Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud (eBook)
352 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-97322-9 (ISBN)
Gaby Hauptmann, 1957 in Trossingen geboren, lebt seit vielen Jahren in Allensbach am Bodensee, den sie in ihren zwei neuen Bestsellern endlich auch ihren Lesern vorstellt: »Hoffnung auf eine glückliche Zukunft« und »Traum von einem besseren Leben« erzählen die Familien-Saga um die Frauen des traditionsreichen Gasthofs »Hirschen«. Gaby Hauptmann arbeitete als Journalistin, bevor sie mit dem Schreiben begann. 1995 erschrieb sich mit ihrem ersten Bestseller »Suche impotenten Mann fürs Leben« ein Millionenpublikum und veröffentlichte seither zahlreiche weitere Erfolge, u.a. »Nur ein toter Mann ist ein guter Mann«, »Fünf-Sterne-Kerle inklusive« oder »Unsere allerbeste Zeit«. Ihre Bücher sind in viele Sprachen übersetzt und fürs Fernsehen verfilmt worden. Heute zählt Gaby Hauptmann zu den erfolgreichsten und beliebtesten Unterhaltungsautorinnen Deutschlands.
Gaby Hauptmann, geboren 1957 in Trossingen, lebt als freie Journalistin und Autorin in Allensbach am Bodensee. Ihre Romane sind Bestseller, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt. Außerdem veröffentlichte sie mehrere Erzählungsbände, Kinder- und Jugendbücher. Nach "Liebesnöter" und "Ich liebe dich, aber nicht heute" erschien zuletzt ihr Bestseller "Zeig mir, was Liebe ist".
Zweiter Tag
Sofia war in den frühen Morgenstunden leise gegangen, und Gabriella hatte danach mit offenen Augen in ihrem Bett gelegen und nachgedacht. Vereinzelte Vogelstimmen hatten sich nach und nach zu einem lautstarken Chor zusammengefunden, und die anfangs fahle Morgensonne war stärker geworden und ließ mittlerweile Staubpartikel in ihren Strahlen durch das Zimmer tanzen. Die Toskana erwacht, dachte Gabriella. Was hatte Flavio gestern gesagt? Riechst du die Erde? Ja, jetzt roch sie sie. Erdig, noch feucht. So, wie die winzigen Tautropfen in den Spinnweben hingen und sie zu Kunstwerken veredelten, so hing jetzt dieser Geruch wie ein gewobenes Tuch im Raum. Gabriella sog die Luft tief ein und versuchte die Bestandteile zu erkennen. War es eine Mischung aus würziger Erde und dem Duft der Rosen, die neben dem Fenster emporrankten und sich verschwenderisch dem neuen Tag öffneten? Oder war da auch ein leichter Geruch von Fäulnis, nach altem, vermoderndem Holz? Waren es die verwitternden Fensterläden, die diese Nuance beisteuerten? Gabriella schnupperte so lange, bis sie gar nichts mehr unterscheiden konnte, und fühlte sich wie in einer Parfümerie: Irgendwann roch alles gleich. Doch ein Geruch schlich sich jetzt eindeutig in ihre Nase: der Duft von frischem Kaffee.
Sie richtete sich auf. Wie spät mochte es sein? Emilia kam normalerweise um acht. Dafür erschien es Gabriella aber noch zu früh. Oder täuschte sie sich?
Es klopfte, und auf ihr »Herein« wurde die Tür sacht aufgedrückt. Zunächst sah Gabriella nur einen schwarzen Rücken, bis Emilia sich umdrehte. Sie balancierte eines der großen silbernen Tabletts, das zu Gabriellas Aussteuer gehörte, wie ihr Vater immer scherzhaft gesagt hatte. Gabriella wusste, dass es sehr schwer war, und es war offensichtlich, dass Emilia deshalb außer Atem war.
»Augenblick«, sagte sie und sprang aus dem Bett, um den kleinen runden Beistelltisch mit den beiden Bistrostühlen heranzurücken.
»Buon giorno!«, keuchte Emilia und stellte das Tablett unsanft ab. Es war mit einer Kaffeekanne, Brötchen, Eiern und Marmelade beladen. Zwei Tassen, zwei Teller, das fiel Gabriella sofort auf.
»Sie sind aufgestanden?«, fragte Emilia, während sie sich aufrichtete und eine Hand in ihre Hüfte stemmte.
»Besondere Umstände verlangen besondere Maßnahmen«, sagte Gabriella und deutete auf das Tablett. »Das ist doch viel zu schwer für dich!«
»Es gibt zu viele Stufen. Das Tablett kann nichts dafür.«
Gabriella verkniff sich ein Grinsen, zog einen Morgenmantel über ihren gestreiften Pyjama und setzte sich auf einen der Stühle. »Danke!«, sagte sie. »Das ist lieb. Und ich freue mich, dass du mit mir frühstücken willst.«
Emilia ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, bevor sie sich bedächtig niederließ und der Stuhl unter ihrem weiten, schwarzen Rock verschwand. »War er da?«
»Wer?«
»Der Schornsteinfeger.«
Natürlich wusste Emilia, dass er Flavio hieß. In diesem Dorf wussten alle alles voneinander. Aber Emilia wollte den Standesunterschied hervorheben, das war Gabriella klar. Ein Schornsteinfeger war für eine Contessa eindeutig zu unbedeutend.
Sollte Gabriella von Sofias Besuch berichten? Warum eigentlich? Andererseits, warum nicht?
Emilia hob die mit buntem Blumenmuster verzierte Porzellankanne und goss den dampfenden Kaffee in die Tassen. Dunkel schoss er an der Tassenwand entlang und hinterließ einen hellen Bläschenklecks in der Tassenmitte. Es war eine so herrlich friedliche Situation, dass Gabriella vor Glück hätte heulen können.
»So schön«, seufzte sie.
»Was?«, fragte Emilia. »Sagen Sie jetzt nicht, die letzte Nacht.«
»Auch!«, antwortete Gabriella wahrheitsgemäß. »Vor allem aber, wie der Kaffee duftet … und aussieht.«
»Gibt es in New York keinen Kaffee?«
»Es …« Gabriella sah vor ihrem inneren Auge die gläsernen Kaffeebehälter auf den Wärmeplatten und beschloss, das Thema abzukürzen. »Es ist einfach schön, wieder zu Hause zu sein.«
Emilia nickte, während sie die Teller verteilte und kleine Glasschüsseln mit verschiedenen Marmeladen auf dem Tischchen arrangierte. Nachdem sie Gabriella davon angeboten hatte, stellte sie den Brotkorb neben die Kaffeekanne auf den Boden.
»Warst du heute Morgen schon in der Bäckerei?«, fragte Gabriella.
»Natürlich!« Emilia hob erstaunt eine Augenbraue.
»Bei Sofia? Oder im Supermarkt?«
»Was für eine Frage!«
Ja, was für eine Frage. Klar, dass keine echte Einheimische dorthin gehen würde. Emilia schob ihr das Ei hin, dessen Becher im selben Dekor verziert war wie die Kaffeekanne.
»Sofia hat mich heute Nacht besucht.«
»Aha. Also Sofia …« Emilia ließ den Satz in der Luft hängen und warf Gabriella nach einem kurzen Moment einen raschen Blick zu. »Ist sie krank?«
»Krank? Wieso?«
»Sie ist so schmal geworden. Also, wenn Sie mich fragen, ist sie entweder krank, oder Lorenzo hat eine andere.«
Gabriella schüttelte den Kopf. »Lorenzo? Sofia sagt, er halte viel auf seinen Ruf als guter Katholik. Da wäre Ehebruch ja –«
»Er geht in die Kirche. Dann und wann. Das schützt nicht vor dummen Gedanken. Und noch weniger vor dummen Taten.«
»Darüber haben wir uns aber nicht unterhalten.«
Emilia säbelte ihr Brötchen durch und bestrich es dann hingebungsvoll dick mit Butter und anschließend mit Erdbeermarmelade. Gabriella hielt ihre Tasse in beiden Händen, nippte am heißen Kaffee und sah ihr zu.
»Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass sie so dünn ist? Sie sieht schlecht aus, finde ich.«
»Doch«, antwortete Gabriella gedehnt.
»Dann haben Sie sie auch danach gefragt.«
»Wir haben ein Glas Prosecco getrunken und uns über nette Erlebnisse unterhalten.«
»Gibt es die in ihrem Leben?«
»Was meinst du damit?«
Emilia machte eine abwiegelnde Handbewegung. »Was man so hört …«
»Was hört man denn?«
Emilia hob ihr Brötchen an ihren Mund. »Na, so einfach scheint das alles nicht zu sein. Ihre älteste Tochter … hat sie das nicht erzählt?«
Gabriella nahm sich jetzt auch ein Brötchen und schnitt es sorgfältig durch. »Ich glaube, da gab es nicht viel zu erzählen«, sagte sie schließlich.
»Nun, die kleine Aurora ist ziemlich viel unterwegs und hat selbst ihrem Rektor die Augen verdreht. Jedenfalls wurde sie einige Male abends in der Nähe seines Hauses gesehen.«
»Sagt wer?«
»Sagt man.«
Gabriella schüttelte den Kopf. »Weißt du, Emilia, jeder ist dem Dorfklatsch ausgeliefert. Was hat man denn damals alles über dich und meinen Vater erzählt?«
Emilia legte ihr Brötchen aus der Hand.
»Da gab es nichts zu erzählen, weil es einfach nichts gab.«
»Siehst du, und vielleicht ist es bei Aurora ja auch so?«
Emilia sah sie an, und ihre Augen bohrten sich in die Gabriellas. »Ich konnte heute Nacht nicht schlafen. Darum bin ich auch früher gekommen. Ich weiß, wie die Vergangenheit war. Aber ich weiß nicht, was die Zukunft bringt. Das macht mir Angst.«
Gabriella legte ihre Hand auf Emilias breiten Handrücken. »Claudio ist nicht mehr da«, sagte sie langsam, »und ich kann ihn nicht ersetzen. Das Leben mit Claudio liegt nun hinter uns, ist Vergangenheit. Ich habe mich immer wohlgefühlt – in dieser Vergangenheit. Ich habe nichts vermisst, du hast mir alles gegeben. Und ich werde es dir zurückgeben. Du brauchst keine Angst zu haben.«
Emilia zog ihre Hand langsam zurück, und Gabriella umfasste erneut ihre Tasse. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen. Dann räusperte Emilia sich.
»Hast du deine Mutter in New York gesucht?«
»Meine Mutter?« Gabriella hörte nur das Du. Emilia war zu der vertraulichen Anrede ihrer Kindheit zurückgekehrt! Gabriella entschied sich, nicht darauf einzugehen.
»Meine Mutter?«, wiederholte sie und musste sich zurückbesinnen. »Natürlich«, sagte sie schließlich. »Ich hatte keinen Anhaltspunkt, sie muss einen Künstlernamen angenommen haben. Ich war in vielen Broadway-Aufführungen. Aber woher sollte ich wissen, wie sie aussieht? Ob sie überhaupt noch auftrat? Als ich mit 26 nach New York ging, war sie bereits 21 Jahre dort gewesen. Sie war also 47. Wer tritt in diesem Alter noch am Broadway auf? Trotzdem habe ich alles versucht. Gegen jede Vernunft!«
Emilia nickte. »Ja, das war damals ein Schlag.«
Gabriella spürte den alten Schmerz im Brustkorb. »Ich hätte sie gern gefragt, warum sie das getan hat.«
Emilia schüttelte...
Erscheint lt. Verlag | 2.5.2016 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Bestseller • Buch • Bücher • buch für frauen • Familie • Familienroman • Frauenunterhaltung • Geheimnis • Italien • italienisches Landhaus • Liebe • Liebesroman • Mord • Roman • Roman für Frauen • Strandlektüre • Toskana • Toskana-Roman • Urlaubslektüre • Urlaubsroman • Verlassenwerden |
ISBN-10 | 3-492-97322-1 / 3492973221 |
ISBN-13 | 978-3-492-97322-9 / 9783492973229 |
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