Don Karlos, Infant von Spanien. Ein dramatisches Gedicht. Textausgabe mit editorischer Notiz (eBook)
221 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-960038-3 (ISBN)
Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. - 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.
Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. – 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.
Erster Akt
Der königliche Garten in Aranjuez.
Erster Auftritt
KARLOS. DOMINGO.
DOMINGO. Die schönen Tage in Aranjuez
Sind nun zu Ende. Eure königliche Hoheit
Verlassen es nicht heiterer. Wir sind
Vergebens hier gewesen. Brechen Sie
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Dies rätselhafte Schweigen. Öffnen Sie
Ihr Herz dem Vaterherzen, Prinz. Zu teuer
Kann der Monarch die Ruhe seines Sohns –
Des einz’gen Sohns – zu teuer nie erkaufen.
(Karlos sieht zur Erde und schweigt.)
Wär noch ein Wunsch zurücke, den der Himmel
10
Dem liebsten seiner Söhne weigerte?
Ich stand dabei, als in Toledos Mauern
Der stolze Karl die Huldigung empfing,
Als Fürsten sich zu seinem Handkuss drängten.
Und jetzt in Einem – Einem Niederfall
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Sechs Königreiche ihm zu Füßen lagen –
Ich stand und sah das junge stolze Blut
In seine Wangen steigen, seinen Busen
Von fürstlichen Entschlüssen wallen, sah
Sein trunknes Aug durch die Versammlung fliegen,
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In Wonne brechen – Prinz, und dieses Auge
Gestand: Ich bin gesättigt.
(Karlos wendet sich weg.) Dieser stille
Und feierliche Kummer, Prinz, den wir
Acht Monde schon in Ihren Blicken lesen,
Das Rätsel dieses ganzen Hofs, die Angst
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Des Königreichs, hat Seiner Majestät
Schon manche sorgenvolle Nacht gekostet,
Schon manche Träne Ihrer Mutter.
KARLOS (dreht sich rasch um). Mutter!
– O Himmel, gieb, dass ich es dem vergesse,
Der sie zu meiner Mutter machte!
DOMINGO. Prinz!
KARLOS (besinnt sich und fährt mit der Hand über die Stirne).
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Hochwürd’ger Herr – ich habe sehr viel Unglück
Mit meinen Müttern. Meine erste Handlung,
Als ich das Licht der Welt erblickte, war
Ein Muttermord.
DOMINGO. Ist’s möglich, gnäd’ger Prinz?
Kann dieser Vorwurf Ihr Gewissen drücken?
35
KARLOS. Und meine neue Mutter – hat sie mir
Nicht meines Vaters Liebe schon gekostet?
Mein Vater hat mich kaum geliebt. Mein ganzes
Verdienst war noch, sein Einziger zu sein.
Sie gab ihm eine Tochter – O wer weiß
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Was in der Zeiten Hintergrunde schlummert?
DOMINGO. Sie spotten meiner, Prinz. Ganz Spanien
Vergöttert seine Königin. Sie sollten
Nur mit des Hasses Augen sie betrachten?
Bei ihrem Anblick nur die Klugheit hören?
45
Wie, Prinz? Die schönste Frau auf dieser Welt,
Und Königin – und ehmals Ihre Braut?
Unmöglich Prinz! Unglaublich! Nimmermehr!
Wo alles liebt, kann Karl allein nicht hassen;
So seltsam widerspricht sich Karlos nicht.
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Verwahren Sie sich, Prinz, dass sie es nie,
Wie sehr sie ihrem Sohn missfällt, erfahre;
Die Nachricht würde schmerzen.
KARLOS. Glauben Sie?
DOMINGO. Wenn Eure Hoheit sich des letzteren
Turniers zu Saragossa noch entsinnen,
55
Wo unsern Herrn ein Lanzensplitter streifte –
Die Königin mit ihren Damen saß
Auf des Pallastes mittlerer Tribune,
Und sah dem Kampfe zu. Auf einmal rief’s:
»Der König blutet!« – Man rennt durch einander,
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Ein dumpfes Murmeln dringt bis zu dem Ohr
Der Königin. »Der Prinz?« ruft sie und will,
Und will sich von dem obersten Geländer
Herunter werfen. – »Nein! Der König selbst!«
Giebt man zur Antwort – »So lasst Ärzte holen!«
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Erwiedert sie, indem sie Atem schöpfte.
(Nach einigem Stillschweigen.)
Sie stehen in Gedanken?
KARLOS. Ich bewundre
Des Königs lust’gen Beichtiger, der so
Bewandert ist in witzigen Geschichten.
(Ernsthaft und finster.)
Doch hab ich immer sagen hören, dass
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Geberdenspäher und Geschichtenträger
Des Übels mehr auf dieser Welt getan,
Als Gift und Dolch in Mörders Hand nicht konnten.
Die Mühe, Herr, war zu ersparen. Wenn
Sie Dank erwarten, gehen Sie zum König.
DOMINGO.
75
Sie tun sehr wohl, mein Prinz, sich vorzusehn
Mit Menschen – nur mit Unterscheidung. Stoßen
Sie mit dem Heuchler nicht den Freund zurück,
Ich mein es gut mit Ihnen.
KARLOS. Lassen Sie
Das meinen Vater ja nicht merken. Sonst
Sind Sie um Ihren Purpur.
DOMINGO (stutzt). Wie?
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KARLOS. Nun ja.
Versprach er Ihnen nicht den ersten Purpur,
Den Spanien vergeben würde?
DOMINGO. Prinz,
Sie spotten meiner.
KARLOS. Das verhüte Gott,
Dass ich des fürchterlichen Mannes spotte,
85
Der meinen Vater selig sprechen und
Verdammen kann!
DOMINGO. Ich will mich nicht
Vermessen, Prinz, in das ehrwürdige
Geheimnis Ihres Kummers einzudringen.
Nur bitt ich Eure Hoheit, eingedenk
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Zu sein, dass dem beängstigten Gewissen
Die Kirche eine Zuflucht aufgetan,
Wozu Monarchen keinen Schlüssel haben,
Wo selber Missetaten unterm Siegel
Des Sakramentes aufgehoben liegen –
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Sie wissen was ich meine, Prinz, ich habe
Genug gesagt.
KARLOS....
Erscheint lt. Verlag | 6.9.2012 |
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Reihe/Serie | Reclams Universal-Bibliothek | Reclams Universal-Bibliothek |
Verlagsort | Ditzingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Dramatik / Theater |
Schlagworte | alternative Schreibweise Don Carlos • Deutsch • deutsch-lektüre • Deutsch-Unterricht • Drama • gelb • gelbe bücher • Klassenlektüre • Klassik • Klassik / Romantik • klassisches Drama • Lektüre • Literatur Klassiker • Reclam Hefte • Reclams Universal Bibliothek • Reclams Universal-Bibliothek • Schullektüre • Schullektüre; Reclams Universal-Bibliothek; Klassik / Romantik; Drama; Tragödie • Schullektüre; Reclams Universal-Bibliothek; Klassik / Romantik; Drama; Tragödie; alternative Schreibweise Don Carlos • Theater • Theaterstück • Tragödie • Weltliteratur |
ISBN-10 | 3-15-960038-6 / 3159600386 |
ISBN-13 | 978-3-15-960038-3 / 9783159600383 |
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Größe: 580 KB
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