Wie ich geheiratet wurde
viademica.verlag berlin
978-3-939290-04-9 (ISBN)
WALTER MEIER, Jahrgang 1927, geboren im Elbedorf Rogätz, wohnhaft in Halle (Saale), Volks- und Napola-Schüler, Kriegsteilnehmer und Gefangener, Gärtnerlehrling, Neulehrer, Studentenweltmeister im Zehnampf, Dritter bei der Europameisterschaft, zweimaliger Olympiateilnehmer, später Mehrkampftrainer und Berufsschullehrer, entwickelte sich vom „Meister des Sports“ zum „Meister des Worts“. Schon 1964 veröffentlichte der Autor sein erstes Buch „Als Sportler um die Welt“, und er schrieb Artikel und Kurzgeschichten für die lokale Presse und den „Eulenspiegel“. Erst als Rentner besann er sich seines literarischen Talents und legte in „Interview mit mir selbst“ (2007) ein höchst lesenswertes Buch vor. Darin verknüpft er seine Ansichten zur Welt von heute mit visionären Ideen; der Mix mit Biographischem gelingt. Im Gedichtband „Gereimtes über Ungereimtes“ (2009) dokumentiert der Autor kritisch und in Form von Briefen an seine Klassenkameraden zwanzig Jahre deutsch-deutsche Geschichte. Schließlich offenbart der Verfasser im Bekenntnis „Wie ich geheiratet wurde“ den immer auch humorvollen MEIER. Zumeist sehr privat, überzeugt er satirisch und poetisch als Chronist des eigenen wie des Lebens vieler anderer Zeitgenossen.
(Auszug): Wir kannten uns aus unserer Studentenzeit. Sie hieß Thea und war die einzige unter Tausenden von Studentinnen, die Zöpfe trug. Und was für welche! Zöpfe waren zu jener Zeit längst aus der Mode. Sie verrieten ländliche Herkunft und ließen Jungfräulichkeit vermuten. Beides stand in Studentenkreisen nicht sonderlich hoch im Kurs. Ich hätte dieses bezopfte weibliche Wesen trotz seiner tollen sportlichen Figur gewiß völlig aus meinem Gedächtnis entlassen, wäre es mir nicht nach vielen Jahren zufällig über den Weg gelaufen, zopflos und in Schwarz. Schwarz stand ihr gut. Aber schwarz bei herrlichem Sonnenschein und zur Erdbeerzeit? Wie geht’s? Wie steht’s? Was macht die Schule? Was macht die Liebe? Was man halt so fragt, wenn man sich nichts zu sagen hat. Es sei alles bestens, erfuhr ich. Allerdings hätte sich ihr Mann nach sechswöchiger Ehe mit dem Motorrad zu Tode gefahren. Naja, das läge schon lange zurück; Schwarz trüge sie eigentlich nur noch wegen der Schule. Ich gestehe, daß mir die Neigung zu jungen Witwen innewohnt. Daß sich meine Frau just zu jener Zeit zur Kur befand, war ein Schelmenstreich Amors. Thea wohnte ganz in meiner Nähe, und es war erstaunlich, daß wir uns während der vielen Jahre nicht ein einziges mal begegnet waren. Wir verabredeten uns noch für den gleichen Abend. Statt im Schwarzen empfing sie mich im engen Weißen. Ich überreichte ihr als Mitbringsel ein Körbchen Erdbeeren (eigene Ernte) und eine Flasche Reiterlikör. (Kein Schelm, wer Arges dabei denkt!!) Thea lächelte in sich hinein und zog mich ins Wohnzimmer, wo auf festlich gedecktem Tisch eine blütenumkränzte Flasche. (ja, sie vermuten richtig!) Reiterlikör thronte. (Ich kann nichts dafür. Das launische Leben schreibt mitunter derart kitschige Geschichten.) Sich den Fortgang des Abends vorzustellen, überlasse ich der Phantasie des Lesers. Ich beschränke mich auf die originalgetreue Wiedergabe des Dialogs, den Thea begann, nachdem sie aufmerksam und belustigt zugeschaut hatte, wie ich versuchte, möglichst unauffällig jenes winzige Päckchen aus der Jackett-Tasche zu nesteln, von dem zu jener Zeit das SEIN oder NICHTSEIN abhing. Die „Pille“ war noch nicht erfunden. Thea (mit einem Fingerzeig auf jenes Päckchen): „Brauchst Du nicht. Ich will ein Kind.“ Ich (schockiert, stotternd): „Ich bin verheiratet!“ Thea: „Das weiß ich.“ Ich: „Ich bin Vater von vier Kindern! Und alle von der gleichen Frau.“ Thea: „Auch das weiß ich.“ Sie legte eine kurze Pause ein, als suche sie nach einer korrekten, unmißverständlichen Formulierung. „Ich will keinen MANN, ich will ein KIND!“ Sie betonte jedes einzelne Wort. Ich: „Und warum ausgerechnet von mir?“ Die Gründe, weshalb Frauen sich ein Kind wünschen, sind vielgestaltig und tendieren zwischen simpel und hochgradig-kompliziert. Thea hatte mich zum Vater ihres Kindes aus drei Gründen auserwählt: 1. Weil du so ’schönlange’ Beine hast. 2. Weil du klug, schlagfertig und sportlich bist und 3. Weil du so herzhaft lachen kannst. Ich: „Und das reicht?“ Thea: „Dicke!“ Ich: „Und Alimente?“ Thea: „Nie wird jemand den Namen des Vaters unseres Kindes erfahren, und ich werde auch niemals nur einen Pfennig von dir verlangen. Sobald es geschnappt hat und ich sicher bin, schwanger zu sein, trennen sich unsere Wege.“ Das war ernst gemeint und klang nach Schwarzer Witwe. Und nun frage ich euch, Männer in Halle, Männer in Deutschland, Männer der Welt! Hand aufs Herz und nicht gelogen! Wer von euch hätte bei einem solchen Angebot Nein gesagt? Ich sage es gleich und ohne Umschweife: Unsere Wege trennten sich nicht.
Erscheint lt. Verlag | 14.12.2010 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Maße | 120 x 190 mm |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Lyrik / Gedichte |
Schlagworte | Andere Zeiten andere Sitten • Gedichte und Wahrheit • Gedichte zum Geburtstag • Gesundlachen • Moral und Unmoral • Prosa eines Stabhochspringers • Reimereien und Blödeleien • Satire und Gedichte für Thea |
ISBN-10 | 3-939290-04-1 / 3939290041 |
ISBN-13 | 978-3-939290-04-9 / 9783939290049 |
Zustand | Neuware |
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