Die zehn wichtigsten Fragen des Lebens in aller Kürze beantwortet (eBook)

eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
254 Seiten
DuMont Buchverlag
978-3-8321-8822-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die zehn wichtigsten Fragen des Lebens in aller Kürze beantwortet -  Gregor Eisenhauer
Systemvoraussetzungen
8,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Fragen, die ihr Leben verändern werden Wir leben oft so, als hätten wir unbegrenzt Zeit. Doch so ungern wir uns die Endlichkeit unserer Existenz vor Augen führen, so gut könnte uns der Mut zum Hinschauen tun. Dann würden wir uns nämlich die wichtigen Fragen des Lebens stellen. Was ist der Sinn meines Lebens? Was ist richtig, was falsch? Bin ich glücklich? Was soll ich tun? Für wen soll ich es tun? Seit über zehn Jahren schreibt der promovierte Philosoph Gregor Eisenhauer Nachrufe, nicht auf berühmte Männer und Frauen der Zeitgeschichte, sondern auf ganz normale Menschen. Eine Aufgabe, die sein Leben veränderte und ihn zu diesem Buch inspirierte. Denn seine Stippvisiten in den Schicksalen der anderen zeigten ihm, was am Ende wirklich zählt im Leben. 1. SELBST DENKEN? ODER DENKEN LASSEN? 2. DER SINN DES LEBENS? 3. BIN ICH GLÜCKLICH? 4. BIN ICH SCHÖN? 5. WAS IST WAHR? WAS IST FALSCH? 6. WAS SOLL ICH TUN? 7. FÜR WEN SOLL ICH ES TUN? 8. GIBT ES GOTT? 9. WER IST MEIN SCHUTZENGEL? 10. GIBT ES EIN LEBEN NACH DEM TOD?

Gregor Eisenhauer, geboren 1960, hat Germanistik und Philosophie studiert und über Arno Schmidt promoviert. Er lebt als freier Schriftsteller in Berlin und schreibt u. a. Nachrufe für den Tagesspiegel. Zuletzt erschienen >Die 10 wichtigsten Fragen des Lebens - in aller Kürze beantwortet< und >Wie wir alt werden, ohne zu altern. 7 Ideen gegen die Verholzung des Denkens< bei DuMont. Gregor Eisenhauer, geboren 1960, hat Germanistik und Philosophie studiert und über Arno Schmidt promoviert. Er lebt

I. SELBST DENKEN ODER DENKEN LASSEN?

Viele Menschen würden eher sterben als denken.
Und in der Tat: Sie tun es.

Bertrand Russell

Vor dreizehn Jahren sprach mich mein Freund David an und fragte, ob ich nicht Nachrufe für ihn schreiben wolle. David ist Redakteur und arbeitet für die Berliner Zeitung Der Tagesspiegel. Jeden Freitag erscheint dort im Lokalteil eine Seite, auf der verstorbene Berliner porträtiert werden. Keine Berühmtheiten. Ganz gewöhnliche Menschen. David wusste, ich bin Schriftsteller, er wusste auch, dass ich kein sonderlich erfolgreicher Schriftsteller bin, aber das konnte nicht der Grund seiner Nachfrage sein. Das Honorar, das er mir anbot, war bescheiden, aber die Herausforderung schien spannend. »Was genau soll ich tun?«, fragte ich. »Du schreibst über tote Menschen.« – »Berühmte Menschen?«, fragte ich nach, denn ich kannte die Seite bis dahin noch nicht. Er sah mich mit einem Blick an, der mich fast hätte erröten lassen. David hat zuweilen etwas Oberlehrerhaftes, vermutlich weil sein Vater Kabarettist war, der berühmteste Kabarettist der DDR, das hat seinen Sohn ein wenig für den verzeihenden Humor verdorben.

»Natürlich nicht. Keine Prominenz. Alltagstote. Prominenz kann jeder.« Er wusste, damit hatte er mich am Haken.

»Und wie soll das ablaufen?« – »Ich gebe dir Namen und Telefonnummer des Angehörigen. Du vereinbarst ein Gespräch. Dann schreibst du den Text. 4000 Zeichen. Zwei bis drei Schreibmaschinenseiten.«

»Für ein ganzes Leben?!«, fragte ich erstaunt nach.

»Du wirst Schwierigkeiten haben, die Seiten zu füllen«, warnte er mich. Vermutlich lächelte ich etwas überheblich, denn er setzte noch ein warnendes »Warte es ab!« hinzu.

An den ersten Fall erinnere ich mich nicht mehr genau. Ich weiß, dass ich etwas befangen war. Wer geht schon gern in ein Haus der Trauer? Auf der Hinfahrt versuchte ich, die Situation in Gedanken durchzuspielen. Was mache ich, wenn er oder sie anfängt zu weinen? Welche Fragen soll ich stellen? Darf ich neugierig sein oder soll ich die Angehörigen einfach nur erzählen lassen? Gibt es Dinge, die ich nicht ansprechen soll? Und wie finde ich das heraus?

Es kam ganz anders als gedacht. Ein großes Haus in einer gutbürgerlichen Gegend. Die Wohnung im ersten Stock. Die Einrichtung ein wenig kühl. Es war am frühen Abend. Der Hausherr bat mich herein und bot mir ein Wasser an. Die Geschichte war traurig und schnell erzählt. Der Mann hatte seine Frau verloren. Eine schwere Krankheit. Ihm war viel Zeit geblieben, sich von ihr zu verabschieden. Das machte den Verlust nicht leichter.

Was erzählt man von dem Menschen, den man liebte, den man hat sterben sehen? Was sollen die anderen über ihn erfahren? Was diese Frau geleistet hat, wen sie geliebt, wen sie gehasst hat? Wo sie gern spazieren ging, was sie noch erleben wollte? Die Marke ihres Lippenstifts, ihres Parfums? Wie sie ihren Mann kennenlernte, wann sie das erste Mal von Liebe sprach? Es gibt tausend Fragen, zuweilen fällt einem nicht eine einzige ein. Was waren ihre Hobbys? Ihre Lieblingsbilder, Lieblingsbücher, Lieblingsmusiker? Hat sie die Wohnung nach ihrem Geschmack eingerichtet oder sich lieber dem Geschmack ihres Mannes gebeugt? Wovon träumte sie? Empfand sie ihr Schicksal als ungerecht?

Der Mann weinte nicht. Ich habe es sehr selten erlebt, dass Freunde oder Angehörige weinten, wenn sie über die Verstorbenen redeten. Ich glaube, das liegt an der speziellen Gesprächssituation. Die Angehörigen wollen Auskunft erteilen. Sie wollen, dass dieser Mensch nicht vergessen wird. Sie haben sich eine Aufgabe gestellt, die keine Verzweiflung aufkommen lässt. In kurzen Momenten des Innehaltens schon. Wenn das Bild des oder der Verstorbenen plötzlich auftaucht und er sie vor sich sieht, oder sie ihn, wie er gelacht oder geweint hat oder wie sie ihn ansah zum Abschied. Aber das geht schnell vorbei. Die Trauer bleibt, aber sie macht sich nützlich.

Wer war dieser Mensch? Die Frage ist auch dann nicht einfach zu beantworten, wenn dreißig Jahre Ehe hinter einem liegen. Der Mann schien ein wenig im Zweifel, ob ich mir wirklich ein Bild von seiner Frau hatte machen können. Und zugegeben, ich selbst war auch im Zweifel. Wir verabschiedeten uns freundlich. Man ist auf seltsame Weise verbunden nach einem so intensiven Gespräch.

Auf der Rückfahrt geriet ich ins Grübeln. Die Menschen sind ganz anders. Anders, als ich sie bisher in meinen Büchern geschildert hatte. Schwieriger. Sympathischer. Als Schriftsteller neigt man zum Karikieren. Das verbat sich jetzt von selbst. Ich musste umdenken, was mir gar nicht so recht war. Es ist einfacher, über die Menschen schlecht zu denken.

Ich weiß nicht, ob mir das Porträt der Frau damals gelungen ist. Diesen ersten Text habe ich für die Arbeit an diesem Buch mit Absicht nicht herausgesucht. Aberglaube. Wer Nachrufe schreibt, wird leicht abergläubisch. Aber David war damals wohl zufrieden, denn seitdem bin ich dabei.

Für die Nachruf-Seite schreiben noch viele andere Autoren. Gute Autoren. Männer und Frauen. Jeder hat seinen eigenen Stil. Was gar nicht so einfach ist, auf so kleinem Raum. Da kommt es auf jedes Wort an. Erschwerend ist: David neigt zum Kürzen, insbesondere der gefühligen Adjektive und tränenerzwingenden Metaphern. Ich hingegen favorisiere den emotionalen Stil. Das führt unsere Freundschaft immer wieder an ihre Grenzen.

Zuweilen erhalten wir fertige Nachrufe von Angehörigen oder Freunden, die den Redakteur bitten, diesen Text doch einfach abzudrucken. David lehnt dann immer sehr höflich ab, mit dem Hinweis, dass wir grundsätzlich alle Texte selbst schreiben. Der wahre Grund ist: Diese Texte sind selten gut. Wenn ein Freund über einen Freund schreibt, dann will er nur Gutes erzählen. Aber das ist kein Porträt. Das ist Schönfärberei. Wenn eine Mutter über ihren verstorbenen Sohn schreibt, oder eine Tochter über ihre todkranke Mutter, dann wird kein böses Wort fallen, aber das ist weniger ein Ausdruck der verstehenden als vielmehr der blinden Liebe. Erst die Schattierungen machen aus einem Bild ein Porträt.

Natürlich schreiben wir nicht schlecht über die Verstorbenen. Das liegt einfach daran, dass eine Vorauswahl stattfindet. Selten ist ein Angehöriger wirklich stolz auf einen Verbrecher in der Familie, insofern werden wir so gut wie nie mit dem Wunsch konfrontiert, über einen schlechten Menschen zu schreiben. Eine der Autorinnen unserer Seite beklagt das so regelmäßig wie heftig. »Wir schreiben immer nur gut über gute Menschen. Aber so ist die Welt doch nicht …« Ich sehe das anders. Über schlechte Menschen gibt es schon viel zu viele Bücher. Schlechte Menschen gelten als interessanter, aufregender und sind viel häufiger im Fernsehen als gute Menschen. Diese Popularität haben sie nicht verdient. Die Mindeststrafe für Schlechtigkeit sollte Vergessen sein. Historiker sind da sicher anderer Auffassung. Aber ich zweifle, ob die akademische Auseinandersetzung mit dem Bösen uns wirklich gelehrt hat, was das Böse ist. Ich persönlich grüble lieber darüber nach, wie Menschen es schaffen, in dieser Welt ein gutes Leben zu führen, ohne anderen dabei zu schaden oder allzu sehr auf die Nerven zu fallen.

Anfangs studierte ich jeden Sonntag die Todesanzeigen, auf der Suche nach interessanten Menschen. Inzwischen melden sich die Verwandten oder Freunde meist von sich aus. Aber hin und wieder sehe ich mir die Anzeigen mit unverminderter Neugier an. Einer Todesanzeige kann man nicht entnehmen, ob ein Mensch gut oder schlecht war. Viele Todesanzeigen sind konventionell, nach Schablone verfertigt, aber viele sind auch sehr individuell gehalten. Die meisten von uns lesen gern Todesanzeigen. Nicht weil wir uns freuen, dass jemand gestorben ist. Sondern weil wir neugierig sind auf das Leben der anderen. Zuweilen horcht man bei einem Gedenkspruch auf, der aus dem Rahmen der zitierten Bibelsprüche fällt, zuweilen irritiert ein Bild, zuweilen überrascht die große Zahl der Menschen, die unterschrieben haben, zuweilen ist es nur das Geburtsjahr. So früh gestorben! So alt geworden! Dazwischen gibt es nichts. Die Tragik des frühen Todes. Das Glück des langen Lebens. Aber so einfach ist es nicht. Viele Menschen leben sehr lange und fragen sich, wozu. Manche Menschen sterben früh und haben anderen doch mehr gegeben als viele, die sehr alt wurden.

Ich kann im Einzelnen nicht begründen, warum mir zuweilen eine Todesanzeige ins Auge sticht und ich sofort zum Telefon greife, um die Angehörigen anzurufen. Nicht immer sind die Menschen froh über unseren Anruf. Manche lehnen entsetzt ab. Aber viele, sehr viele, sind einverstanden, dass wir einen Nachruf schreiben.

In dem einen sehr speziellen Fall, der mir in Erinnerung blieb, weil die Reaktion so kühl war, kam die Ehefrau des Verstorbenen ans Telefon. Ich erzählte ihr kurz, worum es sich bei der Nachrufseite handelt und dass ich gern einen Nachruf über ihren Mann schreiben würde. Sie schnaufte hörbar und beschied mir kurz: »Vergessen Sie ihn!«

Niemand wird mehr etwas von ihm hören. Da bin ich mir sicher. Böse Menschen sind sehr schnell vergessen, es sei denn, sie waren so böse, dass sie die Fantasie der Schriftsteller oder Filmemacher anregen.

Zurück zur Frage: Was unterscheidet einen guten Text von einem schlechten? Es ist die gleiche Frage, die sich auch ein Maler stellt: Wann ist ein Porträt gelungen? Wenn wir die Person erkennen. Warum genügt dann nicht eine Fotografie? Weil wir das Wesen der Person sehen wollen. Klingt pathetisch, aber in diesem Vorwort ist Pathos erlaubt. Das Wesen erkennen wir nicht, wenn wir mit dem Weichzeichner arbeiten, vage gefühlig, wir erkennen es aber auch nicht, wenn wir...

Erscheint lt. Verlag 6.10.2014
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Sonstiges Geschenkbücher
Schlagworte amüsant • Erinnerung • Erkenntnis • Glaube • guter Mensch • humorvoll • Lebensfragen • Lebenshilfe • Lebensphilosophie • Lebensweisheit • Literatur • locker • lustig • Mensch • Nachrufe • Philosophie • Philosophiegeschichte • Ratgeber • Religion und Glaube • Sinn des Lebens • Tagesspiegel • Verantwortung • Wie wir alt werden, ohne zu altern
ISBN-10 3-8321-8822-3 / 3832188223
ISBN-13 978-3-8321-8822-1 / 9783832188221
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
und andere wahre Geschichten

von Noor van Haaften

eBook Download (2024)
Gerth Medien (Verlag)
9,99