Tristan Mortalis (eBook)

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2023 | 1. Auflage
380 Seiten
Dressler Verlag GmbH
978-3-98642-014-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tristan Mortalis -  Melissa C. Hill,  Anja Stapor
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Nachdem sich Michael alias Tristan, Alice, Claire, Bene und Damian in der Theater-AG angefreundet haben, feiern sie gemeinsam ihren Schulabschluss. Danach trennen sich ihre Wege. Damian und Claire studieren, Bene gondelt als Animateur auf einem Kreuzfahrtschiff durch die Welt und Alice hat eine Ausbildung zur Malerin begonnen. Nur von Tristan weiß niemand etwas Genaueres. Als im Moor nahe ihrer Heimat eine Leiche gefunden wird, die Michaels Tristan-Kostüm trägt, ahnen die vier, dass ihr Freund die Partynacht nicht überlebt hat. Sie sind fest entschlossen, das Rätsel um Tristans Tod zu lüften. Doch schon bald stellt sich heraus: Er war nicht der Einzige mit einem Geheimnis.

Anja Stapor wurde in Gunzenhausen geboren. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Würzburg und veröffentlichte dabei ihren ersten Krimi. Sie schmiedet neue Mordpläne, während sie mit ihrem kleinen Sohn auf dem Friedhof spielt.

Anja Stapor wurde in Gunzenhausen geboren. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Würzburg und veröffentlichte dabei ihren ersten Krimi. Sie schmiedet neue Mordpläne, während sie mit ihrem kleinen Sohn auf dem Friedhof spielt.

Alice / Montag, 28.02., 17:30 Uhr

»Bremsen, Alice! Du musst bremsen!«

Alice wirft Georg auf dem Beifahrersitz einen nervösen Blick zu, ehe sie die Augen wieder auf die Straße heftet. Er erinnert sie an ihren Fahrlehrer, und vermutlich hätte er gerade auch gerne ein zweites Set Pedalen, um das Auto zum Stehen zu bringen. »Das ist eine Vollsperrung! Du musst –«

»Bremsen, ich weiß!«, versichert Alice, tritt auf die Bremse und reißt das Lenkrad herum. Na bitte, die Ausfahrt hat sie noch erwischt. Haarscharf zwar und mit einem Schlenker auf die Gegenfahrbahn, aber was soll’s. Trotzdem wirft sie einen kurzen, schuldbewussten Blick zu ihrem Beifahrer.

»Du hättest Rennfahrerin statt Malerin werden sollen!«, stöhnt Georg neben ihr. Er tastet mit der Hand die Fahrzeugdecke ab, aber der klapprige Van hat keine Haltegriffe. Überhaupt ist die Schwere des Gefährts der einzige Grund, aus dem Alice die Kurve so knapp geschnitten hat. Bis unters Dach vollgepackt mit Leitern, Farbeimern und allerhand anderem Kram lenkt es sich einfach ganz anders als ihr schnittiger Beetle.

Georg fährt sich mit dem Taschentuch, mit dem er sich eben noch Farbe unter den Fingernägeln herausgepult hat, über die Stirn. Seit vier Jahrzehnten kutschiert er den Maler-Van zu den Baustellen und macht keinen Hehl daraus, dass er seiner neuen Auszubildenden Alice diese Aufgabe nur sehr widerwillig überlassen hat. Er bezeichnet ihren Fahrstil – je nach Tageslaune – als jugendlich oder schlichtweg gemeingefährlich.

»Was soll das überhaupt?«, fragt Alice, während sie den Kleinbus auf eine ihr unbekannte Nebenstraße lenkt. Sie führt weg vom Deich, weg von der Küste und damit grob in Richtung Nordenham. »Heute Morgen war hier noch keine Baustelle. Die können doch nicht einfach die ganze Landstraße sperren.«

»Vielleicht ein Unfall.« Georg dreht sich so weit nach hinten um, wie der Gurt und seine kräftige Statur es zulassen. »Wenn hier mehr Leute so rasant unterwegs sind wie du, wundert mich das nicht. Die Fahrten zu den Baustellen sind echt voller Nervenkitzel, seitdem du bei uns arbeitest.«

Alice beißt sich auf die Unterlippe und konzentriert sich lieber auf die Straße. Sie kennt ihren Ausbildungsleiter mittlerweile schon ziemlich gut und weiß, dass er nur dem Schrecken über die plötzliche Bremsung Luft machen muss. Am Ende des Tages wird er ihr auf die Schulter klopfen und sagen, dass er heilfroh ist, ihr das Malen und nicht das Fahren beibringen zu müssen. Darin macht sie sich nämlich richtig gut, wie er immer wieder betont.

»Da sind Blaulichter«, stellt er nun fest. »Mannomann, da ist ganz schön Polizei am Start. Vielleicht eine Massenkarambolage.«

»Auf der Straße ist doch kaum Verkehr.« Alice wirft einen schnellen Blick in den Seitenspiegel. »Warte mal, ist das nicht direkt an der Einmündung zum Campingplatz?« Sie hat keine Chance mehr, sich zu vergewissern, weil sie zu weit weg sind. Doch der pure Gedanke genügt, damit sich in ihrem Brustkorb ein dumpfer Druck bildet.

Georg mustert sie. »Ich bin nicht so der Camper. Zu unbequem, zu viele Stechmücken.«

»Der liegt direkt am Wattenmeer. Beim Schwimmenden Moor.«

Ein Seitenblick verrät ihr, dass Georgs Miene sich aufhellt. »Ach da. Ja, das müsste ungefähr die Höhe sein, gleich hinter dem Deich.«

»Ach, kein Camper also, aber trotzdem Fan der trivialen Touristenspots?«, zieht Alice ihren Ausbildungsleiter auf, um ihre eigenen Gedanken in andere Bahnen zu lenken. Der Anblick des Blaulichts vor dem grauen Abendhimmel hat sich auf ihrer Netzhaut eingebrannt.

»Touristenspots«, brummt Georg. »Das Schwimmende Moor ist ein Naturphänomen. Das muss man ja wohl kennen. Ist das einzige Außendeichmoor der Welt!«

»Weiß ich doch, Opa Bär«, entgegnet Alice leise. Aber nicht leise genug. Georg wirft das zerknüllte Papiertaschentuch nach ihr. Er hasst es, wenn Alice und sein auch ansonsten eher junges Team ihn wie den Großvater behandeln, der er als Fast-Rentner nun mal ist.

Seufzend setzt Alice den Blinker, um einen Schleichweg zu nehmen, der sich hoffentlich als Abkürzung herausstellt. »Mach mal die Musik aus«, bittet sie Georg und nickt in Richtung ihres Handys, das zwischen ihnen liegt.

»Was? Sag bloß, dieses sagenhaft melodische Lied stört deine Konzentration!«, spottet der Angesprochene, kommt ihrer Bitte aber nach – nicht ohne einen Seufzer der Erleichterung. »In Korea hört man das, sagst du, ja?«

»Nein, wenn man u-100 ist, hört man das auch hier.« Alice unterdrückt ein Schmunzeln. »Und jetzt hilf mir lieber, den Weg nach Nordenham zu finden.«

Hier draußen kennt sie sich nicht besonders gut aus. Wenn sie ans Meer will, zieht es sie eher an die Sandstrände, nicht an den schroffen Küstenstreifen hier. Nur einmal … Einmal hat sie einen ganzen Abend hier verbracht. Am Bootshaus von Claires Familie, an eben diesem Campingplatz zwischen Nordsee und Schwimmendem Moor, dessen Zufahrtsstraße direkt hinter der Vollsperrung liegen muss.

Über ein halbes Jahr ist das jetzt her. Ihre Abifeier. Natürlich nicht die offizielle. Die fand in der Stadthalle und unter striktem Alkoholverbot statt. Anwesend waren sie natürlich trotzdem alle. Aber die richtige Party stieg eine Woche später am Bootshaus.

Ein kleiner Teil von ihr würde gerne umdrehen und herausfinden, was es mit dem Einsatz auf sich hat. Nicht aus Sensationsgier, sondern um sicherzugehen, dass nichts Schlimmes passiert ist.

Vielleicht sollte sie später Claire schreiben. Aber vielleicht haben die Sperrung und das Polizeiaufgebot auch gar nichts mit dem Campingplatz zu tun. Vielleicht hat Georg recht, und es handelt sich um einen Autounfall. Ihr Bruder Adrien kommt ihr in den Sinn, der hier draußen mal eine Panne mit dem Motorrad hatte. So oder so … Ein ungutes Gefühl in ihrer Magengrube bleibt.

Claire / Montag, 28.02., 20:00 Uhr

Claire stapelt ein Buch auf das andere. Es ist wenig los heute in der Bibliothek, und sie hat direkt ihren Lieblingstisch ergattert. Den ganz hinten im dunklen Eck mit Blick auf die langen Regalreihen. Sie ist immer noch ein wenig nervös, wenn sie sich zwischen den anderen Studierenden niederlässt. Als würden die ihr an der Nasenspitze oder womöglich eher an den bunten Klebezetteln und Textmarkern ansehen, dass sie noch ein Ersti ist und gerade erst die Einführungsveranstaltungen belegt.

Beim Gedanken an all das Wissen, das sie sich in den nächsten Semestern aneignen wird, entfährt Claire ein zufriedener Seufzer. Sie legt das letzte Buch oben auf den Stapel. Für einen Moment lässt sie die Hand darauf ruhen, spürt die kühle Glätte des Schutzumschlags unter ihren Fingern und zieht sie dann schnell zurück. Nicht, dass sie noch jemand dabei beobachtet.

Ihr Bücherwall rahmt ihren Laptop ein und schützt sie vor neugierigen Blicken. Wobei Mara gerne behauptet, dass nur ein Masochist neugierige Blicke auf Claires Sartorius-Gesetzessammlung und ihre Karteikarten werfen würde. Da mag sie recht haben, aber die Barriere gibt Claire zumindest das Gefühl, konzentrierter arbeiten zu können.

In ihre eigenen Bücher hat sie gleich am ersten Vorlesungstag in kühnen Schwüngen ihren Namen geschrieben: Claire Hagenbrock. Vor dem Vornamen hat sie am linken Seitenrand ein klein wenig Platz gelassen, gerade genug, um in ferner Zukunft ein Dr. jur. ergänzen zu können, falls sich dieser Traum irgendwann erfüllt. Das erste Semester hat sie schon beinahe geschafft, mittlerweile kennt sie den kürzesten Weg zur Mensa und verläuft sich auch kaum noch zwischen den Hörsälen. Nur sollte sie zukünftig vielleicht nicht mehr ganz so engagiert jedes einzelne Wort der Professorinnen und Professoren mitschreiben, sonst braucht sie schon bald ein neues Bücherregal für ihre Ordner.

Als der rothaarige Bibliotheksangestellte mit einem Stapel Strafrecht-Bücher in den Armen an ihr vorbeiläuft, schenkt er ihr wie üblich ein Lächeln. Kein Wunder, die Bibliothek im Göttinger Juridicum ist seit Semesterbeginn im letzten Oktober so was wie ihr zweites Zuhause. Für die Angestellten ist der Anblick von Claires über ihren Arbeitsplatz gebeugtem Kopf wahrscheinlich so vertraut wie die kränkelnde Topfpflanze daheim oder die Plakatwerbung an den Bushaltestellen.

Claire liebt die Routine: Wie sie abends durch die Eingangstür der Bibliothek tritt, staubige Bücherluft einatmet, ihren Mantel aufhängt, ihren Spind aufschließt, die Tasche darin verstaut und die Unterlagen herausnimmt. Sie liebt es, hier zu sein, hier zu lernen. Und folgerichtig bringt sie auch den Bibliotheksangestellten eine gewisse Sympathie entgegen.

Aber das ist noch lange kein Grund, dass dieser Rothaarige sie so penetrant anstarrt. Ha! Jetzt zwinkert er auch noch! Sein Lächeln wirkt heute irgendwie falsch, unnatürlich und gleichzeitig aufdringlich wie bei einer Schaufensterpuppe. Claire zieht eine Augenbraue nach oben und wirft ihm einen derart kühlen Blick zu, dass die Nordsee davon zufrieren könnte. Wenigstens eine nützliche Sache, die sie von ihrem Vater gelernt hat. Verachtung zeigen, das können die Hagenbrocks.

Der Rothaarige ergreift mit einem verstörten Gesichtsausdruck die Flucht, und Claire wendet sich wieder ihrem Laptop zu. Ihre Finger huschen über die Tasten. Jeden Montag kontrolliert sie zuerst eine halbe Stunde lang ihre Internetpräsenz.

Erst Google. Sie tippt Claire Hagenbrock in die Suchmaske und scrollt durch die Ergebnisse. Wie immer tauchen zuerst...

Erscheint lt. Verlag 4.5.2023
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 14 • Booktok • Bootshaus • Freundschaft • Geheimnisse • Jugendbuch • Lehrerin • Lost Places • Lupus Noctis • Mitschüler • Moorleiche • Mord • Pageturner • Party • Pretty Little Liars • Rätsel • riverdale • Schulabschluss • schulzeit • Spannung • Theater-AG • Thriller • TikTok • Whodunit
ISBN-10 3-98642-014-2 / 3986420142
ISBN-13 978-3-98642-014-7 / 9783986420147
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