Die Abenteuer des Sherlock Holmes (eBook)

Erzählungen. Neu übersetzt von Henning Ahrens
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2016 | 1. Auflage
368 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-403615-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Abenteuer des Sherlock Holmes -  Arthur Conan Doyle
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»Ich folge einem alten Leitsatz, der besagt, dass das, was nach Ausschluss des Unmöglichen übrigbleibt, aller Widersinnigkeit zum Trotz die Wahrheit sein muss. « Maskierte Besucher, verzweifelte Pfandleiher, todbringende Briefe mit fünf Orangenkernen, ein blauer Karfunkel: Die berühmtesten Geschichten des Meisterdetektivs - zwölf teuflisch vertrackte Fälle mit atemberaubenden Lösungen. Andere Detektive haben Fälle, Sherlock Holmes erlebt Abenteuer - entdecken Sie sie neu in der großartigen Übersetzung von Henning Ahrens

Arthur Conan Doyle, geboren am 22. Mai 1859 im schottischen Edinburgh, absolvierte dort ein Medizinstudium und unterhielt kurzlebige Praxen in Plymouth und Southsea. Aus Patientenmangel begann er zu schreiben, ab 1887 verfasste er Geschichten um die Detektivfigur Sherlock Holmes, die in den 1890er Jahren enorme Popularität erlangten. Außerdem verfasste er zahlreiche historische Romane und ab 1912 auch Science-Fiction. Doyle engagierte sich politisch und sozial, 1902 wurde er geadelt. Er starb am 7. Juli 1930 in Crowborough/Sussex.

Arthur Conan Doyle, geboren am 22. Mai 1859 im schottischen Edinburgh, absolvierte dort ein Medizinstudium und unterhielt kurzlebige Praxen in Plymouth und Southsea. Aus Patientenmangel begann er zu schreiben, ab 1887 verfasste er Geschichten um die Detektivfigur Sherlock Holmes, die in den 1890er Jahren enorme Popularität erlangten. Außerdem verfasste er zahlreiche historische Romane und ab 1912 auch Science-Fiction. Doyle engagierte sich politisch und sozial, 1902 wurde er geadelt. Er starb am 7. Juli 1930 in Crowborough/Sussex.  Henning Ahrens lebt als Schriftsteller und Übersetzer in Frankfurt am Main. Er veröffentlichte diverse Lyrikbände sowie die Romane »Lauf Jäger lauf«, »Langsamer Walzer«, »Tiertage« und »Glantz und Gloria«. Für S. Fischer übersetzte er Romane von Richard Powers, Kevin Powers, Khaled Hosseini. Zuletzt erschien sein Roman »Mitgift«. 

Ein Skandal in Böhmen


Für Sherlock Holmes ist sie stets die Frau. Wenn er von ihr spricht, dann nur unter dieser Bezeichnung. Für ihn überstrahlt und beherrscht sie ihr ganzes Geschlecht. Nicht, dass er Liebe oder dergleichen für Irene Adler empfunden hätte, denn sein sowohl kalter und präziser als auch bewundernswert ausgeglichener Geist verabscheute Gefühle, vor allem zärtliche. In meinen Augen war er die effektivste Denk- und Wahrnehmungsmaschine, die die Welt je gesehen hat, aber für die Rolle des Liebenden wäre er eine Fehlbesetzung gewesen. Wenn er sich zu zarten Empfindungen äußerte, dann ausnahmslos höhnisch und herablassend. Sie waren optimales Material für den Beobachter – bestens dazu geeignet, menschliches Handeln und dessen Motive bloßzulegen. Aber wenn sich ein geübter Denker solche Erschütterungen seines fragilen und fein justierten Wesens erlaubt hätte, dann hätte er einem Störungsfaktor Raum gegeben, durch den alle seine Erkenntnisse mit einem Makel behaftet gewesen wären. Für jemanden wie Holmes wäre ein so übermächtiges Gefühl verstörender gewesen als Schmutz in einem feinmechanischen Gerät oder ein Sprung in einer seiner hochwertigen Linsen. Trotzdem gab es für ihn nur eine Frau, und diese Frau war Irene Adler, obwohl die Erinnerungen, die er mit ihr verband, heikel und unangenehm waren.

In letzter Zeit hatte ich Holmes selten gesehen. Meine Heirat hatte für eine gewisse Entfremdung gesorgt. Ich war rundum glücklich, ging ganz im Nestbau auf – typisch für Männer, die zum ersten Mal Herr im eigenen Heim sind – und war deshalb vollständig abgetaucht. Holmes hingegen, ein Bohemien, der jede Form der Geselligkeit aus tiefster Seele verabscheute, blieb in der Baker Street inmitten seiner Berge aus alten Büchern, schwankte von Woche zu Woche zwischen Kokain und Ehrgeiz, der Abstumpfung durch die Droge und seiner unbändigen Energie. Das Studium des Verbrechens fesselte ihn nach wie vor, und er nutzte seine einmalige Wahrnehmungsgabe und seine unzähligen Talente, um jenen Hinweisen zu folgen und jene Rätsel zu lösen, vor denen die Polizei kapituliert hatte. Gelegentlich kamen mir nebulöse Berichte über seine Ermittlungen zu Ohren: Er war wegen des Trepoff-Mordes nach Odessa bestellt worden, hatte in Trincomalee die einzigartige Tragödie der Gebrüder Atkinson aufgeklärt und für die holländische Königsfamilie eine Mission mit viel Fingerspitzengefühl und großem Erfolg erledigt. Abgesehen von diesen spärlichen Hinweisen auf seine Aktivitäten, die ich wie jeder andere Mensch den Tageszeitungen entnahm, erfuhr ich aber kaum etwas über meinen früheren Mitbewohner und Freund.

Eines Abends – am zwanzigsten März 1888 – kam ich auf dem Rückweg von einer Visite bei einem Patienten (ich war wieder als Arzt tätig) zufälligerweise durch die Baker Street. Als ich die Tür passierte, die für mich mit der Werbung um die Hand meiner Frau und den unheimlichen Begebenheiten der Studie in Scharlachrot verknüpft ist, überkam mich plötzlich der Wunsch, Holmes wiederzusehen und zu erfahren, zu welchem Zweck er seine ungewöhnlichen Gaben gerade einsetzte. Seine Zimmer waren hell erleuchtet, und als ich aufblickte, sah ich den Schatten seiner großen, hageren Gestalt zweimal über das zugezogene Rollo gleiten. Er schien rasch und energisch im Zimmer auf und ab zu gehen, das Kinn auf der Brust, die Hände auf dem Rücken gefaltet. Da ich seine Stimmungen und Gewohnheiten bestens kannte, wusste ich sofort Bescheid. Haltung und Bewegungen verrieten mir, dass er wieder ermittelte. Er hatte sich aus seinen Drogenträumen gerissen und mit Feuereifer in ein neues Problem vertieft. Ich klingelte und wurde zu dem Zimmer hinaufgeführt, das früher auch das meine gewesen war.

Holmes empfing mich nicht gerade überschwänglich, dazu ließ er sich selten hinreißen. Trotzdem schien er sich über meinen Besuch zu freuen. Er bot mir fast wortlos, aber mit freundlichem Blick und schwungvoller Geste einen Lehnsessel an, warf mir das Zigarrenetui zu und wies auf eine Ecke mit Spirituosenschrank und Sodaapparat. Danach stellte er sich vor den Kamin und musterte mich mit seinem einzigartig durchdringenden Blick.

»Die Ehe bekommt Ihnen«, bemerkte er. »Seit unserer letzten Begegnung haben Sie siebeneinhalb Pfund zugelegt, Watson.«

»Sieben!«, erwiderte ich.

»Scheint mir doch etwas mehr zu sein. Ein klein wenig mehr, Watson. Und Sie praktizieren wieder, wie ich sehe. Sie haben mir verschwiegen, dass Sie in die Tretmühle des Berufslebens zurückkehren wollten.«

»Wie können Sie es dann wissen?«

»Ich schaue genau hin und ziehe meine Schlüsse. Wie sollte ich sonst wissen, dass Sie kürzlich klitschnass geworden sind und ein sehr ungeschicktes, schlampiges Dienstmädchen haben?«

»Mein lieber Holmes«, sagte ich, »das reicht. Hätten Sie vor ein paar Jahrhunderten gelebt, dann hätte man Sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Am Donnerstag bin ich tatsächlich auf dem Land gewandert und durchgeregnet und dreckig heimgekehrt, aber da ich frische Kleidung angezogen habe, frage ich mich, worin Ihre Anhaltspunkte bestehen. Was Mary Jane betrifft, so ist sie unverbesserlich, und meine Frau hat ihr gekündigt, aber auch hier kann ich nicht nachvollziehen, wie Sie darauf gekommen sind.«

Er lachte in sich hinein und rieb seine langen, sensiblen Hände.

»Ein Kinderspiel«, sagte er. »Mir ist aufgefallen, dass das Leder auf der Innenseite Ihres linken Schuhs, dort, wo der Feuerschein hinfällt, sechs nahezu parallele Kerben aufweist. Diese wurden von einer Person verursacht, die sehr unachtsam getrockneten Matsch von den Sohlen gebürstet und dabei das Oberleder beschädigt hat. Daher meine Schlussfolgerungen, dass Sie bei schlechtem Wetter draußen waren und einen besonders böswilligen, da Stiefel demolierenden dienstbaren Londoner Geist in Ihrem Haushalt haben. Und was Ihre Arbeit betrifft: Wenn ein Gentleman mein Zimmer betritt, der nach Jodoform riecht, einen Rest schwarzen Silbernitrats auf dem Zeigefinger hat und einen Zylinder trägt, der rechts ausgebeult ist, weil sich das Stethoskop darin verbirgt, dann müsste ich schon ziemlich beschränkt sein, um keinen Angehörigen der ärztlichen Zunft in ihm zu erkennen.«

Das erschien so einleuchtend, dass ich trotz allem lachen musste. »Ihre Erklärungen«, sagte ich, »klingen so kinderleicht, dass sogar ich darauf hätte kommen müssen. Trotzdem verblüffen mich Ihre Schlussfolgerungen jedes Mal von neuem, und Sie müssen mir immer wieder erläutern, was Sie dorthingeführt hat. Und das, obwohl meine Augen nicht schlechter sind als Ihre.«

»Richtig«, erwiderte er, zündete sich eine Zigarette an und sank in seinen Lehnsessel, »Ihre Augen sind gut, aber Sie schauen nicht richtig hin. Ein entscheidender Unterschied. Sie haben die Treppe, die vom Hausflur zu diesen Zimmern hinaufführt, sicher oft gesehen.«

»Ja, sehr oft.«

»Wie oft?«

»Hunderte Male, nehme ich an.«

»Und wie viele Stufen hat sie?«

»Wie viele? Keine Ahnung.«

»Da haben Sie es! Sie haben nicht richtig, sondern nur flüchtig hingeschaut. Genau das meine ich. Ich weiß, dass es siebzehn Stufen sind, weil ich ein genauer Beobachter bin und nicht schläfrig aus der Wäsche gucke. Ach, übrigens – da Sie sich für kleine Probleme dieser Art interessieren und so nett waren, ein oder zwei meiner banalen Abenteuer festzuhalten, dürfte Sie auch dies interessieren.« Er warf mir ein rosa getöntes, kräftiges Blatt Briefpapier zu, das auf dem Tisch gelegen hatte. »Kam mit der letzten Post«, sagte er. »Lesen Sie laut vor.«

Der Brief war undatiert und wies weder Unterschrift noch Adresse auf. Er lautete:

Heute Abend, gegen Viertel vor acht, wird ein Gentleman Ihren Rat in einer Angelegenheit von höchster Wichtigkeit suchen. Die Dienste, die Sie einem europäischen Königshaus kürzlich erwiesen haben, beweisen, daß man Sie mit Angelegenheiten betrauen kann, deren Bedeutung nicht hoch genug einzustufen ist. Dies wurde uns allenthalben bestätigt. Bitte seien Sie zur angegebenen Uhrzeit zu Hause und stören Sie sich nicht daran, daß Ihr Besucher eine Maske trägt.

»Klingt tatsächlich sehr rätselhaft«, sagte ich. »Was kann das bedeuten?«

»Ich habe noch keine Informationen. Theorien zu entwickeln, bevor Fakten auf dem Tisch liegen, ist ein Kardinalfehler, weil man die Tatsachen unweigerlich den Theorien anpasst, nicht die Theorien den Tatsachen. Immerhin haben wir das Schreiben. Was schließen Sie daraus?«

Ich unterzog die Worte und das Papier, auf dem sie standen, einer genauen Betrachtung.

»Der Absender muss sehr wohlhabend sein«, bemerkte ich schließlich in dem Versuch, die Methoden meines Freundes anzuwenden. »Ein Packen solchen Papiers kostet bestimmt eine Krone. Es ist ungewöhnlich stark und fest.«

»Ungewöhnlich – stimmt genau«, sagte Holmes. »Das Papier wurde nicht in England hergestellt. Halten Sie das Blatt ins Licht.«

Daraufhin entdeckte ich mehrere Wasserzeichen: Ein »E« mit einem »g«, ein »P« und ein »G« mit einem »t«.

»Was könnte das bedeuten?«, fragte Holmes.

»Zweifellos der Name des Herstellers, besser gesagt sein Monogramm.«

»Oh, nein. ›G‹ und ›t‹ bedeuten ›Gesellschaft‹. Unsere entsprechende Abkürzung lautet ›Co.‹. ›P‹ steht natürlich für ›Papier‹. Bleibt noch das ›Eg‹. Schauen wir mal in das Continental Gazetteer.« Er zog ein dickes, braunes Nachschlagewerk aus dem Regal. »Effelsberg, Egeln – ah, da haben wir es ja: Eger. Stadt im deutschsprachigen Böhmen, in der Nähe von Karlsbad. ›Bekannt für seine...

Erscheint lt. Verlag 28.7.2016
Reihe/Serie Sherlock Holmes
Sherlock Holmes
Übersetzer Henning Ahrens
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Abenteuer • Baker Street • Detektiv • Dr. Watson • Erzählung • Geschichten • Holmes • Klassiker • Krimi • London • Sherlock • Sherlock Holmes • Spannung • Weltliteratur
ISBN-10 3-10-403615-2 / 3104036152
ISBN-13 978-3-10-403615-1 / 9783104036151
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