewollt hatte. Sie richtete den grauen Pelzkragen, den sie sich von Lucy ausgeliehen hatte. Er war eleganter als ein Wollschal, wenn auch weniger praktisch an diesem eisigen Januarmorgen.

Sie setzte sich wieder und nahm die Zeitung, die ihre Mitreisende dagelassen hatte. Daisy hatte kein übermäßiges Interesse daran, auf dem laufenden zu sein, und die Schlagzeilen an diesem zweiten Tag des Jahres 1923 waren die gleichen wie vor ein oder zwei Wochen: Unruhen im Ruhrgebiet und in Irland; Mussolini, der in Italien Reden hielt; die Inflation, die in Deutschland wütete.

Sie schlug die Zeitung auf, las einen kurzen Artikel über die letzten wundersamen Funde aus dem Grab von Tutenchamun und stieß dann auf eine Überschrift:

RAUBÜBERFALL AUF FLATFORD

Scotland Yard ermittelt

Daisy war zusammen mit Lord Flatfords Tochter zur Schule gegangen, wenn auch nicht in dieselbe Klasse. Unglaublich, wie schon die bloße Erwähnung einer Bekannten interessanter sein konnte als die wichtigsten Auslandsnachrichten.

In den frühen Morgenstunden des Neujahrstages waren Diebe mit dem kostbarsten Schmuck der Hausgäste der Flatfords entkommen – nach dem Sylvesterball waren die Preziosen noch nicht in Lord Flatfords Safe zurückgebracht worden.

Daisy hatte keine Zeit mehr weiterzulesen, denn das Rattern des Zugs auf den Gleisen verlangsamte sich erneut, und der nächste Halt war Wentwater. Nach einem kurzen Kampf mit dem Ledergriff gelang es ihr, das beschlagene Zugfenster herunterzuziehen. Sie schauderte bei dem eisigen Luftstoß, der den schweren, unverkennbaren Geruch einer mit Kohlen geheizten Dampflok hineinwehte, und fragte sich, ob Halsschmerzen nicht vielleicht doch ein zu hoher Preis für Eleganz waren.

Immerhin spendete der Knoten ihrer honigbraunen Haare im Nacken unter der Hutkrempe etwas Wärme. Dieses eine Mal war sie doch froh, daß sie ihrer Mutter nachgegeben hatte und sich die Haare nicht hatte kurz schneiden lassen.

Der Zug ratterte und schuckelte und hielt schließlich an. Daisy lehnte sich aus dem Fenster und rief:»Träger!«

Der Mann, der daraufhin auf sie zukam, schien auf einem Holzbein zu gehen, zweifellos hatte er sein eigenes im Großen Krieg verloren. Dennoch eilte er rasch den schneegefegten Bahnsteig herunter. Er tippte mit der Hand an seine Schirmmütze, als Daisy aus dem Zug stieg, Lucys kostbaren Photoapparat fest umklammert.

»Gepäck, Madam?«

»Ja, ich fürchte, es gibt sogar einiges zu tragen«, sagte sie schüchtern.

»Keine Sorge, Madam.« Er hüpfte behende in das Abteil und holte ihren Mantelsack, das Stativ, den Gladstone-Koffer und die Reiseschreibmaschine, die ihr Redakteur ihr geliehen hatte, aus dem Gepäcknetz. Schwer bepackt bahnte er sich einen Weg nach draußen. Er stellte alles ab, schlug die Tür krachend zu und hob den Arm. »Auf geht’s!« rief er dem Zugführer zu, der in seine Trillerpfeife blies und die grüne Flagge schwenkte.

Während der Zug sich schnaufend in Bewegung setzte, ging Daisy über den Fußgängersteg zum Bahnsteig gegenüber. Sie schaute sich um. Der Bahnhof war nicht viel mehr als eine Haltestelle, und sie war die einzige, die aus dem Londoner Zug ausgestiegen war. Über den beiden Türen des winzigen Gebäudes am Gleis für die Züge in Richtung London waren zwei kleine Schilder angebracht: »Gepäckaufbewahrung« und »Warteraum und Fahrkartenschalter«.

Die Landschaft von Hampshire, die sich um den Bahnhof erstreckte, war von einer dicken Schneeschicht bedeckt, die in der Sonne funkelte. An skelettartigen Bäumen und Hecken glitzerte der Reif. Die einzigen Zeichen von Leben waren der zusehends schneller werdende Zug, der uniformierte Mann, der jetzt dahinter ihre Sachen über die Gleise trug, und eine Krähe, die auf dem Lattenzaun des Bahnhofs hockte.

»Ihre Fahrkarte bitte, Madam.«

Sie reichte sie ihm zum Abknipsen. »Ich muß nach Wentwater Court«, sagte sie. »Ist das weit?«

»Ungefähr drei Meilen.«

»Ach, du lieber Gott!« Daisy sah entsetzt auf ihr Gepäck und dann auf ihre eleganten ledernen Schnürstiefel mit den hohen Absätzen. Für meilenweite Fußmärsche auf schneebedeckten Landstraßen waren sie keinesfalls geeignet. Der Bahnhof war offensichtlich zu klein, um eine Bahnhofsdroschke zu unterhalten, geschweige denn ein Taximobil.

»Keine Sorge, Madam. Der Graf schickt immer sein Automobil, um die Gäste abholen zu lassen, aber bei diesem Wetter wird es wohl schwer anzulassen sein.«

»Das Problem ist«, vertraute ihm Daisy an, »ich bin eigentlich kein richtiger Gast. Ich schreibe einen Artikel über Wentwater Court, für eine Zeitschrift.«

Der Träger-Bahnhofsvorsteher-Fahrkartenabschneider in Personalunion sah angemessen beeindruckt aus. »Eine Schriftstellerin sind Sie also, Madam? Auch sehr nett. Also, wenn Sie zu Fuß gehen wollen, dann kann ich dafür sorgen, daß ein Junge aus dem Dorf Ihre Sachen nachher auf einem Handkarren hinbringt. Oder ich kann auch die Garage in Alton anläuten, daß ein Taximobil Sie abholen kommt.«

Daisy bedachte diese beiden Möglichkeiten, von denen die eine unbequem, die andere teuer war. Ihre Auslagen würden später von der Zeitschrift erstattet werden, aber sie hatte nur sehr wenig Bargeld bei sich.

In dem Moment hörte sie das Tuckern eines starken Automotors. Ein dunkelgrüner Rolls Royce Silver Ghost, glänzende Messingbeschläge an der langen Motorhaube, fuhr vor. Ein uniformierter Chauffeur sprang heraus.

»Sieht aus, als hält der Graf Sie doch für einen Gast, Madam«, sagte der Träger mit einer Zufriedenheit, die ihre eigene widerspiegelte, und griff ihr Gepäck.

»Miss Dalrymple?« fragte der Chauffeur und kam näher. »Ich bin Jones, vom Court. Entschuldigen Sie bitte die Verspätung, Miss. Bis sie heut morgen gestartet ist, hat’s ’ne Weile gedauert, kommt sonst nie vor, egal wie kalt es ist, sonst wär ich schon früher hier gewesen.«

»Völlig in Ordnung, Jones«, sagte Daisy und schenkte ihm ein sonniges Lächeln. Der liebe Gott saß also doch im Himmel, und auf der Welt ging alles noch immer mit rechten Dingen zu.

Er öffnete ihr die Autotür und verstaute dann zusammen mit dem Träger ihre Taschen im Kofferraum. Daisy lehnte sich in dem weichen Ledersitz zurück. Manchmal war es entschieden von Vorteil, von blauem Blut zu sein.

Natürlich hätte sie ohne ihre gesellschaftlichen Kontakte niemals den Auftrag bekommen, über Adelssitze zu schreiben. Obwohl sie Lord Wentwater nicht selbst kannte, so waren doch sein ältester Sohn Lord James Beddowe, seine Tochter Lady Marjorie und seine Schwester Lady Josephine alles Bekannte. Ihr Redakteur hatte mit seiner Annahme recht gehabt, daß die Türen, die einem Schreiber aus dem einfachen Volk für immer verschlossen wären, sich zum Willkomm der hochwohlgeborenen Daisy Dalrymple weit öffnen würden.

Der Rolls schnurrte aus dem...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2016
Reihe/Serie Miss Daisy ermittelt
Übersetzer Carmen von Samson-Himmelstjerna
Sprache deutsch
Original-Titel Death at Wentwater Court
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agatha Christie • Anja Marschall • Carola Dunn • Cosy-Krimi • Cozy Crime • Der Tote auf dem Eis • Downton Abbey • Hercule Poirot • Inspector Barnaby • Jean G. Goodhind • Jean-Luc Bannalec • Krimi • Leiche • Mario Giordano • Mary L. Longworth • Miss Daisy • Miss Marple • Mord • Scotland Yard • See • Tod • Winter
ISBN-10 3-8412-1183-6 / 3841211836
ISBN-13 978-3-8412-1183-5 / 9783841211835
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