In der ersten Reihe sieht man Meer (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
320 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-43687-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

In der ersten Reihe sieht man Meer -  Volker Klüpfel,  Michael Kobr
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Teutonengrill trifft Dolce Vita Mensch, war das schön: Im Morgengrauen ging's los, eingepfercht auf der Rückbank der vollbeladenen Familienkutsche. Zehn Stunden Fahrt an die Adria, ohne Klimaanlage und Navi, dafür mit Modern Talking aus dem Kassettenradio. Am Strand ein Duftgemisch aus Tiroler Nussöl und Kläranlage, und statt Cappuccino gab's warme Limo. Willkommen zurück im Urlaubsparadies der 80er Jahre. Darin findet sich Familienvater Alexander Klein wieder, als er über einem Fotoalbum einnickt und als pickliger Fünfzehnjähriger erwacht - dazu verdammt, die Italien-Premiere seiner Jugend noch einmal zu erleben. Und zwischen Kohlrouladen und Coccobellomann die beste Zeit seines Lebens hat. »Klüpfel und Kobr steigern sich von Buch zu Buch.« Denis Scheck, Druckfrisch, ARD 'Ein phantastisches Buch um eine Familienzusammenführung der besonderen Art. Um Urlaub an der Adria, gute Laune, volle Strände und Sonnenbrände. Ein Urlaubsbuch, wie Sie es mögen, aber auch ein traumhaftes Buch, wie Sie es lesen sollten.' Bastian Pastewka

Volker Klüpfel teilt mit Kluftinger den Heimatort Altusried. Doch den ehemaligen Journalisten hat es beruflich nach Augsburg verschlagen. Dort lebt er nach wie vor mit seiner Familie, auch wenn ihn sein Beruf nun nicht mehr in die Kulturredaktion der Augsburger Allgemeinen, sondern an seinen Autoren-Schreibtisch führt. Studiert hat Klüpfel, Jahrgang 1971, Politik und Geschichte in Bamberg, arbeitete dann bei einer Zeitung in den USA und vertreibt sich seine Zeit mit Sport und Theater - entweder als Zuschauer oder als Mitspieler bei den Freilichtspielen in Altusried. Wie Kommissar Kluftinger.

Volker Klüpfel teilt mit Kluftinger den Heimatort Altusried. Doch den ehemaligen Journalisten hat es beruflich nach Augsburg verschlagen. Dort lebt er nach wie vor mit seiner Familie, auch wenn ihn sein Beruf nun nicht mehr in die Kulturredaktion der Augsburger Allgemeinen, sondern an seinen Autoren-Schreibtisch führt. Studiert hat Klüpfel, Jahrgang 1971, Politik und Geschichte in Bamberg, arbeitete dann bei einer Zeitung in den USA und vertreibt sich seine Zeit mit Sport und Theater – entweder als Zuschauer oder als Mitspieler bei den Freilichtspielen in Altusried. Wie Kommissar Kluftinger. Michael Kobr, geboren 1973 in Kempten im Allgäu, studierte Germanistik und Romanistik in Erlangen. Er arbeitete nach dem Staatsexamen an verschiedenen Realschulen in Bayern, momentan aber ist er beurlaubt – um sich dem Schreiben der Romane, den Shows und der Familie widmen zu können. Kobr wohnt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern im Allgäu.

Voyage, Voyage


Die Geschichte meiner sonderbarsten Reise beginnt so wie alle anderen Reisen unserer Familie, an die ich mich erinnere: mit Geschrei, Gezeter und dem festen Vorsatz, nie wieder einen solchen Urlaub anzutreten.

Diesmal eröffnete meine Tochter den bunten Terror-Reigen, indem sie mir wutschnaubend ihre Kopfhörer entgegenstreckte: »Ich krieg echt die Krise, dieses Opfer hat wieder meinen iPod geklaut!« Sie sah mich fordernd an. »Alex, sag diesem Pickelgesicht, dass er mir den sofort wiedergeben soll.«

Sie nannte mich seit kurzem nicht mehr Papa, sondern bei meinem Vornamen, was mir jedes Mal einen Stich versetzte, auch wenn ich wusste, dass das in ihrer Clique gerade »in« war und es nur darum ging, cool zu sein. Ich wünschte mir das immerhin etwas herzlichere »Dad« zurück, das noch vor wenigen Wochen in Mode gewesen war.

»Ich mein’s ernst! Sonst stell ich ein Badewannenbild von dem Freak bei Facebook ein.«

Ich musste mich beherrschen, nicht einfach loszubrüllen. »Wertes Fräulein Felicitas Klein, ich habe zusammen mit deiner Mutter heute den ganzen Tag die Koffer gepackt, das Haus aufgeräumt, eingekauft, Nachsendeanträge gestellt, die Zeitung für karitative Zwecke umbestellt und den Rasen gemäht. Hättest du die Güte, die Problemchen mit deinem Bruder selbst zu lösen und nicht mich damit zu behelligen?«

Felicitas setzte gerade zu einer ihrer berüchtigten Verteidigungsreden an, in denen sie immer irgendeinen Passus der UN-Menschenrechtscharta als Kronzeugen zitierte, da kam meine Frau dazu und stellte ein weiteres Gepäckstück in den bereits mit Koffern und Reisetaschen angefüllten Flur. »Du hast gehört, was Papa gesagt hat. Jakob ist in seinem Zimmer, frag ihn selber. Außerdem weiß ich nicht, wozu du diesen mp3-Player überhaupt brauchst, du hast doch zum Geburtstag das sündteure Smartphone bekommen.«

Felicitas zog maulend ab: »Und? Trotzdem gehört der iPod mir und nicht dem Schwammkopf. Und zu dem ins Zimmer geh ich nicht, da hol ich mir ja weiß Gott was!«

Ich schrie ihr hinterher: »Ich weiß nicht, was mit euch los ist, meine Schwester und ich waren ein Herz und eine Seele. Besonders im Urlaub haben wir uns immer ganz toll …«

Ihre Zimmertür fiel krachend ins Schloss.

Trotzdem rief meine Frau: »Und pack den Sunblocker ein, den ich dir bestellt habe, ich kümmere mich da nicht mehr drum, du bist alt genug!«

Dann wandte sich Mona mir zu: »Und du stehst nur rum, oder was? Ich hab das Gefühl, ich bin die Einzige, die hier alles am Laufen hält. Wir brauchen die Ausweise und die Impfpässe, und jemand sollte den Anrufbeantworterspruch ändern. Das ist jetzt echt mal dein Job.«

Ich wusste, dass es wenig Sinn hatte, am Vorabend unserer Abreise in den – aus mir inzwischen nicht mehr erfindlichen Gründen lang ersehnten – Jahresurlaub noch einen Streit vom Zaun zu brechen. Und meine Frau hatte in den letzten Tagen neben ihrem Job als Gitarrenlehrerin in der Musikschule wirklich ein paar Kleinigkeiten erledigt, zu denen ich beim besten Willen nicht mehr gekommen war.

»Mach ich, Schatz, kein Problem, ich fliege«, flötete ich und verkniff mir den Hinweis auf das Kick-off-Meeting mit einem der größten Kunden unserer Werbeagentur, das mich trotzdem nicht davon abgehalten hatte, die Hauptlast unserer Reisevorbereitungen zu tragen. Außerdem hatte ich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um für meine ältere Schwester Nicole noch ein Feriendomizil neben unserem zu bekommen, weil sie sich vor einer Woche spontan entschlossen hatte, uns in den Urlaub zu begleiten. Niki, nach einer Scheidung wieder Single, kinderlos und auf der Suche nach dem tieferen Sinn in ihrem Leben, fiel vor allem zu Urlaubszeiten und Weihnachten ein, wie wichtig es doch sei, dass man als Familie zusammenhielt.

Die Zimmertür meines Sohnes öffnete sich. Jakob stand in Shorts und T-Shirt vor mir, die halblangen Haare im Nacken zusammengebunden. »Kann ich meine Wii mitnehmen?«

Ich bekam Schnappatmung: »Du willst eine Spielkonsole in den Urlaub mitschleppen? Bist du von allen guten Geistern verlassen? Wir sind direkt am Strand, da gibt’s andere Dinge zu tun, junger Mann.«

Die Miene meines dreizehnjährigen Sohnes verfinsterte sich. »Ach ja?«, kiekste er stimmbrüchig. »Was denn?«

»Na ja, schwimmen, surfen, segeln, lesen, man kann sogar einen Kite-Kurs machen, heißt es. Ich bin als Jugendlicher gar nicht hinterhergekommen mit meinen ganzen Urlaubsaktivitäten.«

»Du warst eben ein ganz toller Hecht. Wie sieht’s mit Jetski aus?«

»Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass die schon an Kinder vermieten, aber wir können ja zusammen …«

»Ich bin kein Kind mehr, Papa. Und Parachute? Abufasel aus meiner Klasse hat erzählt, dass sein Onkel an der Türkischen Riviera so ’nen Schirm hat und an Touristen vermietet. Kann ich das dann auch mal machen?«

»Jakob, darüber zerbreche ich mir erst den Kopf, wenn wir wissen, ob es das dort überhaupt gibt. Wird auch nicht ganz billig sein, könnte ich mir denken.«

»Toll, wenn wir uns das nicht mal mehr leisten können …«

»Sag mal, was soll das jetzt? Ihr könnt euch nicht beschweren, glaube ich!«

»Und warum müssen wir wieder deine ekligen Reste-Sandwiches mitnehmen? Nur damit ja nichts vergeudet wird! Können wir nicht unterwegs was kaufen?«

»Das hat nichts mit unserer finanziellen Lage zu tun. Wär einfach schade um die teuren Biosachen.«

Jakob seufzte betrübt. »Klar, Hauptsache, gesund, ob’s schmeckt, ist egal.«

»Ach ja? Wem muss ich denn ständig vegane Wraps machen, hm?«

»Meiner Schwester! Aber würd dir vielleicht auch nicht schaden, wirkst ein wenig verkalkt in letzter …«

»Das! Geht! Zu! Weit! Ab jetzt ins Bett, ich will heute nichts mehr hören von dir, sonst ist der Urlaub gestrichen.«

»Leere Versprechungen!« Jakob knallte seine Zimmertür zu.

»Muss das sein, dass du deinen Stress an dem Jungen auslässt?« Mona stand mit einer weiteren Tasche hinter mir. »Sei doch nicht immer so ungeduldig mit ihm. Er macht eine schwierige Zeit durch.«

»Ach ja? Kannst den verwöhnten Schnösel ja ein bisschen trösten.«

»Falsch, ich geh jetzt ins Bett.« Sie zog mich zu sich und flüsterte mir versöhnlich ins Ohr: »Und eines sag ich dir, versuch dich zu entspannen, wir wollen mit dem guten alten Alex Ferien machen, nicht mit diesem abgespannten Nervenbündel, das du in den letzten Wochen warst, verstanden? Gute Nacht, Schatz.«

Ich nickte und drückte ihr einen Schmatz auf die Wange. Obwohl ich mich auch nach meinem Bett sehnte, unternahm ich noch eine kleine Tour durch die Wohnung, um alle Elektrogeräte auszustecken, wobei ich natürlich den Receiver aussparte, dessen Festplatte bei unserer Rückkehr mit herrlichen Arte-Reportagen aus aller Welt angefüllt sein würde.

Gerade als ich im Arbeitszimmer den Rechner herunterfahren wollte, erschien auf dem Bildschirm ein Skype-Fenster mit der Meldung frauenpower ruft an. Ich setzte mich mit einem Seufzen. frauenpower war der Alias-Name meiner Schwester.

Niki saß in einer Art Batikkleid auf dem Boden, ihre Haare standen struppig in alle Richtungen, was sie eigentlich immer taten, seitdem sie nur noch Wasser und Pflanzenseife verwendete, um nicht Gefahr zu laufen, Tierversuche der Kosmetikindustrie zu fördern.

»Hey Bro!«

Ich hasste es, wenn sie sich dieser Pseudojugendsprache bediente, überging die Anrede aber einfach. »Tag, Niki, na, schon im Reisefieber?«

»Bitte, Alex, du weißt, dass diese Art des Urlaubs himmelweit von dem entfernt ist, was ich unter nachhaltigem Tourismus verstehe. Ich wär lieber wieder nach Nepal geflogen als in ein tumbes Ferienghetto am Teutonengrill, das kannst du mir glauben.«

»Aber?«, hakte ich nach. Immerhin hatte sie sich uns geradezu aufgedrängt.

»Aber ich habe mich aus Gründen der Nostalgie und des Familienzusammenhalts bereit erklärt mitzufahren. Auch, um euren Kindern und vor allem unseren Eltern einen Gefallen zu tun.«

Ich grinste in mich hinein. Wie gnädig von ihr.

»Ich bin allein und frei, könnte machen, was ich will, aber na ja, wer weiß, wie lange noch alle zusammen fahren können …«

»Ach, Niki, komm, Sonne, Strand und Meer hat dir doch früher auch Spaß gemacht.«

»Mir? Von wegen. Und ihr könnt euch von vornherein abschminken, dass ich mit an den Strand gehe. Ich bin doch nicht wahnsinnig und lass mich da verbrutzeln. Du weißt, wie empfindlich meine Haut ist. Ich hab mir schließlich früher, wenn ihr euch verbrennen habt lassen, lieber ein schattiges Plätzchen gesucht und ein gutes Buch gelesen.«

»Hab ich anders in Erinnerung, aber sei’s drum. Kannst dafür ausgiebig im Meer schwimmen.«

»Nee, danke, Bruderherz, macht ihr das mal, ich werd mir wahrscheinlich ein Fahrrad leihen und ein paar Kirchen anschauen. Und ich nehme meine Aquarellfarben mit, ich wollte schon immer mehr malen.«

Klar, immer.

»Sonst noch was, Niki? Ich müsste die letzten Vorbereitungen …«

»Ja, sonst noch was. Du kennst ja Mama und Papa. Die werden sicher wieder so Bemerkungen machen, du weißt schon: Triffst du dich mit jemandem? Lernst du auch mal nette Männer kennen? Ich kann das nicht mehr ab. Ich zähle da auf deine Solidarität, ja? Rede doch mal mit denen und sag ihnen, dass mich das verletzt.«

»Wieso machst du das nicht selber?«

»Weil ich mit denen nicht darüber reden kann.«

Ich zog die Brauen zusammen.

»Versprochen?«

»Triffst du dich denn mit jemandem?«, fragte ich...

Erscheint lt. Verlag 9.3.2016
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 80er Jahre • Achtziger Jahre • Adria • Bibione • Coccobello-Mann • Familie Klein • Familiengeschichten • Familiengeschichten Romane • Familienurlaub • Ford Sierra • Humor • Humor Bücher • humorvolle Bücher • humorvolle Romane • Lustige Bücher • lustige bücher für erwachsene • Mona Klein • Romane heiter • Romane zum Lachen • Roman Urlaub • Sommerromane • Strandurlaub • Teutonengrill • Urlaub in Italien • Urlaub mit der Familie • Urlaubs-Erinnerungen • Urlaubslektüre • Urlaubsromane • Werbeagentur • Zeitreise
ISBN-10 3-426-43687-6 / 3426436876
ISBN-13 978-3-426-43687-5 / 9783426436875
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