Die Rosenfrauen (eBook)

Roman
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2015 | 1. Auflage
480 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-15722-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Rosenfrauen -  Cristina Caboni
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Ein Parfüm ist wie ein Versprechen ...
Elena Rossini hat ein besonderes Talent für Düfte, denn sie stammt aus einer Familie begnadeter Parfümeurinnen. Lange hat sie sich dagegen gesträubt, die Tradition fortzusetzen. Doch als Elenas Leben plötzlich zerbricht, beschließt sie kurzerhand, sich ihrem Schicksal zu stellen: Sie will herausfinden, was sich hinter dem »perfekten Parfüm« verbirgt, das eine ihrer Ahninnen entdeckt haben soll. Die Suche danach führt Elena in die Toskana und die Provence, in die Vergangenheit ihrer Familie, vor allem aber zu sich selbst - und zur Liebe ...

Cristina Caboni lebt mit ihrer Familie auf Sardinien, wo sie Bienen und Rosen züchtet. Ihr Debütroman Die Rosenfrauen verzauberte die Leser weltweit und stand in Deutschland wochenlang auf der Bestsellerliste. Ihr zweiter Roman Die Honigtöchter, der auf ihrer Heimatinsel spielt, und Die Oleanderschwestern waren ebenfalls große Erfolge. Der Zauber zwischen den Seiten ist nun Cristina Cabonis viertes Buch, das in der faszinierenden Welt der Bücher spielt.

1.

Eichenmoos. Intensiv, durchdringend, ursprünglich. Der Duft der Beständigkeit und der Kraft. Vertreibt die Enttäuschung, die die Seele überflutet, wenn einem bewusst wird, dass man sich der Illusion von Sicherheit hingegeben hat. Dämpft die Sehnsucht nach dem, was hätte sein können, aber nicht gewesen ist.

Vom Arno stieg ein muffiger Geruch auf. Er erinnerte an verschimmeltes Mehl und verursachte ihr einen leichten Ekel, genau wie die Enttäuschung, die sie überkam.

Elena Rossini wich zurück, die Arme fest vor der Brust verschränkt.

Der Strom vor ihr floss langsam und träge dahin, fast ausgetrocknet von einem nicht enden wollenden Sommer, in dem es kaum geregnet hatte.

»Nicht mal Sterne am Himmel«, murmelte sie, nachdem sie eine ganze Weile nach oben gestarrt hatte.

Hin und wieder erhellte ein schmaler Lichtstrahl die milde Septembernacht und ließ die verchromten Oberflächen der Vorhängeschlösser glänzen, die verliebte Paare an der Brücke befestigt hatten. Dicht an dicht hingen sie am Eisengitter des Geländers, wie die Gedanken, die sich in Elenas Gehirn drängten.

Sie fuhr mit dem Zeigefinger über eines der Schlösser, mit dem die Verliebten ihre Liebe besiegelten und sie vor den Tücken des Alltags zu bewahren versuchten.

Matteo hatte ein besonders robustes Exemplar ausgesucht, vor ihren Augen den Bügel zugedrückt und dann den Schlüssel in den Fluss geworfen. Elena konnte sich noch genau an den Geschmack des Kusses erinnern, den er ihr damals gegeben hatte, kurz bevor er sie gefragt hatte, ob sie mit ihm leben wollte.

Sie zuckte zusammen.

Jetzt war er ihr Ex-Verlobter … ihr Ex-Partner, ihr Ex in so vielem.

Sie schlang die Arme noch fester um ihren Körper, um den Schauder zu vertreiben, und ging los. Bevor sie sich endgültig auf den Weg zur Piazzale Michelangelo machte, warf sie einen letzten Blick auf die lange Reihe der Symbole der ewigen Treue. Schon bald würde hier ein neues Schloss hängen, darauf könnte sie wetten. Ein nagelneues vergoldetes, wenn sie ihren Ex-Verlobten richtig einschätzte.

Matteo und Alessia … So hieß die neue Köchin, jene Frau, die ihren Platz eingenommen hatte. Jene Frau, die Elena in einem Anflug von Naivität für ihre Freundin gehalten hatte. Für einen kurzen Augenblick sah sie die beiden wieder vor sich, wie sie sich übereinander beugten und sich das anvertrauten, was anscheinend sonst niemand auf der Welt verstand.

Wie hatte sie nur so dumm sein können?

Sie hätte es erkennen müssen. Aber Matteo war wie immer gewesen, sein Verhalten ihr gegenüber hatte sich nicht verändert. Gerade das machte sie so wütend. Es war fürchterlich ungerecht. Er hatte ihr keine Chance gegeben.

Sie ging jetzt schneller, als wollte sie das Bild hinter sich lassen, das sie vor Augen hatte. Aber auch das war sinnlos, denn die Szene ließ sie nicht los, wie ein Standbild in einem Film.

Elena hatte damals das kleine Restaurant betreten, in dem Matteo Geschäftsführer war. Üblicherweise war er zu dieser Zeit in der Küche, um die Speisekarte durchzusprechen. Dieses Mal war es jedoch anders: Elenas Blick fiel auf zwei nackte, im Fitnessstudio gestählte Pobacken. Durch den Schock wie gelähmt, starrte sie die beiden im ersten Moment einfach nur an, dann gaben ihre Knie nach, und sie musste sich am Türpfosten festhalten, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Matteo und Alessia sprangen blitzartig auf und versuchten ihre Blöße zu bedecken, so gut es eben ging.

Starre Blicke. Totenstille. Nur der keuchende Atem der beiden Ertappten war zu hören.

Elena war unfähig zu sprechen, sie zeigte nur stumm auf den Deckel, den Matteo immer noch schützend vor sich hielt.

Erschrocken wich er einen Schritt zurück.

Aber Elena blieb reglos stehen und versuchte zu verstehen, was sie da gerade erlebte. Nach und nach gelang es ihr schließlich, ihr Gedankenchaos zu ordnen.

»Was zum Teufel habt ihr da gemacht?«, brüllte sie.

Später hatte sie sich für diese dämliche Frage geschämt, eigentlich hätte sie sehr viel mehr sagen und vor allem etwas ganz anderes tun wollen. Es war völlig klar, was die beiden da auf dem Küchentisch getrieben hatten. Das hätte selbst eine Blinde bemerkt, und sie konnte sehr gut sehen. Und noch besser riechen.

Der anfangs bestürzt wirkende Matteo wurde aggressiv. Er ließ den Deckel fallen und zog sich rasch die Hose hoch.

Wenn ihr nicht jeder Sinn für Humor abhandengekommen wäre, hätte Elena über die groteske Szene lauthals gelacht. Stattdessen blieb sie mit geballten Fäusten und wild klopfendem Herzen stehen; zutiefst verletzt und empört wartete sie darauf, dass Matteo etwas sagte.

Doch er machte sich nicht einmal die Mühe, etwas abzustreiten. Weder ein »Es ist nicht so, wie es aussieht, mein Schatz« noch ein »Ich kann dir das alles erklären«.

»Was machst du hier? Wieso bist du nicht in Mailand?«, fauchte er sie stattdessen an.

Auf einmal war sie völlig durcheinander. Sollte sie sich etwa rechtfertigen? Sie hatte sich nicht gut gefühlt und war deshalb früher zurückgefahren. Aber sie hatte ihm nicht Bescheid gesagt.

Sie war bis ins Mark erschüttert, sie wollte erwidern: »Wie konntest du mir das nur antun?«

Noch eine falsche Frage.

Schweigen, Verwirrung, Ohnmacht und schließlich Wut. Worte waren noch nie ihre Stärke gewesen, und in diesem Moment war sie völlig neben der Spur. Deshalb löste sie ihren Blick von ihm und starrte Alessia an, als ob sie von ihr eine Erklärung erwartete für etwas, das offensichtlich war. Sie hätte die andere ohrfeigen, sie windelweich schlagen sollen. Hatte sie denn nicht kapiert, was sie da gerade getan hatte?

Matteo war seit mehr als zwei Jahren ihr Verlobter, und eines Tages wollten sie heiraten. Zwar hatte er ihr bisher keinen offiziellen Antrag gemacht, aber wohnten sie nicht zusammen? Hatte sie nicht einen großen Teil ihrer Ersparnisse in dieses Restaurant gesteckt?

Ihre Träume, ihre Pläne – geplatzt … Alles vorbei!

»Jetzt reg dich nicht so auf, das bringt doch nichts. Solche Sachen passieren eben.«

Solche Sachen passieren eben?

In diesem Moment erreichte ihre Empörung den Höhepunkt, und anstatt von seinem Verrat völlig am Boden zerstört zu sein, spürte sie eine unbezähmbare Wut in sich, die sich ihren Weg bahnte. Eine gusseiserne Pfanne flog auf das Paar zu, das sich gerade noch hinter dem Tisch in Sicherheit bringen konnte. Das metallene Scheppern auf den Bodenfliesen bildete den Schlussakkord des Ganzen.

Daraufhin hatte Elena sich umgedreht und alles hinter sich gelassen, was sie noch vor wenigen Augenblicken für ihre Zukunft gehalten hatte.

Ein Lachen in der Nähe riss sie aus ihren Gedanken und machte einer bittersüßen Erkenntnis Platz, eine vage Erinnerung, die ihr einen Hauch von Genugtuung verschaffte.

Ihrer Großmutter hatte Matteo Ferrari nie gefallen.

Sie hingegen hatte ihn vergöttert. Sie hatte alles für ihn getan, hatte ihn unterstützt, ihm gedient … Ja, das war es. Sie hatte ihm gedient, so wie es eine gute Partnerin ihrer Meinung nach tun sollte. Nichts sollte ihre Beziehung gefährden, so hatte sie es jedenfalls beschlossen. Oberflächlichkeiten, lose Bindungen ohne Perspektive waren nichts für sie, so etwas hatte sie noch nie interessiert. Matteo war genau der Mann, den sie brauchte. Er wollte eine Familie, er liebte Kinder über alles. Beides war für sie besonders wichtig und daher der entscheidende Grund, weswegen sie ihn schlussendlich ausgewählt, die Schattenseiten ihrer Beziehung akzeptiert und sich nie beschwert hatte.

Trotzdem hatte er sie betrogen.

Das war das Schlimmste. Sie hatte sich wirklich bemüht, hatte alles aufs Spiel gesetzt, so viel investiert. Und das Ergebnis? Mehr als enttäuschend.

Eine Katastrophe.

In dieser Nacht waren viele Menschen unterwegs. Die Altstadt von Florenz ging erst in den frühen Morgenstunden schlafen. Auf den Plätzen tummelten sich Künstler, Studenten und Touristen, die im Schein der Straßenlaternen miteinander plauderten oder sich in der einen oder anderen dunkleren Ecke näherkamen.

Elena ließ ihren Erinnerungen freien Lauf und tauchte in die vertrauten Gerüche des Viertels Santa Croce ein. Sie kannte selbst die kleinsten Unebenheiten der engen Gassen, jeden einzelnen im Laufe der Jahrhunderte ausgetretenen Pflasterstein. Die Umrisse der Häuser zeichneten sich vor ihren müden Augen ab. Die Leuchtreklamen der Geschäfte strahlten im Dunkel der Nacht. Nichts schien sich verändert zu haben. Sie war verblüfft über das Glücksgefühl, das sie beim Anblick der vertrauten Umgebung empfand, denn damit hatte sie nicht gerechnet.

Ein Jahr, überlegte sie, sogar mehr als ein Jahr war sie nicht im Haus ihrer Großmutter gewesen. Das Viertel war für lange Zeit ihre Welt gewesen. Sie hatte die katholische Mädchenschule in der Via Della Colonna besucht und danach das Gymnasium, das nur wenige Schritte vom Haus der Rossinis entfernt lag. Durch die Fenster hatte sie die anderen Kinder spielen sehen.

Keines von ihnen wusste etwas über Parfüm. Sie hatten weder je einen Destillierkolben gesehen noch konnten sie sich vorstellen, dass Fett Gerüche absorbiert.

Für sie hatten Begriffe wie Essenzen, egal ob natürliche oder künstliche, reine oder gemischte, keinerlei Bedeutung.

Dafür hatten sie alle einen Vater und eine Mutter.

Anfangs hatte sie...

Erscheint lt. Verlag 22.6.2015
Reihe/Serie Die Frauen der Familie Rossini
Übersetzer Ingrid Ickler
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Il sentiero dei profumi -
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Blumen • Duft • eBooks • Familiensaga • Frauenromane • Italien • kleine geschenke für frauen • Lavendelzimmer • Liebesromane • Parfum • Parfum, Duft, Rose, Paris, Italien, Blumen, Lavendelzimmer • Paris • Romane für Frauen • rose • spiegel bestseller • SPIEGEL-Bestseller
ISBN-10 3-641-15722-6 / 3641157226
ISBN-13 978-3-641-15722-7 / 9783641157227
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