Geist & Leben 2/2023 (eBook)

Zeitschrift für christliche Spiritualität
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
112 Seiten
Echter Verlag
978-3-429-06610-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geist & Leben 2/2023 -  Christoph Benke,  Verlag Echter
Systemvoraussetzungen
13,50 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
GuL 96 (2023), Heft 2 April-Juni 2023 n. 507 Notiz Margarete Gruber OSF Synodale Wege [113-114] Nachfolge Monika Bauer 'Menschen sind die Worte Gottes'. Die Journalistin, Sozialaktivistin und Mystikerin Dorothy Day [116-124] Hermann Kügler SJ / Jörg Nies SJ Spiritualität des Kämpfens - Potential und Grenzen. Eine jesuitische Perspektive [125-133] Claudia Gerstner-Link Trost inmitten von Abgründen. Unerhörtes in der Passionserzählung [134-141] Nachfolge | Kirche Elmar Mitterstieler SJ Das Evangelium der Maria von Magdala. Vollendung der Offenbarung [142-145] Michael Pfister Zwischen Herz Jesu und Alter Messe. Zur Attraktivität frommer Praktiken des 19. Jahrhunderts [146-153] Eckhard Bieger SJ Nach dem Gestellungsvertrag. Gedanken zum Seniorat [154-159] Nachfolge | Junge Theologie Daniel Klinkmann Die rituelle Welt des Lukas. Gebet und Mahl als Vorbild für Christ(inn)en heute [160-164] Reflexion Knut Wenzel 'Atme in mir'. Überlegungen zum katholischen Begriff von Spiritualität [166-174] Richard Atchadé Der Schock der Endlichkeit. Paul Tillich zum Verhältnis von Sein und Nichtsein [175-182] Raphaela Brüggenthies OSB Kraft der Erinnerung. Über eine lebensdienliche Ressource [183-192] Lektüre Stephan Schmid-Keiser Frömmigkeit an der Grenze des Sagbaren. Zur Wolken-Metapher bei Hans Magnus Enzensberger [194-201] Marius Schwemmer Theopoesie in Zeiten der Bedrängnis. Zwei moderne Lesearten von Psalm 130 [202-210] Hans Brandl SJ 'Wohin, Herr, willst du mich bringen?' Zur Dissertation von Hernán Rojas [211-214] Buchbesprechungen [215-220]

Christoph Benke, geb. 1956, Dr. theol., Priester der Erzdiözese Wien, in der Studentenseelsorge tätig.

Christoph Benke, geb. 1956, Dr. theol., Priester der Erzdiözese Wien, in der Studentenseelsorge tätig.

Spiritualität des Kämpfens


N


Hermann Kügler SJ | München

geb. 1952, Priester, Pastoralpsychologe, Lehrbeauftragter für Themenzentrierte Interaktion (TZI) im Ruth Cohn Institut hermann.kuegler@jesuiten.org

Jörg Nies SJ | Stockholm

geb. 1984, Lic. theol., Priester, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN joerg.nies@jesuiten.org

Spiritualität des Kämpfens – Potential und Grenzen


Eine jesuitische Perspektive


Wer sein Leben in dieser oft so problemvollen Welt aus dem Glauben heraus gestalten will, wird sich über kurz oder lang mit diesen Herausforderungen auseinandersetzen: Wohin geht mein langfristiges und tiefstes Verlangen? Wie finde ich immer mehr die Einheit von Intellekt und Emotionalität, von Gebet und Alltag, von Struktur und Kreativität, von Nähe und Distanz? Wie kann ich mein Leben zusammen mit anderen Menschen gestalten? Ein sinnerfülltes Leben beruht darauf, dass die und der einzelne nicht nur an sich selbst denkt, sondern sich auch in den Dienst anderer stellt – ohne sich dabei zu verlieren.

Zwar gibt es in der Geschichte der Kirche Menschen, die sich, ihrer persönlichen Berufung folgend, aus der Welt zurückziehen und in Stille und Abgeschiedenheit ein Leben des Gebetes und der Buße führen. Deutlich häufiger aber wollen Christ(inn)en etwas verändern und fragen nach dem eigenen Beitrag zur Mitgestaltung von Welt und Gesellschaft. Dabei sind Auseinandersetzungen und Kämpfe unvermeidlich. Sie entstehen nicht nur, weil Menschen mitunter lieblos, bösartig oder egoistisch sind. Jeder Mensch ist in seiner Einmaligkeit von anderen verschieden. Menschen wollen unterschiedliche Dinge, wenn sie zusammenleben und arbeiten. Für ein konstruktives Miteinander und ein vom Glauben inspiriertes Engagement in der Welt sind Konflikte jedoch nicht nur als unvermeidlich hinzunehmen, sondern Thema der eigenen Spiritualität.

Eine gesunde und kraftvolle Fähigkeit zu entwickeln und zu leben, um für wertvolle Anliegen zu kämpfen, scheint uns eine zentrale Herausforderung zu sein. Wenn es – mit Ignatius von Loyola gesprochen – im geistlichen Leben darum geht, „Gott in allen Dingen zu suchen und zu finden“, dann ist davon kein Lebensbereich ausgenommen. Doch wie verhalten sich meine Aggressionen und mein Glaube zueinander? Irenäus von Lyon gibt einen wichtigen Hinweis, wenn er sagt, dass „nichts geheilt wird, was nicht zuvor angenommen worden ist“. Die Aufgabe besteht zunächst darin, das eigene Aggressionsverhalten zu kennen und gestalten zu lernen, um ungezügelten Aggressionen, die wie ichfremde Dämonen agieren, entgegenwirken zu können. Doch lassen sich meine Aggressionen auch als Ressource entdecken, die mir in der Bewältigung von Aufgaben und Problemen hilft?

Verständnisse


Zunächst scheinen uns zwei Begriffsklärungen hilfreich zu sein. Unter „Spiritualität“ verstehen wir generell das Bedürfnis und die Fähigkeit des Menschen, eine Grundhaltung einzuüben. Durch den Bezug zu einer transzendenten Wirklichkeit kann Ereignissen eine Bedeutung gegeben werden. Dies prägt die Lebensgestaltung.1 Spiritualität ist daher die Fähigkeit, mit der wir uns vor Sinnlosigkeit schützen. Spirituell handlungsfähig sind wir Menschen, wenn wir bewusst und souverän mit unseren spirituellen Ressourcen umgehen. Diese zu entwickeln, ist eine zentrale Herausforderung für ein gutes Leben.2

Unter christlicher Spiritualität verstehen wir „die fortwährende Umformung“, die in der Begegnung mit Jesus Christus, der in der Gemeinschaft der Gläubigen bezeugt wird, besteht. Die Lebensgestaltung richtet sich dann aber an der persönlichen Antwort „auf den Ruf des menschgewordenen Gottessohnes Jesus Christus“ aus und erfasst alle Bereiche des Lebens. „Diese Umformung verwirklicht sich in engagierten und verantworteten Beziehungen zur Welt, zum Mitmenschen und zu sich selbst.“3

Das Wort „kämpfen“ ist ambivalent und kann Verschiedenes bedeuten. Man kann es verwenden im Sinne von „Krieg führen“ oder „einen Gegner erledigen“, sei es physisch oder verbal. Es kann aber auch bedeuten, dass jemand einer eskalierenden Situation Einhalt gebietet oder intensiv versucht, einen Zwiespalt zu überwinden. Positiv bezeichnet „kämpfen“ ein den ganzen Menschen fordernden Einsatz richtiger Mittel für Freiheit, Frieden, ein besseres Leben oder die gute und gerechte Sache.

Der Begriff des „Kämpfens“ ruft unterschiedliche Assoziationen hervor. Er kann von denen missbraucht werden, die anderen Menschen, Gruppen, der Welt, (oder wem auch immer) meinen, zeigen zu müssen, „wo es lang geht“. Gesellschaftliche, politische und kirchliche Fehlentwicklungen in Vergangenheit und Gegenwart wurden und werden befördert durch diejenigen, die für „ihre Sache“ streiten. Diese Schwierigkeiten und Gefahren des Wortfeldes schwingen mit. Dennoch gibt es die wichtige und richtige Dimension, die darin besteht, sich mit ganzer Kraft für jemanden oder etwas Wertvolles einzusetzen und dabei auch eigene Nachteile in Kauf zu nehmen.

Ignatianische und jesuitische Spiritualität


Wenn wir uns im Folgenden auf die ignatianische Spiritualität beziehen und damit auch beschränken, bedeutet das nicht, dass wir diese Spiritualität für die am besten oder für alle glaubenden Menschen passende ansähen. Sie bietet allerdings einen besonders geeigneten Zugang für diejenigen, die „in der Welt“ leben. Und unsere Leitfrage ist vor diesem Hintergrund: Was kann zu einer „Spiritualität des Kämpfens“ gesagt werden?

Zweifellos beinhaltet die auf Ignatius von Loyola zurückgehende Spiritualität ein ausgeprägt kämpferisches Moment, was jedoch im gegenwärtigen Mainstream der ignatianischen Spiritualitäts-Interpretation kaum beachtet zu werden scheint. Viele Kenner der ignatianischen Spiritualität würden diese vermutlich besonders durch die Fähigkeit zur Unterscheidung der verschiedenen Motive und Antriebe für unser Handeln in der Welt beschreiben – in klassischer Formulierung: die Fähigkeit zur „Unterscheidung der Geister“. Oder aber man betont die Dimension der „Weltfreudigkeit“ (Karl Rahner), in der die Welt als Ort der Begegnung mit Gott verstanden wird und in der man sich für Gott und andere einsetzt, so dass die Welt besser wird. Oder man charakterisiert sie durch ein Vorgehen, welches bei den konkreten Lebenserfahrungen der Menschen ansetzt und von diesen, statt umgekehrt, zur biblischen Botschaft kommt.

Diese Sichtweise scheint tatsächlich so fremdartig oder schwierig zu sein, dass direkte Bezüge vermieden werden. Während im spanischen Autograph der Geistlichen Übungen in der Überschrift zu den Regeln für die echte kirchliche Gesinnung „la Yglesia militante“ (GÜ 352)4 geschrieben steht, spricht Adolf Haas von der „dienenden Kirche“.5 Hans Urs von Balthasar übersetzt die Stelle mit „die diensttuende Kirche“.6 Man muss ja nicht von einer „militanten Kirche“ sprechen, wohl aber von einer „kämpfenden Kirche“ oder, wie Peter Knauer übersetzt, von der „streitenden Kirche“.7

Aus dem geistlichen Erbe der Exerzitien


Für Ignatius selbst war das Leben von Kämpfen bestimmt. Er kämpfte zunächst um seine soziale Position, um die Zuneigung von Frauen und für seine Dienstherren. Durch die Verwundung in Pamplona musste er neuansetzen und kämpfte um sein Selbstbild, um Gesundheit, gegen Selbstmordgedanken, um die Erkenntnis von Gottes Willen. Und er kämpfte um kirchliche Anerkennung – mehrfach war er von der Inquisition angeklagt –, um Gewinnung von Gefährten und vor allem um und für Menschen und deren Heil.

Ignatius wollte andere an seinen eigenen geistlichen Einsichten teilhaben lassen. Durch verschiedene Übungen versuchte er, Menschen zu helfen, und nahm neben seinen eigenen Erfahrungen auch diejenigen anderer auf. Das so entstandene Exerzitienbuch ist daher die systematisierte Form eines Übungsweges, „um über sich selbst zu siegen und sein Leben zu ordnen“ (GÜ 21).

Ein kämpferisches Element ist damit bereits in der Grundanlage der Exerzitien gegeben. In der Einteilung der sogenannten „Wochen“ tritt es jedoch unterschiedlich stark hervor. Ist die erste Woche stark von der Auseinandersetzung mit der Sündhaftigkeit geprägt, wird in der zweiten Woche eine Entscheidung für die Form der Nachfolge thematisch. Sie setzt mit einer Betrachtung ein, welche die Frage stellt, inwieweit die oder der Übende bereit ist, dem Ruf des „ewiglichen Königs“ zu folgen und die „ganze Person und Mühsal...

Erscheint lt. Verlag 5.4.2023
Verlagsort Würzburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie
Schlagworte Ignatianisch • jesuitisch • Kontemplation • Mystik • Orden • Spiritualität
ISBN-10 3-429-06610-7 / 3429066107
ISBN-13 978-3-429-06610-9 / 9783429066109
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Band 1: Willkür und Gewalt

von Walter Dietrich; Christian Link

eBook Download (2024)
Vandenhoeck & Ruprecht Unipress (Verlag)
29,00