Der Horizont in deinen Augen (eBook)

Spiegel-Bestseller
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
608 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-403409-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Horizont in deinen Augen -  Patricia Koelle
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Drei Frauen auf der Suche nach ihrer Vergangenheit In Ahrenshoop an der Ostsee kreuzen sich die Wege ihres Schicksals Dritter Band der großen Ostsee-Trilogie Berlin, 1989: Die junge Architektin Ylvi lernt in der Mauerfallnacht den Gärtner Theo kennen. Eine Begegnung, die ihr Leben auf den Kopf stellt, denn sie ist verheiratet - und jetzt ist sie schwanger. Als ihre Mutter, die auf Teneriffa lebt, stirbt, findet sie in deren Hinterlassenschaft einen Brief ihres Vaters. Er ist eine Beichte und eine Bitte. Ylvi reist nach Ahrenshoop an der Ostsee, um endlich zu erfahren, wer sie wirklich ist... Die Romane der Berliner Autorin Patricia Koelle sind Wellness pur - wie ein wunderbarer Tag am Strand, ein erfrischendes Bad im Meer oder ein entspannender Spaziergang in den Dünen. »Der Horizont in deinem Namen« ist der dritte Teil der Ostseetrilogie der Autorin. Der Roman schließt die Handlung von »Das Meer in deinem Namen« und »Das Licht in deiner Stimme« ab. Alle drei Bücher können jedoch auch einzeln gelesen werden.

Patricia Koelle ist eine Autorin, die in ihren Büchern ihr immerwährendes Staunen über das Leben, die Menschen und unseren sagenhaften Planeten zum Ausdruck bringt. Bei FISCHER Taschenbuch erschienen, neben Romanen und Geschichten-Sammlungen, die Ostsee- und Nordsee-Trilogie, die Inselgärten-Reihe sowie die Sehnsuchtswald-Reihe. ?Flaschenpost vom Leben? ist der erste Band ihrer Glückshafen-Reihe.

Patricia Koelle ist eine Autorin, die in ihren Büchern ihr immerwährendes Staunen über das Leben, die Menschen und unseren sagenhaften Planeten zum Ausdruck bringt. Bei FISCHER Taschenbuch erschienen, neben Romanen und Geschichten-Sammlungen, die Ostsee- und Nordsee-Trilogie, die Inselgärten-Reihe sowie die Sehnsuchtswald-Reihe. ›Flaschenpost vom Leben‹ ist der erste Band ihrer Glückshafen-Reihe.

1 Das tödlich geheime Land


Das Gesicht tief in ihren Schal vergraben, lief Ylvi die dunkle Osloer Straße entlang zum U-Bahnhof. Nur ihrer Freundin Heike zuliebe war sie beinahe bis Mitternacht auf der Party geblieben. Heike hatte die Einweihung ihrer neuen Wohnung gefeiert. Sie fand die Gegend toll, aber Ylvi war die Atmosphäre in der Wohnung und dem ganzen Stadtteil unheimlich. Zum Glück hatte sie vor dem Aufbruch noch ein Glas Bowle getrunken, sonst hätte sie sich noch mehr vor dem Heimweg gefürchtet. Wenn jetzt jemand hinter einer Ecke hervorsprang und sie in einen Keller zerrte, würde sie nicht einmal so bald jemand vermissen.

»Vielleicht übernachte ich bei Heike, wenn es spät wird, und helfe ihr morgens beim Aufräumen. Warte nicht auf mich«, hatte sie zu Ricky gesagt. Er hatte nur kurz hochgeblickt, mit seinem verschmitzten Lausbubengrinsen, in das sie auch nach einem ganzen Ehejahr noch verliebt war.

»Alles klar. Vielleicht ist er bis dahin fertig!« Ricky wies auf den Roboter, an dem er tüftelte.

»Was soll er denn können? Was macht ihr zwei überhaupt im Badezimmer?«

»Er übt, die Rolle Klopapier auf den Halter zu schieben. Phantastisch, oder?«

»Meinst du, das ist unverzichtbar für die geistige Weiterentwicklung der Menschheit?«

»Klar. Heute schiebt er Rollen auf Klopapierhalter, morgen schmeißt er den ganzen Haushalt und die Menschen haben viel mehr Zeit, sich geistig zu entwickeln.« Er sprang auf und gab ihr einen langen Abschiedskuss. »Ich fahr noch mal in die Uni. Ich brauche Teile.«

»Okay. Ich warne dich. Wenn ich zurück bin, gehe ich davon aus, dass ich nie wieder selbst Klopapier aufhängen muss.«

 

Bei Heike zu übernachten war aber dann nicht in Frage gekommen. Die hatte nämlich mit einem schmierigen Typen herumgeknutscht, der wohl über Nacht bleiben würde. Da war es Ylvi lieber, sich durch das finstere Viertel zum Bahnhof durchzuschlagen.

Doch so leer, wie sie erwartet hatte, waren die Straßen nicht. Tatsächlich waren seltsam viele Menschen unterwegs, ganze Gruppen sogar. Eine Spannung völlig fremder Art dehnte die Luft wie ein Gummiband. Ylvi konnte nicht deuten, ob das gut oder ungut war. Die Menschenmenge wurde dichter, spülte sie mit sich fort, dann bewegte sie sich hin zu etwas.

»Ich will nach Hause!«, brummelte Ylvi unwirsch vor sich hin, während sie versuchte, sich zu orientieren. Wo war nun der U-Bahnhof?

»Bestimmt nicht. Niemand will heute nach Hause!«, sagte eine Stimme neben ihr, die scheinbar körperlos war. Mit Mühe machte sie die Umrisse eines schlanken Mannes in dunkler Kleidung aus, der ein schwarzes Fahrrad schob.

»Was ist hier bloß los?«

»Wo kommst du denn her? Kein Radio gehört, kein Fernsehen geguckt?«

»Nee, Umzug gefeiert. Klärst du mich auf? Was ist passiert?«

So war das in Berlin, unter jungen Leuten. Man duzte sich. Der Mann stellte sich trotzdem höflich vor. Sein Händedruck war fest und warm. »Ich bin Theo. Ich kann es zwar noch nicht glauben, aber du und ich, wir erleben hier einen historischen Moment. So was verpasst man nicht.« Er räusperte sich unnötig, als bekäme er die Worte an seinem eigenen Zweifel nicht vorbei. »Halt dich fest: Die Mauer ist offen!«

Ylvi starrte den Unbekannten an, so gut das ging im Dunkeln, und war vollkommen verwirrt. War der irre oder die Bowle doch zu viel gewesen? Nein, verhört hatte sie sich nur, natürlich. Oder?

»Die Mauer. Wie?«, sagte sie, bekam keinen vernünftigen Satz zusammen. Bilder aus den Nachrichten der letzten Zeit flimmerten durch ihren Kopf: verzweifelte Menschenmassen in Botschaften, schreiende Kinder, die über Zäune gereicht wurden, Genscher auf dem Balkon, Jubel.

Jubel war auch jetzt zu hören, der in Wellen gegen die gespannte Stille aufbrandete, mit dem Novemberwind durch die Häuserschluchten gedrückt.

Konnte es wahr sein, was Theo behauptete? Konnte wahr sein, was nicht wahr sein konnte? Ylvi spürte ein Prickeln unter den Ärmeln ihrer dicken Jacke, erst heiß, dann kalt.

»Ich kann es auch nicht glauben«, wiederholte er, »lass uns nachsehen. Komm mit, ja? Meine Frau und mein Sohn sind in Westdeutschland, bei meiner Schwiegermutter, leider. So einen Moment sollte man nicht allein erleben. Wo ist deine Familie?«

»Mein Mann ist zu Hause. Er arbeitet. Für die Technische Universität. Er baut Roboter. Vielleicht ist er auch im Institut geblieben, er brauchte noch Teile und vergisst oft die Zeit, wenn er arbeitet …« Himmel hilf, sie plapperte wirres Zeug. Vor Nervosität, Aufregung, Verwirrung. Jetzt nur nicht noch erzählen, dass dieser Roboter Klorollen auf Halter schob. Nicht in einem Augenblick, der Weltgeschichte schrieb.

»Na ja. Konnte ja auch keiner wissen, dass die Mauer geöffnet wird. Kommst du mit?«, fragte Theo noch einmal.

»Haben wir eine Wahl?« Längst wurden sie unerbittlich von anderen geschoben. Es gab kein Entrinnen. Theo hielt eisern sein Fahrrad fest. Gefallene Lindenblätter schimmerten im spärlichen Laternenlicht unter den vielen Füßen, ihr rauchig-moderiger Geruch stieg Ylvi vertraut in die Nase, zusammen mit dem fremden Aftershave.

»Übrigens, wenn das stimmt – ich wollte schon immer …« Ylvi brach ab.

»Was?«

»Als ich klein war. Das Land hinter der Mauer. Sie sagten, die Menschen dort sind nicht frei. Aber wir waren es, die nicht aus der Stadt fahren konnten, nicht auf einem Feld oder einer Wiese Picknick machen wie die Kinder in meinen Büchern.« Ylvi begann, schwer zu atmen. Sie rannten fast, so eilig hatte es die Menge. »Ich wollte so gerne durch ein Tor in der Mauer spazieren und auf einem Feld Drachen steigen lassen. In dem ›Geheimen Land‹. Ohne dass man erst auf die großen Ferien warten musste, ohne dass man stundenlang fahren und sich vorher und nachher von grimmigen Grenzsoldaten anstarren und herumkommandieren lassen musste.«

»In dem ›Geheimen Land‹?« Ylvi mochte die freundliche Neugier in seiner Stimme, verlor aber den Anfang ihrer Antwort im Gedränge, als sie von hinten angerempelt wurde.

»Hoppla!« Theo fing sie auf, ließ ihren Arm sicherheitshalber nicht mehr los. Noch ein fremder Geruch rollte heran. Auf einmal kamen ihnen Autos entgegen, teilten im Schritttempo die Menge. Kleine, eckige Autos. Blumen lagen auf ihren Dächern, Arme winkten aus allen Öffnungen.

»Trabis! Du, das sind Trabis!«, rief Ylvi, immer noch ungläubig. Es war für sie, als spazierten Dinosaurier die Straße entlang oder Kängurus – unmöglich, märchenhaft, großartig. Traum – Illusion – Wirklichkeit? Trabis kamen nicht durch die Mauer, noch nie.

Es sei denn …

»Sie ist offen! Die Mauer ist offen!« Die Trabis waren der Beweis. Ylvis und Theos Stimmen reihten sich jetzt unwillkürlich ein in den Ruf, der um sie herum hallte. Jemand drückte ihnen eine angebrochene Flasche Sekt in die Hand. »Offen!«, das gemeinsame Wort überholte sich selbst, brach sich an den Hauswänden, geriet unter aufgeregte Füße, begegnete seinem Echo und schwang sich wieder in den aufklarenden Himmel.

Dann sahen sie es. Grenzübergang Bornholmer Straße. Der spie die Trabis aus und auch Menschen; diese Lücke gebar den Jubel. Es wurde gewunken, geschrien, geweint, gestammelt, jeder umarmte jeden.

Auf der Mauer, ja wirklich: auf DER MAUER standen Menschen wie Ausrufezeichen, und einer davon schwang von oben herab einen Vorschlaghammer gegen den Beton, langsam, gleichmäßig. Ein Metronom, das dem Sterben einer Grenze einen Takt gab, dem Rausch der verblüfften Menschenmenge einen Herzschlag.

Sie standen, lauschten, verloren sich im Unbegreiflichen. Zeit spielte keine Rolle, es gab sie gerade nicht. Bis Theo, der jetzt im Scheinwerferlicht der Raum erobernden Autos besser zu sehen war, sich zu Ylvi umdrehte. »Wollen wir?«

»Keiner schießt!«, stellte diese fest, aus ihrer Fassungslosigkeit aufgeschreckt. »Warum hat keiner geschossen?«

»Wollen wir? Komm schon!«

»Was? Wohin?«, fragte sie begriffsstutzig.

»Na, rüber. In dein ›Geheimes Land‹.«

»Du meinst, wir sollen …«

»Wenn alle in diese Richtung können, kann man auch in die andere. Oder?«

»Und wenn wir nicht zurückkommen? Wenn sie wieder zumachen?«

»Das da«, seine Geste umfasste das gesamte Eilen, Strömen, Hüpfen und Umarmen um sie her, »das hält niemand mehr auf. Da hat keiner den Überblick. Wir interessieren die nicht. Und notfalls haben wir einen Westausweis. Los, halt dich an mir fest.«

Er schob das Fahrrad am Rand gegen den Strom, Schritt für Schritt. Ylvi ging dicht hinter ihm, die Hand auf dem Sattel. Ein paar verwirrte Blicke prallten gegen sie, sonst beachtete sie niemand. Kurz bevor sie den offenen Schlagbaum erreichten, blieb Theo stehen.

»Ich weiß immer noch nicht, wie du heißt!«

»Verzeihung – Ylvi. Ich bin Ylvi.« Plötzlich fing...

Erscheint lt. Verlag 23.6.2016
Reihe/Serie Ostsee-Trilogie
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Ahrenshoop • Berlin • Bernstein • Bernsteinschiff • Carly • Gärtner • Geheimnis • Landschaftsgärtner • Liebe • Mauerfall • Meer • Myra • Nicholas • Ostsee • Teneriffa • Trilogie • Tyrin • Valentinstag • Ylvi
ISBN-10 3-10-403409-5 / 3104034095
ISBN-13 978-3-10-403409-6 / 9783104034096
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