Antigone (eBook)

Reclams Universal-Bibliothek

(Autor)

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2014 | 1. Auflage
72 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-960510-4 (ISBN)

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Antigone -  Sophokles
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Die Zuneigung zum Bruder wird ihr zum Verhängnis: Antigone wird auf Befehl Kreons bei lebendigem Leib eingemauert. Sie hatte es gewagt ihren Bruder Polyneikes zu bestatten, der gegen die Heimatstadt Theben ins Feld gezogen war. Damit handelte sie dem Verbot des Königs zuwider. Das 'Recht der Götter' und das 'Recht des Staats' stehen sich in diesem Konflikt unversöhnlich gegenüber. Sophokles' Tragödie aus dem Jahr 442 v. Chr. bringt damit zeitlose Fragen auf die Bühne: Wo sind die Grenzen der Selbstbestimmung des Einzelnen - und wo sind die Grenzen der Verfügungsgewalt des Staates?

Sophokles (496/496 v. Chr. in Kolonos - 406 v. Chr. in Athen) gehört neben Aischylos und Euripides zu den bedeutendsten Tragödiendichtern der Antike. Der Sohn eines Fabrikanten schrieb über 120 Stücke - von denen bis heute nur noch sieben vollständig erhalten sind - und ging im Wettstreit der Dramatiker 24 Mal als Sieger hervor. Aristoteles skizziert Sophokles in seiner »Poetik« als einen Erneuerer des Theaters: Er führte den dritten Schauspieler ein, erweiterte den 12-köpfigen Chor auf 15 und nutzte als Erster gemalte Bühnenkulissen. Sophokles' berühmtes analytisches Drama »König Ödipus« zeigt den im Dialog vollzogenen Erkenntnisprozess des gleichnamigen thebanischen Königs, der im Wissen über den selbst verübten Vatermord und die Heirat der eigenen Mutter endet. In »Antigone« stürzt der Konflikt zwischen weltlichem und religiösem Recht die Protagonistin in ein Dilemma, das sie letzten Endes das Leben kostet. Einige heutige Interpreten erkennen in ihrem Widerstand gegen Kreon einen mutigen Akt zivilen Ungehorsams.

Sophokles (496/496 v. Chr. in Kolonos – 406 v. Chr. in Athen) gehört neben Aischylos und Euripides zu den bedeutendsten Tragödiendichtern der Antike. Der Sohn eines Fabrikanten schrieb über 120 Stücke – von denen bis heute nur noch sieben vollständig erhalten sind – und ging im Wettstreit der Dramatiker 24 Mal als Sieger hervor. Aristoteles skizziert Sophokles in seiner »Poetik« als einen Erneuerer des Theaters: Er führte den dritten Schauspieler ein, erweiterte den 12-köpfigen Chor auf 15 und nutzte als Erster gemalte Bühnenkulissen. Sophokles' berühmtes analytisches Drama »König Ödipus« zeigt den im Dialog vollzogenen Erkenntnisprozess des gleichnamigen thebanischen Königs, der im Wissen über den selbst verübten Vatermord und die Heirat der eigenen Mutter endet. In »Antigone« stürzt der Konflikt zwischen weltlichem und religiösem Recht die Protagonistin in ein Dilemma, das sie letzten Endes das Leben kostet. Einige heutige Interpreten erkennen in ihrem Widerstand gegen Kreon einen mutigen Akt zivilen Ungehorsams.

Antigone

Anmerkungen
Literaturhinweise
Nachwort

Prologos (1–99)

Vor dem Königshaus in Theben, noch vor Tag. Aus dem Palast treten Antigone und Ismene.

ANTIGONE. Ismene, Schwester, gleichem Mutterleib entstammt!

Kennst du nur eines der von Ödipus entsprungnen Leiden,

das Zeus uns beiden nicht im Leben noch erfüllt?

Denn da ist nichts an Schmerz und nichts, was Ate wirkt,

und nichts an Schande und Missachtung, das ich nicht  [5]

in deinen und in meinen Nöten hab gesehn.

Und jetzt – was ist dies wieder – wie man sagt – für ein Erlass,

den jüngst des Heeres Führer an die ganze Stadt ergehen ließ?

Hast du’s vernommen, weißt es oder merkst du nicht,

wie auf die Freunde Unheil zukommt von den Feinden?  [10]

ISMENE. Zu mir ist keine Kunde über unsre Freunde,

Antigone, gekommen, weder bittere noch frohe,

seit wir beraubt sind, beide, beider Brüder,

die, einer durch des andern Hand, an einem Tage fielen.

Und seit vergangne Nacht die Streitmacht der Argeier  [15]

zurück sich zog, weiß ich nichts weiter mehr,

nicht, was mein Glück vergrößert noch mein Leid.

ANTIGONE. Ich konnt’s mir denken! Drum beschied ich dich

vors Hoftor, dass du es alleine hörst.

ISMENE. Tief wühlt dich sichtlich auf die neue Kunde.  [20]

ANTIGONE. Hat Kreon nicht den einen unsrer beiden Brüder

des Grabs gewürdigt und dem andern schmählich es versagt?

Eteokles, sagt man, hat er, wie’s die Ordnung will,

nach Recht und Brauch geborgen in der Erde,

so dass er drunten bei den Toten Ehr genießt.  [25]

Doch Polyneikes’ Leiche, der so kläglich fiel,

– es sei den Bürgern ausgerufen, heißt es – solle keiner

im Grabe bergen und bejammern, nein, man lass

ihn unbestattet, unbeweint, den Beutevögeln  [29]

als leckern Vorrat, wenn sie ihn erspähn, zum Fressgenuss.

Und solches, sagt man, hat der brave Kreon dir

und mir – ich sag: auch mir – verkündet,

und hierher kommt er, um es denen, die’s nicht wissen,

genau zu künden; er erachte diese Sache keineswegs  [34]

für eine Nichtigkeit, nein, jedem, der so etwas tut, dem sei

hier in der Stadt der Tod durch Steinigung durchs Volk bestimmt.

So steht’s für dich, und bald wirst du beweisen,

ob du im Wesen vornehm oder schlecht, trotz edler Eltern.

ISMENE. Was könnt ich, Arme, wenn es denn so steht,

sei’s lösend, sei es knüpfend, dazu tun?  [40]

ANTIGONE. Ob du mit mir dich mühn und handeln willst, erwäg!

ISMENE. Bei welch riskanter Tat? Wo denkst du hin?

ANTIGONE. Ob du den Toten bergen willst im Bund mit meiner Hand?

ISMENE. So willst du ihn begraben, was der Stadt doch untersagt?

ANTIGONE. Ja, meinen Bruder – und den deinen, auch wenn du  [45]

dich weigerst! Niemals zeiht mich einer des Verrats.

ISMENE. Verwegne! Wo doch Kreon es verbietet?

ANTIGONE. Er hat kein Recht, mich von den Meinen fernzuhalten.

ISMENE. Weh mir! Bedenke, Schwester, wie der Vater uns

berüchtigt und verhasst zugrunde ging,  [50]

nachdem er selbstenthüllter Frevel wegen

die beiden Augen selber sich zerstach mit eigner Hand,

wie dann die Mutter und die Frau – zwei Worte braucht’s! –

sich schimpflich nahm das Leben mit geflochtnem Strick,

und wie zum dritten dann die beiden Brüder an dem einen Tag,  [55]

einander tötend, die Unselgen, ein gemeinsam

Verhängnis sich bereitet mit zum Wechselmord erhobner Hand.

Und nun wir zwei, die wir allein noch übrig sind: bedenk,

wie wir aufs schlimmste enden, wenn wir dem Gesetz

zum Trotz der Herrscher Machtgebot umgehn.  [60]

Nein, zu bedenken gilt es, einmal, dass wir Frauen sind

und drum nicht gegen Männer kämpfen können;

und dann, dass wir beherrscht von Stärkern sind

und so auf dieses hören müssen und noch Härteres.

Drum also bitt ich die, die drunten sind,  [65]

mir zu verzeihn, da ich dazu gezwungen werd,

und füg mich denen, die im Staat das Sagen haben. Denn

zu tun, was alle Masse sprengt, hat keinen Sinn.

ANTIGONE. Ich fordre dich nicht auf, und wolltest du es irgendwann

noch tun, nicht wirktest du mit mir zur Freud!  [70]

Nein, denk du nur, wie’s gut dir scheint! Doch ihn

begrab ich. Schön ist mir nach solcher Tat der Tod.

Lieb werd ich bei ihm liegen dann, dem Lieben,

nach frommer Freveltat; denn länger ist die Zeit,

da denen drunten ich gefallen muss als denen hier.  [75]

Denn dort lieg ich für immer; aber du, hältst du’s für richtig,

entehre das, was bei den Göttern hoch in Ehren steht!

ISMENE. Auch ich versag ihm Ehre nicht, jedoch der Bürgerschaft

zum Trotz zu handeln, sehe ich mich außerstand.

ANTIGONE. Du nimm denn dies zum Vorwand! Ich jedoch, ich geh,  [80]

ein Grab dem liebsten Bruder aufzuwerfen.

ISMENE. Weh mir, wie bin in Angst ich um dich Ärmste!

ANTIGONE. Um mich sei dir nicht bang! Bring dein Geschick ins Lot!

ISMENE. Verrat zumindest keinem diese Tat,

verbirg sie im Geheimen, und auch ich will’s tun!  [85]

ANTIGONE. Nein, posaun es aus! Weit mehr noch hass ich dich,

wenn du’s verschweigst, wenn du’s nicht allen kündest!

ISMENE. Du hast ein heißes Herz bei schaurig kalten Dingen.

ANTIGONE. Doch weiß ich: So gefall ich, wem am meisten ich gefallen muss.

ISMENE. Wenn du’s nur könntest! Aber, was unmöglich, strebst du an.  [90]

ANTIGONE. Erst wenn’s an Kraft mir mangelt, wird’s ein Ende haben.

ISMENE. Das, was unmöglich, soll man gar nicht erst erjagen!

ANTIGONE. Wenn du so redest, hass ich dich,

und als zurecht Verhasste wirst du bei dem Toten liegen.

Allein, so lass mich denn und meinen Unverstand  [95]

dies Ungeheure leiden! Denn erleiden werd ich nie

so Schlimmes, dass nicht ehrenvoll mein Tod!

Antigone ab nach der Seite.

ISMENE. Nun, wenn es dir so recht erscheint, so geh! Und wisse dies:

Verrückt zwar gehst du, doch die Lieben liebend auf die rechte Art.

Ismene zurück in den Palast.

Parodos (100–162)

CHOR. Strahl der Sonne! Du schönstes  [Str. 1] 100]

Licht, das dem siebentorigen Theben

je ist aufgegangen zuvor:

Endlich bist du erschienen, o goldenen

Tages Auge, über der Dirke

Fluten hinwandelnd,  [105]

und den Mann mit dem weißen Schild,

der von Argos in voller Rüstung heranschritt,

jagtest du fort, dass er flüchtend davonstob

mit scharf einschneidendem Zügel.

Ihn hatte gegen unser Land geführt  [110]

Polyneikes, der aufbrach aufgrund entzweienden

Streits; jener aber, schrill schreiend

wie ein Adler, kam hochher geflogen ins Land,

es bedeckend mit schneeweißen Schwingen,

mit vielen Waffen  [115]

und rosshaarbuschigen Helmen.

Und stand über den Dächern,  [Gegenstr. 1]

mit blutlechzenden Lanzen rings

umgierend den siebentorigen Mund;

und er zog ab, noch ehe mit unserem Blut  [120]

er die Backen gefüllt und eh noch

die Bekränzung der Türme

der Pechfackeln Feuer ergriff.

Solch ein Getöse des Ares

wucherte ihm um den Rücken, ein hart erfochtener Sieg  [125]

des entgegenkämpfenden Drachens.

Denn Zeus hasst großer Zunge Geprahle

über die Maßen, und da er sie sah

in gewaltigem Strome sich nahen

in übermütigem Stolz auf des Goldes Geklirr,  [130]

da stieß er mit dem Blitzstrahl hinab ihn,

der oben am Ziel, auf den Schranken der Mauern,

zum Siegesjubel schon anhob.

Taumelnd hinunter auf die widerhallende Erde stürzte  [Str. 2]

er, in der Hand die Fackel, der in wütendem Ansturm  [135]

bakchisch rasend heranschnob

mit der Wucht der widrigsten Winde.

Doch es kam anders,

und anderen teilte anderes zu mit harten Schlägen Ares, der große,

der...

Erscheint lt. Verlag 26.3.2014
Reihe/Serie Reclams Universal-Bibliothek
Mitarbeit Kommentare: Kurt Steinmann
Nachwort Kurt Steinmann
Übersetzer Kurt Steinmann
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Antike • Klassiker • Neuübersetzung • Tragödie
ISBN-10 3-15-960510-8 / 3159605108
ISBN-13 978-3-15-960510-4 / 9783159605104
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