Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück (eBook)

Studienausgabe (Reclams Universal-Bibliothek)
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
140 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-961007-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück -  Gotthold Ephraim Lessing
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Diese Studienausgabe von Lessings berühmtem Schlüsselwerk der deutschen Komödienliteratur setzt konsequent die textkritischen und buchanalytischen Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte um. Sie löst damit endlich die Textfassung der noch immer einzigen historisch-kritischen Lessing-Ausgabe von Karl Lachmann in der Bearbeitung durch Franz Muncker aus dem Jahr 1886 ab und dokumentiert Lessings Lustspiel in historisch authentischer Gestalt. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

Gotthold Ephraim Lessing (22. 1. 1729 Kamenz, Sachsen - 15. 2. 1781 Braunschweig) gehört zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der Aufklärung und trat auch als Publizist hervor. Schwerpunkt seines Werkes sind Dramen, literaturkritische Schriften sowie Fabeln und Epigramme.

Gotthold Ephraim Lessing (22. 1. 1729 Kamenz, Sachsen – 15. 2. 1781 Braunschweig) gehört zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der Aufklärung und trat auch als Publizist hervor. Schwerpunkt seines Werkes sind Dramen, literaturkritische Schriften sowie Fabeln und Epigramme.

Minna von Barnhelm, oder das Soldatenglück

Anhang
Zu dieser Studienausgabe
Überlieferung
Textgrundlage und Textgestaltung
Entstehung
Uraufführung
Literatur

[7] Erster Aufzug.


Erster Auftritt.


JUST. (sitzet in einem Winkel, schlummert, und redet im Traume)

Schurke von einem Wirthe! Du, uns? – Frisch, Bruder! – Schlage zu, Bruder! (Er hohlt aus, und erwacht durch die Bewegung) He da! schon wieder? Ich mache kein Auge zu, so schlage ich mich mit ihm herum. Hätte er nur erst die Hälfte von allen den Schlägen! – – Doch sieh, es ist Tag! Ich muß nur bald meinen armen Herrn aufsuchen. Mit meinem Willen soll er keinen Fuß mehr in das vermaledeyte Haus setzen. Wo wird er die Nacht zugebracht haben? |

Zweyter Auftritt.


DER WIRTH. JUST.

DER WIRTH. Guten Morgen, Herr Just, guten Morgen! Ey, schon so früh auf? Oder soll ich sagen: noch so spät auf?

JUST. Sage Er, was Er will.

DER WIRTH. Ich sage nichts, wie guten Morgen; und das verdient doch wohl, daß Herr Just, großen Dank! darauf sagt?

JUST. Großen Dank!

DER WIRTH. Man ist verdrießlich, wenn man seine gehörige Ruhe nicht haben kann. Was gilts, der Herr Major ist nicht nach Hause gekommen, und Er hat hier auf ihn gelauert?

[8] JUST. Was der Mann nicht alles errathen kann!

DER WIRTH. Ich vermuthe, ich vermuthe.

JUST. (kehrt sich um, und will gehen) Sein Diener!

DER WIRTH. (hält ihn) Nicht doch, Herr Just!

JUST. Nun gut; nicht Sein Diener! |

DER WIRTH. Ey, Herr Just! ich will doch nicht hoffen, Herr Just, daß Er noch von gestern her böse ist? Wer wird seinen Zorn über Nacht behalten?

JUST. Ich; und über alle folgende Nächte.

DER WIRTH. Ist das christlich?

JUST. Eben so christlich, als einen ehrlichen Mann, der nicht gleich bezahlen kann, aus dem Hause stoßen, auf die Strasse werfen.

DER WIRTH. Pfuy, wer könnte so gottlos seyn?

JUST. Ein christlicher Gastwirth. – Meinen Herrn! so einen Mann! so einen Officier!

DER WIRTH. Den hätte ich aus dem Hause gestoßen? auf die Strasse geworfen? Dazu habe ich viel zu viel Achtung für einen Officier, und viel zu viel Mitleid mit einem abgedankten! Ich habe ihm aus Noth ein ander Zimmer einräumen müssen. – Denke Er nicht mehr daran, Herr Just. (er ruft in die Scene:) Holla! – Ich wills auf andere Weise wieder gut machen. (Ein Junge kömmt) Bring ein Gläßchen; Herr Just will ein Gläßchen haben; und was gutes! |

JUST. Mache Er sich keine Mühe, Herr Wirth. Der Tropfen soll zu Gift werden, den – doch ich will nicht schwören, ich bin noch nüchtern!

DER WIRTH. (zu dem Jungen, der eine Flasche Liqueur und ein Glaß bringt) Gieb her; geh! – Nun, Herr Just; was ganz vortreffliches; stark, lieblich, gesund. (Er füllt, und [9] reicht ihm zu) Das kann einen überwachten Magen wieder in Ordnung bringen!

JUST. Bald dürfte ich nicht! – – Doch warum soll ich meiner Gesundheit seine Grobheit entgelten lassen? – (Er nimmt und trinkt)

DER WIRTH. Wohl bekomms, Herr Just!

JUST. (indem er das Gläßchen wieder zurück giebt) Nicht übel! – Aber Herr Wirth, Er ist doch ein Grobian!

DER WIRTH. Nicht doch, nicht doch! – Geschwind noch eins; auf einem Beine ist nicht gut stehen.

JUST. (nachdem er getrunken) Das muß ich sagen: gut, sehr gut! – Selbst gemacht, Herr Wirth? – |

DER WIRTH. Behüte! veritabler Danziger! echter, doppelter Lachs!

JUST. Sieht Er, Herr Wirth; wenn ich heucheln könnte, so würde ich für so was heucheln; aber ich kann nicht; es muß raus – Er ist doch ein Grobian, Herr Wirth!

DER WIRTH. In meinem Leben hat mir das noch niemand gesagt. – Noch eins, Herr Just; aller guten Dinge sind drey!

JUST. Meinetwegen! (Er trinkt) Gut Ding, wahrlich gut Ding! – Aber auch die Wahrheit ist gut Ding. – Herr Wirth, Er ist doch ein Grobian!

DER WIRTH. Wenn ich es wäre, würde ich das wohl so mit anhören?

JUST. O ja, denn selten hat ein Grobian Galle.

DER WIRTH. Nicht noch eins, Herr Just? Eine vierfache Schnur hält desto besser.

JUST. Nein, zu viel ist zu viel! Und was hilfts Ihn, Herr Wirth? bis auf den letzten Tropfen in der Flasche würde ich bey meiner Rede bleiben. Pfuy, Herr Wirth, so [10] guten | Danziger zu haben, und so schlechte Mores! – Einen Mann, wie meinen Herrn, der Jahr und Tag bey Ihm gewohnt, von dem Er schon so manchen schönen Thaler gezogen, der in seinem Leben keinen Heller schuldig geblieben ist; weil er ein Paar Monate her nicht prompt bezahlt, weil er nicht mehr so viel aufgehen läßt, – in der Abwesenheit das Zimmer auszuräumen!

DER WIRTH. Da ich aber das Zimmer nothwendig brauchte? da ich voraus sahe, daß der Herr Major es selbst gutwillig würde geräumt haben, wenn wir nur lange auf seine Zurückkunft hätten warten können? Sollte ich denn so eine fremde Herrschaft wieder von meiner Thüre wegfahren lassen? Sollte ich einem andern Wirthe so einen Verdienst muthwillig in den Rachen jagen? Und ich glaube nicht einmal, daß sie sonst wo untergekommen wäre. Die Wirthshäuser sind ietzt alle stark besetzt. Sollte eine so junge, schöne, liebenswürdige Dame auf der Strasse bleiben? Dazu ist sein Herr viel zu galant! Und was verliert er denn dabey? Habe ich ihm nicht ein anderes Zimmer dafür eingeräumt? |

JUST. Hinten an dem Taubenschlage; die Aussicht zwischen des Nachbars Feuermauren – –

DER WIRTH. Die Aussicht war wohl sehr schön, ehe sie der verzweifelte Nachbar verbaute. Das Zimmer ist doch sonst galant, und tapeziert –

JUST. Gewesen!

DER WIRTH. Nicht doch, die eine Wand ist es noch. Und Sein Stübchen darneben, Herr Just; was fehlt dem Stübchen? Es hat einen Kamin; der zwar im Winter ein wenig raucht – –

[11] JUST. Aber doch im Sommer recht hübsch läßt. – Herr, ich glaube gar, er vexirt uns noch oben drein? –

DER WIRTH. Nu, nu, Herr Just, Herr Just –

JUST. Mache Er Herr Justen den Kopf nicht warm, oder –

DER WIRTH. Ich machte ihn warm? der Danziger thuts! –

JUST. Einen Officier wie meinen Herrn! Oder meint Er, daß ein abgedankter Officier nicht | auch ein Officier ist, der Ihm den Hals brechen kann? Warum waret ihr denn im Kriege so geschmeidig, ihr Herren Wirthe? Warum war denn da jeder Officier ein würdiger Mann, und jeder Soldat ein ehrlicher, braver Kerl? Macht euch das Bißchen Friede schon so übermüthig?

DER WIRTH. Was ereyfert Er sich nun, Herr Just? –

JUST. Ich will mich ereyfern. – –

Dritter Auftritt.


V. TELLHEIM. DER WIRTH. JUST.

V. TELLHEIM. (im Hereintreten) Just!

JUST. (in der Meynung, daß ihn der Wirth nenne) So bekannt sind wir? –

V. TELLHEIM. Just!

JUST. Ich dächte, ich wäre wohl Herr Just für Ihn!

DER WIRTH. (der den Major gewahr wird) St! st! Herr, Herr, Herr Just – seh Er Sich doch um; Sein Herr – – |

V. TELLHEIM. Just, ich glaube, du zankst? Was habe ich dir befohlen?

DER WIRTH. O, Ihro Gnaden! zanken? da sey Gott vor! Ihr unterthänigster Knecht sollte sich unterstehen, mit [12] einem, der die Gnade hat Ihnen anzugehören, zu zanken?

JUST. Wenn ich ihm doch eins auf den Katzenbuckel geben dürfte! – –

DER WIRTH. Es ist wahr, Herr Just spricht für seinen Herrn, und ein wenig hitzig. Aber daran thut er recht; ich schätze ihn um so viel höher; ich liebe ihn darum. –

JUST. Daß ich ihm nicht die Zähne austreten soll!

DER WIRTH. Nur Schade, daß er sich umsonst erhitzet. Denn ich bin gewiß versichert, daß Ihro Gnaden keine Ungnade deswegen auf mich geworfen haben, weil – die Noth – mich –

V. TELLHEIM. Schon zu viel, mein Herr! Ich bin Ihnen schuldig; Sie räumen mir in meiner Abwesenheit das Zimmer aus; Sie müssen be|zahlt werden; ich muß wo anders unterzukommen suchen. Sehr natürlich! –

DER WIRTH. Wo anders? Sie wollen ausziehen, gnädiger Herr? Ich unglücklicher Mann! ich geschlagner Mann! Nein, nimmermehr! Eher muß die Dame das Quartier wieder räumen. Der Herr Major kann ihr, will ihr sein Zimmer nicht lassen; das Zimmer ist sein; sie muß fort; ich kann ihr nicht helfen. – Ich gehe,...

Erscheint lt. Verlag 10.3.2016
Reihe/Serie Reclams Universal-Bibliothek
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Drama • Gotthold Ephraim Lessing • Klassiker • Komödie • Weltliteratur
ISBN-10 3-15-961007-1 / 3159610071
ISBN-13 978-3-15-961007-8 / 9783159610078
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