About a Boy (eBook)
352 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30651-4 (ISBN)
Nick Hornby, 1957 geboren, studierte in Cambridge und arbeitete zunächst als Lehrer. Er ist Autor zahlreicher Bestseller: »High Fidelity«, verfilmt mit John Cusack und Iben Hjejle, »About a Boy«, verfilmt mit Hugh Grant, »A Long Way Down«, verfilmt mit Pierce Brosnan, »How to Be Good«, »Slam« und »Juliet, Naked«, sowie weiterer Bücher über Literatur und Musik. Nick Hornby lebt in London.
Nick Hornby, 1957 geboren, studierte in Cambridge und arbeitete zunächst als Lehrer. Er ist Autor zahlreicher Bestseller: »High Fidelity«, verfilmt mit John Cusack und Iben Hjejle, »About a Boy«, verfilmt mit Hugh Grant, »A Long Way Down«, verfilmt mit Pierce Brosnan, »How to Be Good«, »Slam« und »Juliet, Naked«, sowie weiterer Bücher über Literatur und Musik. Nick Hornby lebt in London. Clara Drechsler, geboren 1961, und Harald Hellmann, geboren 1958, übersetzen gemeinsam aus dem Englischen, u.a. Werke von Bret Easton Ellis, Nick Hornby, Adam Thirlwell und Irvine Welsh. Harald Hellmann, geboren 1958, und Clara Drechsler, geboren 1961, übersetzen gemeinsam aus dem Englischen, u. a. Werke von Bret Easton Ellis, Helen Walsh und Irvine Welsh.
2
Wie cool war Will Freeman? So cool: Er hatte in den letzten drei Monaten mit einer Frau geschlafen, die er nicht besonders gut kannte (fünf Punkte). Er hatte über dreihundert Pfund für ein Jackett ausgegeben (fünf Punkte). Er hatte über zwanzig Pfund für einen Haarschnitt ausgegeben (fünf Punkte). (Wie war es möglich, 1993 weniger als zwanzig Pfund für einen Haarschnitt auszugeben?) Er besaß mehr als fünf HipHop-Alben (fünf Punkte). Er hatte Ecstasy genommen (fünf Punkte), und zwar in einem Club, nicht bloß zu Hause als eine Art soziologisches Experiment (fünf Punkte). Er hatte vor, bei der nächsten Wahl Labour zu wählen (fünf Punkte). Er verdiente über vierzigtausend Pfund im Jahr (fünf Punkte), und er musste nicht besonders hart dafür arbeiten (fünf Punkte, und dann schrieb er sich noch fünf Extrapunkte dafür gut, dass er überhaupt nicht dafür arbeiten musste). Er war in einem Restaurant gewesen, in dem es Polenta mit gehobeltem Parmesan gab (fünf Punkte). Er hatte niemals ein Kondom mit Geschmack benutzt (fünf Punkte), er hatte seine Bruce-Springsteen-LPs verkauft (fünf Punkte), und er hatte sich a) einen Kinnbart wachsen lassen (fünf Punkte) und ihn b) wieder abrasiert (fünf Punkte). Abzüge gab es dafür, dass er nie Sex mit irgendwem gehabt hatte, dessen Foto im Mode- und Gesellschaftsteil einer Zeitung oder Zeitschrift erschienen war (minus zwei), und dass er, wenn er ehrlich war (und wenn Will überhaupt einen ethischen Grundsatz hatte, dann den, dass es eine Todsünde war, bei Psychotests in Zeitschriften zu schummeln), immer noch glaubte, dass man bei Frauen besser ankam, wenn man ein schnelles Auto hatte. Aber auch so kam er noch auf … Sechsundsechzig! Dem Test zufolge war er damit unter null! Er war Trockeneis! Er war Frosty der Schneemann! Er würde an Unterkühlung sterben! Will wusste nicht, wie ernst man solche Psychotests nehmen durfte, aber er konnte es sich nicht leisten, darüber nachzudenken; Männermagazin-cool zu sein war, falls man das so nennen wollte, sein erstes und einziges Verdienst, und Momente wie diesen musste man auskosten. Unter null! Viel cooler als unter null ging es nicht mehr! Er schlug die Zeitschrift zu und legte sie auf einen Stapel ähnlicher Magazine, den er im Badezimmer liegen hatte. Er hob nicht alle auf, weil er zu viele davon kaufte, aber von dieser würde er sich nicht so schnell trennen.
Will fragte sich manchmal – nicht sehr oft, weil er sich nicht oft historischen Spekulationen hingab –, wie Typen wie er wohl vor sechzig Jahren überlebt hatten. (»Typen wie er« war, wie er wusste, ein ziemlich exklusiver Personenkreis; man konnte auch sagen, vor sechzig Jahren hätte es jemanden wie ihn nicht geben können, denn vor sechzig Jahren konnte niemand einen Vater haben, der auf vergleichbare Weise sein Geld verdiente. Wenn er also an Typen wie sich dachte, meinte er nicht Typen ganz genau wie sich, er meinte einfach Typen, die den ganzen Tag im Grunde nichts machten und auch nicht viel machen wollten.) Vor sechzig Jahren gab es noch nichts von all dem, worauf Will täglich angewiesen war: tagsüber nichts im Fernsehen, keine Videos, keine Hochglanzmagazine und daher auch keine Psychotests, und obwohl es wahrscheinlich Plattenläden gab, war die Art von Musik, die er hörte, noch nicht erfunden. (Momentan hörte er Nirvana und Snoop Doggy Dogg, und 1933 hätte man wohl nicht viel gefunden, was sich so anhörte.) Blieben also Bücher. Bücher! Er hätte sich fast sicher einen Job suchen müssen, weil er sonst an die Decke gegangen wäre.
Heute dagegen war es einfach. Es gab beinahe zu viel zu tun. Man musste heute kein eigenes Leben mehr führen; man konnte einfach Zaungast im Leben anderer Menschen sein, das in den Zeitungen, in Eastenders, in Spielfilmen und erlesen traurigen Jazz-Songs oder knallharten Rap-Songs gelebt wurde. Der zwanzigjährige Will wäre überrascht und vielleicht enttäuscht gewesen, wenn er gewusst hätte, dass er sechsunddreißig Jahre alt werden würde, ohne sich ein eigenes Leben aufzubauen, aber der sechsunddreißigjährige Will war nicht besonders unglücklich darüber: Auf diese Art gab es weniger Durcheinander.
Durcheinander! Davon gab es im Haus von Wills Freund John mehr als genug. John und Christine hatten zwei Kinder – das zweite war letzte Woche zur Welt gekommen, und Will war hinzitiert worden, um es sich anzusehen –, und ihre Wohnung war, Will fand kein treffenderes Wort, ein Schandfleck. Leuchtend bunte Plastikteile überall auf dem Boden, Videobänder lagen ohne ihre Hüllen neben dem Fernseher, und der weiße Überwurf auf dem Sofa sah aus, als sei er als überdimensionales Klopapier missbraucht worden, auch wenn sich Will lieber einredete, die Flecken seien Schokolade … Wie konnten Menschen so leben?
Christine kam mit dem Baby auf dem Arm herein, während John in der Küche eine Tasse Tee für ihn machte. »Das ist Imogen«, sagte sie.
»Oh«, sagte Will. »Natürlich.« Was sollte er als Nächstes sagen? Er wusste, sie warteten auf etwas, aber er konnte sich ums Verrecken nicht daran erinnern, was er sagen sollte. »Sie ist …« Nein. Es war weg. Er konzentrierte seine Konversationsbemühungen auf Christine. »Und wie geht’s dir so, Chris?«
»Ach, du weißt schon. Ein bisschen ausgelaugt.«
»Schwer über die Stränge geschlagen?«
»Nein. Nur ein Baby zur Welt gebracht.«
»Oh. Stimmt ja.« Alles lief wieder auf das Drecksbaby hinaus.
»Das kann einen ganz schön müde machen, schätze ich.« Er hatte bewusst eine Woche gewartet, um nicht über solche Dinge sprechen zu müssen, aber es hatte ihm nichts genützt. Sie redeten trotzdem darüber.
John kam mit einem Tablett und drei Bechern Tee herein. »Barney ist heute bei seiner Großmutter«, sagte er, ohne dass Will einen Grund dafür sehen konnte.
»Wie geht es Barney?« Barney war zwei, so ging es Barney, und darum war er für niemanden außer für seine Eltern interessant, doch auch hier schien man aus unerfindlichen Gründen eine Bemerkung von ihm zu erwarten.
»Es geht ihm prächtig, danke«, sagte John. »Natürlich ist er im Moment ein richtiger Satansbraten, und er weiß nicht genau, was er von Imogen halten soll, aber … er ist süß.«
Will hatte Barney kennengelernt und wusste mit Sicherheit, dass Barney nicht süß war, also beschloss er, diese absurde Feststellung zu ignorieren.
»Und wie geht es dir, Will?«
»Mir geht es gut, danke.«
»Immer noch keine Sehnsucht nach einer eigenen Familie?«
Lieber würde ich eine von Barneys verschissenen Windeln essen, dachte er. »Noch nicht«, sagte er.
»Du machst uns Sorgen«, sagte Christine.
»Ich fühle mich ganz wohl so, danke.«
»Das mag ja sein«, sagte Christine selbstgefällig. Die beiden machten ihn langsam körperlich krank. Es war schlimm genug, dass sie überhaupt Kinder hatten; warum hatten sie den Wunsch, diesen ersten Fehler zu verschlimmern, indem sie ihre Freunde anspornten, ihrem Beispiel zu folgen? Will war seit einigen Jahren überzeugt, dass man sein Leben leben konnte, ohne sich so ins Unglück zu stürzen wie John und Christine (und er war sicher, dass sie unglücklich waren, auch wenn sie in einen unheimlichen, indoktrinierten Zustand geraten waren, der sie für ihr eigenes Elend blind machte). Man brauchte Geld, sicher – das Einzige, was dafür sprach, Kinder zu bekommen, war, dass sie für einen sorgen konnten, wenn man alt, zu nichts mehr zu gebrauchen und pleite war –, aber er hatte Geld, und das bedeutete, dass er dem Durcheinander, den Klopapier-Sofadecken und der Zwangsidee, Freunden einzureden, sie müssten sich ebenfalls ins Unglück stürzen, aus dem Weg gehen konnte.
John und Christine waren mal ganz nett gewesen. Als Will noch mit Jessica zusammen war, waren sie ein paarmal die Woche zu viert durch die Clubs gezogen. Jessica und Will hatten sich getrennt, als Jessica das frivole Lotterleben gegen etwas Solideres eintauschen wollte; Will hatte sie vermisst, vorübergehend, das Nachtleben hätte er allerdings mehr vermisst. (Sie trafen sich noch ab und zu mittags auf eine Pizza, und dann zeigte sie ihm Bilder von ihren Kindern und sagte ihm, er würde sein Leben verschwenden und wüsste gar nicht, was er verpasste, worauf er zu ihr sagte, darauf könne er gut verzichten, und dann sagte sie zu ihm, das würde ihn ohnehin überfordern, worauf er zu ihr sagte, er habe nicht vor, je herauszufinden, ob dem so sei oder nicht; danach saßen sie dann schweigend da und tauschten böse Blicke.) Jetzt, wo John und Christine Jessicas Weg in eine bessere Welt gegangen waren, hatte er keinerlei Verwendung mehr für sie. Er wollte weder Imogen sehen noch wissen, wie es Barney ging, er wollte nichts über Christines Müdigkeit hören, und mehr hatten sie mittlerweile nicht mehr zu bieten. Mit denen würde er sich nicht mehr abgeben, besten Dank.
»Wir haben uns gefragt«, sagte John, »ob du wohl Imogens Patenonkel werden möchtest?« Die beiden saßen mit so erwartungsfrohem Lächeln da, als müsse er im nächsten Moment aufspringen, in Tränen ausbrechen und sich trunken vor Glück eng umschlungen mit ihnen auf dem Teppichboden wälzen. Will lachte nervös auf.
»Patenonkel? Kirche und so? Geburtstagsgeschenke? Adoption, falls ihr bei einem Flugzeugabsturz umkommt?«
»Genau.«
»Ihr nehmt mich auf den Arm.«
»Wir glauben, dass du verborgene Tiefen hast«, sagte John.
»Ah, aber die habe ich nicht. Ich bin wirklich so oberflächlich.«
Sie...
Erscheint lt. Verlag | 21.6.2012 |
---|---|
Übersetzer | Clara Drechsler, Harald Hellmann |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Belletristik • Film-Komödie • Freundschaft • Jugend-Kultur • Kiepenheuer & Witsch • Kurt Cobain • Liebe • London-England • Mutter • Nick Hornby • Roman • Tantieme • US-Serie • Vater-Sohn-Beziehung • Weihnachtslied |
ISBN-10 | 3-462-30651-0 / 3462306510 |
ISBN-13 | 978-3-462-30651-4 / 9783462306514 |
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