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Seit der Moderne steht die Kunst für Freiheit, Provokation und Mut. 1972 sollte sie ihr Potenzial als emanzipatorische und gestalterische Kraft im Gesamtkunstwerk der Spiele der XX. Olympiade in München nachhaltig entfalten. Das war die große Vision der Planer. Begeistert entwickelte die damalige internationale Avantgarde - darunter Walter de Maria, Gerhard Richter, Andy Warhol oder Dan Flavin - dafür revolutionäre Konzepte. Vieles blieb Entwurf. Nach dem tragischen Attentat auf israelische Athleten wurden auch die radikalen Programme der Spielstraße abgesagt. Die Publikation vermittelt erstmals Eindrücke vom spielerischen, partizipativen Kulturprogramm von 1972 in Bild und Text. Der zweite Teil des Buchs vereint eine Vielzahl von Stimmen aus aller Welt und richtet den Blick in die Zukunft. Internationale Autor*innen und Künstler*innen vermitteln an Beispielen der Gegenwart die Bedeutung der Kunst bei der Gestaltung der demokratischen Gesellschaft der Zukunft.

Titelseite
Schmutztitel
Inhalt
Anton Biebl: Vorwort
Elisabeth Hartung: Zur Publikation
Teil 1: Visionen und Wirklichkeit 1972
Intermezzo 2022
Teil 2: Kunst und Gesellschaft 2072
Abbildungsverzeichnis
Impressum
Rückseite

ZUR PUBLIKATION Elisabeth Hartung


In diesem Buch geht es um die Kunst, ihre Visionen, ihre gestalterische Kraft und ihre gesellschaftliche Bedeutung. Es erwartet Sie keine Theorie. Sie lernen künstlerische Konzepte aus der Zeit um 1972 und den frühen Jahren des 21. Jahrhunderts kennen. Sie sind eingeladen, Projekte zu entdecken, die vergessen waren, und Kunstwerke der Gegenwart, die zukunftsweisend sind. Die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit der globalen Realität und die Rolle der Kunst bei der Gestaltung der Zukunft ist beiden immanent.

Das Buch nimmt seinen Ausgang bei der prominenten Rolle von Kunst und Kultur im Kontext der Planungen für ein internationales Sportereignis, die Spiele der XX. Olympiade in München 1972. Entstanden anlässlich ihres 50. Jubiläums 2022, aktiviert es die fast vergessenen Ideen, hinterfragt sie und bringt ihre Relevanz auch für die heutige Rolle der Kunst im realen und digitalen öffentlichen Raum ins Spiel.

Die Zeit um 1970 war geprägt von der Dekolonisierung, politischen Konflikten, dem Kalten Krieg. Der Club of Rome prognostizierte das nahe Ende der nicht erneuerbaren Ressourcen. Die Folgen der Ausbeutung der Natur kamen ebenso ins Bewusstsein wie die Folgen der zunehmenden Kapitalisierung. In Deutschland setzte eine deutlich kritische Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Ver-gangenheit durch die jüngere Generation ein.

50 Jahre nach den Spielen ist die Welt eine andere. Die idealistische Vorstellung, dass mit Sport und Kunst spielerisch ein neues beispielhaftes internationales, heiteres, junges Miteinander gestaltet werden kann, mag man angesichts eines Krieges in Europa, der Spaltung der Gesellschaft und zunehmender Radikalisierung, Hass und Hetze, aber auch des internationalen Turbokapitalismus kaum mehr glauben. Bereits nach dem Attentat auf die israelischen Sportler:innen am 5. September 1972 lautete das Fazit des Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees, Willi Daume, zur Abschiedsfeier am 11. Sep-tember 1972: »In einigen Monaten, in ein paar Jahren, ja vielleicht erst in Jahrzehnten wird man sagen, dass München ein zeitgeschichtliches Ereignis war, das mit seiner ganzen Tragik, seiner Wirrnis und der Unreife die Probleme deutlich gemacht hat, mit denen wir in dieser Welt heute leben müssen.«1

50 Jahre später vermitteln diese Worte ebenso wie die visionären Impulse und Planungen die große Aktualität der damaligen Konzepte, die zusammen mit der Kunst die Welt zu einer besseren machen wollte, und fordern dazu auf, die kommenden 50 Jahre unter den gegenwärtigen Fragestellungen zu imaginieren. Die vorliegende Publikation nimmt den aktuellen Stand der künstlerischen Konzeption und Produktion in den Fokus und vermittelt eine Ahnung davon, welche Voraussetzungen Kunst braucht, um nachhaltig im gesellschaftlichen Kontext Wirkung entfalten zu können.

Die Publikation gliedert sich in drei Teile: Beginnend mit einem historischen Kapitel, das die Bedeutung der Kunst innerhalb der Spiele der XX. Olympiade erstmals darstellt, schließt sich ein Intermezzo mit Bildern des Fotografen Jörg Koopmann vom Festival des Spiels, des Sports und der Kunst 2022 im Münchner Olympiapark an. Im dritten Teil entfalten über 40 Gestalter:innen und Expert:innen aus Kunst und Theorie ausgehend von Kunstwerken der Gegenwart Ideen und Gedanken zur Rolle der Kunst in der Gesellschaft der Zukunft.

Visionen und Wirklichkeit Kunst für die Olympischen Spiele 1972


Im ersten Teil wird der hohe Stellenwert, der Kunst, Kultur und Gestaltung im Rahmen der XX. Olympiade zugesprochen wurde, wissenschaftlich von 13 Autor:innen beleuchtet.2 Von Otl Aichers grafischem Gesamtkonzept, das an die Stelle der pathetischen Farben der antretenden Nationen und in Abgrenzung zu den Spielen von 1936 die Heiterkeit des Regenbogenspektrums setzte, über die Kunst für die Olympische Landschaft und Architektur bis hin zu den offiziellen Kulturprogrammen des Olympischen Sommers und der Spielstraße zeichnen Fachleute ein umfassendes Bild von visionären Ideen, progressiven Konzepten und verpassten Chancen.

Zu Beginn spannt die Verfasserin den Bogen zwischen den Modulen künstlerischer und kultureller Beiträge, die im gesamten Stadtgebiet Münchens ein neues Verständnis kultureller Wirksamkeit angetrieben haben. Kay Schiller, Professor für Modern European History, beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen von Planung, Erlebnis und Inbesitznahme der Architektur von Olympiadorf und -park von den frühen 1970er-Jahren bis in die Gegenwart. Elisabeth Spieker, Expertin für das Werk von Günter Behnisch, stellt das Zusammenspiel von Architektur, Landschaft und Kunst im angestrebten Gesamtkunstwerk Olympia 1972 dar. Die freie Kunsthistorikerin Corinna Thierolf stellt unter dem Titel Never give up! die weitgehend unrealisiert gebliebenen Konzepte amerikanischer Künstler für die Olympischen Sommerspiele 1972 vor. Unter dem Motto Gegen-Kunst erinnern sich Laszlo Glozer, 1972 Kunstkritiker der Süddeutschen Zeitung, und Christian Kandzia, im Büro Behnisch & Partner für die Kunst am Bau zuständig, an die Kämpfe um die Kunst. Die Kunstwissenschaftlerin Daniela Stöppel zeigt in ihrem Beitrag Regelkreisläufe und Feedbackschleifen, dass kybernetische Steuerungsideen in bildender und angewandter Kunst um 1970 aufgegriffen worden sind, und fragt nach deren heutigem utopischen Potenzial. Das interdisziplinäre Konzept und ausgewählte Projekte der Spielstraße macht die Verfasserin vor dem Hintergrund der künstlerischen und gesellschaftlichen Ereignisse 1972 anschaulich. In das Werk des Komponisten und Programmleiters für Neue Musik im Olympischen Sommer, Josef Anton Riedl, führt der Text Hörensehen, Sehenhören des Autors und Musikers Michael Lentz ein. Barbara Könches, Direktorin der ZERO foundation in Düsseldorf, untersucht den Olympischen Regenbogen von Otto Piene als Hoffnungszeichen nach dem Attentat. Maurin Dietrich, Direktorin des Kunstvereins München, nimmt über die Arbeit des Künstlers Tony Cokes Bezug auf die visuelle Identität der Spiele und ihre politische Aufladung. Kunsttheoretiker und -kritiker Heinz Schütz betrachtet die Ausstellung Weltkulturen und moderne Kunst unter der gegenwärtig vom Postkolonialismus geprägten Debatte. Die Antworten des Mitinitiators des Kinder- und Jugendzentrums dieser Ausstellung, Manfred Weihe, machen deutlich, dass München 1972 für den noch heute relevanten Aufbruch in der Kunst- und Museumspädagogik steht. Die Rolle der aktionistischen Kunstpädagogik der Gruppe KEKS für die Entwicklung des Spielkonzepts im Olympischen Dorf ist Thema der für diese Publikation verfassten Untersuchung von Tanja Baar.

Architektur der Olympischen Sportstätten von Behnisch & Partner, 1972

Intermezzo Festival des Spiels, des Sports und der Kunst


Vom 1. bis 9. Juli 2022 war der öffentliche Raum rund um den Olympiasee Schauplatz des Festival des Spiels, des Sports und der Kunst. Vor der Kulisse der olympischen Landschaft und in den Sportanlagen waren die Bürger:innen im Geiste des Kulturprogramms von 1972 zu vielfältigen interdisziplinären Programmpunkten eingeladen. Das Programm der Eröffnungsfeier in der Olympiahalle war unter dem Motto des Jubiläumsjahres Auf dem Weg in die Zukunft 1972–2022–2072 mit zeitgenössischen Akteur:innen und Zeitzeug:innen aus Sport, Öffentlichkeit und Kultur dem kritischen Erinnern sowie dem kooperativen gesellschaftlichen Miteinander gewidmet und strukturiert durch Programmpunkte zeitgenössischer Kunst. Am 2. Juli zog eine Parade mit gegenwärtigen Akteur:innen aus Kultur, Sport und Stadtgesellschaft vom Kunstareal in den Olympiapark. In den Stadtvierteln rund um den Olympiapark, vom Olympiadorf bis zur Pressestadt, ereigneten sich zahlreiche partizipative Aktionen. Rund um den Olympiasee, am Schauplatz der Spielstraße von 1972, waren Aktionen und Produktionen von Künstler:innen zu erleben, die sich mit den Konzepten von 1972 befassten. Im Intermezzo gibt eine Auswahl von Bildern des Fotografen Jörg Koopmann Szenen, Hintergründe und Atmosphäre wieder.

Kunst und Gesellschaft 2072


2022 ist die Kunst im interdisziplinären theoretischen Diskurs als wichtige kritische Instanz innerhalb der Gesellschaft und Medium für Reflexion und Eröffnung neuer Perspektiven und Einsichten anerkannt, und auch in wirtschaftlichen, politischen, sozialen Kontexten ist sie hervorgehoben. Die Kunstinstitutionen überprüfen ihre Funktionen und erfinden sich als »Dritte Orte« – nichtkommerzielle Orte der Begegnung und des Austauschs – neu. Vor allem sind es die Künstler:innen selbst, die nach neuen Kontexten, Aufgaben und gesellschaftlicher Wirkung suchen.

Der zweite Teil der Publikation Kunst und Gesellschaft 1972–2022–2072 vereint eine Vielzahl von Stimmen und richtet den Blick in die...

Erscheint lt. Verlag 13.12.2023
Mitarbeit Designer: Berlin Studio Pandan
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Kunstgeschichte / Kunststile
Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Schlagworte 1972 • 2022 • 2072 • Adolf Luther • Andy Warhol • Dan Flavin • Deutschland • Gerhard Richter • Gesellschaft • Gesellschaftspolitik • Günter Behnisch • Günther Grzimek • Heinz Mack • Kultur • Kunst • München • Olympiade • Olympische Spiele • Otl Aichinger • Sport
ISBN-10 3-7757-5705-8 / 3775757058
ISBN-13 978-3-7757-5705-8 / 9783775757058
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