Disney Villains 5: Das verzauberte Haar (eBook)
384 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-93633-9 (ISBN)
Walt Disney (1901-1966) war einer der einflussreichsten und meistgeehrten Filmproduzenten und Trickfilmzeichner des 20. Jahrhunderts. Dafür sorgten Figuren wie Micky Maus oder Donald Duck. 1937 erschien mit »Schneewittchen und die sieben Zwerge« ein Meilenstein der Filmgeschichte: der erste abendfüllende Zeichentrickfilm. Viele weitere folgten und begeistern noch heute ein Milliardenpublikum jeder Altersklasse. Disneys Name entwickelte sich zu einer internationalen Marke, die für ein umfassendes Spektrum an Produkten der Unterhaltungsindustrie steht.
Walt Disney (1901-1966) war einer der einflussreichsten und meistgeehrten Filmproduzenten und Trickfilmzeichner des 20. Jahrhunderts. Dafür sorgten Figuren wie Micky Maus oder Donald Duck. 1937 erschien mit »Schneewittchen und die sieben Zwerge« ein Meilenstein der Filmgeschichte: der erste abendfüllende Zeichentrickfilm. Viele weitere folgten und begeistern noch heute ein Milliardenpublikum jeder Altersklasse. Disneys Name entwickelte sich zu einer internationalen Marke, die für ein umfassendes Spektrum an Produkten der Unterhaltungsindustrie steht. Serena Valentino, geboren 1970, ist eine amerikanische Autorin. Sie schuf die Disney-Bestsellerreihe »Villains«, in der sie berühmte Märchen aus Sicht der Bösewichte erzählt. Außerdem veröffentlichte sie die beiden Comicreihen »GloomCookie« und »Nightmares & Fairy Tales«. In der Graphic Novel »Cruella de Vil« (Originaltitel »Evil thing«), der Adaption des 7. Bandes der »Villains«-Reihe, verbindet sie beide Genres miteinander. Valentino lebt in Kalifornien. Ellen Kurtz wurde 1994 in Hamburg geboren. Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr studierte sie Anglistik und Spanische Philologie, um sich ganz ihrer Begeisterung für Sprache und Literatur zu widmen. Seit 2018 ist Ellen Kurtz als freiberufliche Übersetzerin und Lektorin tätig.
KAPITEL I
Königin der Toten
Sorgfältig verborgen in den Tiefen des Waldes der Toten lebte eine Familie von Hexen. Ihr Anwesen aus schroffem grauem Gestein thronte auf dem höchsten Hügel und überblickte eine weitläufige Landschaft voll abgestorbener Bäume, deren morsche Äste sich wie verkrümmte, knochige Finger gen Himmel streckten.
Den Wald umschloss ein undurchdringliches Dickicht aus Rosenbüschen, an deren Zweigen noch immer winzige, wunderschön erhaltene Knospen hingen, obwohl die Büsche länger tot waren, als sich irgendeine lebendige Seele erinnern konnte. Dies war die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und dem Wald der Toten, und die Hexen, die in diesem Wald lebten, überschritten sie nur selten, um jenen auf der anderen Seite zu schaden. Im Gegenzug verlangten sie von den Lebenden nur eine einzige Sache: ihre Toten.
Denn der Wald der Hexen bestand nicht nur aus leblosen Bäumen. Es war der Ort, an dem die Toten ihre letzte Ruhe fanden – das zumindest erzählten sich die Bewohner der nahe gelegenen Dörfer. Sie zogen es vor, den Wald wie einen Friedhof zu betrachten, zu dem ihnen der Zutritt verboten war, und in den Hexen sahen sie seine Wächter. Doch tief in ihren Herzen wussten sie, dass ihren geliebten Verstorbenen an dem Ort, der ihre letzte Ruhestätte hätte sein sollen, nur wenig Frieden vergönnt war.
Aber mit diesem Teil der Geschichte wollen wir uns jetzt noch nicht befassen. Für den Moment liegt unser Augenmerk auf der Geschichte von drei Hexenschwestern – Hazel, Gothel und Primrose – und ihrer Mutter Manea, der sagenumwobenen Königin der Toten, einer der mächtigsten und gefürchtetsten Hexen aller Zeiten.
Manea machte keinen Hehl daraus, was für eine Enttäuschung ihre Töchter für sie waren, und betonte bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass die drei, obwohl am selben Tag geboren, keine eineiigen Drillinge waren. Eineiige Hexentöchter galten in allen magischen Reichen als große Ehre. Sie waren die Lieblinge der Götter, denn sie besaßen größere Macht und mehr magisches Potenzial als jede gewöhnliche Hexe. Und obwohl Gothel und ihre Schwestern streng genommen Drillinge waren, hätten sie nicht unterschiedlicher sein können.
Lasst uns mit Gothel beginnen, der jüngsten Schwester, wenn auch nur um einige wenige Stunden. Sie hatte rabenschwarzes Haar und dunkle Züge mit großen, ausdrucksstarken grauen Augen. Ihre wilde Mähne widerspenstiger Locken war häufig voller kleiner Äste oder trockener Blätter aus dem Unterholz, durch das sie ihren Schwestern im Toten Wald folgte, wenn die drei in der Landschaft aus Friedhöfen herumtollten. Wenn Gothel sich einmal entschied, lange genug von einem ihrer geliebten Bücher aufzuschauen, um ihre Umgebung wahrzunehmen, war sie eine charismatische Persönlichkeit, die die Aufmerksamkeit von jedem im Raum auf sich zog. Sie war eine nachdenkliche, pragmatische junge Frau, die sich nur selten von ihren Gefühlen beherrschen ließ und gänzlich darauf fokussiert war, eines Tages den Platz ihrer Mutter im Wald der Toten einzunehmen. Nur eine einzige Sache war ihr noch wichtiger: ihre Schwestern.
Hazel, die älteste Schwester, war schlaksig und schüchtern, mit großen hellblauen Augen. Ihr Haar war von einem glänzenden Silber und fiel ihr wie ein Leichentuch über die schmalen Schultern. Sie bewegte sich lautlos wie eine geisterhafte Göttin, was seltsam passend war, wenn man bedachte, wo sie und ihre Schwestern lebten. Hazel war eine stille und über alle Maßen einfühlsame junge Frau, die stets ein offenes Ohr für die Sorgen ihrer Schwestern hatte und sie in allem unterstützte.
Somit fehlt uns nur noch Primrose. Nun, sie war ein atemberaubender Rotschopf mit leuchtend grünen Augen und einer Haut wie Pfirsich und Rosen, auf deren Nase sich ein paar helle Sommersprossen tummelten. Sie hatte ein ausgelassenes, fröhliches Wesen, war immerzu auf der Suche nach Abenteuern und dazu verdammt, vollständig von ihren Gefühlen beherrscht zu werden. Hin und wieder ging sie ihren Schwestern damit so auf die Nerven, dass die drei sich stritten.
Die Schwestern verbrachten den Großteil ihrer Zeit im Wald der Toten damit, die Mausoleen zu erkunden und die Namen von den unzähligen Grabsteinen abzulesen, die ihnen wie eine kleine Stadt der Toten vorkamen. Stundenlang wanderten sie die zahllosen Pfade entlang, die sich zwischen den wunderschönen und oft reich verzierten Gräbern, Statuen und Grüften hindurchschlängelten. Manchmal sprachen sie die Namen der Toten im Vorbeigehen auch laut aus, murmelten sie vor sich hin, bis sie beinahe zu einem Singsang verschmolzen.
Da es sonst nicht viel gab, womit sie sich die Zeit vertreiben konnten, suchten sich die Schwestern fröhliche Ablenkungen, mit denen sie sich beschäftigt hielten, während sie den Wald der Toten durchstreiften. Hazel liebte es, Kohle und hauchdünne Seiten empfindlichen Pergaments auf ihre Spaziergänge durch den Wald mitzunehmen, sodass sie Abdrücke von einigen der detailreicheren und kunstvolleren Grabsteine erstellen konnte. Sie nannte das abpausen. Manchmal fand sie den Namen auf einem Grabstein auch so interessant oder lustig, dass sie einen Abdruck erstellte, nur um einen Nachweis zu haben. Später suchte sie die Person dann aus dem großen ledergebundenen Register ihrer Mutter heraus, das die Namen und die Herkunft jedes einzelnen Menschen enthielt, der in ihrem Wald begraben war. Es gab ihr das Gefühl, nicht ganz so allein zu sein. Nicht, dass die Freundschaft ihrer Schwestern nicht ausgereicht hätte, aber Hazel gefiel der Gedanke, dass einige der Toten ihre Freunde waren. Sie und ihre Schwestern waren vollkommen allein im Wald der Toten, abgesehen von ihrer Mutter, die stets beschäftigt war und sich bei jeder Gelegenheit zurückzog, um ihre Magie zu praktizieren. So fand Hazel Trost und Gesellschaft darin, im Register ihrer Mutter über die Toten zu lesen. Es vermittelte ihr das Gefühl, die Menschen tatsächlich zu kennen, die ihr Leben nach dem Tod in ihrem Wald verbrachten.
Primrose hatte immer einen kleinen scharlachroten Beutel dabei, in dem sie eine Spule mit Band, ein kleines silbernes Messer und rote Pergamentstücke mit kleinen Botschaften aufbewahrte, die sie an die Zweige der toten Bäume hängte. Es war bezeichnend für Primrose’ Charakter, dass sie versuchte, etwas Farbe in ihre trostlose Welt zu bringen. Es schien beinahe, als wäre sie nur zu dem Zweck erschaffen worden, Schönheit in ihrer aller Leben zu bringen, denn sie folgte ihr auf Tritt und Schritt. Primrose glaubte fest daran, dass die Toten nachts, wenn sie und ihre Schwestern schliefen, aus ihren Gräbern stiegen und ihre guten Wünsche lasen. Sie hoffte inständig, dass ihr Leben nach dem Tod ihnen gefiel. Sie wünschte sich eine wunderschöne letzte Ruhestätte statt der deprimierenden grauen Landschaft.
Im Gegensatz zu ihren Schwestern war Gothel eher in der realen Welt verankert und hielt den Blick stets auf die Zukunft gerichtet. Meistens brachte sie eines von Mutters Büchern mit, wenn sie ihren Schwestern durch den Wald folgte – ein Buch, das sie unauffällig in ihrer Tasche hatte verschwinden lassen, als ihre Mutter nicht aufgepasst hatte. Wenn ihre Schwestern wieder einmal anhielten, um einen Abdruck anzufertigen oder Wünsche in die Bäume zu hängen, nutzte Gothel die Gelegenheit, um zu lesen. Manchmal las sie ihren Schwestern auch laut vor, aber meistens tauchte sie vollkommen in diese fremden Welten ab – Welten, die sie unbedingt selbst bewohnen wollte. Welten der Magie. Und der heutige Tag war da keine Ausnahme.
„Gothel! Rutsch mal! Du versperrst den Grabstein, den ich als Nächstes abpausen will!“ Gothel sah überrascht zu Hazel auf, die missbilligend auf sie herabstarrte. Die Sonne stand direkt hinter ihrer Schwester und umgab ihr geisterhaft blasses Gesicht wie ein leuchtender Heiligenschein.
„Aber ich sitze hier grade so bequem, Hazel. Kannst du nicht einen der anderen Steine abpausen?“, fragte Gothel und kniff die Augen zusammen, um ihre Schwester besser zu erkennen.
Hazel verdrehte die Augen und seufzte. „Na gut“, willigte sie ein.
Gothel beobachtete, wie Hazel kehrtmachte und direkt auf die strahlende Sonne zulief, die bereits tief am Himmel stand und ihre sonst so trostlose Umgebung in ein wundervoll sanftes pink- und orangefarbenes Licht tauchte. Dies war Gothels liebste Tageszeit, die magische Stunde. Sie hatte von einem Land gelesen, in dem ewige Dämmerung herrschte, und fragte sich, wie es sich anfühlen mochte, an so einem Ort zu leben. „Geh nicht zu weit weg, Hazel!“, rief Gothel ihrer Schwester hinterher. „Es wird bald dunkel, und Mutter wird uns zu Hause erwarten.“
Hazel erwiderte zwar nichts, aber Gothel wusste, dass ihre Schwester sie gehört hatte. Gothel hatte von Hexen gelesen, die die Gedanken ihrer Schwestern hören konnten, und auch wenn das bei ihr und ihren Schwestern eindeutig nicht der Fall war – zumindest nicht richtig –, teilten sie doch eine Art Verständnis. So hatte ihre Mutter es zumindest genannt: „ein Verständnis“. Schon als sie noch ganz klein gewesen waren, hatten sie immer gewusst, was die jeweils anderen beiden gerade fühlten. Sie konnten zwar nicht miteinander kommunizieren, ohne zu sprechen, also hörten sie auch keine genauen Worte, aber sie bekamen aufgrund der Emotionen, die sie wahrnahmen, ein Gespür dafür, was die anderen in dem Moment denken könnten. Gothel hatte die Bücher ihrer Mutter nach dem Begriff „Verständnis“ durchsucht und war zu dem Schluss gekommen, dass er eine Erfindung ihrer Mutter sein musste, denn sie hatte nicht einen einzigen Eintrag dazu gefunden. Sie fragte sich, ob sie und ihre...
Erscheint lt. Verlag | 26.8.2021 |
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Reihe/Serie | Disney – Villains |
Disney Villains | |
Disney Villains | Disney. Villains |
Übersetzer | Ellen Kurtz |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Disney • Disney Villains • Fantasy • Fantasy Jugendliche • Fantasy junge Erwachsene • Märchen Rapunzel • Mother Knows Best • Mutter Gothel • psychologisches Märchen • Rapunzel • Rapunzel anders • Villains |
ISBN-10 | 3-646-93633-9 / 3646936339 |
ISBN-13 | 978-3-646-93633-9 / 9783646936339 |
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Größe: 3,2 MB
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