Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen. Textausgabe mit Anmerkungen/Worterklärungen (eBook)
172 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-960003-1 (ISBN)
Gotthold Ephraim Lessing (22. 1. 1729 Kamenz, Sachsen - 15. 2. 1781 Braunschweig) gehört zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der Aufklärung und trat auch als Publizist hervor. Schwerpunkt seines Werkes sind Dramen, literaturkritische Schriften sowie Fabeln und Epigramme.
Gotthold Ephraim Lessing (22. 1. 1729 Kamenz, Sachsen – 15. 2. 1781 Braunschweig) gehört zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der Aufklärung und trat auch als Publizist hervor. Schwerpunkt seines Werkes sind Dramen, literaturkritische Schriften sowie Fabeln und Epigramme.
Zweiter Aufzug
Erster Auftritt
Die Szene: des Sultans Palast.
SALADIN und SITTAH spielen Schach.
SITTAH. Wo bist du, Saladin? Wie spielst du heut?
SALADIN. Nicht gut? Ich dächte doch.
SITTAH. Für mich; und kaum.
Nimm diesen Zug zurück.
SALADIN. Warum?
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SITTAH. Der Springer
Wird unbedeckt.
SALADIN. Ist wahr. Nun so!
SITTAH. So zieh
Ich in die Gabel.
SALADIN. Wieder wahr. – Schach dann!
SITTAH. Was hilft dir das? Ich setze vor: und du
Bist, wie du warst.
SALADIN. Aus dieser Klemme, seh
Ich wohl, ist ohne Buße nicht zu kommen.
Mag’s! nimm den Springer nur.
SITTAH. Ich will ihn nicht.
Ich geh vorbei.
SALADIN. Du schenkst mir nichts. Dir liegt
An diesem Platze mehr, als an dem Springer.
SITTAH. Kann sein.
SALADIN. Mach deine Rechnung nur nicht ohne
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Den Wirt. Denn sieh! Was gilt’s, das warst du nicht
Vermuten?
SITTAH. Freilich nicht. Wie könnt ich auch
Vermuten, dass du deiner Königin
So müde wärst?
SALADIN. Ich meiner Königin?
SITTAH. Ich seh nun schon: ich soll heut meine tausend
Dinar’, kein Naserinchen mehr gewinnen.
SALADIN. Wieso?
SITTAH. Frag noch! – Weil du mit Fleiß, mit aller
Gewalt verlieren willst. – Doch dabei find
Ich meine Rechnung nicht. Denn außer, dass
Ein solches Spiel das unterhaltendste
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Nicht ist: gewann ich immer nicht am meisten
Mit dir, wenn ich verlor? Wenn hast du mir
Den Satz, mich des verlornen Spieles wegen
Zu trösten, doppelt nicht hernach geschenkt?
SALADIN. Ei sieh! so hättest du ja wohl, wenn du
Verlorst, mit Fleiß verloren, Schwesterchen?
SITTAH. Zum wenigsten kann gar wohl sein, dass deine
Freigebigkeit, mein liebes Brüderchen,
Schuld ist, dass ich nicht besser spielen lernen.
SALADIN. Wir kommen ab vom Spiele. Mach ein Ende!
SITTAH.
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So bleibt es? Nun dann: Schach! und doppelt Schach!
SALADIN. Nun freilich; dieses Abschach hab ich nicht
Gesehn, das meine Königin zugleich
Mit niederwirft.
SITTAH. War dem noch abzuhelfen?
Lass sehn.
SALADIN. Nein, nein; nimm nur die Königin.
Ich war mit diesem Steine nie recht glücklich.
SITTAH. Bloß mit dem Steine?
SALADIN. Fort damit! – Das tut
Mir nichts. Denn so ist alles wiederum
Geschützt.
SITTAH. Wie höflich man mit Königinnen
Verfahren müsse: hat mein Bruder mich
Zu wohl gelehrt. (Sie lässt sie stehen.)
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SALADIN. Nimm, oder nimm sie nicht!
Ich habe keine mehr.
SITTAH. Wozu sie nehmen?
Schach! – Schach!
SALADIN. Nur weiter.
SITTAH. Schach! – und Schach! – und Schach! –
SALADIN. Und matt!
SITTAH. Nicht ganz; du ziehst den Springer noch
Dazwischen; oder was du machen willst.
Gleichviel!
SALADIN. Ganz recht! – Du hast gewonnen: und
Al-Hafi zahlt. – Man lass’ ihn rufen! gleich! –
Du hattest, Sittah, nicht so Unrecht; ich
War nicht so ganz beim Spiele; war zerstreut.
Und dann: wer gibt uns denn die glatten Steine
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Beständig? die an nichts erinnern, nichts
Bezeichnen. Hab ich mit dem Iman denn
Gespielt? – Doch was? Verlust will Vorwand. Nicht
Die ungeformten Steine, Sittah, sind’s
Die mich verlieren machten: deine Kunst,
Dein ruhiger und schneller Blick …
SITTAH. Auch so
Willst du den Stachel des Verlusts nur stumpfen.
Genug, du warst zerstreut; und mehr als ich.
SALADIN. Als du? Was hätte dich zerstreuet?
SITTAH. Deine
Zerstreuung freilich nicht! – O Saladin,
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Wenn werden wir so fleißig wieder spielen!
SALADIN. So spielen wir um so viel gieriger! –
Ah! weil es wieder losgeht, meinst du? – Mag’s! –
Nur zu! – Ich habe nicht zuerst gezogen;
Ich hätte gern den Stillestand aufs Neue
Verlängert; hätte meiner Sittah gern,
Gern einen guten Mann zugleich verschafft.
Und das muss Richards Bruder sein: er ist
Ja Richards Bruder.
SITTAH....
Erscheint lt. Verlag | 31.8.2012 |
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Reihe/Serie | Reclams Universal-Bibliothek | Reclams Universal-Bibliothek |
Verlagsort | Ditzingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Dramatik / Theater |
Schlagworte | 18. Jahrhundert • Aufklärung • Aufklärung / Empfindsamkeit / Sturm und Drang • Deutsch • Deutsch Abitur Nordrhein-Westfalen • Deutsch Abitur NRW • Deutsch Abitur Saarland • Deutschunterricht • Deutsch-Unterricht • Drama • Dramatisches Gedicht • Empfindsamkeit • Fragmentenstreit • Fundamentalismuskritik • gelb • gelbe bücher • Goeze • Humanität • Klassenlektüre • Kreuzritter • Lektüre • Literatur Epoche Aufklärung • Literatur Klassiker • Orthodoxie • Recha • Reclam Hefte • Reclams Universal Bibliothek • Reclams Universal-Bibliothek • Religion • Ringparabel • Saladin • Schullektüre • Schullektüre; Reclams Universal-Bibliothek; Aufklärung / Empfindsamkeit / Sturm und Drang; Drama • Sekundarstufe • Toleranz • Vernunft • Wahrheit • Weltliteratur • Weltreligionen |
ISBN-10 | 3-15-960003-3 / 3159600033 |
ISBN-13 | 978-3-15-960003-1 / 9783159600031 |
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