Bienen und Honig -

Bienen und Honig (eBook)

Beiträge zu einer Kulturgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
324 Seiten
StudienVerlag
978-3-7065-6361-1 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
22,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Menschen und Bienen stehen seit Jahrtausenden in enger Beziehung, da Honig lange Zeit das einzige Süßungsmittel darstellte und auch die gesundheitlichen Wirkungen früh erkannt sowie mannigfaltig genutzt wurden. Der vorliegende Sammelband nimmt dieses Verhältnis von Menschen, Bienen und Honig in den Blick und liefert Beiträge zu einer Kulturgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart. Die unterschiedlichen Perspektiven aus Geschichts- und Kulturwissenschaft sowie Literatur- und Sprachwissenschaft demonstrieren den hohen Stellenwert von Bienen, Honig und Imkereiwesen entlang folgender Themenbereiche: Honiggewinnung und -verarbeitung von der Antike bis heute; Honig in der mittelalterlichen Lebenswelt; Honig in Medizin und Diätetik; Innovationen in der Bienenliteratur der Neuzeit.

Gerhard Ammerer, Ao. Univ. Prof. DDr. i. R., war am Fachbereich Geschichte der Universität Salzburg in den Bereichen Österreichische Geschichte und Rechtsgeschichte tätig und leitete den Arbeitsbereich Gastrosophie. Michael Brauer, Assoz. Prof. Dr., arbeitet im Bereich Mittelalterliche Geschichte am Fachbereich Geschichte der Universität Salzburg, leitet den Arbeitsbereich Gastrosophie/Food Studies und ist Mitinitiator des BA-Studiengangs Ernährung - Bewegung - Gesundheit. Marlene Ernst, Dr., ist Archivarin am Stadtarchiv Salzburg. Zuvor war sie langjährige Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Gastrosophie/Food Studies an der Universität Salzburg und PostDoc am Lehrstuhl für Digital Humanities der Universität Passau.

Gerhard Ammerer, Ao. Univ. Prof. DDr. i. R., war am Fachbereich Geschichte der Universität Salzburg in den Bereichen Österreichische Geschichte und Rechtsgeschichte tätig und leitete den Arbeitsbereich Gastrosophie. Michael Brauer, Assoz. Prof. Dr., arbeitet im Bereich Mittelalterliche Geschichte am Fachbereich Geschichte der Universität Salzburg, leitet den Arbeitsbereich Gastrosophie/Food Studies und ist Mitinitiator des BA-Studiengangs Ernährung - Bewegung - Gesundheit. Marlene Ernst, Dr., ist Archivarin am Stadtarchiv Salzburg. Zuvor war sie langjährige Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Gastrosophie/Food Studies an der Universität Salzburg und PostDoc am Lehrstuhl für Digital Humanities der Universität Passau.

STEPHAN LORENZ

„Wie die Bienen“

Honigbienen als Natur-Kultur-Mediatoren

Etwas „wie die Bienen“ zu tun oder als „wie bei den Bienen“ zu beschreiben, dient Menschen seit Jahrtausenden dazu, sich über sich selbst und ihr Verhältnis zur Welt zu verständigen. Dafür gibt es ein reiches Spektrum der Bienensymbolik, das in historisch immer wiederkehrenden, sich dabei aber auch immer wieder wandelnden Formen auftritt. Symboliken der Bienen, ihres Honigs und der Imkerei sind den Menschen kulturell vertraut, oder anders formuliert: Menschen sind gut auf Bienen zu sprechen und pflegen einen intensiven Umgang mit ihnen. Es sollen deshalb an dieser Stelle die Bienen, genauer die gehaltenen Honigbienen, als Mediatoren von Natur und Kultur, zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Wesen betrachtet werden.

Historisch neu ist, dass anhand der Bienen existenzielle Überlebensfragen in der ökologischen Krise verhandelt werden. Denn seit gut zehn Jahren steht das Thema des sogenannten Bienensterbens im Vordergrund. Weit bekannt und öffentlich vielfach verwendet ist das vermeintliche Einstein-Zitat, dass, wenn die Bienen sterben, auch die Pflanzen, Tiere und schließlich die Menschen sterben müssen. Das Zitat konnte Albert Einstein nie zugeordnet werden,1 aber es zählt die Symbolik, dass eines der größten Genies der Naturforschung diese Verbindung von Menschen und Bienen verbürgt. Das Schicksal der Menschheit, so die Aussage, ist auf das Engste an das der Bienen gebunden. Dass die Bienen sterben und Menschen dafür verantwortlich gemacht werden, zeigt die fundamentale Störung des Mensch-Natur-Verhältnisses. Menschen gefährden in ihrem zerstörerischen Naturzugang sich und viele andere Lebewesen existenziell.

Im Folgenden werden zunächst Gründe für die besondere Eignung der Bienen als Mediatoren in den Kontroversen um ökologische Gefährdungen genannt. Ein wesentlicher Aspekt ist darin zu sehen, dass Honigbienen selbst weder als bloße Naturwesen noch allein als Kulturwesen erscheinen, sondern als beides adressiert werden können. Daraufhin wird allgemeiner in die Bienensymbolik eingeführt, die keineswegs ausschließlich für Naturverhältnisse steht. Kulturhistorische Deutungen und ihre aktuelle Verwendung zeigen dabei, wie Kontinuitäten und Variationen der Motive und Symbole Einsichten in soziokulturellen Wandel vermitteln können. Danach wird noch einmal näher auf die symbolische Kommunikation der neueren Bienengefährdungen eingegangen.

Honigbienen als Natur-Kultur-Wesen – Mediatoren in der ökologischen Krise

Wenn hier von Bienen die Rede ist, dann sind in der Regel gehaltene Honigbienen gemeint. Denn es ist gerade die seit Jahrhunderten, sogar Jahrtausenden geteilte Kulturgeschichte von Menschen und Honigbienen, die sie auch zu Kulturwesen macht. An dieser Stelle wird bereits sichtbar, dass es sprachlich an guter Begrifflichkeit fehlt. Von ‚domestizierten Tieren‘ zu sprechen, ist sicher ein entsprechender Versuch, der aber eher modernistische Beherrschungsassoziationen weckt, das heißt Bienen im Grunde in der Natur belässt und von deren instrumenteller Nutzung durch Menschen ausgeht. Unter der Perspektive einer ökologischen Krise ist aber ein solches Verständnis fragwürdig geworden. Die Probleme im Naturverhältnis weisen darauf hin, dass ein zu einfaches, instrumentelles Nutzungs-verständnis die Rückwirkungen auf die Gesellschaft und die Menschen, die aus ihren ‚Eingriffen‘ in ihre biophysischen Lebensgrundlagen folgen, nicht angemessen berücksichtigt. Es fehlt ein Sinn für die vielfältigen Verflechtungen menschlicher und nicht-menschlicher Wesen. Man kann Honigbienen sicher sowohl als Natur- als auch Kulturwesen beschreiben. Die Konsequenz ist freilich, dass sie oft nur als das eine oder andere adressiert werden können. Das zeigt sich nicht zuletzt an der wissenschaftlichen Forschung, die Bienen typischerweise als naturwissenschaftlichen Gegenstand begreift oder sich deren kulturellen Deutungen widmet, das heißt, das empirische Phänomen entlang disziplinärer Grenzen gewissermaßen aufteilt.

Das wirft wiederum für die ökologische Diskussion viele Probleme auf, auf die an dieser Stelle allerdings nur hingewiesen werden kann. Von Honigbienen als Mediatoren zu sprechen, soll deshalb vor allem ein entsprechendes Problembewusstsein signalisieren und einen vorläufig praktikablen Vorschlag unterbreiten, der weitergehender Begründungen bedürfte, als sie hier geleistet werden können. ‚Mediatoren‘ soll hier heißen: Auch wenn Honigbienen als Kulturwesen symbolisch kommuniziert werden, so sind sie doch ebenso als physische Wesen in menschlichen Praktiken präsent und Teil ökosystemischer Zusammenhänge – sie bewegen sich sowohl jeweils in Natur und Kultur als auch zwischen diesen.2

Es sind im Wesentlichen drei Aspekte, die Honigbienen zu Wesen machen, die sie nicht allein als ‚Natur‘ erscheinen lassen können. Das sind zum einen die Imkereipraxis, dann die Landwirtschaft und schließlich das Eingehen der Bienen in Geschichten und kulturelle Deutungen von Menschen.3

Gehaltene Honigbienen sind als ‚domestizierte Tiere‘ keine reinen Naturwesen, wenn man darunter von Menschen unbeeinflusste Lebewesen versteht.4 Sie mögen als Nutztiere in vieler Hinsicht weniger eingeschränkt sein als andere Tiere, seien es andere Nutztiere, wie Milchkühe und Legehennen, oder das sprichwörtliche Schoßhündchen. Dennoch sind sie bis in ihre Physis hinein durch die Imkereipraxis veränderte Wesen. Ganz offensichtlich ist das für ihre Züchtungen, etwa die gezielte Auslese von Königinnen, um möglichst ertragreiche und sanftmütige Bienenkolonien zu fördern. Aber schon die Haltung in menschengemachten Beuten, deren Aufstellung an ausgewählten Standorten und zahlreiche weitere Aktivitäten, von Überwinterungshilfen und Krankheitsbehandlungen bis zur Honigernte, gehören dazu. Dabei ist festzuhalten, dass es sich nicht um ganz einseitige Prozesse handelt, die sich nur an imkerlichen Interessen ausrichten. Denn wenn es den Bienen nicht gut geht, wird es auch den Imker:innen nicht gut gehen. Sie werden den Bienen also in mancher Hinsicht gute Bedingungen nach deren Maßstäben schaffen müssen, um erfolgreich Imkern zu können. Für bestimmte Imkereiweisen, wie die Ökoimkerei, gehört das zur ausdrücklich erklärten Praxis.5 Betrachtet man in dieser Weise Honigbienen als Teil einer praktischen Imkereikultur, so sind sie jedenfalls ebenso Kulturwesen wie sie Naturwesen sind.

Dass Bienen Teil landwirtschaftlicher Produktion sind, ist eine Erkenntnis vergleichsweise neueren Datums. Die biologische Erkenntnis der Blütenbestäubung durch Insekten wird in die Mitte des 18. Jahrhunderts datiert und mit dem intendierten Einsatz von Hummeln und Bienen zur Blütenbestäubung wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts begonnen.6 Auch wenn es in anderen Ländern, insbesondere den USA, bereits eine jahrzehntelange intensive Bestäubungsimkerei gibt, machten erst neuere Erfahrungen des Bienen- und Insektensterbens wirklich bewusst, dass Blütenbestäubung nicht einfach fraglos gegeben ist – eine Erkenntnis, die für andere ökologische Lebensbedingungen von Menschen in ähnlicher Weise bereits zuvor gewonnen wurde. Als Bestäuberinnen, für deren Bestäubungsleistung zumal in zunehmendem Maße gezahlt wird,7 sind Honigbienen als Teil landwirtschaftlicher Produktion relevant für menschliche Ernährung und gehen deshalb direkt oder indirekt in verschiedene soziokulturelle Prozesse ein, etwa in Ökonomie und Konsum, Politik, Wissenschaften oder auch Bildung.

Im engeren Sinne sind Bienen Kulturwesen, insofern sie menschliche Geschichten bevölkern. Biene Maya ist weit bekannt, aber schon das biblische Land, in dem Milch und Honig fließen, rekurriert auf das geschätzte Bienenprodukt. Auf kulturhistorische Motive, ihren Wandel und neuere Bienengeschichten geht der folgende Abschnitt ein.

Bienen, Honig, Imkerei – zentrale Topoi im historischen Wandel

Insofern Bienen als Naturwesen verstanden werden, berührt die Bienensymbolik immer das Natur-Kultur-Verhältnis. Dies geschieht freilich in abgestufter Weise. Es werden nicht immer die Bienen unmittelbar mit menschlichen Lebensweisen oder gar dem menschlichen Überleben verknüpft, wie es sich heute für den ökologischen Diskurs verhält. Möglich ist auch, dass durch das Bienen- als Naturstudium Anregungen für menschliches Leben gewonnen werden sollen. Bei Symboliken des geernteten Honigs oder gar der Imkerei kann der Naturbezug noch vermittelter ausfallen.

Betrachtet man verschiedene Quellen, aktuelle ebenso wie solche der letzten Jahrhunderte oder sogar einiger Jahrtausende, dann fällt das wiederholte Auftauchen einiger zentraler Motive auf.8 Dazu gehört zweifellos, das Sozialleben der Bienen in Bezug auf menschliches Sozialleben zu betrachten. Der sprichwörtliche Bienenfleiß ist ein weiteres solches Motiv, wie auch die Wehrhaftigkeit oder gar Gefährlichkeit der Bienen. Noch zu wenig beachtet ist vielleicht das Bienen-Summen als eigenes Motiv.9 Honig vermittelt typischerweise Bilder und Deutungen der Süße, der Reinheit oder auch der Heilung....

Erscheint lt. Verlag 10.10.2023
Reihe/Serie Gastrosophische Bibliothek
Verlagsort Innsbruck
Sprache deutsch
Themenwelt Geschichte Teilgebiete der Geschichte Kulturgeschichte
Schlagworte Honigherstellung • Human-Animal-Studies • Lebensmittel • Medizingeschichte • NaturenKulture
ISBN-10 3-7065-6361-4 / 3706563614
ISBN-13 978-3-7065-6361-1 / 9783706563611
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 14,0 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Geschichte einer Faszination

von Bernd Roling; Julia Weitbrecht

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag München
17,99
Tonaufnahmen im Schlachthaus der Geschichte

von Peter Schulz-Hageleit

eBook Download (2023)
Springer Fachmedien Wiesbaden (Verlag)
49,99