Love Show (eBook)

Ist deine Liebe echt?
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
352 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491158-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Love Show -  Britta Sabbag
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Wenn dein ganzes Leben ein Fake ist, wer bist du dann überhaupt? Der neue große All-Age-Roman von Besteller-Autorin Britta Sabbag Die siebzehnjährige Ray ist der größte Reality-TV-Star der Welt - ohne es zu wissen. Als sie sich nicht so verhält, wie die Macher der Show es wollen, wird ein junger Schauspieler in ihre vermeintliche Realität eingeschleust, der dafür sorgen soll, dass sie sich verliebt. Der Plan geht auf. Vielleicht ein bisschen zu gut. Doch kann ihre Liebe echt sein? Und was passiert, wenn rauskommt, dass Ray gar kein »echtes« Leben besitzt?

Britta Sabbag, geboren in Osnabrück, studierte Sprachwissenschaften, Psychologie und Pädagogik an der Universität Bonn. Seit 2012 ist sie freiberufliche Autorin. Aus ihrer Feder stammen u.a. die Bestseller-Reihe »Die kleine Hummel Bommel«, die All-Age-Romane »Love Show - Ist deine Liebe echt?« sowie »Blackwood - Briefe an mich« und die Kinderbuchreihe »Magic Marta und der Wunderkater«. Sie lebt mit ihrer kleinen Familie in einem Landhaus in der Nähe von Bonn.

In Zeiten von Instagram, Youtube, Snapchat, TikTok und Co. ist die Grenze zwischen Schein und Sein fließend. Aber was passiert, wenn man gar nicht selbst bestimmen kann, wer man sein möchte? Diese Frage hat Bestsellerautorin Britta Sabbag nicht losgelassen, und schon war die Idee für "Love Show" geboren, ihren zweiten großen und mitreißenden All-Age-Roman. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn in der Nähe von Bonn.

Wie lebt man seine eigenes Leben und ist nicht Abklatsch der Ideen anderer? Diese Frage inszeniert ›Love Show‹ cool in einem Insel-Paradies.

1. KAPITEL


Ich lief den moosbewachsenen Weg, der vom heiligen Berg zum Strand führte, mit großen Schritten hinunter. Wie immer viel zu schnell, aber der Pfad war an manchen Stellen so steil, dass Laufen die einzige Option war. Die großen Blätter des Riesenfarns, die wie stehende Fächer auf den Weg ragten, peitschten gegen meine nackten Waden. Natürlich hätte ich klettern können, aber das erschien mir albern. Ich liebte es, wenn der warme Südwind mir meine schweren Locken aus dem Gesicht wehte. Wenn ich rannte, fühlte ich mich lebendig. Kurz vor Ende des Weges hatte ich ein solches Tempo erreicht, dass ich nicht mehr in der Lage war zu bremsen. Ich sprang mit voller Wucht in das struppige Gebüsch vor mir, das mich verschlang und dann augenblicklich wieder ausspuckte, und landete im warmen, weichen Sand mit Blick auf den schönsten Strand der ganzen Insel.

»Hona!«, rief ich.

Ich hatte Glück. Die großen Meeresschildkröten gingen selten an Land. Anders meine Hona, die diesen Strandabschnitt als den ihren betrachtete und hier regelmäßig vorbeikam. Genau wie ich. Irgendwann hatten wir beschlossen, ihn uns zu teilen.

»Kia ora! Wie schön, dich zu sehen!«

Ich beugte mich vornüber, um meine Hand vorsichtig auf ihren sonnenwarmen Panzer zu legen. Ich freute mich jedes Mal, sie wiederzusehen, denn kein Mensch wusste, welche Gefahren in den Untiefen des Ozeans lauerten. Nur eine kannten wir alle.

»Hast du schon gehört, Hona? Pit ist weg, ist das nicht furchtbar?«

Ich spürte, wie sich mein Magen bei dem Gedanken daran zusammenzog.

»Er war einfach zu neugierig und hat ihr Reich betreten. Jeder weiß doch, dass die Taniwha unerbittlich mit solchen Menschen umgeht.«

Hona hatte ihren Kopf weit ausgestreckt, als würde sie dem Rauschen der Wellen lauschen. Aber sie bewegte sich keinen Millimeter. Nur an ihren glänzenden Augen konnte ich erkennen, dass sie mir aufmerksam zuhörte.

»Ich verstehe nicht, warum man ins Wasser gehen will. Ich meine, es ist sicher wunderschön, in den großen Wellen davonzugleiten. Aber dafür habe ich ja dich, damit du mir davon berichten kannst.«

Ich legte meine Wange vorsichtig auf ihren Panzer und sah aufs Meer hinaus.

»Erzähl mir von draußen.«

Natürlich wusste ich, dass Hona nicht sprach. Sie bewegte sich die meiste Zeit noch nicht einmal. Aber wenn ich ihr so nah war, bildete ich mir ein, dass ich die hohen Wogen spüren und das Rauschen des Meeres hören konnte, die mir ihre Abenteuer zuflüsterten.

»Na, lauscht du wieder deinen eigenen Ohrgeräuschen?«

Ich setzte mich ruckartig auf.

Noah schien mal wieder aus dem Nichts aufgetaucht zu sein. Als ich hochsah, stand er in seinen kurzen Shorts vor mir. Lachend kickte er etwas Sand in meine Richtung.

»Lass das!«, beschwerte ich mich und hielt mir zur Verteidigung die Hände vors Gesicht. »Du erschreckst Hona!«

»Ach was«, antwortete er und winkte ab. »Hona ist sicher tausend Jahre alt, so schnell erschrickt die nicht. Die hat doch schon alles gesehen.« Dann strich er sich übertrieben langsam über seinen muskulösen Oberkörper, der in der Sonne glänzte. »Außer so einen Prachtkörper vielleicht, den sieht man höchstens alle hundert Jahre. Nicht wahr, Hona?«

»Pfff!«, machte ich und drehte mich wieder zum Meer.

»Warum warst du heute nicht im Meeting House?«, fragte Noah und ließ sich neben mich in den Sand plumpsen. »Sie haben über Pit gesprochen.«

»Genau deswegen«, erwiderte ich. »Ich will nichts darüber wissen.«

Noah sah einige Sekunden mit mir aufs Meer, bevor er sich mir zuwandte und sagte: »Du kannst es nicht ungeschehen machen, indem du wegschaust.«

Ich drückte meine flache Hand neben mich auf den Sand und ließ etwas davon zwischen meinen Fingern hindurchfließen.

»Doch, kann ich. Ich liebe es hier. Die Insel hat alles, was wir brauchen. Sieh dir doch unser Leben an! Es ist perfekt! Sonne, Strand, eine gute Schule, nur die nettesten Menschen und immer genug vom frischesten Essen, das man sich vorstellen kann. Es gibt keinen Grund, ins Meer zu gehen. Ich verstehe nicht, was Pit dazu gebracht hat.«

»Ich schon.« Noahs Blick schweifte unscharf in die Ferne. »Ich verstehe es genau.«

»Die Taniwha …«

»Hör auf mit den alten Geschichten«, unterbrach mich Noah. »Du glaubst doch nicht immer noch daran?«

Jetzt war ich sauer. »Bist du nur hergekommen, um mich wütend zu machen? Das hättest du dir sparen können.«

»Ich bin hergekommen, um nach dir zu sehen.«

Noah legte seine Hand neben meine in den Sand, so dass sich unsere kleinen Finger berührten. Ich erhöhte den Druck auf meine Hand, bis sie im Sand verschwand.

»Du musst nicht nach mir sehen«, sagte ich. »Ich kann gut auf mich selbst aufpassen.«

»Ich will es aber«, antwortete Noah. »Wozu bin ich denn sonst überhaupt hier?«

Trotz des Unmuts, den Noah in mir erzeugt hatte, indem er unsere alten Mythen als lächerlich darstellte, folgte ich ihm zu den heißen Quellen am Fuße des heiligen Bergs Tiaki. Es war eine unserer liebsten Nachmittagsbeschäftigungen, unsere Füße im brodelnden Wasser köcheln zu lassen. Noah stieg manchmal ganz in die hüfthohen Wasserbecken hinein, ich tat es selten und nur im Winter, wenn es weit unter zwanzig Grad hatte. Aber jetzt war Januar, und damit Sommer. Auf dem Weg zu den Quellen mussten wir eine Weile auf der Hauptstraße gehen. Es war auch gleichzeitig die einzige Straße der Insel, was bedeutete, dass tatsächlich manchmal Verkehr war. Ein kleiner blauer Lastenwagen kam uns hupend entgegen. Auf der Pritsche waren mehrere Holzkisten voller Kiwis gestapelt, die gefährlich hin und her wackelten.

»Hallo, Ray! Noah!«

Unsere Lehrerin Ottilie winkte uns zu.

»Hallo Otti!«, rief ich und winkte zurück. »Wie läuft das Kiwigeschäft?«

Otti hielt im Vorbeifahren durch das geöffnete Fenster den Daumen hoch. »Sehr gut. Du weißt doch, wenn das Leben dir zu weiche Kiwis schenkt, mach einen Smoothie draus!«

Ich musste grinsen. Das war typisch Otti.

»Kommst du am Wochenende zum Saftstand? Ich mache dir einen Superdrink, mit dem kannst du fast fliegen!«

Schwupps, war sie schon an uns vorbeigefahren.

»Ja klar«, rief ich ihr nach.

Kopfschüttelnd trottete ich weiter neben Noah her. »Ob alle Lehrer so sind wie Otti?«, fragte ich mehr mich selbst als Noah.

»Du meinst auf der Welt? Das glaube ich nicht. Otti ist ’ne ganz eigene Marke.«

»Stimmt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass noch irgendjemand so saure Smoothies macht. Ich werde ihr morgen mal eine Handvoll Zucker nahelegen.«

»Otti hat eine Zuckerallergie, das weiß doch jeder«, murmelte Noah und überquerte die Straße, auf der anderen Seite ging der Pfad zum Tiaki weiter.

Ich folgte ihm. »Und deswegen müssen wir alle leiden?«, scherzte ich.

»Deswegen leben wir so gesund«, erklärte er. »Dank ihr werden wir sicher alle so alt wie Hona.«

Bei dem Gedanken an ihre frisch gepressten Säfte schüttelte es mich. Ich trank sie eher aus Höflichkeit und weil ich schlecht Dinge ablehnen konnte, vor allem dann nicht, wenn sie gut gemeint waren. Und dann war Otti ja auch meine Lehrerin. Das war noch etwas, das ich an unserer Insel so mochte: Jeder machte alles, und so war eine Saftstandbesitzerin, die gleichzeitig Lehrerin war, nichts Besonderes. Mein Onkel Jim war ja auch nicht nur Diner-Besitzer, sondern gleichzeitig Hausmeister vom Meeting House. Der einzige Arzt hier, Doc Cooper, versorgte Menschen und Tiere und manchmal sogar Bäume. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum sich alle auf der Insel so gut verstanden: Wir waren wie eine einzige, riesengroße Familie.

An der ersten Quelle angekommen, die sich wie in einem Miniaturtal zwischen zwei Felsen schmiegte, sahen wir schon den heißen Dampf in den azurblauen Himmel aufsteigen. Es war weit und breit niemand außer uns zu sehen, was nichts Außergewöhnliches war – wir hatten diesen Teil der Insel meist für uns.

»Die beste Zeit des Tages«, sagte Noah, streifte die abgewetzten Leinenschuhe von seinen Füßen und steckte sie dann in das sprudelnde Wasser. Er klopfte auf die feuchtwarme Erde neben sich. »Komm, setz dich zu mir.«

Ich zog meine Füße aus meinen Zehentretern, die ich fast den ganzen Sommer trug. Sie waren aus einem bastähnlichen Material und auf der rechten Seite des Bandes, das über meinen Spann führte, war je ein kleiner türkisfarbener Schmetterling angebracht. Ich hatte mich sofort in sie verliebt, als ich sie im Schaufenster unseres Dorf-Shops gesehen hatte. Jetzt fiel mir auf, dass der eine Schmetterlingsflügel nur noch an einem dünnen Faden hing.

»Mist«, schimpfte ich, »ich verliere meinen Flügel!«

»Da ist mir aber was entgangen«, sagte Noah grinsend, »obwohl ich schon immer geahnt habe, dass du ein Engel bist.«

»Spinner«, antwortete ich, ließ mich neben ihn auf den Boden plumpsen und knuffte ihn in die Seite. »Den Flügel von meinem Schuh. Der hält sicher nur noch ein oder zwei Tage.«

»Ach so«, machte Noah, »Mädchenkram.«

Noah ärgerte mich gerne und viel, und es war fast wie eine Art Ritual zwischen uns geworden. Wenn er mich nicht foppte, dann war entweder er krank oder ich oder wir beide.

Das heiße Wasser an den Füßen tat gut, und ich genoss die Auszeit. Ich stützte meine Arme hinter den Rücken in den warmen Boden und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Während unsere Füße im heißen Wasser auf und ab brodelten, dachte ich an das, was ich vorhin zu Noah...

Erscheint lt. Verlag 30.9.2020
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte All Age • Bestsellerautorin • Die kleine Hummel Bommel • Fake • Freundschaft • Liebe • Neuseeland • Schein und Sein • Taniwha • TV-Show • Young Adult
ISBN-10 3-10-491158-4 / 3104911584
ISBN-13 978-3-10-491158-8 / 9783104911588
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