Nachtviolett - Viel Mord um nichts (eBook)

Preußen Krimi (anno 1782)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
272 Seiten
Bebra Verlag
978-3-8393-6150-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nachtviolett - Viel Mord um nichts -  Tom Wolf
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Bereits neun Fälle hat Tom Wolfs findiger Detektiv Honoré Langustier in den PreußenKrimis mit einer gehörigen Portion Spürsinn gelöst. In diesen Memoiren lässt er sein Leben und seine größten Fälle noch einmal Revue passieren. Der krönende Abschluss der legendären PreußenKrimi-Reihe von Tom Wolf. Weitere Titel der PreußenKrimi-Reihe als ebook: Königsblau (1740) Silbergrau (1743) Muskatbraun (1746) Purpurrot (1750) Schwefelgelb (1757) Smaragdgrün (1759) Glutorange (1760) Rabenschwarz (1766) Kreideweiß (1772) Goldblond (1778) Kristallklar (1786)

Tom Wolf, geboren 1964 in Bad Homburg, studierte Literaturwissenschaft und promovierte 1996 in Tübingen. Er ist als freier Autor für verschiedene Tageszeitungen tätig. Seit 2001 lässt er in seinen Preußenkrimis Hofkoch Honoré Langustier im Auftrag des Alten Fritz ermitteln. Tom Wolf wurde im Jahr 2005 mit dem Berliner Literaturpreis 'Krimifuchs' ausgezeichnet. Von Februar bis Juni 2006 war er 'Stadtschreiber zu Rheinsberg'. Zuletzt erschien von ihm im berlin.krimi.verlag 'Der Rote Salon'.

Tom Wolf, geboren 1964 in Bad Homburg, studierte Literaturwissenschaft und promovierte 1996 in Tübingen. Er ist als freier Autor für verschiedene Tageszeitungen tätig. Seit 2001 lässt er in seinen Preußenkrimis Hofkoch Honoré Langustier im Auftrag des Alten Fritz ermitteln. Tom Wolf wurde im Jahr 2005 mit dem Berliner Literaturpreis "Krimifuchs" ausgezeichnet. Von Februar bis Juni 2006 war er "Stadtschreiber zu Rheinsberg". Zuletzt erschien von ihm im berlin.krimi.verlag "Der Rote Salon".

Sonnabend, 27. April 1782


Honoré Langustier saß auf der Terrasse seiner Villa am Heiligensee in der Sonne. Der Winter war zwar mild gewesen, hatte aber dennoch an den Nerven gezerrt. Klirrende Kälte wäre ihm viel lieber gewesen als dieser lange Zustand der kühlen In-differenz. Jetzt schien urplötzlich mit großer Heftigkeit der Frühling ausgebrochen. Er blickte über seinen Garten, in dem fast über Nacht ein Blütenteppich aus Krokussen, Winterlingen, Schneeglöckchen, Buschwindröschen, Scharbockskraut und Zweiblättrigen Blausternen ausgerollt worden war, hinaus aufs Wasser, das in der Sonne blinkte wie gehämmertes Silber. Seit fünf Jahren war er nun schon in Rente, aber dies war ein Zustand, der recht eigentlich nur auf dem Papier Bestand hatte. Im tiefsten Innern seines Herzens blieb er weiterhin der Zweite Hofküchenmeister Seiner Königlichen Majestät, wachte jeden Morgen gegen vier Uhr auf und entwarf im Geiste einen imaginären Küchenzettel, den er gegen fünf dem König vorlegte. Dann erst konnte er wieder einschlafen. Es gab diese Zettel wirklich, er schrieb sie tatsächlich und legte sie in eine kleine, kunstvoll aus hellem Rosenholz gearbeitete Schatulle.

In Sorge, seine knapp bemessene Zeit mit aufkeimenden Erinnerungen oder Sentimentalitäten zu verplempern, widmete er sich lieber der Post, die ihn nach wenigen Tagen der Abwesenheit erreicht hatte – er war in Begleitung seiner geliebten Frau Rahel in Bad Pyrmont gewesen, um den Brunnen zu trinken wie jedes Frühjahr nach des Königs früherer Manier. Der konnte sich allerdings schon seit Jahren diesen Luxus nicht mehr leisten – ein entspanntes öffentliches Flanieren ließen seine Beine nicht mehr zu.

Erfreut zog Langustier einen Brief aus Königsberg, der schon durch die akkurate Kupferstichschrift des Absenders hervortrat, aus dem Stapel, brach das Siegel und entfaltete die beiden Blätter.

Verehrtester Freund,

ich bin Ihnen für Ihre selbstlosen Bemühungen um meine professorale Wenigkeit zu größtem Dank verpflichtet! Da ist der Umstand, dass sie bislang fruchtlos blieben, und so, wie ich die Lage einschätze, auch bleiben werden, nur von sekundärer Bedeutung. Wenn sich Seine Majestät nun auch partout dagegen sträuben, eine öffentliche Widmung von einem für verschroben und fischig geltenden alternden Kollegen (soll heißen: Philosophen …) zu akzeptieren, so mag es mir recht sein, und ich will es hinnehmen wie einen unergründlich Spruch der Gottheit oder auch eine Emanation des Dinges an sich. Hätte er das Vergnügen gehabt, einmal leibhaftig in der Welt der Erscheinungen mit mir zu philosophieren, so wäre vielleicht alles anders gekommen. Statt des unseligen Kakadus (=Voltaire) wäre ich an seiner Seite gewesen, und wir hätten gemeinsam die Welt »einmal über den Kamin balbiert«, wie man hier in Königsberg so vieldeutig und die bekannte Redewendung verballhornend sagt. Ich trage indessen Seiner Majestät rein gar nichts nach und würde den Teufel tun, jemals die Stadt zu verlassen, die sozusagen seinen angeborenen, gottbegnadeten Titel im Namen führt. Damit Sie einmal sehen, wie hoch der gemeine Mann hierzulande vom König denkt, schließe ich den Brief eines Hirschberger Studenten ein, in dem mir dieser schilderte, wie der König vor einigen Monaten durch seine Heimatstadt fuhr:

Die Reise des Königs ist das allgemeine Gespräch. Am 18. August reiste er hier durch. Sie hätten das frohe Gewühl vieler Tausende, die aus der ganzen Gegend zusammengekommen waren, sehen sollen. Schon etliche Stunden vor seiner Ankunft ging’s an, und man las auf allen Gesichtern, dass man etwas Großes mit Freuden erwarte. Die voranreitenden Kuriere spannten diese Erwartung aufs Höchste. Endlich kam Er, der Einzige, und aller Augen waren mit dem sprechendsten Ausdruck von Ehrfurcht und Liebe auf einen Punkt gerichtet. Da Er im Wagen saß, so können Sie sich die mannigfaltigen Stellungen und Wendungen denken, die jeder machte, um sich die beste Richtung zu geben. Jeder vergaß sich und den drängenden Nachbarn und dachte jetzt nur an Ihn.

Ich kann die Empfindungen nicht beschreiben, die sich meiner, und gewiss eines jeden, bemächtigten, als ich Ihn sah, den Greis – in der schwachen Hand den Hut, im großen Auge freundlichen Vaterblick auf die unzählige Menge, die seinen Wagen umgab und stromweise begleitete. Als er vorbei war und ich mich wieder umsah, glänzte hin und wieder eine Träne im Auge; und das auch bei eifrigen Katholiken, die sonst immer in Verdacht sind (wohl zu Unrecht), als ob sie nicht gut preußisch wären. Alle, die das Glück traf, Ihn zu sprechen, waren über die väterliche Milde des großen Königs außerordentlich gerührt. Als Er sich eine lange Zeit über verschiedene Gegenstände mit den Ihm aufwartenden Kaufleuten aus dem Gebirge unterhalten hatte, fragte Er sie zuletzt, ob jemand noch etwas zu sagen habe. Der Kaufmannsälteste Lachmann aus Greiffenberg trat vor und sagte: die abgebrannten Bürger zu Greiffenberg statteten nochmals ihren untertänigsten Dank für das Königliche Gnadengeschenk zum Wiederaufbau ihrer Häuser ab; zwar sei ihr Dank von keinem Gewicht, sie bäten aber täglich Gott, diese Königliche Huld zu belohnen. Der König war sichtlich gerührt und antwortete: »Sie haben nicht Ursach, sich deswegen bei mir zu bedanken, es ist meine Schuldigkeit, dass ich meinen verunglückten Untertanen wieder aufhelfe, dafür bin ich da.« Worte, würdig eines Friedrichs. So spricht Er nicht nur, so handelt Er auch. Der ganze Tag war für die Stadt ein Festtag, und man sprach von nichts, als dass der König so freundlich gewesen wäre und auf die Menge so mit Wohlgefallen gesehen hätte. Als er wieder wegfuhr, war alles eine Stimme: Lange noch lebe unser Vater! Und ein großer Strom begleitete Ihn. Abends wurde ein Feuerwerk veranstaltet, wobei die Worte brannten: Es lebe Friedrich der beste König!

Dem ist nun rein gar nichts von meiner Seite hinzuzufügen! Zum Beschluss möchte ich es aber nicht versäumen, Ihnen noch mit ein paar dürftigen Worten die Hauptfragen meiner Philosophie zu umschreiben, worum Sie mich baten. Meiner Ansicht nach muss jede engagierte Philosophie die folgenden vier Fragen beantworten: 1. Was kann ich wissen? 2. Was soll ich tun? 3. Was darf ich hoffen? Und 4. Was ist der Mensch? Mit andern Worten, mein lieber Freund: genau die vier Fragen, die sich auch ein jeder seiner Verantwortung bewusste Küchenmeister stellen muss, bevor er sich daranmacht, für die Großen und Mächtigen unserer Welt zu kochen. In der Hoffnung auf weitere erquickliche Nachrichten von Ihnen, werter Herr, verbleibe ich als Ihnen treulich ergebener

I. Kant, Königsberg.

1755 hatte Langustier Kants erstes Buch über die Sterne gelesen und seither versucht, dem König durch gelegentlich eingestreute Bemerkungen eine bessere Meinung von dem gelehrten Mann zu verschaffen. Behutsam, als handelte es sich um eine Rindenschrift aus den Gräbern der alten Babylonier, faltete Langustier den Brief wieder, legte ihn auf die Seite und nahm ein zweites Schreiben aus dem Stapel, bei welchem er ebenfalls sofort den Absender erkannte.

In der Hoffnung, Ihnen, wertester Herr, bei Gelegenheit einer freudigen Nachricht schreiben zu können, hielt ich die ganze Zeit mit einem Briefe zurück. Nunmehr, da für uns nach Lessings Tod hier ein Jahr lang alle Hoffnung in Trauer sich verwandelt und mich des Königs Schrift über die deutsche Literatur mit seiner Abkanzelung meines Götzen in eine arge Schlucht der dunklen Gefühle gestürzt hat, muss ich mich förmlich am eigenen Schopfe packen und aus dem Sumpfe der Lethargie ziehen, um Ihnen endlich meinen schuldigen Dank zu sagen für die extraordinäre Sendung märkischer Geschiebe und Petrefakten! Besonders die Knochen der eiszeitlichen Pferde, die Sie geruhten, mir selbstlos zu überstellen, sind mir mehr als begehrt und werden demnächst in die hiesigen herzoglichen Sammlungen einziehen. Falls Sie einen Schädel finden, so senden Sie ihn doch auch! Seit ich das neue, große Haus am Frauenplan bezogen habe, tun sich auch für meine häuslichen Studien immer mehr Möglichkeiten der Expansion vor mir auf, und ich gedenke wohl, das kleine Garten-Häusgen zu einem geognostischen oder osteologischen oder auch botanischen Laboratorium und Privat-Kabinett zu machen. Am allerliebsten alles zusammen! Ich wünsche Ihnen von Herzen Gesundheit (was mir angesichts des schrecklichen Schnuppens, mit dem der Herzog hier sein ganzes Geheimes Konsilium inklusive meinerselbst infiziert hat, nur umso aufrichtiger von der Seele geht) und lege als kleine erheiternde Gegengabe eine winzige Entgegnung auf des Königs Schrift über die deutsche Literatur bei. Sie mögen sie lesen und anschließend verbrennen oder aber auf irgendeinem, nur Ihnen möglichen Wege (vielleicht als Bittsteller verkleidet?), Seiner Majestät in die knochige Hand drücken. Seine Schrift hat vor der drögen und langweiligen Mendelssohn’schen Deutschen Litteratur immerhin den Vorzug der absoluten Ignoranz, dito Ungerechtigkeit, veritablen Maßlosigkeit und fulminanten...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2015
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Berliner Schloss • Friedrich der Große • historischer Krimi • Krimi • Preußen
ISBN-10 3-8393-6150-8 / 3839361508
ISBN-13 978-3-8393-6150-4 / 9783839361504
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