Gesammelte Werke: Lustspiele und Tragikomödien (eBook)

Der Misanthrop + Tartuffe + Die erzwungene Heirath + Der Geizige + Die Schule der Frauen + Die Schule der Ehemänner + George Dandin + Der eingebildete Kranke + Die Zierpuppen
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2015 | 1. Auflage
590 Seiten
e-artnow (Verlag)
978-80-268-3307-9 (ISBN)

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Gesammelte Werke: Lustspiele und Tragikomödien -  Jean Baptiste Molière
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Dieses eBook: 'Gesammelte Werke: Lustspiele und Tragikomödien' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Molière (eigentlich Jean-Baptiste Poquelin; 1622-1673) war ein französischer Schauspieler, Theaterdirektor und Dramatiker. Er ist einer der großen Klassiker und machte die Komödie zu einer der Tragödie potenziell gleichwertigen Gattung. Vor allem erhob er das Theater seiner Zeit zum Diskussionsforum über allgemeine menschliche Verhaltensweisen in der Gesellschaft. Inhalt: Der Geizige Die Schule der Frauen Die Schule der Ehemänner George Dandin Der eingebildete Kranke Der Misanthrop Die Zierpuppen Tartuffe Die erzwungene Heirath

Erster Akt


Erste Scene


Valère. Elise.

Valère. Wie, meine teure Elise, ich sehe Euch nachdenklich und sorgenvoll, nachdem Ihr eben die Großmut hattet, mich Eurer Treue zu versichern? Muß ich Euch, – ach! – mitten in meiner Freude seufzen sehn? Ist’s Euch leid, mich glücklich gemacht zu haben? Und bereut Ihr das Versprechen, zu dem meine Leidenschaft euch überredet hat? – Elise. Nein, Valère, ich kann nichts bereuen, was ich für Euch gethan habe; ich fühle mich durch eine zu sanfte Gewalt dazu hingezogen, und kann nicht einmal wünschen, daß dies alles nicht geschehen wäre. Aber wenn ich Euch die Wahrheit gestehn soll, unser bisheriger Erfolg beunruhigt mich, und ich fürchte zuweilen, ich liebe Euch mehr als ich sollte.

Valère. Aber, geliebte Elise, was könnt Ihr von Eurer Güte gegen mich besorgen? – Elise. Ach, hunderterlei: den Zorn meines Vaters, die Vorwürfe der Familie, das Urteil der Welt: mehr aber als dies alles, Valère, die Wandelbarkeit Eures Herzens, und die schnöde Kälte, mit der ihr Männer so oft die zu warmen Äußerungen einer unschuldigen Neigung vergeltet.

Valère. Um alles in der Welt, thut mir nicht das Unrecht an, mich nach andern zu beurteilen. Traut mir alles Mögliche zu, teure Elise, nur nicht, daß ich meine Pflicht gegen Euch vergessen könnte. Dazu liebe ich Euch zu sehr, und meine Liebe wird nur mit meinem Leben erlöschen! – Elise. Ach, Valère, das sagt jeder. Alle Männer gleichen sich in ihren Reden, und nur ihre Thaten unterscheiden sie.

Valère. Wenn wir denn nur an unsern Thaten erkannt werden, so wartet wenigstens, bis Ihr mein Herz nach meinem Thun beurteilen könnt, und laßt Eure ungerechte Furcht, die nur auf einer melancholischen Voraussicht beruht, mir nicht Verbrechen andichten, die meiner Seele fern liegen. Erspart mir, ich bitte Euch, die tödlichen Dolchstiche eines kränkenden Verdachts, und gönnt mir Zeit, Euch durch tausend und aber tausend Beweise von der Aufrichtigkeit meiner Liebe zu überzeugen.

Elise. Wie leicht läßt man sich überreden, wenn man liebt! Ja, Valère, ich halte Euch für unfähig, mich zu betrügen; ich glaube, daß Ihr mich wirklich liebt, und mir treu bleiben werdet, ich will nicht länger zweifeln, und meinen Kummer auf die Furcht vor dem Tadel beschränken, der mich treffen wird.

Valère. Was aber habt Ihr zu fürchten? – Elise. Nichts, Valère, wenn die ganze Welt Euch mit meinen Augen ansähe; und ich finde in Eurem Wesen die beste Berechtigung für mich, zu handeln, wie ich’s thue. Meine Herzenswahl wird gerechtfertigt durch Euer Verdienst, und stützt sich überdem auf eine Dankbarkeit, zu der der Himmel selbst mich gegen Euch verpflichtet hat. Jede Stunde denke ich an die entsetzliche Gefahr, in der wir uns zuerst einander begegneten; an die bewunderungswürdige Großmut, mit der Ihr Euer Leben wagtet, um das meinige den tobenden Wellen zu entreißen; an die zärtliche Sorgfalt, die Ihr mir erwies’t, nachdem Ihr mich aus den Fluten gerettet, und an die fortdauernd dargebrachte Huldigung Eurer Liebe, die weder Zeit noch Schwierigkeiten erschüttern konnten, und die Euch dazu gebracht hat, Eltern und Heimat zu verlassen, und hier zu verweilen. Seid Ihr doch, um mich sehn zu können, so weit gegangen, einen Dienst im Hause meines Vaters anzunehmen! Das alles mußte einen unwiderstehlichen Eindruck auf mich machen, und ist in meinen Augen mehr als hinreichend, um das Versprechen zu rechtfertigen, das ich gestern eingegangen bin: aber es genügt vielleicht nicht für die übrige Welt, und ich bin nicht sicher, ob diese meine Gesinnungen billigen wird.

Valère. Von allem, was Ihr eben angeführt habt, ist es nur meine Liebe, durch die ich hoffe etwas bei Euch zu gelten; und was Eure sonstigen Zweifel betrifft, sorgt leider Euer Vater selbst am besten dafür, Euch vor der ganzen Welt zu rechtfertigen; denn sein übertriebener Geiz und die Strenge, mit der er seine Kinder behandelt, könnten noch ganz andre Dinge entschuldigen. Verzeiht mir, geliebte Elise, wenn ich so vor seiner Tochter spreche; Ihr wißt, man kann ihn in dieser Beziehung nicht loben. Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, meine Eltern wieder zu finden, und wenn mir das gelingt, wird es nicht schwer sein, ihn für uns zu gewinnen. Ich erwarte mit Ungeduld Nachrichten von ihnen, und will, wenn diese nicht bald eintreffen, mich selbst aufmachen, um sie mir zu holen.

Elise. Ach, Valère, ich bitte Euch, verlaßt mich nicht und denkt nur darauf, Euch bei meinem Vater in Gunst zu erhalten.

Valère. Ihr seht ja, wie mir’s bisher gelungen ist, und durch welche geschickte Nachgiebigkeit ich es durchgesetzt habe, in seinen Dienst zu kommen; wie ich unter der Maske gleicher Neigungen und Gesinnungen es dahin gebracht habe, ihm zu gefallen, und welche Rolle ich täglich spiele, um mir seine Gewogenheit zu sichern. Ich habe auch schon die überraschendsten Fortschritte in seiner Gunst gemacht und überzeuge mich, daß es kein besseres Mittel giebt sich bei den Menschen beliebt zu machen, als mit ihren eignen Ansichten vor ihnen schön zu thun, ihre Grundsätze zu verteidigen, ihren Fehlern zu huldigen und alles zu bewundern, was Sie thun. Man braucht nicht zu fürchten, diese Geschmeidigkeit könnte ihnen übertrieben erscheinen; die Art, wie man sie zum besten hat, mag noch so augenscheinlich sein, – selbst die Klügsten sind einem Schmeichler gegenüber die Allerverblendetsten, und es giebt nichts so Widersinniges und Abgeschmacktes, das sie nicht verschlucken, wenn man es mit Lob zu würzen versteht. Freilich kommt die Ehrlichkeit ein wenig zu kurz bei dem Handwerk, das ich jetzt treibe; aber wenn man die Leute braucht, muß man sich schon nach ihnen richten; und da man sie nur auf diese Weise gewinnen kann, sind nicht die Schmeichler die Schuldigen sondern sie selbst, die geschmeichelt sein wollen.

Elise. Warum bemüht ihr Euch aber nicht auch um den Beistand meines Bruders für den Fall, daß Frau Claude unser Geheimnis verraten sollte?

Valère. Das läßt sich nicht vereinigen; Vater und Sohn sind in ihrer Gesinnung so gründlich verschieden, daß es mir unmöglich scheint, sich mit beiden gut zu stehn. Ihr aber, teure Elise, thut das Eurige bei Eurem Bruder, und benutzt seine Freundschaft für Euch, um ihn in unser Interesse zu ziehn. Er kommt und ich entferne mich. Der Augenblick ist günstig; sprecht mit ihm, und entdeckt ihm von unserm Verhältnis so viel Euch ratsam scheint.

Elise. Ich weiß noch nicht, ob ich den Mut haben werde, mich ihm anzuvertrauen.

Zweite Scene


Cléanthe. Elise.

Cléanthe. Es ist mir lieb dich allein zu treffen, Schwester, denn ich konnte es nicht erwarten mit dir zu sprechen, um dir ein Geheimnis mitzuteilen.

Elise. Ich bin ganz Ohr, lieber Bruder. Was hast du mir zu sagen? – Cléanthe. Sehr viel, Schwester. Und doch umschließt das alles ein einziges Wort: ich liebe.

Elise. Du liebst? – Cléanthe. Ja, ich liebe. Ehe ich aber fortfahre – ich weiß, daß ich einen Vater habe, von dem ich abhänge, und daß der Name Sohn mich seinem Willen unterwirft; daß wir unser Herz nicht ohne die Einwilligung uns’rer Eltern verschenken dürfen; daß der Himmel sie als Gebieter über uns’re Wünsche eingesetzt hat, und daß es uns’re Pflicht ist, uns ihrer Führung zu überlassen; daß sie, von seiner thörichten Leidenschaft beherrscht, in der Lage sind, sich weit weniger als wir selbst zu täuschen, und viel besser zu beurteilen, was uns frommt; daß wir uns sicherer auf ihre Einsicht und ihr Urteil verlassen können, als auf uns’re Leidenschaft, und daß die stürmische Heftigkeit der Tugend uns nur zu oft in die gefährlichsten Abgründe stürzt. Das alles sage ich dir, meine gute Schwester, damit ich dir die Mühe erspare, es mir zu sagen, – denn meine Liebe will nichts hören, und ich bitte dich, mich mit allen Gegenvorstellungen zu verschonen.

Elise. Hast du dich schon mit deiner Geliebten verlobt, Bruder?

Cléanthe. Nein, aber ich bin dazu entschlossen, und ich beschwöre dich noch einmal, komme mir nicht mit Gründen, um mir’s auszureden.

Elise. Hältst du mich denn für so wunderlich?

Cléanthe. Nein, Schwester; aber du liebst nicht; du weißt nichts von der süßen Gewalt, die eine zärtliche Neigung über unser Herz hat, und ich fürchte dein besonnenes Urteil.

Elise. Ach, Bruder, sprechen wir nicht von meiner Besonnenheit; es giebt niemand, den sie nicht einmal im Stich ließe, und wenn ich dir mein Herz eröffnen wollte, würde ich dir vielleicht sehr viel unbesonnener vorkommen als du dir selbst.

Cléanthe. O, wollte doch Gott, deine Seele, wie die meinige, wäre …

Elise. Sprechen wir nur zuerst von deinen Angelegenheiten, und sage mir, wen du liebst? – Cléanthe. Ein junges...

Erscheint lt. Verlag 15.3.2015
Übersetzer Wolf Heinrich Graf von Baudissin
Verlagsort Prague
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Anthologien
Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Barock • Goethe • Jean Racine • Pierre Corneille • Schiller • Shakespeare
ISBN-10 80-268-3307-4 / 8026833074
ISBN-13 978-80-268-3307-9 / 9788026833079
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