Mondscheintarif (eBook)

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2010 | 1. Auflage
192 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-20501-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mondscheintarif -  Ildikó von Kürthy
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Der Bestseller von Ildikó von Kürthy - 2 Millionen verkaufte Exemplare - in wunderschöner Neuausgabe, mit zahlreichen Fotografien und einem Vorwort der Autorin! Sie wartet. Und wartet. Stundenlang. Warum ruft er denn nicht an? Weiß er nicht, dass er die Liebe ihres Lebens werden könnte? Ist sie ihm zu dick, zu schwierig, zu laut oder zu leise? Und wo steckt eigentlich ihr Selbstbewusstsein, wenn sie es ganz dringend braucht? Sie heißt Cora Hübsch, ist dreißigdreiviertel Jahre alt und wartet. Auf einen Anruf und darauf, dass sich ihr Leben verändert. 

Ildikó von Kürthy ist Journalistin und eine der meistgelesenen deutschen Schriftstellerinnen. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Ihre Bücher sind Nummer-1-Bestseller, wurden mehr als sieben Millionen Mal verkauft und in 21 Sprachen übersetzt.Ildikó von Kürthy ist Gastgeberin des Podcasts «Frauenstimmen», sie berichtet auf Facebook und Instagram über Wichtiges und Nichtiges und schreibt einen regelmäßigen Newsletter. Neuigkeiten und aktuelle Tourdaten auf: www.ildikovonkuerthy.de

Ildikó von Kürthy ist Journalistin und eine der meistgelesenen deutschen Schriftstellerinnen. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Ihre Bücher sind Nummer-1-Bestseller, wurden mehr als sieben Millionen Mal verkauft und in 21 Sprachen übersetzt. Ildikó von Kürthy ist Gastgeberin des Podcasts «Frauenstimmen», sie berichtet auf Facebook und Instagram über Wichtiges und Nichtiges und schreibt einen regelmäßigen Newsletter. Neuigkeiten und aktuelle Tourdaten auf: www.ildikovonkuerthy.de

17:22


Das war Johanna, die wissen wollte, ob er schon angerufen hat. Johanna sagt, dass der grundlegende Unterschied zwischen Männern und Frauen nicht, wie gemeinhin angenommen, darin besteht, dass Männer den Innenraum ihrer Autos sauber und sämtliche ‹Stirb langsam›-Filme für kulturell wertvoll halten.

Der wichtigste Unterschied zwischen Männern und Frauen ist, sagt Jo, dass Männer nicht auf die Anrufe von Frauen warten. Statt zu warten, tun Männer was anderes. Schauen ‹ran›, entwickeln ein Mittel gegen Aids, verabreden sich mit einer Blondine, lesen die Aktienkurse in der ‹FAZ›, machen Muskelaufbautraining. Oder so ’n Zeug. Und das Wichtigste daran ist: Sie tun es nicht, um sich vom Warten abzulenken. Sondern sie tun es, weil sie es tun wollen. Sie vergessen dabei, dass sie eigentlich warten. Deswegen sind Männer nie beim ersten Klingeln am Telefon und klingen immer so, als hätte man sie bei etwas gestört.

Ich musste kurz nachdenken, um zu begreifen, was das bedeutete.

«Das heißt ja», sagte ich schließlich, und es war, als hätte mir jemand nach jahrzehntelanger Blindheit die Augen geöffnet, «das heißt ja, dass all die Stunden, die wir damit verbracht haben, Männer nicht zurückzurufen, umsonst waren. Die Tage, an denen wir uns nur durch übermäßigen Konsum von Choco-Crossies und Meg-Ryan-Videos davon abhalten konnten, ihn gleich am nächsten Tag wiederzusehen. Für die Katz! Was haben wir gelitten, um sie leiden zu lassen. Wir dachten, sie würden warten – und in Wahrheit waren sie vielleicht nicht einmal zu Hause, um zu bemerken, dass wir nicht anrufen!?»

«Du hast es erfasst, Cora. Du kannst einen Mann nicht warten lassen. Und wenn du mich fragst, es ist höchste Zeit, dass du deine Zeit mit etwas Sinnvollerem verbringst, als zu hoffen, dass Herr Hofmann sich bequemt, deine Nummer zu wählen.»

Sie hat ja so recht. Werde jetzt sofort aufhören zu warten und stattdessen etwas Sinnvolles tun.

Ich könnte

a) meine Steuererklärung machen,

b) meine Steuererklärung vom vorletzten Jahr oder

c) den herrlichen Sommerabend nutzen, um den Weihnachtsbaum vom Balkon zu holen und im nahe gelegenen Park zu entsorgen.

Ich werde bei einem Glas Weißwein in Ruhe darüber nachdenken.

Ich traf Dr. med. Daniel Hofmann unter erniedrigenden Umständen vor drei Wochen und drei Tagen vor der Schwingtür einer Damentoilette.

Ich war mit Johanna auf einem dieser Feste, von denen am nächsten Nachmittag in sämtlichen Klatschsendungen bei sämtlichen Privatsendern berichtet wird. Jo ist mittlerweile bedeutend genug, um zu so was eingeladen zu werden und sogar noch jemanden mitbringen zu dürfen.

«Frau Johanna Dagelsi mit Begl.» steht dann auf den Listen, die am Eingang von schmalen Mädchen in dunkelblauen Kostümen abgehakt werden.

«Begl.» bin ich. Einmal hat Johanna mich sogar jemandem vorgestellt als «Das ist Frau Cora Begl.». Sie fand das lustig, brach den ganzen Abend lang immer wieder in hysterisches Gekicher aus. Na ja. Und der Jemand war, wie ich am nächsten Tag in ‹Exclusiv – das Starmagazin› erfahren habe, der Gastgeber.

Da steh ich drüber. Ich halte nichts von Leuten, die ihre Person mit ihrer Funktion gleichsetzen. Ich gehöre nicht zu denen, die ihr Selbstbewusstsein an ihrem Posten festmachen. Das mag unter anderem allerdings daran liegen, dass ich nicht gerade einen bedeutenden Posten bekleide. Ich meine, ich rede hier wie eine, die heroisch behauptet, sie halte Diät – ohne hinzuzufügen, dass im Kühlschrank sowieso nichts Essbares ist.

Wenn ich gefragt werde, sage ich immer, ich sei Fotografin. Das stimmt ja auch. Ich bin sogar fest angestellt – und das sind nun wirklich die wenigsten Fotografen. Leider kann ich bei meinem derzeitigen Arbeitgeber mein kreatives Talent nicht völlig ausleben. Ich fotografiere Schrankwände und Couchgarnituren für die Kataloge eines führenden, überregional tätigen Möbelhauses dieses Landes. Was soll’s, einer muss es ja machen. Aber warum gerade ich? Egal, ich muss nicht Heidi Klum vor der Linse haben, um mich für daseinsberechtigt zu halten. Bei mir reicht ein TV/Video-Möbel mit integrierter Minibar.

Jedenfalls hatten Jo und ich uns mächtig in Schale geworfen. Den ganzen Nachmittag hatten wir damit zugebracht, teure Fummel aus Jos Schrank zu zerren und darin durch ihren kilometerlangen Flur wie über einen Laufsteg zu stolzieren. Dabei vernichteten wir eine Flasche Sekt und hörten Donna Summer auf Endloswiederholung.

«I’m looking for some hot stuff, Baby, this ev’ning, I need some hot stuff, Baby, tonight.»

Das Schönste am Ausgehen ist die Vorbereitung. Es ist diese teeniehafte, alberne Vorfreude.

Ohrringe ausprobieren.

Lidschatten, der wie Pailletten über den Augen funkelt.

Einmal dunkelroten Lippenstift auftragen.

Sich in Röcke zwängen, die so kurz sind, dass jeder Mann glaubt, er müsse für eine Nacht mit mir bezahlen.

Zigaretten beim Auftragen des Make-ups im Waschbecken ausdrücken.

Herrlich!

Ich will, dass das immer so bleibt. Auch wenn es in zwanzig Jahren dann nicht mehr ‹Rouge pour les lèvres›, sondern ‹Abdeckstift für die faltige alte Lippe› heißt und wir statt einem Hauch von Seide dann blickdichte Stützstrümpfe tragen werden. Egal. Es macht Spaß.

Als Jo und ich um kurz vor acht ins Taxi stiegen, fühlten wir uns wie vierzehn – und benahmen uns auch so. Jo erzählte dem Fahrer schmutzige Witze, während ich auf der Rückbank eine Kerbe in meinem meterhohen Absatz mit schwarzem Edding übermalte. Ich fand, dass ich einfach umwerfend aussah. Jo hatte mir ihr nachtblaues Etui-Kleid geliehen, das auf geniale Weise meine Problemzonen kaschierte und meine Stärken zur Geltung brachte.

Es ist nämlich leider so, dass ich von vorne fast genauso aussehe wie von hinten. Das heißt, ich habe einen recht knackigen, runden Po – und einen weniger knackigen, aber ebenso runden Bauch. Meine Brüste sind nicht der Rede wert und liegen weit auseinander. Schaue ich die eine an, habe ich die andere schon aus den Augen verloren. Aber – Wonderbra sei Dank! – als ich an diesem Abend in mein Dekolleté hinunterschaute, blickte ich in eine tiefe, verheißungsvolle Spalte. Ach, ich war gut gelaunt und lüstern.

«I need some hot stuff, Baby, tonight!»

Als Jo und ich über den roten Teppich zum Eingang schwebten, spürte ich die anerkennenden Blicke sämtlicher Männer im näheren Umfeld auf mir. Ich lächelte milde, aber unnahbar.

Ich lächelte nicht mehr, als ich bemerkte, dass hinter mir Veronica Ferres ging. Habe nie verstanden, was die Männer an der finden. Sieht aus wie ein deprimierter Pfannkuchen und wird, was ihre schauspielerischen Fähigkeiten angeht, weit überschätzt. Jo befahl mir, mir nicht die Laune verderben zu lassen. Und ich gehorchte.

Es war ein herrliches Fest – abgesehen von der gähnend langweiligen dreistündigen Filmpreisverleihung zu Anfang. Erst war ich noch aufgeregt, fieberte bei jeder Siegerverkündung mit und schluckte schwer an Tränen bei den Dankesworten. Das ließ dann nach. Und irgendwann konnte ich den Scheiß nicht mehr hören.

«Wenn das im Fernsehen übertragen wird, dann kürzen die das Ganze auf ’ne Dreiviertelstunde», flüsterte Jo mir zu, während sich ein Dokumentarfilmer aus Halle bei seinem Team, ‹ohne das diese wunderbare Arbeit gar nicht zustande gekommen blablabla, deshalb gebührt der Preis eigentlich nicht nur mir blablabla›, bedankte.

«Dann schauen wir uns den Mist beim nächsten Mal eben im Fernsehen an», flüsterte ich zurück. Das war undankbar, ich weiß, denn schließlich war ich nur die «Begl.» – aber ich hatte Hunger und musste von dem vielen Sekt auf leeren Magen sauer aufstoßen.

«Darf ich mal auf die Toilette gehen, oder komm ich dann ins Fernsehen?», fragte ich Jo.

«Geh nur. Ist eh gleich vorbei.»

Ich stöckelte durch den schmalen Gang in Richtung Ausgang, nicht ohne die strafenden Blicke von Til Schweiger, Senta Berger und Mario Adorf auf mich zu ziehen. Wobei mich Letzterer, wie ich fand, eher wehmütig ansah. Vielleicht wollte der arme Mann auch aufs Klo, musste sich aber vorher noch einen Preis abholen. Draußen in der prächtig dekorierten Vorhalle (Lichterketten! Ich liebe Lichterketten!) hellte sich meine Stimmung schlagartig auf.

Hier waren ungefähr dreiundzwanzigtausend Kellner damit beschäftigt, das Büfett aufzubauen. Und was für ein Büfett! Hummer! Langusten! Lachs-Carpaccio! Vitello tonnato! Rinderbraten so groß wie mein Oberschenkel! Obstsalate! Mousse au Chocolat!

Mir lief das Wasser im Mund zusammen, während ich mich an der überladenen Tafel vorbei in Richtung Damenklo vorarbeitete. Ich stieß die Schwingtür auf und fand mich in einem unglaublichen Pinkel-Palast wieder. Überall Spiegel, überall Marmor. Neben den Porzellanwaschbecken hing nicht etwa so ein gefährlicher Heißluftgebläseautomat, unter dem man sich die Haut verbrennt, trotzdem nicht trocknet, und der Nächste, dem man die Hand schüttelt, denkt, man hätte ihn mit Exkrementen besudelt. Hier lagen, ordentlich gestapelt, frische, kleine, weiße Frottee-Handtücher bereit.

Und neben den weißen Handtuchstapeln saß eine hutzelige Klofrau auf einem Höckerchen und schaute mich erwartungsvoll an.

So was hab ich ja nicht gerne. Ich kriege Probleme beim Wasserlassen, wenn ich den Eindruck habe, dass mir dabei jemand zuhört. Es wird mir ewig ein Rätsel bleiben, wie Männer es schaffen, nebeneinanderzustehen und zu pinkeln. Wie tun sie das? Reden...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2010
Illustrationen Jens Boldt
Zusatzinfo Mit Abbildungen
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 25 Jahre • 25-jährig • 30+ • Bestseller • Beziehungskomödie • Dating • eine halbe Ewigkeit • Film • Flirten • Frauen-Freundschaft • Frauenliteratur • Geschenke für Frauen • Humorvolle Liebesgeschichte • humorvolle Liebesromane • Jubiläum • Kultbuch • Liebe • Liebesroman • lustige Romane • Moderne Literatur • Morgen kann kommen • Partnerwahl • Romane für Frauen • Romane über Beziehungen • Romantische Komödie • Selbstfindung • Sex • Single • Single-Leben • Verliebtheit • Wichtelgeschenk
ISBN-10 3-644-20501-9 / 3644205019
ISBN-13 978-3-644-20501-7 / 9783644205017
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