Helden (eBook)

Die klassischen Sagen der Antike neu erzählt

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
416 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2571-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Helden - Stephen Fry
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»Genauso entzückend und schwer aus der Hand zu legen wie der erste Band.« The Herald. »Man möchte diese Geschichten, wenn sie so packend und mitreißend erzählt werden, unbedingt immer weiter hören. Suchtstoff.« NDR zu »Mythos«. Nie sind monströsere Gefahren überwunden und rachsüchtigere Götter überlistet worden als in der griechischen Antike. Stephen Fry haucht den Sagen um Perseus, Herakles & Ödipus neues Leben ein. Ob Jason mithilfe von Medeas Zauber das Goldene Vlies stiehlt oder Theseus durch Ariadnes List den Minotaurus überwindet - mit seinem unnachahmlichen Humor holt Fry die klassischen Stoffe in unsere Zeit. Er zeigt, dass hinter jedem Helden eine Heldin steht und dass es der Auflehnung der Helden gegen Zeus & Co. bedurfte, um der Welt von uns Menschen den Weg zu bereiten. »Das Tempo ist lebhaft, die Witze sind urkomisch.« The Guardian



Stephen Fry ist Schriftsteller, Schauspieler, Moderator, Kolumnist und Regisseur. Sein exzentrischer Charakter erklärt sich durch seine krumme Nase und den halben Zentimeter, den er kleiner ist als Monty-Python-Legende John Cleese. Sein letztes Buch »Mythos« wurde zum SPIEGEL-Bestseller. Bei Aufbau und im Aufbau Taschenbuch sind lieferbar: »Der Lügner«, »Das Nilpferd«, »Geschichte machen«, »Paperweight«, »Columbus war ein Engländer«, » Der Sterne Tennisbälle«, »Feigen, die fusseln«, »Ich bin so Fry. Meine goldenen Jahre« und »Mythos«. Matthias Frings, 1953 in Aachen geboren, war Journalist und Fernsehmoderator und lebt als Schriftsteller in Berlin.

Perseus


Der Goldregen


Da AKRISIOS, der Herrscher von Argos,1 keinen männlichen Erben für sein Königreich gezeugt hatte, suchte er beim Orakel von Delphi Rat, wann und wie er auf einen solchen hoffen könne. Die Antwort der Priesterin war verstörend.

König Akrisios wird keine Söhne haben, aber sein Enkel wird ihn töten.

Akrisios liebte sein einziges Kind, seine Tochter DANAË, doch sein eigenes Leben liebte er mehr. Nach dem Orakelspruch war ihm klar, dass er alles in seiner Macht Stehende tun musste, um jedweden zeugungsfähigen Mann von ihr fernzuhalten. Also befahl er den Bau einer Kammer aus Bronze unterhalb des Palasts. Eingeschlossen in dieses glänzende, unbezwingbare Gefängnis, stellte man Danaë so viel Luxus und weibliche Gesellschaft zur Verfügung, wie sie nur wollte. Schließlich war er, so redete Akrisios sich ein, keinesfalls hartherzig.2

Er hatte die bronzene Kammer gegen jeden Eindringling versiegelt, aber nicht mit den Lüsten und Listen des Zeus gerechnet, dessen Blick auf Danaë gefallen war und der nun darüber nachdachte, wie er in die versiegelte Kammer eindringen und sich ein wenig Vergnügen verschaffen konnte. Ihm gefiel die Herausforderung. Im Zuge seiner amourösen Karriere hatte der König der Götter sich auf der Jagd nach begehrenswerten Frauen und manchmal auch Männern schon in alle möglichen exotischen Wesen verwandelt. Um Danaë zu erobern, das war ihm klar, musste er sich etwas Besseres einfallen lassen als die üblichen Stiere, Eber, Hengste, Adler, Hirsche und Löwen. Irgendetwas Überkandideltes war vonnöten …

Durch die schmalen Lichtschlitze im Dach der Kammer strömte eines Nachts ein Goldregen herein, ergoss sich in Danaës Schoß und penetrierte sie.3 Es mag eine unorthodoxe Form der geschlechtlichen Vereinigung gewesen sein, aber Danaë wurde schwanger und brachte mithilfe ihrer ergebenen Dienerinnen einen gesunden Jungen zur Welt, den sie PERSEUS nannte.

Die sterbliche Robustheit von Perseus wurde von äußerst tauglichen Lungen begleitet, und sosehr sie es auch versuchten, schafften es weder Danaë noch ihre Dienerinnen, die Schreie des Babys zu dämpfen. Diese bahnten sich ihren Weg durch die Bronzemauern des Gefängnisses und über zwei Stockwerke hinweg nach oben bis in die Ohren ihres Vaters.

Seine Wut, als er des Enkelsohns ansichtig wurde, war schrecklich.

»Wer hat es gewagt, in dein Verlies einzubrechen? Nenn mir den Namen und ich werde ihn kastrieren lassen, foltern und mit seinen eigenen Innereien erwürgen.«

»Vater, ich glaube es war der Himmelskönig selbst, der zu mir kam.«

»Du willst mir sagen – könnte jemand bitte dieses Baby zur Ruhe bringen! –, dass es Zeus war?«

»Vater, ich kann nicht lügen, er war es.«

»Ganz bestimmt. Es war der Bruder von einer deiner verdammten Dienerinnen, nicht wahr?«

»Nein Vater, es war, wie ich gesagt habe. Zeus.«

»Wenn dieser Balg nicht aufhört zu brüllen, ersticke ich ihn mit diesem Kissen.«

»Er hat einfach nur Hunger«, sagte Danaë und legte Perseus an ihre Brust.

Akrisios dachte scharf nach. Ungeachtet seiner Drohung mit dem Kissen wusste er, dass es kein schlimmeres Verbrechen gab. Die Ermordung eines Angehörigen würde die Furien veranlassen, aus der Unterwelt aufzusteigen und ihn bis ans Ende der Welt zu verfolgen, ihn mit eisernen Peitschen zu geißeln, bis sich die Haut von seinem Körper löste. Sie würden nicht eher Ruhe geben, bis er dem Wahnsinn verfallen war. Und doch bedeutete die Prophezeiung des Orakels, dass er seinen Enkelsohn nicht am Leben lassen konnte. Vielleicht …

In der folgenden Nacht ließ Akrisios Danaë und das Baby Perseus heimlich in eine hölzerne Truhe stecken. Seine Soldaten vernagelten den Deckel und schleuderten sie über die Klippen ins Meer.

»Erledigt«, sagte Akrisios und wusch sich die Hände, als wolle er sich von jeglicher Verantwortung freisprechen. »Wenn sie umkommen, was ihnen gewiss widerfahren wird, kann niemand behaupten, ich wäre der unmittelbare Grund dafür gewesen. Die See wird schuld sein, die Felsen und die Haie. Und die Götter werden schuld sein. Mit mir hat das alles nichts zu tun.«

Mit dieser heuchlerischen Entschuldigung auf den Lippen beobachtete König Akrisios, wie die Truhe außer Sichtweite trieb.

Die hölzerne Truhe


In den wilden Wellen des Meeres schwankte und schlingerte der hölzerne Kasten von Insel zu Insel und von Küste zu Küste. Er zerschellte nicht an den Felsen und strandete auch nicht wohlbehalten auf weichem Sand.

In der dunklen Truhe stillte Danaë ihr Kind und wartete auf das sichere Ende. Am zweiten Tag ihrer schwankenden, wogenden Reise wurden sie mächtig umhergewirbelt und ein schrecklicher Knall ertönte. Nach ein paar Augenblicken der Stille hörte sie, wie der Deckel ruckelte und knarzte. Schlagartig drang Tageslicht ein, begleitet von starkem Fischgeruch und Möwenschreien.

»Schau an«, rief eine freundliche Stimme. »Was für ein Fang!«

Sie waren in einem Fischernetz gefangen. Der Besitzer der Stimme streckte eine starke Hand aus, um Danaë aus der Kiste zu helfen.

»Hab keine Angst«, sagte er, obwohl in Wahrheit er es war, der Furcht verspürte. Was hatte das alles zu bedeuten? »Mein Name ist Diktys4 und das ist meine Besatzung. Wir wollen dir nichts Böses.«

Die anderen Fischer umdrängten sie mit schüchternem Lächeln, aber Diktys schob sie beiseite. »Lasst die Dame atmen. Seht ihr nicht, dass sie erschöpft ist? Etwas Brot und Wein.«

Zwei Tage später legten sie auf Diktys’ Heimatinsel Serifos an. Er brachte Danaë und Perseus zu seiner kleinen Hütte hinter den Dünen.

»Meine Frau starb bei der Geburt unseres Sohnes, also hat Poseidon dich vielleicht geschickt, um ihren Platz einzunehmen. Nicht, dass ich damit meine …«, fügte er hastig hinzu, »… ich würde nie, natürlich nicht, verlangen … dass du …?«

Danaë lachte. Die Atmosphäre unverstellter Liebenswürdigkeit und Einfachheit war genau das, was sie sich wünschte, um ihr Kind großzuziehen. An aufrichtiger Freundlichkeit hatte es ihr bisher gemangelt. »Du bist zu nett«, entgegnete sie. »Wir nehmen dein Angebot an, nicht wahr, Perseus?«

»Ja, Mutter, wie du willst.«

Nein, es handelt sich nicht um das Wunder des sprechenden Neugeborenen. Siebzehn Jahre sind auf Serifos nun vergangen. Perseus ist zu einem schönen, starken jungen Mann herangewachsen. Dank seines Adoptivvaters Diktys ist aus ihm ein selbstsicherer, erfahrener Fischer geworden. Bei aufgewühlter See in seinem Boot stehend, vermag er einen vorbeihuschenden Schwertfisch aufzuspießen, und im reißenden Flusslauf gelingt es ihm, mit der Hand eine Forelle zu fangen. Er rennt schneller, wirft weiter und springt höher als jeder andere junge Mann auf Serifos. Er ringt, er reitet wilde Esel, er kann eine Kuh melken und einen Stier zähmen. Er ist impulsiv und manchmal vielleicht ein wenig angeberisch, aber seine Mutter Danaë ist zu Recht stolz auf ihn und glaubt, er sei der beste und mutigste Junge der ganzen Insel.

Die Schlichtheit von Diktys’ Heim schien Danaë umso bemerkenswerter, als sie herausfand, dass dieser bescheidene Fischer der Bruder von Polydektes, dem König von Serifos, war. Der Herrscher der Insel war all das, was Diktys nicht war: stolz, grausam, unehrlich, gierig, lüstern, extravagant und fordernd. Zunächst hatte er sich nicht sonderlich um Diktys’ Gäste gekümmert. In jüngerer Zeit wurde sein düsteres Herz jedoch mehr und mehr von gewissen Gefühlen für die Mutter dieses Jungen erfüllt, dieses impertinenten Jungen.

Perseus hatte eine Art, sich instinktiv zwischen seine Mutter und den König zu stellen, die höchst ärgerlich war. Polydektes schaute gewöhnlich vorbei, wenn er wusste, dass sein Bruder unterwegs war, aber jedes Mal störte der nervige Perseus:

»Mutter, Mutter, hast du meine Laufsandalen gesehen?«

»Mutter, Mutter! Komm zum Felsschwimmbecken und nimm die Zeit, wie lange ich unter Wasser die Luft anhalten kann.«

Es war zu lästig.

Zu guter Letzt fand Polydektes einen Weg, Perseus fortzuschicken. Er würde sich die Eitelkeit, den Stolz und das Temperament des Jungen zunutze machen.

Einladungen wurden an alle jungen Männer auf der Insel verteilt, zum Palast zu kommen und an einem Fest teilzunehmen. Polydektes’ Entschluss sollte gefeiert werden, um die Hand von HIPPODAMIA anzuhalten, die Tochter von König Oinomaos von Pisa.5 Das war eine kühne und überraschende Wendung. Als das Orakel prophezeit hatte, König Akrisios von Argos würde von seinem Enkel getötet werden, teilte es Oinomaos wiederum mit, sein Schwiegersohn würde ihn ermorden. Um seine Tochter davon abzuhalten, jemals zu heiraten, forderte der König jeden Bewerber zum Wagenrennen heraus, wobei der Verlierer sein Leben verwirkte. Oinomaos war der beste Wagenlenker im Land: Bereits mehr als ein Dutzend Köpfe von hoffnungsfrohen jungen Männern zierten die hölzernen Pfähle, die neben der Rennbahn aufgestellt waren. Hippodamia war sehr schön, Pisa sehr reich, und die Verehrer ließen sich nicht abschrecken.

Danaë war entzückt zu hören, dass Polydektes seinen Hut in den Ring geworfen hatte. Schon lange hatte sie sich in seiner Gesellschaft unwohl...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2020
Reihe/Serie Die Mythos-Trilogie
Die Mythos-Trilogie
Übersetzer Matthias Frings
Zusatzinfo Mit 37 Abbildungen und 2 Karten
Sprache deutsch
Original-Titel Heroes. Mortals and Monsters. Quests and Adventures
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Historische Romane
Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Literatur Romane / Erzählungen
Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Vor- und Frühgeschichte / Antike
Geschichte Allgemeine Geschichte Vor- und Frühgeschichte
Geschichte Allgemeine Geschichte Altertum / Antike
Schlagworte Antike • Argonauten • Bestseller aus Großbritannien • Gustav Schwab • Herakles • Jason • Medea • Monty Python • Mythos • Ödipus • Perseus • sagen des klassischen altertums • Theseus
ISBN-10 3-8412-2571-3 / 3841225713
ISBN-13 978-3-8412-2571-9 / 9783841225719
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