Buch der Lebenskunst (eBook)

(Autor)

Anton Lichtenauer (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
224 Seiten
Verlag Herder GmbH
978-3-451-83288-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Buch der Lebenskunst -  Anselm Grün
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»Wenn du glücklich sein willst - lebe«, so einfach ist Lebenskunst nach Leo Tolstoi. Und es stimmt: Glück kann man nicht direkt anstreben, genauso wenig wie die Freude. Wer glücklich sein will, soll sich dem Leben mit allen Höhen und Tiefen zuwenden. Diese Lebenskunst kann man lernen. Lebenslust, Leichtigkeit und die Freude daran, sich auf das Leben einzulassen, offen zu sein für das Überraschende: dazu gibt Anselm Grün Anregungen.

Anselm Grün, Dr. theol., geb. 1945, Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, geistlicher Begleiter und Kursleiter in Meditation, Fasten, Kontemplation und tiefenpsychologischer Auslegung von Träumen. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite Bestseller - in über 30 Sprachen.Sein einfach-leben-Brief begeistert monatlich zahlreiche Leser (www.einfachlebenbrief.de).

Anselm Grün, Dr. theol., geb. 1945, Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, geistlicher Begleiter und Kursleiter in Meditation, Fasten, Kontemplation und tiefenpsychologischer Auslegung von Träumen. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite Bestseller – in über 30 Sprachen. Sein einfach-leben-Brief begeistert monatlich zahlreiche Leser (www.einfachlebenbrief.de). Anton Lichtenauer, M.A., Dipl.-Theol.,  hat Germanistik und Theologie studiert. Er ist Herausgeber mehrerer erfolgreicher Sammelbände und von Büchern zur Lebenskunst. Lebt in Freiburg.

Es lohnt sich, die Tage zu leben


Nimm dir Zeit – gib deiner Seele Atem


Alles hat seine Zeit


»Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit.« Ein alter Indianer soll dies einem forschen weißen Geschäftsmann zur Antwort gegeben haben. Hinter dieser Antwort steckt eine tiefe Einsicht darüber, wie wir mit den Anforderungen und den Möglichkeiten des Lebens umgehen. Und es wird auch deutlich, wie sehr ein mechanisches und ein spirituelles Verständnis von Zeit gegeneinander stehen.

Die Griechen unterscheiden zwischen chronos und kairos. Chronos ist die messbare Zeit. Nicht umsonst sprechen wir vom Chronometer, vom Zeitmesser. Im Westen unterwerfen wir uns der messbaren Zeit. Wir machen minutengenaue Termine aus, schauen ständig auf die Uhr, ob der andere seinen Termin auch pünktlich wahrnimmt, ob wir selbst auch zur vereinbarten Zeit eintreffen. Alles muss in einer ganz bestimmten Zeit bewältigt werden. Die messbare Zeit zwingt uns, unser Leben in ein enges Korsett zu zwängen. Der Gott des Chronos ist ein Tyrann.

Die Indianer huldigen eher dem Gott Kairos. Kairos ist der günstige Augenblick, die willkommene Zeit. Während chronos die quantitative Zeit meint, bezeichnet kairos eine besondere Qualität der Zeit. Es ist der zu ergreifende Augenblick, auf den ich mich einlasse, in dem ich ganz da bin. Die Indianer verstehen unter Zeit offensichtlich den rechten Augenblick. Sie lassen sich Zeit. Sie genießen die Zeit. Sie erfahren die Zeit. Wer sich dem Diktat des Chronos unterwirft, der erfährt die Zeit nicht als etwas Willkommenes und Wohltuendes, sondern als Tyrannei. Die Indianer nehmen die Zeit wahr. Wenn ich ganz im Augenblick bin, dann erfahre ich die Zeit. Dann steht die Zeit manchmal still. Und ich erfahre, dass jetzt der rechte Zeitpunkt ist, entweder innezuhalten oder etwas zu tun, etwas wachsen zu lassen oder etwas zu entscheiden. Von dieser Zeit sagt der alttestamentliche Weise, der im Buch Kohelet die Weisheit Griechenlands mit der Weisheit Israels verbunden hat: »Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben, eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Abernten der Pflanzen, eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen, eine Zeit zum Niederreißen und eine Zeit zum Bauen, eine Zeit zum Weinen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz.« (Koh 3, 1–4)

Spüre die Zeit


»Alle versuchen, die Zeit totzuschlagen. Und keiner will sterben.« Es ist ein paradoxer Satz, den dieses französische Sprichwort formuliert. Wir schlagen die Zeit tot. Aber indem wir die Zeit totschlagen, wollen wir dem Tod selber aus dem Weg gehen. Wir schlagen die Zeit tot, um dem Tod nicht begegnen zu müssen. Der eine schlägt die Zeit tot, indem er von einem Fernsehprogramm zum andern hüpft, der andere, indem er seine Zeit mit leeren Aktivitäten vollstopft. Der eine weicht der Zeit aus, indem er sich dem Gerede hingibt. Man redet über Belangloses, nur damit die Zeit vergeht. Man möchte die Zeit nicht spüren, weil man mit der Zeit auch ihre Begrenztheit wahrnehmen würde. In der Begrenztheit schaut der Tod in unsere Zeit hinein. Er ist die eigentliche Grenze für unsere Zeit. Wir schlagen lieber die Zeit tot, als dem Tod in die Augen zu schauen. Doch nur wer sich dem Tod stellt, wird die Zeit bewusst wahrnehmen und erleben.

Der Tod zeigt uns, worauf es wirklich ankommt. Wir können nichts mitnehmen, weder unsern Erfolg, noch unsern Besitz, noch die Menschen, die wir lieben. Wir können nur unsere leeren Hände ausstrecken und uns in liebende Arme fallen lassen. Im Angesicht des Todes können wir gelassen leben, im richtigen Abstand zu den Dingen. Unsere Arbeit, unser Besitz, die Menschen um uns herum, alles erhält sein richtiges Maß. Mit dem Tod leben heißt auch, bewusst und ganz in der Gegenwart leben, spüren, was Leben im letzten ist: ein Geschenk. Es kommt nicht auf unsere Leistung an.

Lebendige Zeit gelingt also nur dem, der den Tod wahrnimmt. Tot wird die Zeit, wenn der Tod verdrängt wird.

Entschleunigen


»Wer vertraut, wird nichts beschleunigen wollen« (Jesaja 28, 16).

Nicht nur in der Wirtschaft, in allen Bereichen der Gesellschaft wird immer mehr beschleunigt. Weise Menschen setzen dagegen auf Entschleunigung. Dahinter steht die Erkenntnis, dass der Mensch krank wird, wenn sein Leben immer schneller wird. Der Prophet Jesaja hat schon vor 2 700 Jahren erkannt, dass der Grund aller Beschleunigung und Hast mangelndes Vertrauen ist. Wer vertraut, der lässt die Dinge, wie sie sind. Er traut dem Wachstum, das im Wesen der Dinge liegt. Die Pflanze wächst nach ihrem inneren Gesetz. Auch der Mensch hat seinen Rhythmus, der für sein Leben passt. Wenn dieser Rhythmus immer schneller wird, kommt die Seele nicht nach. Sie wird verwirrt. Wer meint, er müsse immer schneller werden, wird letztlich von der Angst getrieben. Die Angst ist die Triebfeder der Beschleunigung. Wer Angst hat, kann nicht stehen bleiben. Er kann nicht warten. Er kann nicht zuschauen. Er muss alles selbst in die Hand nehmen, weil er meint, sonst würden sich die Dinge seiner Hand entziehen. Er misstraut allem, was er nicht selber tut. Und er hat Angst vor den kleinen Unterbrechungen des Alltags. Da würde er ja mit sich selbst konfrontiert. Doch das kann er nicht aushalten, also muss er immer tätig sein, immer etwas in der Hand haben, was er vor sein Herz halten kann, damit er die Unruhe und Ängstlichkeit seines Herzens nicht wahrnimmt.

Geschenkte Zeit


»Man verliert die meiste Zeit damit, dass man Zeit gewinnen will.« Es war ein kluger Mann, der das gesagt hat.

Zeit ist Geld. Das ist unser heutiges Motto. Die Arbeit wird nach Minutentakt eingeteilt. In die kurze Arbeitszeit wird alles hineingepackt, damit sie möglichst effektiv wird. Doch mit der gewonnenen Zeit können die meisten Menschen nichts anfangen. Sie können die Zeit nicht genießen, sondern packen in ihre Freizeit möglichst viele »events« hinein. Es muss auch in der Freizeit etwas los sein. Man muss die Zeit nützen. Doch wenn man beobachtet, womit die Zeit genutzt wird, so merkt man, dass es entweder andere Tätigkeiten sind oder aber Vergnügen. Doch bei den vielen Aktivitäten kommt oft nichts heraus. Und die Vergnügen verhelfen nicht wirklich zur Ruhe. Auch in der Freizeit findet der Mensch keine Ruhe. Er lenkt sich nur ab. Er läuft vor der eigenen Wahrheit davon. Ruhe findet nur, wer sich seiner inneren Wirklichkeit stellt und sie bejaht, wie sie ist. Wer Zeit wirklich gewinnen will, muss keine Zeitstrategien entwickeln, wie es im heutigen Management üblich ist. Derjenige gewinnt vielmehr am meisten Zeit, der in jedem Augenblick ganz präsent ist. Für den gibt es keine verlorene Zeit. Für den ist jede Zeit erfüllte Zeit. Ganz gleich, ob er arbeitet oder nichts tut, ob er liest oder Musik hört, ob er spazieren geht oder mit seinen Kindern spielt, er ist ganz in dem, was er tut. Er spürt das Geschenk der Zeit, für ihn ist alles geschenkte Zeit. Er muss die Freizeit nicht der Arbeitszeit abzwingen, für ihn ist jede Zeit freie Zeit, Zeit zu leben.

Reifen lassen


»Nur der Geduldige erntet, was reif ist«, so lautet ein afrikanisches Sprichwort. Was es besagt, gilt auch bei uns: Reifen braucht seine Zeit. Es gibt Früchte, die sehr langsam reifen. Das Korn braucht neun Monate, um heranzureifen. Der Mensch ist nur neun Monate im Mutterschoß, aber er braucht sein ganzes Leben lang, um reif zu werden. Ganz reif wird die Frucht des Menschen erst durch seinen Tod.

Das deutsche Wort »Geduld« kommt von »dulden = tragen, ertragen, auf sich nehmen«. Mit dulden verbinden wir, dass jemand etwas Schweres auf sich nimmt, dass er Leid trägt. Geduld bedeutet jedoch heute eher: »Langmut, Ausharren, Warten«. Die Italiener rufen einem Ungeduldigen zu: »Patientia«. Dieses Wort hängt zusammen mit dem Italienischen »pati = leiden«. Offensichtlich spiegeln die deutsche und italienische Sprache die Erfahrung wider, dass der, der warten muss, etwas Schweres auf sich nimmt. Was ist das Schwere, das der Geduldige trägt? Es ist kein Leid. Es ist nur die Zeit. Es ist die Zeit, in der er nichts tun kann als warten. Und das ist offensichtlich für viele Menschen das Allerschwerste. Sie meinen, jeden Augenblick im Griff zu haben, alles selber machen zu können. Geduldig sein heißt, einfach da sein, warten, bis etwas reif ist. Nur wer das Nichtstunkönnen, das Nichtssehen, das Ausgeliefertsein an die Prozesse des Wachsens und Reifens aushält, wird ernten können, was reif ist. Wir denken, die Afrikaner sind doch viel geduldiger als wir. Sie können warten. Sie können sich dem Augenblick hingeben, während bei uns alle Wünsche sofort erfüllt werden müssen. Doch offensichtlich kennen auch die Afrikaner ungeduldige Menschen, die nicht warten können, bis etwas reif ist. Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass er alles selber machen will. Im Warten trägt er schwer an seiner Ohnmacht, dass das Wachsen und Reifen nicht ihm gehorcht, sondern einem anderen, dem inneren Prozess oder Gott, der das Wachsen und Reifen bewirkt.

Wer hetzt, der hasst sich...


Erscheint lt. Verlag 11.3.2024
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie
Schlagworte Beziehungsglück • Glück • Glücklichsein • Lebendigkeit • Lebenshilfe • Selbstfindung • Spiritualität
ISBN-10 3-451-83288-7 / 3451832887
ISBN-13 978-3-451-83288-8 / 9783451832888
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